Online-Nachricht - Mittwoch, 11.05.2016

Verfahrensrecht | Vorläufigkeitsvermerke in einem Steuerbescheid (BFH)

Der BFH hat zur Ersetzung des Vorläufigkeitsvermerks in einem Steuerbescheid durch einschränkenden Vorläufigkeitsvermerk in einem späteren Änderungsbescheid Stellung genommen (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Nach § 165 Abs. 2 Satz 1 AO kann die Finanzbehörde Steuerfestsetzungen aufheben oder ändern, soweit sie die Steuer vorläufig festgesetzt hat. Die Voraussetzungen für eine solche vorläufige Steuerfestsetzung enthält § 165 Abs. 1 AO. Danach kommt eine vorläufige Steuerfestsetzung in Betracht, soweit ungewiss ist, ob die Voraussetzungen für die Entstehung einer Steuer eingetreten sind (Satz 1) oder einer der in Satz 2 geregelten Tatbestände gegeben ist.

Sachverhalt: Die Kläger sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute und erzielten beide in den Streitjahren (2001 bis 2003) ausländische Kapitalerträge, die zunächst nicht im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung erklärt und infolgedessen vom Beklagten (Finanzamt – FA –) bei der Einkommensteuerveranlagung der Kläger nicht berücksichtigt wurden. Nachdem die Kläger im Rahmen einer Selbstanzeige die ausländischen Kapitalerträge mit geschätzten Werten nacherklärt hatten, änderte das FA die Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre mit Hinweisen auf die Vorläufigkeit gem. § 165 Abs. 1 Satz 1, 2 AO. Aufgrund einer Mitteilung über geänderte Beteiligungseinkünfte änderte das FA die Bescheide erneut mit Vermerk auf die Vorläufigkeit gem. § 165 Abs. 1 Satz 2 AO. Der Bescheid enthielt jedoch keinen Vorläufigkeitsvermerk nach § 165 Abs. 1 Satz 1 AO mehr und auch keinen Hinweis auf die Aufhebung des noch in den zuvor ergangenen Bescheiden enthaltenen Vorläufigkeitsvermerks wegen des Ansatzes der Einkünfte aus Kapitalvermögen. Hiergegen richtet sich die Klage.

Hierzu führten die Richter weiter aus:

  • Hat das FA die Steuer unter Bezugnahme auf Gründe i.S. des § 165 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 AO vorläufig festgesetzt, so bleibt der Vorläufigkeitsvermerk bis zu seiner ausdrücklichen Aufhebung wirksam.

  • Eine stillschweigende Aufhebung des Vorläufigkeitsvermerks durch eine Änderungsveranlagung, auch wenn sie auf eine (andere) Korrekturvorschrift gestützt ist, ist ausgeschlossen.

  • Keine solche – unwirksame – stillschweigende Aufhebung des Vorläufigkeitsvermerks, sondern dessen inhaltlich neue Bestimmung ist gegeben, wenn dem Änderungsbescheid im Verhältnis zum Ursprungsbescheid ein inhaltlich eingeschränkter Vorläufigkeitsvermerk beigefügt wird. Dies gilt auch, wenn ein sowohl auf § 165 Abs. 1 Satz 1 AO als auch auf § 165 Abs. 1 Satz 2 AO gestützter Vorläufigkeitsvermerk im geänderten Bescheid durch einen allein auf § 165 Abs. 1 Satz 2 AO gestützten Vorläufigkeitsvermerk ersetzt wird.

  • Die durch einen solchen Vorläufigkeitsvermerk nicht erfassten Teile eines Änderungsbescheids erwachsen in Bestandskraft, soweit sie nicht innerhalb der Rechtsbehelfsfrist angefochten werden.

Quelle: NWB Datenbank (Lu)

Fundstelle(n):
NWB CAAAF-73108