NWB Nr. 14 vom Seite 977

Benimmregeln vor dem Bundesfinanzhof

Claudia Kehrein | Redakteurin | nwb-redaktion@nwb.de

Warum Kommunikation so wichtig ist – oder: Die korrekte Ansprache ist entscheidend

In den Gesellschaftsverträgen von Personengesellschaften finden sich regelmäßig Bestimmungen zu den Konten der Gesellschafter. Diese Gesellschafterkonten, die in der Praxis als Zwei-, Drei- oder Vierkontenmodelle ausgestaltet sein können, sind in vielerlei Hinsicht bedeutsam. Während sie handelsrechtlich beispielsweise die Gewinnverteilung, Stimmrechte sowie Haftungsfragen regeln, sind sie für steuerliche Zwecke unter anderem hinsichtlich der Verlustausgleichsbeschränkung gemäß § 15a EStG, der Ermittlung der nichtabziehbaren Schuldzinsen und für die Behandlung der Übertragung von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens gegen Gutschrift auf dem Gesellschafterkonto relevant. Die zutreffende Beurteilung von Sachverhalten, die die Kapitalkonten von Gesellschaftern einer Personengesellschaft berühren, ist somit von großer wirtschaftlicher – bisweilen gar existenzieller – Bedeutung.

Die Frage nach der korrekten Anrede ist damit nicht nur wesentlicher Seminarstoff in „Knigge-Benimmkursen“, auch der Bundesfinanzhof hat sich in einer Grundsatzentscheidung mit der zutreffenden Anrede – hier: eines Kapitalkontos bei Einbringungsvorgängen – beschäftigt und damit eine schon lange streitige Frage geklärt. In dem Verfahren ging es um die korrekte steuerbilanzielle Abbildung der Einbringung eines im Privatvermögen entdeckten Bodenschatzes durch einen Gesellschafter einer Personengesellschaft in die Gesellschaft als Vorbedingung für die erfolgswirksame Vornahme einer Absetzung für Substanzverringerung. Auch wenn das Urteil zu einem auf den ersten Blick besonders gelagerten Fall – Kiesvorkommen – ergangen ist, ist die Entscheidung aufgrund ihrer Breitenwirkung von weitreichender Bedeutung. Die Auswirkungen der Grundsatzentscheidung auf die Besteuerungspraxis stellt Kraft auf der dar.

Ein gänzlich anders gelagertes „Kommunikationsproblem“ als die korrekte Ansprache, nämlich die Frage, ob überhaupt eine Ansprache erforderlich ist, betrifft die Anwendung der Ist-Besteuerung in der Umsatzsteuer. Zwar setzt diese einen Antrag voraus. Doch der Antrag ist an keine bestimmte Form gebunden und kann somit auch konkludent gestellt werden. Mit den Anforderungen an einen konkludenten Antrag auf eine Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten hat sich der Bundesfinanzhof kürzlich auseinandergesetzt und entschieden, dass ein ausdrücklicher Antrag dann nicht erforderlich ist, wenn das Finanzamt aus den vorliegenden Unterlagen (insbesondere der Einnahmenüberschussrechnung) deutlich erkennen kann, dass in der Umsatzsteuer-Jahreserklärung die Ist-Umsätze erklärt worden sind. Die Fallstricke beim Antrag auf Gestattung der Ist-Besteuerung veranschaulicht Gössler auf .

Beste Grüße

Claudia Kehrein

Fundstelle(n):
NWB 2016 Seite 977
QAAAF-70050