BGH Beschluss v. - 5 StR 10/16

Revision im Strafverfahren: Anforderungen an die Verfahrensrüge betreffend ein Verwertungsverbot hinsichtlich erlangter Erkenntnisse bei einer Telekommunikationsüberwachung

Gesetze: § 100a StPO, § 344 Abs 2 S 2 StPO

Instanzenzug: Az: 528 KLs 36/14

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Die auf die Sachbeschwerde und die Beanstandung der Verletzung formellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

21. Der Senat geht von einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung von rund sechs Monaten nach Urteilsverkündung aus. Im Hinblick darauf, dass sich der Angeklagte in dieser Zeit in Untersuchungshaft befunden hat, erscheint eine Kompensation von einem Monat der Gesamtfreiheitsstrafe erforderlich und angemessen. Diese kann der Senat in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1a Satz 2 StPO selbst aussprechen (vgl. Rn. 4 mwN).

32. Zur Rüge betreffend ein Verwertungsverbot hinsichtlich der bei der Überwachung der Telekommunikation ab dem erlangten Erkenntnisse ist ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom Folgendes zu bemerken:

4a) Die Rüge ist bereits nicht zulässig nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO erhoben. Der Beschwerdeführer bezieht sich zur Begründung seines Vorbringens auf Durchsuchungsbeschlüsse des Amtsgerichts Tiergarten vom 19. und , auf Vermerke sowie einen Zwischenbericht eines Polizeibeamten vom 20. bzw. , auf Vermerke des zuständigen Staatsanwalts und eines Oberstaatsanwalts jeweils vom und auf den Durchsuchungsbericht betreffend das Objekt Karow (vgl. RB S. 9 bis 11). Keines dieser Dokumente wird jedoch durch die Revision in einer Weise mitgeteilt, die dem Senat eine eigene Bewertung ermöglichen würde. Die vollständige Kenntnis der einschlägigen Unterlagen wäre jedoch zumindest für die Beurteilung der Frage unabdingbar gewesen, ob die durch den Beschwerdeführer geltend gemachten Verfahrensverstöße ein Beweisverwertungsverbot nach sich ziehen (vgl. auch ). Die Vorlage eines Beschlusses und des Urteils aus dem Parallelverfahren vermag keinen Ausgleich zu schaffen. Soweit der Beschwerdeführer meint, es obliege dem Senat, die maßgebenden Tatsachen im Freibeweisverfahren zu ermitteln, verkennt er, dass dies nur aufgrund einer zulässig erhobenen Verfahrensrüge zu erfolgen hat, an der es hier aber fehlt.

5b) Der Generalbundesanwalt weist mit Recht darauf hin, dass nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Verwertung der Erkenntnisse aus einer Telekommunikationsüberwachung grundsätzlich widersprochen werden muss, um sich das Rügerecht zu erhalten (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 100a Rn. 39 mwN). Der Senat neigt der Auffassung zu, dass diese Voraussetzung auch dann zu wahren ist, wenn – wie vorliegend – eine täuschungsähnliche Situation behauptet wird, aus der der Beschwerdeführer ein umfassendes Beweisverwertungsverbot hinsichtlich sämtlicher weiterer Überwachungsmaßnahmen herleitet (vgl. auch , NStZ 1996, 290, 291). Dies gilt zumal dann, wenn die Zwangsmaßnahmen für sich genommen auf ordnungsgemäß zustande gekommenen richterlichen Anordnungen beruhen.

6c) Auf Fragen der Begründetheit der Beanstandung kommt es nach alldem nicht mehr an.

Schneider                        König                        Berger

                    Bellay                       Feilcke

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2016:160216B5STR10.16.0

Fundstelle(n):
AAAAF-69420