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infoCenter (Stand: Januar 2023)

Aufhebung und Änderung von Steuerbescheiden wegen widerstreitender Steuerfestsetzung

Alexander v. Wedelstädt

I. Definition

Im Steuerrecht können Fälle auftreten, bei denen aus einem Sachverhalt steuerlich unterschiedliche Schlussfolgerungen gezogen werden, die sich denkgesetzlich gegenseitig ausschließen, weil ein und derselbe Sachverhalt mehrmals zur Steuer herangezogen worden ist, obwohl er nur einmal zur Steuer herangezogen werden darf. Dies ist der Fall, wenn zwei oder mehrere Steuerbescheide sich widersprechen, weil sich ihre Regelungsbereiche entgegen der gesetzlichen Abgrenzung überschneiden, indem entweder ein Steuerbescheid Besteuerungsgrundlagen in seinen Regelungsbereich mit einbezieht, die nicht in seinen Regelungsbereich gehören (§ 174 Abs. 1 und 2 AO), indem ein steuererhöhender oder steuermindernder Vorgang bei der Besteuerung überhaupt nicht berücksichtigt wird (§ 174 Abs. 3 AO), oder indem nach antragsgemäßer Änderung eines Steuerbescheides ggf. unter Durchbrechung der Bestandskraft die in einem anderen Steuerbescheid gezogenen steuerlichen Folgerungen rückgängig gemacht werden, die sich auf Grund der Folgen der Initiative des Steuerpflichtigen nachträglich als unzutreffend erwiesen haben (§ 174 Abs. 4 AO).

§ 174 AO eröffnet die Möglichkeit, der materiellen Richtigkeit Vorrang einzuräumen und Vorteile und Nachteile auszugleichen, die sich durch Steuerfestsetzungen ergeben, die inhaltlich einander widersprechen , wie folgt:

  • Mehrfachberücksichtigung (s. III. 1.) eines bestimmten Sachverhalts (s. II.) zu Ungunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtigen mit der Rechtsfolge der Änderung zu Gunsten des Steuerpflichtigen, § 174 Abs. 1 AO (s. III. 2.)

  • Mehrfachberücksichtigung (s. III. 1) eines bestimmten Sachverhalts (s. II.) zu Gunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtigen mit der Rechtsfolge der Änderung zu Ungunsten des Steuerpflichtigen, § 174 Abs. 2 AO (s. III. 3.)

  • Nichtberücksichtigung eines bestimmten Sachverhalts (s. II.) bei falscher Annahme des Finanzamts mit der Rechtsfolge der nachträglichen Änderung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Steuerpflichtigen zur Berücksichtigung des Sachverhalts, § 174 Abs. 3 AO (s. IV.)

  • Falsche rechtliche Behandlung eines bestimmten Sachverhalts (s. II.) infolge der auf Grund Einspruchs oder Antrags erfolgten Änderung einer Steuerfestsetzung zu Gunsten des Steuerpflichtigen wegen irriger Beurteilung mit der Rechtsfolge der Änderung zu Gunsten oder zu Ungunsten zur richtigen steuerlichen Folgerung, § 174 Abs. 4 AO (s. V.)

§ 174 Abs. 5 AO regelt die Beteiligung dritter Personen in den Fällen des § 174 Abs. 4 AO (s. V.5).

§ 174 AO findet auf Steuerbescheide und ihnen gleichgestellte Bescheide wie z.B. Feststellungsbescheide sowie auf Kindergeldbescheide Anwendung.

II. Gemeinsame Tatbestandsmerkmale

1. Allgemein

§ 174 AO ist auf Steuerbescheide und ihnen gleichgestellte Bescheide anwendbar. Dazu gehört auch die Steueranmeldung, die als Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) wirkt und einem Steuerbescheid gleichsteht (AEAO zu § 174, Nr. 1.3).

§ 174 AO ist auf Bescheide über Einfuhr- und Ausfuhrabgaben i. S. d. Art. 5 Nr. 20 und 21 UZK sowie Verbrauchsteuern nicht anwendbar, weil § 172 Abs. 1 Nr. 2 AO auf „andere Steuern als Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben im Sinne des Artikels 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union verweist”.

§ 174 AO ist auf Kindergeldfestsetzungen der Familienkassen anwendbar (; ).

Die Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids nach § 174 AO setzt voraus, dass der zu ändernde Steuerbescheid rechtswidrig ist.

Der aufzuhebende oder zu ändernde Steuerbescheid muss wirksam sein. Ein nichtiger Steuerbescheid entfaltet keinerlei Rechtswirkung und kann daher nicht geändert werden.

Im Übrigen wird wegen weiterer gemeinsamer Regelungen zur Aufhebung und Änderung von Steuerbescheiden auf das Stichwort „Korrektur von Steuerverwaltungsakten” unter II. 3. und wegen der Anwendung der Vorschrift während und nach Rechtsbehelfsverfahren auf das Stichwort „Korrektur von Steuerverwaltungsakten” unter III. verwiesen.

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