Bilanzsteuerrecht | Rückstellungen für Zulassungskosten eines Pflanzenschutzmittels (BFH)
Die Kosten für die Zulassung eines neu entwickelten Pflanzenschutzmittels sind Bestandteil der Herstellungskosten für die Rezeptur des Pflanzenschutzmittels, für die Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten gebildet werden können (; veröffentlicht am ).
Hintergrund: Gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB in der für die Streitjahre maßgeblichen Fassung sind in der Handelsbilanz u.a. Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Die daraus folgende Passivierungspflicht gehört zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung und gilt nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG in den für die Streitjahre maßgeblichen Fassungen auch für die Steuerbilanz (ständige Rechtsprechung des BFH, z.B. Urteil v. - NWB JAAAA-96700 unter II.1. der Gründe).
Sachverhalt: Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, stellt Pflanzenschutzmittel her. Für mehrere Wirkstoffe beantragte sie im Jahr 1999 die Zulassung bei der zuständigen Bundesbehörde. Sie schätzte die Kosten und bildete hierfür Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten. Das Finanzamt erkannte die Rückstellung nicht an und verneinte die wirtschaftliche Verursachung der Zulassungskosten mit der Begründung, die Kosten stünden erst mit künftigen Erträgen im Zusammenhang. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg. Der BFH dagegen hob das Urteil auf und wies die Sache an das FG zurück.
Hierzu führten die Richter weiter aus: Auch für Verpflichtungen aus öffentlichem Recht, die auf ein bestimmtes Handeln in Form einer Geldzahlung oder eines anderen Leistungsinhalts innerhalb eines bestimmten Zeitraums gerichtet sind, sind Rückstellungen zu bilden, wenn die öffentlich-rechtliche Verpflichtung hinreichend konkretisiert ist (z.B. NWB JAAAA-96700 unter II. 2. der Gründe sowie Urteil v. - NWB LAAAB-24345 unter I. 2. der Gründe). Danach war die Klägerin im Gewinnermittlungszeitraum 1999 verpflichtet, eine Rückstellung zu bilden. Dabei kann offen bleiben, ob sich der erkennende Senat der vom I. Senat vertretenen Auffassung zur wirtschaftlichen Verursachung anschließen könnte. Denn die genannte Zahlungsverpflichtung der Klägerin war im Jahr 1999 sowohl rechtlich entstanden und hinreichend konkretisiert als auch wirtschaftlich verursacht. Der wirtschaftlichen Verursachung steht nicht entgegen, dass die Klägerin im Fall der Erteilung der von ihr beantragten Zulassung erst in Zukunft mit dem Pflanzenschutzmittel handeln und daraus erst künftig Erträge erzielen wird. Denn der für die wirtschaftliche Verursachung erforderliche Vergangenheitsbezug der Verbindlichkeit ergibt sich vorliegend bereits daraus, dass die Klägerin die Kosten unabhängig vom Ausgang des Zulassungsverfahrens begleichen muss.
Quelle: BFH online
Anmerkung: Der IV. Senat entwickelt in seiner Entscheidung sehr anschaulich die Voraussetzungen zur Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten. Dabei ist vor allem die Abgrenzung zu den Urteilen der anderen Senate des BFH von Interesse, nach denen Rückstellungen für den Aufwand aus einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Nachanalyse und Zulassung von Arzneimitteln abgelehnt wurden. Entscheidend ist die Unterscheidung, ob eine solche Verpflichtung zukunftsorientierten Charakter hat oder einen Vergangenheitsbezug aufweist, wie dies im Streitfall bejaht werden konnte.
Fundstelle(n):
SAAAF-42933