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Online-Nachricht - Mittwoch, 30.12.2015

Einkommensteuer | Vertragliche Kaufpreisaufteilung ist grds. maßgeblich (BFH)

Eine vertragliche Kaufpreisaufteilung von Grundstück und Gebäude ist der Berechnung der AfA auf das Gebäude zu Grunde zu legen, sofern sie zum einen nicht nur zum Schein getroffen wurde sowie keinen Gestaltungsmissbrauch darstellt und zum anderen das Finanzgericht auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung von den das Grundstück und das Gebäude betreffenden Einzelumständen nicht zu dem Ergebnis gelangt, dass die vertragliche Kaufpreisaufteilung die realen Wertverhältnisse in grundsätzlicher Weise verfehlt und wirtschaftlich nicht haltbar erscheint (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Die Höhe der Gebäude-AfA richtet sich nach den Anschaffungskosten für das Gebäude (§ 7 Abs. 1 EStG). Entscheidende Bedeutung hat in diesem Zusammenhang regelmäßig die notwendige Aufteilung der Anschaffungskosten von Gebäude einerseits und dazu gehörendem Grund und Boden andererseits. Und in der Tat ist die Kaufpreisaufteilung bebauter Grundstücke von jeher Anlass zu Streitigkeiten zwischen Stpfl. und Finanzamt, weil der Erwerber die AfA-fähigen Aufwendungen auf das Gebäude möglichst hoch ansetzt, es an gegensätzlichen Interessen bei Veräußerern und Erwerbern fehlt und Veräußerungsgewinne nur ausnahmsweise besteuert werden. Auch im neueren Schrifttum wird diesem Problem Aufmerksamkeit gewidmet (s. Jardin/Roscher, NWB SAAAE-74912und Burkhardt/Müller/Schuster, NWB PAAAE-71997

Sachverhalt: Der Kläger erwarb zwei Eigentumswohnungen im Obergeschoss desselben Hauses. Dabei entfielen lt. Vertrag auf jede Wohnungseinheit/Gebäude 300.000 DM und auf den anteiligen Grund und Boden 198.000 DM. Dies entspricht einer Kaufpreisverteilung von 60,24% auf das Gebäude und 39,76% auf den Grund und Boden. Das Finanzamt ging demgegenüber zunächst von einem Gebäudewert von 35% aus. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens ließ es eine Kaufpreisaufteilung im qualifizierten Sachwertverfahren durch einen Bausachverständigen durchführen, der für die beiden Eigentumswohnungen einen Gebäudewertanteil in Höhe von 24% und 23% feststellte. Mit der Klage machten die Kläger geltend, die im Kaufvertrag ausdrücklich geregelte Aufteilung sei zu Grunde zu legen, zumal die Richtigkeit durch eine gutachterliche Stellungnahme belegt sei, woraus hervorgehe, dass angesichts der allgemeinen Marktlage, der Nachbarschaftsbebauung sowie weiterer wertbeeinflussender Merkmale des Grundstücks ein Abschlag vom Bodenrichtwert per in Höhe von 15% gerechtfertigt und angemessen sei.

Hierzu führte der BFH weiter aus:

  • Wurde die entsprechende Kaufpreisaufteilung im Kaufvertrag vorgenommen, sind diese vereinbarten und bezahlten Anschaffungskosten grds. auch der Besteuerung zu Grunde zu legen.

  • Vereinbarungen der Vertragsparteien über Einzelpreise für Einzelwirtschaftsgüter binden allerdings nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, der Kaufpreis sei nur zum Schein bestimmt worden.

  • Eine wesentliche Diskrepanz zu den Bodenrichtwerten rechtfertigt es aber nicht ohne weiteres, diese an die Stelle der vereinbarten Werte zu setzen oder die auf Grund und Gebäude entfallenden Anschaffungskosten zu schätzen. Es handelt sich lediglich um ein Indiz dafür, dass die vertragliche Aufteilung ggf. nicht die realen Werte wiedergibt. Ein solches Indiz kann durch andere Indizien entkräftet werden.

 

Quelle: NWB Datenbank

Anmerkung: Kommt es wie im Streitfall zu einem Rechtsstreit, dann hat das Finanzgericht (FG) als Tatsacheninstanz eine Gesamtwürdigung vorzunehmen, die alle das Gebäude aber auch den Grund und Boden betreffenden wertbestimmenden Aspekte berücksichtigt und bewertet. Hierzu führt der BFH Beispiele an. Als gebäudebezogene Vor- und Nachteile benennt der BFH außer der Bauqualität etwa den durch die Lage und das soziale Umfeld geprägten Wohnwert, der auch Veränderungen unterliegen kann; dazu gehören etwa die Nähe von Einkaufszentren, Ärzten, Kindergärten und Schulen. Diese Umstände sollte ein Gutachter in seiner Bewertung berücksichtigen und ein Kläger erforderlichenfalls unter Beweisantritt vortragen, damit das FG im Rahmen seines ihm vom BFH zugestandenen Bewertungsspielraums zu einer revisionsfesten Entscheidung gelangen kann.  

Fundstelle(n):
FAAAF-42223