BAG Beschluss v. - 7 ABN 32/15

Nichtzulassungsbeschwerde - Vertretungszwang

Leitsatz

Nach § 11 Abs. 4 Satz 1 ArbGG muss sich eine Partei vor dem Bundesarbeitsgericht grundsätzlich durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dieser Vertretungszwang gilt auch für die Einlegung und Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde im Beschlussverfahren.

Gesetze: § 11 Abs 4 S 1 ArbGG

Instanzenzug: Az: 7 BV 9/14 Beschlussvorgehend Landesarbeitsgericht Hamburg Az: 1 TaBV 7/14 Beschluss

Gründe

1I. Die Beteiligten zu 1. und zu 3. haben als wahlberechtigte Arbeitnehmer zusammen mit dem früheren Beteiligten zu 2., einem weiteren wahlberechtigten Arbeitnehmer, den Antrag verfolgt, die Wahl des zu 4. beteiligten Betriebsrats im Betrieb der zu 5. beteiligten Arbeitgeberin vom für unwirksam zu erklären.

2Das Arbeitsgericht hat den Antrag abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerden der Beteiligten zu 1. und zu 3. und des damaligen Beteiligten zu 2. mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Antrag als unzulässig verworfen wird. Es hat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen. Der Beschluss des Landesarbeitsgerichts ist den Beteiligten zu 1. und zu 3. am zugestellt worden.

3Mit ihrer Beschwerde erstreben die Beteiligten zu 1. und zu 3. die Zulassung der Rechtsbeschwerde. Der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1. und zu 3. hat sein Mandat nach fristgerechter Einlegung, aber noch vor Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde niedergelegt. Der Beteiligte zu 3. hat seine Nichtzulassungsbeschwerde nicht begründet. Der Beteiligte zu 1. hat mit E-Mail vom mitgeteilt, seine Anstrengungen, einen neuen Verfahrensbevollmächtigten zu finden, seien ergebnislos verlaufen. Am hat der Beteiligte zu 1. eine von ihm selbst gefertigte und unterzeichnete Beschwerdebegründung eingereicht und die Ansicht vertreten, diese genüge ausnahmsweise zur Begründung der Beschwerde, weil es ihm trotz größter Anstrengungen nicht gelungen sei, einen Ersatz für den bisherigen Verfahrensbevollmächtigten zu finden. Am hat der Beteiligte zu 1. mit einem weiteren selbst gefertigten und unterzeichneten Schriftsatz die Begründung seiner Nichtzulassungsbeschwerde ergänzt. Mit Schriftsatz vom hat der Beteiligte zu 1. die Aussetzung des Verfahrens nach § 148 ZPO mit der Begründung beantragt, sein früherer Verfahrensbevollmächtigter habe sich im Zusammenhang mit der Niederlegung des Mandats strafbar gemacht.

4II. Die Nichtzulassungsbeschwerden der Beteiligten zu 1. und zu 3. sind unzulässig.

51. Nach § 92a Satz 2 iVm. § 72a Abs. 3 Satz 1 ArbGG ist die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Beschlusses des Landesarbeitsgerichts zu begründen. Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde muss - ebenso wie ihre Einlegung - auch im Beschlussverfahren durch einen Rechtsanwalt oder einen der anderen in § 11 Abs. 4 Satz 2 und 3 iVm. § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 und 5 ArbGG genannten postulationsfähigen Verfahrensbevollmächtigten unterzeichnet sein (vgl. Hauck in Hauck/Helml/Biebl ArbGG 4. Aufl. § 92a Rn. 6; Schwab/Weth/Busemann 3. Aufl. ArbGG § 92a Rn. 8; Düwell/Lipke/Düwell 3. Aufl. § 92a Rn. 2; GWBG/Greiner ArbGG 8. Aufl. § 92a Rn. 4; ErfK/Koch 15. Aufl. § 92a ArbGG Rn. 1; GK-ArbGG/Mikosch Stand September 2014 § 92a Rn. 13; GMP/Matthes/Schlewing 8. Aufl. § 92a Rn. 10). Dies ergibt sich aus § 11 Abs. 4 Satz 1 ArbGG. Danach muss sich eine Partei - von hier nicht relevanten Ausnahmefällen abgesehen - vor dem Bundesarbeitsgericht durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Im Rechtsbeschwerdeverfahren ist zwar eine Vertretung durch Verfahrensbevollmächtigte nur für die Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde vorgesehen; insoweit verweist § 94 Abs. 1 ArbGG auf § 11 Abs. 4 ArbGG. Im Übrigen besteht im Rechtsbeschwerdeverfahren kein Vertretungszwang, da § 92 Abs. 2 Satz 2 ArbGG nicht auf § 11 Abs. 4 ArbGG verweist. Eine Ausnahme vom Vertretungszwang nach § 11 Abs. 4 ArbGG ist jedoch für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht vorgesehen. Hinsichtlich der Nichtzulassungsbeschwerde verweist § 92a Satz 2 ArbGG auf § 72a Abs. 2 bis 7 ArbGG. Damit gelten für die Nichtzulassungsbeschwerde im Beschlussverfahren dieselben Regelungen wie für die Nichtzulassungsbeschwerde im Urteilsverfahren. Dazu gehört auch der Vertretungszwang bei der Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ( - Rn. 5). Dies ist auch von Sinn und Zweck des Vertretungserfordernisses geboten, da sich die Anforderungen an die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde im Urteils- und im Beschlussverfahren nicht unterscheiden.

62. Danach sind die Nichtzulassungsbeschwerden der Beteiligten zu 1. und zu 3. nicht ordnungsgemäß begründet und damit unzulässig.

7a) Der Beteiligte zu 1. hat die Beschwerde innerhalb der zweimonatigen Begründungsfrist nicht in der gesetzlich vorgesehenen Form begründet. Der Beschluss des Landesarbeitsgerichts ist dem Beteiligten zu 1. am zugestellt worden. Bis zum Ablauf der Frist am ist die Nichtzulassungsbeschwerde nicht durch einen von einem Verfahrensbevollmächtigten unterzeichneten Schriftsatz begründet worden. Die durch den nicht postulationsfähigen Beteiligten zu 1. unterzeichnete Beschwerdebegründung vom wahrt die Frist nicht.

8Der Beteiligte zu 1. macht ohne Erfolg geltend, es sei ihm nicht gelungen, einen neuen Verfahrensbevollmächtigten zu finden. Dieser Einwand lässt den Vertretungszwang nicht entfallen, sondern eröffnet die Möglichkeit, nach §§ 92a, 72 Abs. 5 iVm. §§ 555, 78b ZPO die Beiordnung eines Notanwalts für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren zu beantragen. Einen solchen Antrag hat der Beteiligte zu 1. nicht gestellt. Ein solcher Antrag hätte auch keinen Erfolg gehabt. Die Beiordnung eines Notanwalts setzt voraus, dass die Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint (§ 78b Abs. 1 ZPO). Von einer Aussichtslosigkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung ist auszugehen, wenn aus den Akten kein Grund ersichtlich ist, der die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach §§ 92a, 72 Abs. 2 ArbGG rechtfertigen könnte (vgl.  - Rn. 2, BAGE 125, 230 für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision). So ist es hier. Die beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde erscheint aussichtslos. Soweit der Beteiligte zu 1. eine Verletzung rechtlichen Gehörs geltend macht, ist die Rüge offensichtlich unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Beteiligten in der Anhörung vom darauf hingewiesen, dass der verfahrenseinleitende Schriftsatz vom möglicherweise nicht die Anforderungen an eine Wahlanfechtung erfüllt. Damit bestand für den Beteiligten zu 1. die Möglichkeit, sich hierzu zu äußern. Anhaltspunkte dafür, dass das Landesarbeitsgericht die Ausführungen des Beteiligten zu 1. nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat, sind nicht erkennbar. Es stellt keine Verletzung rechtlichen Gehörs dar, dass das Landesarbeitsgericht der Rechtsauffassung des Beteiligten zu 1. nicht gefolgt ist. Auch die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung liegen nicht vor. Das Landesarbeitsgericht hat sich mit der vom Beteiligten zu 1. formulierten Rechtsfrage nicht befasst. Es ergeben sich auch keine anderen Anhaltspunkte dafür, dass das Landesarbeitsgericht die Rechtsbeschwerde hätte zulassen müssen.

9Das Verfahren ist auch nicht nach § 148 ZPO auszusetzen. Die Voraussetzungen des § 148 ZPO liegen nicht vor.

10b) Auch der Beteiligte zu 3. hat die Beschwerde innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist nicht begründet. Der Beschluss des Landesarbeitsgerichts ist dem Beteiligten zu 3. am zugestellt worden. Eine Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht eingegangen.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2015:180815.B.7ABN32.15.0

Fundstelle(n):
BB 2015 S. 2419 Nr. 40
DB 2015 S. 7 Nr. 39
NJW 2015 S. 3263 Nr. 44
NJW 2015 S. 8 Nr. 41
TAAAF-01795