Besteuerung des Gewinns aus der Einlösung von Xetra-Gold Inhaberschuldverschreibungen
Leitsatz
Der Gewinn, der dadurch entsteht, dass eine an der Börse gehandelte Inhaberschuldverschreibung eingelöst wird, die einen Anspruch auf Lieferung von Gold verbrieft, ist weder nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Abs. 2 Satz 2 EStG noch nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG steuerpflichtig.
Gesetze: EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Abs. 2 Satz 2; EStG § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2; EStG § 52a Abs. 10 Sätze 3 und 6;
Instanzenzug: (EFG 2015, 484),
Tatbestand
1 I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erwarb im März 2009 Xetra-Gold Inhaberschuldverschreibungen (Xetra-Gold). Im Januar 2011 ließ er sich gegen Ausbuchung seines Wertpapierbestandes 20 Goldbarren à 100 Gramm physisch aushändigen. Unter Berücksichtigung des Goldwertes zum Zeitpunkt des Erwerbs der Inhaberschuldverschreibung und zum Zeitpunkt der Aushändigung der Goldbestände erzielte er einen Buchdifferenzgewinn in Höhe von 20.473,42 €.
2 Bei Xetra-Gold handelte es sich um ein börsenfähiges Wertpapier in Form einer nennwertlosen, in ihrer Laufzeit unbefristeten Inhaberschuldverschreibung. Jede Teilschuldverschreibung von Xetra-Gold gewährte dem Inhaber das Recht auf Auslieferung eines Gramms Gold, das jederzeit unter Einhaltung einer Lieferfrist von zehn Tagen gegenüber der Hausbank geltend gemacht werden konnte. Daneben bestand die Möglichkeit, die Wertpapiere an der Börse zu veräußern.
3 Zur Besicherung und Erfüllbarkeit der Auslieferungsansprüche war die Inhaberschuldverschreibung jederzeit durch Gold gedeckt. Dabei überschritt der tatsächlich physisch eingelagerte Goldbestand stets die gemäß Anleihebedingungen vorgegebene Mindestgrenze von 95 %. Der verbleibende Teil wurde durch kurzfristige Lieferansprüche auf Gold gesichert. Eine Kapitalrückzahlung war nach den Emissionsbedingungen ausgeschlossen. Lediglich Anleger, die durch Gesetz, Verordnung, Satzung oder Anlagerichtlinien nicht in den Besitz physischen Goldes gelangen durften, konnten Xetra-Gold an das emissionsbegleitende Institut zurückgeben, welches das für die Wertpapiere hinterlegte Gold am Markt verwertete.
4 Bei der Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr (2011) legte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) den von dem Kläger in Höhe von 20.473,42 € erzielten Gewinn als Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG) der Besteuerung zugrunde. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren hat das Finanzgericht (FG) der dagegen gerichteten Klage mit Urteil vom 10 K 2030/13 E (Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 2015, 484) stattgegeben.
5 Mit der —vom FG zugelassenen— Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom (BGBl I 2007, 1912) sei geregelt worden, dass nach § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG auch die Einlösung der Inhaberschuldverschreibung als Veräußerung gelte. Danach sei der bei der Einlösung von Xetra-Gold erzielte Gewinn, unabhängig davon, ob Gold geliefert oder der Geldwert eingefordert werde, als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern. Allein die Tatsache, dass Xetra-Gold an der Börse gehandelt werde, reiche aus, um den Veräußerungsgewinn als Kapitaleinkünfte nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG zu qualifizieren.
6 Das FA beantragt,
das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die Klage abzuweisen.
7 Der Kläger beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Gründe
8 II. Die Revision des FA ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
9 1. Der von dem Kläger bei der Einlösung der Inhaberschuldverschreibung erzielte Gewinn führt nicht zu steuerbaren Einkünften aus Kapitalvermögen. Zwar gilt nach § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG als Veräußerung auch die Einlösung. Diese muss sich aufgrund der Bezugnahme auf § 20 Abs. 2 Satz 1 EStG jedoch auf eine der dort beschriebenen Kapitalanlagen beziehen. Xetra-Gold erfüllt keines dieser Tatbestandsmerkmale.
10 a) Bei der vom Kläger eingelösten Xetra-Gold handelt es sich nicht um eine Kapitalforderung i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 i.V.m. Abs. 1 Nr. 7 EStG, da sie auf die Lieferung einer Sache gerichtet ist. Nach den Emissionsbedingungen hatte der Kläger gegen die Emittentin der Inhaberschuldverschreibungen ausschließlich einen Anspruch auf die Lieferung von Gold, der im Streitjahr physisch erfüllt worden ist. Es handelt sich danach nicht um die Einlösung einer Kapitalforderung i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG. Der Anspruch des Klägers auf die Lieferung von Gold wird auch nicht dadurch zu einer Kapitalforderung, dass er nach den Emissionsbedingungen die Möglichkeit hatte, Xetra-Gold am Sekundärmarkt zu veräußern. Auf die Ausführungen hierzu im Senatsurteil vom VIII R 35/14 (zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt) wird verwiesen.
11 b) Es handelt sich auch nicht um ein Termingeschäft i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG. Der Begriff des Termingeschäfts folgt nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) den Regelungen des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG); Termingeschäfte in diesem Sinne sind nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 WpHG u.a. Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte, die zeitlich verzögert zu erfüllen sind und deren Wert sich unmittelbar oder mittelbar vom Preis oder Maß eines bestimmten Basiswertes ableitet (, BFHE 248, 340).
12 Dies ist bei der Einlösung der Xetra-Gold nicht der Fall. Für ein Optionsgeschäft fehlt es an einem festgelegten Ausübungspreis, durch welchen die Option erst eine Hebelwirkung erhalten kann. Der Kläger hat bei der Einlösung der Xetra-Gold lediglich den Goldwert des Ausgabebetrages erhalten. Auch mangelt es an der Vereinbarung eines festen Zeitraums, innerhalb dessen bzw. bis zu dessen Ende die Option hätte ausgeübt werden können (Haisch, Betriebs-Berater 2014, 2333 f.; a.A. wohl Buge in Herrmann/Heuer/Raupach, § 20 EStG Rz 295, Stichwort: Lieferschuldverschreibungen mit physischer Deckung).
13 2. Die Rückgabe der Inhaberschuldverschreibung und die Lieferung des Goldes könnten danach allenfalls zu einer Besteuerung nach § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG führen (vgl. , BFHE 236, 362, BStBl II 2012, 564). Im Streitfall ist die insoweit maßgebliche Jahresfrist zwischen Anschaffung und Veräußerung indes unstreitig überschritten.
14 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2015 II Seite 835
AG 2015 S. 871 Nr. 23
BB 2015 S. 2196 Nr. 37
BFH/NV 2015 S. 1468 Nr. 10
BFH/PR 2015 S. 369 Nr. 11
BStBl II 2015 S. 835 Nr. 16
DB 2015 S. 11 Nr. 36
DB 2015 S. 2056 Nr. 36
DB 2015 S. 6 Nr. 36
DStR 2015 S. 2009 Nr. 36
DStRE 2015 S. 1146 Nr. 18
EStB 2015 S. 398 Nr. 11
ErbStB 2015 S. 322 Nr. 11
FR 2015 S. 1147 Nr. 24
GStB 2015 S. 42 Nr. 11
HFR 2015 S. 1034 Nr. 11
NWB-Eilnachricht Nr. 37/2015 S. 2698
StB 2015 S. 334 Nr. 10
WPg 2015 S. 1036 Nr. 19
ZIP 2015 S. 69 Nr. 36
wistra 2015 S. 4 Nr. 10
OAAAF-00991