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FG München Urteil v. - 8 K 797/22

Gesetze: EStG 2015 § 20 Abs. 1 Nr. 7, EStG 2015 § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, EStG 2015 § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7, EStG 2015 § 20 Abs. 2 S. 2, EStG 2015 § 20 Abs. 4 S. 1, EStG 2015 § 20 Abs. 4a S. 3, EStG 2015 § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, EStG 2015 § 32d Abs. 1, AO § 42 Abs. 1, AO § 42 Abs. 2 S. 1, WpHG § 2 Abs. 1 S. 1

Keine steuerbaren Kapitaleinkünfte bem Tausch von auf Basiswert Gold bezogenen Wandelschuldverschreibungen („BEAR USD Convertible Certificates on Gold” – BEAR-Zertifikate –) in Kaufoptionsscheine („… Gold Call Warrants”, Kaufoptionsschein bzw. Warrant) sowie bei der Ausübung der Kaufoptionsscheine mit der Folge des Erwerbs von physischem Gold

kein Gestaltungsmissbrauch bei Investition in gegenläufige betrags- und laufzeitidentische Goldzertifikate mit Option auf Warrants

Leitsatz

1. Besteht bei auf den Basiswert Gold bezogenenen Wandelschuldverschreibungen („BEAR USD Convertible Certificates on Gold” – BEAR-Zertifikate –) bei deren Fälligkeit unter bestimmten Bedingungen ein Wahlrecht zwischen dem Erwerb von Kaufoptionsscheinen mit der Folge des Erwerbs von physischem Gold „… Gold Call Warrants”, Kaufoptionsschein bzw. Warrant) oder einem Barausgleich, so ist der Tausch der BEAR-Zertifikate in Kaufoptionsscheine (Warrants) nach § 20 Abs. 4a Satz 3 EStG (in der im Streitjahr 2015 gültigen Fassung) steuerneutral. Positive Einkünfte aus Kapitalvermögen werden weder durch den Tausch in Warrants noch durch die Ausübung der Warrants und den dadurch erfolgenden Erwerb von physischem Gold erzielt; die Ausübung der Warrants führt insbesondere nicht zu einem Termingeschäft im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG.

2. In diesem Fall (siehe 1.) scheidet eine teleologische Reduktion des § 20 Abs. 4a Satz 3 EStG mangels feststellbaren sinnwidrigen Ergebnisses unter besonderer Berücksichtigung von Gesetzeshistorie und -wortlaut aus. Rechtspolitisch unerwünschte Effekte dieser Regelung, wie sie später im Gesetzgebungsverfahren zum Jahressteuergesetz 2020 aufgegriffen wurden, können keine Grundlage für eine teleologische Reduktion sein.

3. Die BEAR-Zertifikate sind sonstige Kapitalforderungen (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG) und keine Termingeschäfte (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG), wenn der Erwerb der BEAR-Zertifikate als Kassageschäft vollzogen wird, bei dem der Leistungsaustausch unmittelbar durch Übertragung einer in Form einer Dauer-Globalurkunde wertpapiermäßig verbrieften Forderung des Erwerbers gegen die Emittentin Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises erfolgt, und wenn die Emittentin der Erwerberin bei Laufzeitende grundsätzlich einen Geldbetrag in Erfüllung der begründeten Forderung zurückzuzahlen hat, der der Höhe nach von der Entwicklung des Basiswertes abhängig ist.

4. Die Kaufoptionsscheine (Warrants) stellen Wertpapiere im Sinne des § 20 Abs. 4a Satz 3 EStG in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Satz 1 WpHG dar, wenn sie gattungsmäßig, das heißt standardisiert in Form einer Dauer-Globalurkunde verbrieft sind und als handelbare Finanzinstrumente mit einer eigenen ISIN bzw. WKN die Anleger berechtigen, aber nicht verpflichten, zu bereits von vornherein festgelegten Bedingungen Gold zu erwerben, bzw. ihn (jedenfalls) alternativ berechtigen, einen auf die Entwicklung des Goldpreises referenzierenden Betrag in bar zu erhalten. Dem steht weder entgegen, dass nach den vertraglichen Bedingungen die Lieferung und Abrechnung der Kaufoptionsscheine (Warrants) nach Hinterlegung der Dauer-Globalurkunde unter Begründung schuldrechtlicher Forderungsrechte im Effektengiroverkehr erfolgt, noch, dass gemäß den Emissionsbedingungen (Warrant-Terms) nach dem Ermessen der Anleger entweder ein Barausgleich („cash settlement”) oder die Lieferung des Basiswertes („physical settlement”) verlangt werden kann.

5. Es liegt auch kein Gestaltungsmissbrauch (§ 42 AO) unter dem Gesichtspunkt vor, dass die Steuerpflichtige gleichzeitig mit den BEAR-Zertifikaten vom selben Emittenten gegenläufige betrags- und laufzeitidentische Goldzertifikate mit Option auf Warrants („Bull-Zertifikate”) erworben hat und damit bei Gesamtbetrachtung beabsichtigt hat, im Ergebnis steuerlich nutzbare Verluste (hier: nach § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG in Verbindung mit § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG und § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG hinsichtlich der BULL-Zertifikate) zu generieren und steuerfreie Veräußerungsgewinne hinsichtliche der BEAR-Zertifikate über Kaufoptionsscheine (nicht steuerbarer Tausch in Warrants; nicht steuerbarer Erwerb des physischen Goldes; steuerfreie Veräußerung des physischen Goldes nach Ablauf der einjährigen Spekulationsfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG) zu vereinnahmen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
ErbStB 2024 S. 99 Nr. 4
NAAAJ-58567

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FG München, Urteil v. 27.10.2023 - 8 K 797/22

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