NWB Nr. 35 vom Seite 2545

Vertraute Sprichwörter

Beate A. Blechschmidt | Redakteurin | nwb-redaktion@nwb.de

Vertrauensschutz für Bauleistende

Zum Thema Vertrauen gibt es viele berühmte Zitate. Eines der bekanntesten Zitate „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ wird dabei Lenin zugeschrieben; und das lateinische Sprichwort „Fide, sed cui, vide“ wird heute meist kurz mit „Trau, schau, wem“ übersetzt. Beide Sprichworte warnen vor allzuviel Vertrauen. Und doch helfen beide Sprichworte – und seien sie auch noch so bekannt und wahr – dem Steuerpflichtigen nur bedingt weiter, wenn es um den Vertrauensschutz für Bauleistende geht. Nachdem der BFH 2013 entschieden hatte, dass Bauträger beim Bezug von Bauleistungen nicht Schuldner der Umsatzsteuer sind, sondern vielmehr die bauleistenden Unternehmer, sind in der Praxis viele Unsicherheiten aufgetreten. Wer ist jetzt wann Steuerpflichtiger, was ist mit den Projekten, die bereits angefangen haben, aber noch lange nicht fertig sind und was gilt für die Vergangenheit? Anfang 2014 hat das BMF sich der Sichtweise des BFH angeschlossen – und damit ein paar der offenen Fragen geklärt. Viele Bauträger haben daraufhin vom Finanzamt die Umsatzsteuer zurückgefordert, die sie nach § 13b UStG an das Finanzamt abgeführt hatten. In diesen Fällen stand dann aber die Frage im Raum, ob das Finanzamt von den Bauleistenden die Umsatzsteuer für die Vergangenheit nachfordern kann. Dies wäre ausgeschlossen, wenn sich der Leistende auf den Vertrauensschutz nach § 176 Abs. 2 AO berufen kann. Der Gesetzgeber wollte dies – auch rückwirkend für die Vergangenheit – mit dem neuen geschaffenen § 27 Abs. 19 UStG ausschließen. Jetzt haben die ersten beiden Finanzgerichte zu dieser Frage Stellung genommen. Streit und Fietz beleuchten diese Entscheidungen ab der Seite 2576 und zeigen die Auswirkungen für Bauleistende und Bauträger auf.

Das Zitat vom Kind, das in den Brunnen gefallen ist, erspare ich Ihnen und mir an dieser Stelle. Obwohl ... eigentlich geht es genau darum: Weßling bespricht ab der Seite 2582 ein Urteil, bei dem der zuständige Steuerberater zwar einen Veräußerungsverlust richtig ermittelt hat, dann aber vergessen hat, diesen in das Formular der elektronischen Steuererklärung einzugeben. Hierzu hat der BFH klargestellt, dass das „schlichte Vergessen“ eines Eintrags von selbst ermittelten Besteuerungsgrundlagen in das elektronische Formular nicht grundsätzlich grob fahrlässig ist. Das Finanzgericht hingegen hatte ebendieses „schlichte Vergessen“ in der Vorinstanz noch für grob fahrlässig gehalten. Ganz „aus dem Schneider“ ist der Steuerberater aber auch nach der Entscheidung des BFH noch nicht, denn dieses hat den Fall an das Finanzgericht zurückverwiesen, da der BFH tatrichterliche Feststellungen zur individuellen Schuld vermisst hat; dies hat das Finanzgericht jetzt im zweiten Rechtszug nachzuholen. Weßling zeigt in seinem Beitrag die Maßstäbe des BFH auf, anhand derer solche Verschuldensfragen zu klären sind.

Beste Grüße

Beate Blechschmidt

Fundstelle(n):
NWB 2015 Seite 2545
NWB YAAAE-99408