BGH Beschluss v. - 3 StR 233/13

Instanzenzug:

Gründe

1 Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in zwei Fällen, davon in einem Fall versucht, zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und deshalb unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Mit der Sachrüge hat das Rechtsmittel den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2 1. Die auf die Sachrüge veranlasste Überprüfung des Urteils hat im Schuldspruch keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Gleiches gilt für den Ausspruch über die Strafe für die am begangene Tat. Zwar lässt sich den Darlegungen, mit denen insoweit das Vorliegen eines minder schweren Falles verneint wurde, die geforderte Gesamtwürdigung aller für die Wertung von Tat und Täter maßgeblichen Umstände (, BGHSt 26, 97, 98 f.; Beschluss vom - 3 StR 316/08, NStZ 2009, 37; st. Rspr.) trotz des vom Landgericht zutreffend erkannten Maßstabes zunächst nicht entnehmen. Vielmehr werden in diesem Zusammenhang nur die zum Ausdruck gekommene erhebliche kriminelle Energie und die planvolle Gestaltung der Tat genannt. Da die Strafkammer aber in der Folge bei der konkreten Strafzumessung alle relevanten Strafzumessungskriterien aufführt, ist nicht zu besorgen, dass sie diese bei der Prüfung des Vorliegens eines minder schweren Falles aus dem Blick verloren hätte.

3 2. Dagegen hat der Strafausspruch hinsichtlich der am begangenen Straftat keinen Bestand.

4 Nach den insoweit getroffenen Feststellungen betrat der Angeklagte am späten Abend des den Verkaufsraum der Tankstelle, die bereits Objekt der vorangegangenen Tat vom gewesen war, um diese erneut zu überfallen. Dabei ging er, bewaffnet mit einem Fleischermesser, das er vor dem Körper hielt, mit den Worten "Überfall" zielstrebig auf die Angestellte zu. Da der Betreiber der Tankstelle bei der zuvor erfolgten Ausspähung des Tatorts misstrauisch geworden war, hielten sich zwei Polizeibeamte in den hinteren Räumen der Tankstelle auf, so dass die Tatvollendung verhindert werden konnte.

5 Die Strafkammer hat das Verhalten des Angeklagten rechtlich zutreffend als versuchten besonders schweren Raub gewertet. Bei der Strafzumessung hat sie das Vorliegen eines minder schweren Falles im Sinne des § 250 Abs. 3 StGB angesichts der "erheblichen kriminellen Energie des Angeklagten" und der "planvollen Gestaltung der Tat" verneint und die Strafe dem nach § 23 Abs. 2 StGB in Verbindung mit § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 250 Abs. 2 StGB entnommen.

6 Diese Ausführungen lassen besorgen, dass die Strafkammer übersehen hat, dass bei gesetzlich vertypten Milderungsgründen das Vorhandensein dieses Milderungsgrundes mit in die Prüfung einzubeziehen ist, ob ein minder schwerer Fall vorliegt (, BGHR StGB § 49 Abs. 1 Strafrahmenwahl 1; Beschluss vom - 2 StR 457/89, BGHR StGB vor § 1/minder schwerer Fall Strafrahmenwahl 7). Die Strafkammer hätte deshalb erwägen müssen, ob das Vorliegen des vertypten Milderungsgrundes allein oder zusammen mit den anderen Umständen das Vorliegen eines minder schweren Falles begründete.

7 Da der Senat nicht ausschließen kann, dass die Strafkammer bei Berücksichtigung des vertypten Milderungsgrundes zur Annahme eines minder schweren Falles nach § 250 Abs. 3 StGB gelangt wäre, ist die für diesen Fall verhängte Einzelstrafe aufzuheben. Dies hat auch die Aufhebung der Gesamtstrafe zur Folge.

8 3. Das Urteil kann ebenfalls keinen Bestand haben, soweit das Landgericht eine Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterlassen hat, obwohl diese Prüfung nach den Urteilsfeststellungen veranlasst war.

9 Danach konsumiert der Angeklagte seit seinem 17. oder 18. Lebensjahr regelmäßig Cannabis. Ein Aufenthalt bei seinem Vater in Marokko führte nur zu einer vorübergehenden Abstinenz. Bereits zwei Monate nach seiner Rückkehr kam es zum Rückfall in den Betäubungsmittelgebrauch. Auch nach seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft in anderer Sache am nahm der wegen Betäubungsmitteldelikten mehrfach vorverurteilte Angeklagte den Konsum von Cannabis und Kokain wieder auf. Jedenfalls mit einem Teil der Beute aus der Tat vom erwarb er Cannabis und Kokain. Die Strafkammer hat zudem ausdrücklich festgestellt, dass die Taten aufgrund der Betäubungsmittelabhängigkeit des Angeklagten begangen wurden und "bereits jetzt" die Zustimmung zu einer Zurückstellung der Strafe nach § 35 BtMG erteilt.

10 Bei dieser Sachlage, bei der es ausgesprochen naheliegt, dass die Taten auf einen Hang des Angeklagten zum übermäßigen Konsum von berauschenden Mitteln zurückzuführen sind, hätte das Landgericht - mit Hilfe eines Sachverständigen (§ 246a StPO) - prüfen und entscheiden müssen, ob die (weiteren) Voraussetzungen für die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gegeben sind. Die Unterbringung nach § 64 StGB geht einer Zurückstellung der Strafvollstreckung gemäß § 35 BtMG vor (, NStZ-RR 2010, 216, 217).

11 Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (, BGHSt 37, 5). Der Beschwerdeführer hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch den Tatrichter auch nicht von seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
PAAAE-46485