Heinrich Weber-Grellet im Ruhestand
Mit Ablauf des beendet Prof. Dr. habil. Heinrich Weber-Grellet seine Berufslaufbahn als Vorsitzender Richter des X. BFH-Senats. „Beendet” ist dabei nicht allzu glücklich formuliert, die Laufbahn wird von höherer Seite beendet, „wie das Gesetz es befiehlt”. Die deutsche Finanzgerichtsbarkeit verliert mit Heinrich Weber-Grellet eine ihrer prägnantesten Figuren. Aber auch „verlieren” ist in der Formulierung nicht ganz gelungen, denn die Fülle der von ihm mitverantworteten Urteile wird die Finanzrechtsprechung noch viele Jahre präjudiziell begleiten.
Mit dem Verweis auf die Ausübung höchster richterlicher Gewalt wäre das Lebenswerk Heinrich Weber-Grellets nur unvollständig dargestellt. Diesem Tätigkeitsbereich gleichzustellen ist sein fachliterarisches Werk, das sich in unzähligen Zeitschriftenbeiträgen und Monografien niedergeschlagen hat, insbesondere in der Mitgestaltung des von Ludwig Schmidt begründeten EStG-Kommentars, der seit der 32. Auflage von ihm herausgegeben wird. In diesem Kommentar kommt auch der weitgefasste fachliterarische Horizont des nunmehrigen Pensionärs zum Ausdruck; er kommentiert dabei z. B. so grundlegende Paragraphen wie § 5 zur Gewinnermittlung, § 20 zu den Einkünften aus Kapitalvermögen und § 17 zu den Anteilsveräußerungen von Kapitalgesellschaften. Aber damit nicht genug: Seine Habilitationsschrift befasst sich mit einer rechtsphilosophischen Thematik.
Im Mittelpunkt seines Interesses stand und steht die steuerliche Bilanzierung. Ich stehe nicht an, insoweit einen Vergleich mit früheren Vorsitzenden BFH-Richtern mit besonderem Bezug zum Bilanzsteuerrecht zu ziehen, zuvörderst mit Georg Döllerer selig und Manfred Groh. Heinrich Weber-Grellet scheute nicht vor prononcierten Stellungnahmen zu vielen Facetten der Steuerbilanz zurück und fand dabei nicht immer Zustimmung innerhalb des BFH und erst recht nicht im kommentierenden Schrifttum.
Man kann auch einen prägenden Einfluss seiner Feder auf den Gesetzgeber anlässlich der Einführung des Ansatzverbots für Drohverlustrückstellungen vermuten. Dazu kann ich bis zum heutigen Tag die Auffassung Weber-Grellets nicht teilen, was mir bis zur 31. Auflage des „Schmidt” die Titulierung als „Schmoller” verschaffte, der in der aktuellen 32. Auflage „immer noch” auf seiner falschen Meinung verharrt, d. h.: endlich einmal klein beigeben sollte. Auch „Erzählungen” wurden mir aufgrund meiner Namensidentität mit dem Titelgeber der komischen Oper von Jacques Offenbach nachgesagt, natürlich wegen einer im Schrifttum abweichend von der eigenen Auffassung vertretenen Meinung. Mir ist bislang keine passende Replik eingefallen, denn die Idee von „Webers Nähkästchen” habe ich gleich wieder fallen gelassen. Aber, und das ist das Entscheidende: Bei allen bestehenden gegensätzlichen Auffassungen – es gibt durchaus auch übereinstimmende – auf dem Gebiet der steuerlichen Bilanzierung konnte man immer in unbefangenem freundlichen Ton den – leider viel zu knappen – persönlichen Umgang pflegen. Ich bin Heinrich Weber-Grellet hierfür dankbar.
Nun also beginnt für ihn ein neuer Lebensabschnitt, der aber mit einiger Wahrscheinlichkeit unverändert der Durchdringung des deutschen Steuerrechts in wichtigen Bereichen gewidmet sein wird. Die Herausgeber und die StuB-Redaktion entbieten hierzu ihre besten Wünsche für viele Jahre erfolgreicher Autoren- und Herausgebertätigkeit.
Wolf-Dieter Hoffmann
Fundstelle(n):
StuB 14/2013 Seite 1
NWB GAAAE-40876