Unveränderbarkeit einer Buchführung im EDV-Zeitalter
Auslegung des § 146 Abs. 4 AO im Spiegel der technischen Entwicklung
Vor 90 Jahren formulierte Dr. Enno Becker in der Reichsabgabenordnung die Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Buchführung. Der Kern seiner Überlegungen ist unverändert gültig – allen technischen Entwicklungen zum Trotz. Dass die Buchführungsdaten nicht veränderbar sein sollen oder doch jede Veränderung als solche erkennbar sein muss, leuchtet dabei ein. Denn immerhin sind diese Buchführungen Gegenstand der Besteuerung und genießen deshalb einen gesetzlichen Vertrauensvorschuss, der nicht ohne weiteres erschüttert werden kann. In Branchen mit hohem Bargeldanteil wie etwa der Gastronomie besteht nach den Erkenntnissen des Bundesrechnungshofs von 2003 ein erhebliches Risiko endgültiger Steuerausfälle, weil nicht alle Umsätze tatsächlich in den Gewinnermittlungen und Steuererklärungen zu finden sind.
Das Ausmaß [i]Teutemacher, Aufbewahrung digitaler Unterlagen bei Bargeschäften – Checkliste für eine ordnungsgemäße Kassenführung, BBK 23/2012 S. 1073 NWB SAAAE-23904 scheint dabei so groß zu sein, dass die Unternehmer in diesen bargeldnahen Branchen sich einem Generalverdacht ausgesetzt sehen. Berichte über Manipulationsprogramme von Kassensystemen, die komplette Datenbanken spurlos „reorganisieren” und einen frei wählbaren Umsatzanteil verschwinden lassen, befeuern diese Wahrnehmung. Und das unabhängig davon, wie verbreitet diese Programme tatsächlich sind. Die ehrlichen Unternehmer sind am Ende wieder die Dummen – wie so oft. In BBK 23/2012 hat Dipl.-Finanzwirt Tobias Teutemacher die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Kassenführung beschrieben.
Die Unveränderbarkeit der Daten oder deren Nachvollziehbarkeit sind ein hohes Gut. Diese Anforderungen sollen allerdings nicht nur für die originäre Buchführung an sich gelten, sondern auch für die davon unabhängigen Systeme für die Kassenführung oder die Warenwirtschaft. Denn auch hier gibt es Berichte über umfangreiche Manipulationen, beispielsweise im Gesundheitswesen. In diesem Heft widmen sich Erich Huber, Jens Reckendorf und Dr. Norbert Zisky in einem ersten Teil einer Neuinterpretation des § 146 Abs. 4 AO zur Unveränderbarkeit. Sie zeigen: Die Norm ist zwar 90 Jahre alt, gilt aber unverändert auch im EDV-Zeitalter, muss allerdings neu interpretiert werden und im Bereich der Kassenführung durch eine technische Lösung ergänzt werden. Das sog. „INSIKA”-Verfahren kann hierbei eine Lösung bieten, bei dem die Barumsätze sicher aufgezeichnet werden können.
Die nächste BBK-Ausgabe wird sich im Schwerpunkt der EDV-Buchführung im Allgemeinen und der ordnungsgemäßen Kassenführung im Besonderen widmen.
Beste Grüße
Christoph Linkemann
Fundstelle(n):
BBK 2013 Seite 545
NWB CAAAE-37805