Oberfinanzdirektion Rheinland - akt. Kurzinfo ESt 41/2009

Einkommensteuerliche Behandlung von Geldleistungen für Kinder in Kindertagespflege

Bezug:

Ab dem Veranlagungszeitraum 2009 sind bei der Tagespflege von Kindern sämtliche Einnahmen für die Betreuungstätigkeit – einschließlich der bislang nach § 3 Nr. 11 bzw. Nr. 26 EStG steuerfreien Gelder von öffentlicher Seite – als steuerpflichtige Einnahmen aus freiberuflicher Tätigkeit i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu qualifizieren.

Zu den Fragen, die sich bei der Anwendung der Neuregelungen ergeben haben, nehme ich wie folgt Stellung:

  1. Berechnung der Betriebsausgabenpauschale bei der Betreuung von Kindern mit ständig schwankenden Betreuungszeiten.

    Die Betriebsausgabenpauschale von 300,– € je Kind/Monat ist zeitanteilig zu kürzen, wenn und insoweit ein Kind nicht in Vollzeitbeschäftigung betreut wird.

    Von einer Vollzeitbetreuung ist bei einer vereinbarten wöchentlichen Betreuungszeit von 40 Stunden bei einer Fünf-Tage-Woche auszugehen.

    Tabelle in neuem Fenster öffnen
    300,– € × vereinbarte wöchentliche Betreuungszeit (max. 40 Stunden)
    (8 Stunden × 5 Tage = ) 40 Stunden

    Die Berechung der Betriebsausgabenpauschale darf nicht dazu führen, dass der monatliche Höchstbetrag von 300,– € überschritten wird.

    Die Betriebsausgabenpauschale darf nur bis zur Höhe der Betriebseinnahmen abgezogen werden.

  2. Betreuung im Haushalt der Eltern

    Die Betreuung der Kinder kann durch die Tagespflegeperson auch im Haushalt der Eltern erfolgen. In diesen Fällen ist nach den allgemeinen Abgrenzungskriterien (vgl. § 1 LStDV, H 19.0 LStH 2011) zu überprüfen, ob die Einkünfte im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses nach § 19 EStG oder einer selbständigen Tätigkeit i. S. d. § 18 EStG erzielt werden.

    Wenn nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die Eltern als Arbeitgeber der Tagespflegeperson anzusehen sind, liegt in den Zahlungen der Träger der öffentlichen Jugendhilfe für die Kinderbetreuung eine echte Lohnzahlung von dritter Seite vor. In diesen Fällen haben die Eltern als Arbeitgeber die Lohnsteuer für den gesamten Arbeitslohn einzubehalten (Vgl. R 38.4 LStR 2011).

  3. Zuschuss zur Unfall-, Alters, Kranken- und Pflegeversicherung

    Die durch den Träger der Jugendhilfe geleisteten Erstattungen der Beiträge zu einer Unfall-, Alters-, Kranken und Pflegeversicherung sind steuerfrei aufgrund der Neufassung des § 3 Nr. 9 EStG (Änderung aufgrund des Kinderförderungsgesetzes vom , BGBl 2008 I S. 2403). Dies gilt auch, soweit diese Zuschüsse im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses vereinnahmt werden.

  4. Investitionszuschüsse zur Schaffung von Betreuungsplätzen und Entfristung des Kinderzuschlags

    Nach dem Gesetz zur Errichtung eines Sondervermögens

    „Kinderbetreuungsausbau” (Kinderbetreuungsfinanzierungsgesetz) vom ( BGBl 2007 I S. 3022) stellt der Bund Mittel für erforderliche Investitionen zur Schaffung von Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren zur Verfügung. Die Zuschüsse, die im Rahmen der Tagespflege hierfür gewährt werden, sind steuerfrei nach § 3 Nr. 11 EStG.

  5. Mietzuschüsse

    Mietzuschüsse, die eine Tagespflegeperson für die Anmietung von Betreuungsräumen erhält, zählen zu den steuerpflichtigen Einnahmen.

    Im Fall der verbilligten Überlassung von Betreuungsräumen sind allerdings keine steuerpflichtigen Betriebseinnahmen in Höhe der Differenz zwischen ortsüblicher und tatsächlich gezahlter Miete anzusetzen. Dies gilt auch dann, wenn die Tagespflegeperson die Betriebskostenpauschale in Anspruch nimmt.

  6. Erziehung in einer Tagesgruppe nach § 32 SGB VIII (Familienpflege)

    Die Hilfe zur Erziehung nach § 32 SGB VIII unterscheidet sich im Hinblick auf den pädagogischen und therapeutischen Bedarf von der Kindertagespflege nach § 23 SGB VIII. Das Kind wird dabei in der Regel für einen Teil des Tages in einer „Zweitfamilie” untergebracht (Familienpflege).

    Geldleistungen der Jugendämter für die Erziehung und den notwendigen Unterhalt i. S. d. § 32 SGB VIII sind nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei.

  7. Einnahmen aus heilpädagogischer Kindertagespflege

    Die Ausübung einer Tätigkeit im Bereich der heilpädagogischen Tagespflege setzt grundsätzlich eine sozialpädagogische berufliche Qualifikation voraus. Es ist daher davon auszugehen, dass die heilpädagogische Tagespflege im Regelfall zur Einkunftserzielung ausgeübt wird. Die Einnahmen aus dieser Tätigkeit sind somit steuerpflichtige Einkünfte i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG.

    Die Geldleistungen sind nur dann steuerfrei, wenn eine ausdrückliche Einordnung der Tätigkeit zu § 32 Satz 2 SGB VIII als besondere Form der Familienpflege durch einen Träger der öffentlichen Jugendhilfe erfolgt ist.

    Bei der Ermittlung der steuerpflichtigen Einkünfte ist ein Abzug der Betriebsausgabenpauschale nach den Grundsätzen des zulässig.

  8. Besonderheiten beim Übergang 2008/2009

    Die aus öffentlichen Kassen gezahlten Gelder für Tagespflege waren bei einer Betreuung von max. 5 Kindern bis zum VZ 2008 als steuerfreie Einnahmen nach § 3 Nr. 11 EStG zu behandeln.

    Erfolgten durch den Träger der öffentlichen Jugendhilfe in 2008 Vorauszahlungen auf in 2009 zu erbringende Leistungen oder in 2009 Nachzahlungen für Leistungen, die vor dem erbracht wurden, gelten für die Frage der zeitlichen Zuordnung die allgemeinen Regelungen des § 11 Abs. 1 EStG.

    Ob § 3 Nr. 11 EStG noch anzuwenden ist, richtet sich dagegen ausschließlich nach dem Zeitpunkt der Erbringung der Leistung.

    Aufwendungen, die im Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen (vgl. auch steuerfreie Zuschüsse nach Pkt. 3 bis 6) stehen, dürfen nach § 3c Abs. 1 EStG nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden.

Oberfinanzdirektion Rheinland v. - akt. Kurzinfo ESt 41/2009

Fundstelle(n):
NAAAE-08183