BAG Urteil v. - 4 AZR 717/10

Kein Anspruch auf Anpassung des Bemessungssatzes der Grundvergütung gemäß der Anpassungsklausel in § 3 Abs 1 des VTV Nr 7 zum BAT-O für den Bereich der VKA - Auslegung der Tarifvertragsbestimmung als schuldrechtliche Vereinbarung

Gesetze: § 1 Abs 1 TVG, § 4 Abs 1 TVG, § 611 Abs 1 BGB

Instanzenzug: ArbG Bautzen Az: 3 Ca 3356/09 Urteilvorgehend Sächsisches Landesarbeitsgericht Az: 2 Sa 105/10 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über Entgeltansprüche der Klägerin nach Wegfall der Tarifgebundenheit der Beklagten, ihrer heutigen Arbeitgeberin.

2Die 1969 geborene Klägerin, Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), wurde zum vom Landkreis K, der im Kommunalen Arbeitgeberverband Sachsen organisiert war, als Krankenschwester im Klinikum H, einem Eigenbetrieb des Landkreises, eingestellt. Nach § 2 des am abgeschlossenen Arbeitsvertrages bestimmt sich das Arbeitsverhältnis der Parteien „nach dem BAT-O und den diesen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber jeweils geltenden Fassung“. Zum ging das Klinikum im Wege des Betriebsübergangs auf die Beklagte über, die bis zum noch als Klinikum H gGmbH firmierte.

3Unter dem schlossen die Parteien einen Änderungsvertrag, in welchem eine vollschichtige arbeitsvertragliche Beschäftigung als Anästhesieschwester und eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe KR V BAT-O vereinbart wurde. Regelungen zum ansonsten anwendbaren Recht enthält dieser Änderungsvertrag nicht.

4Zum trat die Beklagte aus dem Kommunalen Arbeitgeberverband Sachsen aus. Seither erhöhte sie die Vergütung der Klägerin nicht mehr entsprechend den zwischenzeitlich vereinbarten Vergütungstarifverträgen. Sie wendet im Arbeitsverhältnis bis heute den Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften - (BAT-O) an.

5Mit Schreiben vom verlangte die Klägerin für die Zeit ab Vergütung nach Vergütungsgruppe Va Stufe 9 BAT-O einschließlich Ortszuschlags sowie allgemeiner Zulage in Höhe von 100 vH der zuletzt gültigen Fassung des BAT, hilfsweise in Höhe von 100 vH der entsprechenden Vergütung, die sich aus der am geltenden Fassung der Vergütungstarifverträge zum BAT ergab. Dabei bezog sich die Klägerin auf den Vergütungstarifvertrag Nr. 7 zum BAT-O für den Bereich der VKA vom (VTV Nr. 7).

Dieser Tarifvertrag enthält ua. folgende Regelungen:

7Die Beklagte lehnte unter dem eine Bezahlung entsprechend den Forderungen der Klägerin ab und vertrat den Standpunkt, der VTV Nr. 7 enthalte nur eine Absichtserklärung, die Ost-West-Angleichung vornehmen zu wollen. Es gebe insoweit noch keine verbindliche Festlegung. Im Übrigen unterfalle die Beklagte mangels Mitgliedschaft im Kommunalen Arbeitgeberverband nicht dem Geltungsbereich des TVöD.

8Bereits zuvor, unter dem , hatte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Klägerin zum gekündigt und ihr angeboten, das Arbeitsverhältnis mit einer wöchentlichen regelmäßigen Arbeitszeit von 30 Stunden fortzusetzen; im Übrigen sollte es bei den bisher geltenden Bedingungen bleiben. Nachdem das Arbeitsgericht der Änderungsschutzklage der Klägerin stattgegeben und die fehlende soziale Rechtfertigung des Änderungsangebots festgestellt hatte, schlossen die Parteien am eine Vereinbarung, wonach das Arbeitsverhältnis ab mit einer wöchentlichen regelmäßigen Arbeitszeit von 35 Stunden fortgesetzt wird und es im Übrigen „bei den bislang geltenden Bedingungen des Arbeitsverhältnisses“ bleibt.

Die Klägerin hatte zunächst den Standpunkt eingenommen, in ihrem Arbeitsverhältnis seien bis heute die einschlägigen tariflichen Regelungen anwendbar, die bei kongruenter Tarifgebundenheit normativ gelten würden. Außerdem lege § 3 Abs. 1 Unterabs. 2 VTV Nr. 7 fest, dass die Anpassung des Bemessungssatzes für Angestellte, die so wie sie, die Klägerin, eingruppiert seien, bis zum abgeschlossen werde. Deshalb seien die jeweiligen Vergütungsbestandteile mit Wirkung vom auf 100 vH der jeweils am im Tarifgebiet West zu zahlenden Vergütungen anzuheben. Insoweit hat die Klägerin zuletzt aber nur noch den Standpunkt eingenommen, die ihr jeweils zustehenden Vergütungsbestandteile seien auf 100 vH der zum Ende der Tarifgebundenheit der Beklagten am für das Tarifgebiet West festgelegten Vergütungen zu erhöhen. In § 3 Abs. 1 Unterabs. 2 VTV Nr. 7 liege eine verbindliche Rechtsbegründung, wie der Ausschluss der Kündbarkeit dieser Regelung in § 8 Satz 2 VTV Nr. 7 zeige. Nachdem die Klägerin in erster Instanz noch die Feststellung der Anwendbarkeit des TVöD auf ihr Arbeitsverhältnis geltend gemacht hatte, hat sie zuletzt in der Sache nur noch beantragt:

10Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Auffassung, § 3 Abs. 1 Unterabs. 2 VTV Nr. 7 sei keine normativ wirkende Anspruchsgrundlage, sondern nur eine Absichtserklärung der Tarifvertragsparteien und bedürfe noch einer Umsetzung durch einen Anpassungstarifvertrag.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren letzten Sachantrag weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Gründe

12Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die zulässige Klage zu Recht abgewiesen.

13I. Die Klage ist zulässig.

14Der Feststellungsantrag, den die Klägerin, wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt hat, auch weiterhin verfolgt, ist hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Klägerin strebt mit ihrer Klage zuletzt nur noch die Verpflichtung der Beklagten an, ab dem die Vergütung zu zahlen, welche die Klägerin als in Vergütungsgruppe KR Va Stufe 9 BAT-O eingruppierte Krankenschwester im Tarifgebiet West aufgrund der dortigen Tariflage am zu erhalten gehabt hätte.

151. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klage einen bestimmten Antrag enthalten. Streitgegenstand und der Umfang der gerichtlichen Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis müssen klar umrissen sein ( - zu II 2 der Gründe, BAGE 105, 275). Die klagende Partei muss eindeutig festlegen, welche Entscheidung sie begehrt. Bei einer stattgebenden Entscheidung darf keine Unklarheit über den Umfang der Rechtskraft bestehen, damit der Streit der Parteien nicht in die Vollstreckung verlagert wird. Diese Anforderung ist auch erfüllt, wenn der Antrag durch Auslegung, insbesondere unter Heranziehung der Klageschrift und des sonstigen Vorbringens, hinreichend bestimmt ist (st. Rspr., etwa  - zu B I 2 a der Gründe mwN, BAGE 114, 299).

162. Hiernach genügt der Klageantrag dem Bestimmtheitsgrundsatz des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Klägerin bezeichnet den Tarifzustand, von dem aus sie ihre Vergütung ermittelt haben will, zeitlich präzise. Dass sie nicht die zu diesem Zeitpunkt maßgebende Tarifvorschrift benennt, ist unschädlich. Die maßgebende Vergütung ist ohne weiteres ermittelbar, weil die Beklagte von dieser Bezugsvergütung ausgehend nach einem Bemessungssatz die Vergütung der Klägerin errechnet hat. Diese Vergütung soll auch der Maßstab für den Vergütungsanspruch der Klägerin ab dem sein. Dies ergibt sich ohne weiteres auch aus der Klageschrift, in der die Klägerin ihren zunächst bezifferten Klageantrag dergestalt ermittelt hat, dass sie die ihr von der Beklagten gezahlte Bruttovergütung ausgehend von dem damals für das Tarifgebiet Ost geltenden Bemessungssatz von 92,5 vH auf eine 100 vH-Vergütung hochgerechnet und die monatlichen Differenzbeträge eingeklagt hat.

173. Die Klägerin hat für ihren Feststellungsantrag auch das erforderliche besondere Feststellungsinteresse iSv. § 256 Abs. 1 ZPO. Sie hat ein rechtliches Interesse daran, dass das im Antrag bezeichnete Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird.

18a) Da sich eine Feststellungsklage auch auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken kann - sog. Elementenfeststellungsklage - (s. nur  - Rn. 15, BAGE 117, 248), kann die Klägerin im Rahmen des § 256 Abs. 1 ZPO auch eine gerichtliche Feststellung über den für sie maßgebenden Vergütungsanspruch anstreben.

19b) Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben, wenn durch die Entscheidung über den Feststellungsantrag der Streit insgesamt beseitigt wird und das Rechtsverhältnis der Parteien abschließend geklärt werden kann (st. Rspr., etwa  - Rn. 12, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 94 = EzA ZPO 2002 § 256 Nr. 7; - 4 AZR 757/00 - zu I 2 b der Gründe, BAGE 100, 43). Diese Voraussetzung liegt vor. Die Rechtskraft der Entscheidung verhindert weitere gerichtliche Auseinandersetzungen (zu diesem Kriterium s. etwa  - aaO) über die zukünftige Vergütung der Klägerin, für die zwischen den Parteien allein der maßgebende Bemessungssatz streitig ist. Die Beklagte hat darüber hinaus durch Protokollerklärung in erster Instanz - im Anschluss an eine entsprechende Zusicherung in ihrem Schreiben vom , mit dem sie die angestrebte Zahlung abgelehnt hat - auch ausdrücklich klargestellt, dass sie sich einem Feststellungsurteil unterwerfen werde; damit war erkennbar gemeint, dass sie schon aufgrund einer lediglich feststellenden Entscheidung entsprechend dem Klageantrag eine hieran orientierte (Neu-)Abrechnung und Auszahlung vornehmen werde.

20II. Die zulässige Feststellungsklage ist jedoch unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht darauf erkannt, dass die Klägerin nicht verlangen kann, ab dem die Vergütung zu erhalten, welche eine wie sie eingruppierte Krankenschwester am im Tarifgebiet West zu beanspruchen hatte. Ein derartiger Anspruch ergibt sich nicht aus § 3 Abs. 1 Unterabs. 2 VTV Nr. 7, der sowohl kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit, im Falle der Beklagten aus § 3 Abs. 3 TVG, als auch kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme im Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung findet. Die von der Klägerin angezogene Tarifbestimmung begründet keine individuellen Ansprüche. § 3 Abs. 1 Unterabs. 2 VTV Nr. 7 ist keine Inhaltsnorm iSv. § 4 Abs. 1 iVm. § 1 Abs. 1 Halbs. 2 TVG, sondern eine schuldrechtliche Bestimmung (§ 1 Abs. 1 Halbs. 1 TVG).

211. In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob es sich bei der vertraglichen Verweisung im ursprünglichen Arbeitsvertrag um eine „Altklausel“, also eine Gleichstellungsabrede, oder im Hinblick auf die nach dem abgeschlossenen Änderungsverträge um eine „Neuklausel“, also möglicherweise um eine unbedingt zeitdynamische Verweisung, handelt (vgl. hierzu nur  - BAGE 122, 74). Für die von der Klägerin angestrebte Vergütungsanpassung kommt als Anspruchsgrundlage zunächst ausschließlich der VTV Nr. 7 in Betracht. Er wurde vor dem Ende der Tarifgebundenheit der Beklagten im Januar 2003 vereinbart und ist deshalb in jedem Falle auch von der Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag der Parteien mit umfasst.

222. Die von der Klägerin angezogene Tarifbestimmung des § 3 Abs. 1 Unterabs. 2 VTV Nr. 7 ist keine Rechtsgrundlage für den von ihr verfolgten Anspruch. Es handelt sich nicht um eine Inhaltsnorm, die den tarifunterworfenen Arbeitnehmern zu dem festgelegten Endtermin einen Anspruch auf eine bestimmte angepasste Vergütung gibt. Sie enthält lediglich eine schuldrechtliche Regelung zwischen den Tarifvertragsparteien des VTV Nr. 7 zur künftigen Anpassung des Bemessungssatzes Ost.

23a) Bereits der Wortlaut der Bestimmung spricht entscheidend gegen die Annahme, die Tarifvertragsparteien hätten eine die Anpassung abschließende Inhaltsnorm und einen unmittelbaren Anspruch der normunterworfenen Arbeitnehmer begründen wollen. Durch die Formulierung, die Anpassung des Bemessungssatzes „wird“ „bis zum “ „abgeschlossen“, bringen die Tarifvertragsparteien zum Ausdruck, dass sie insoweit nicht bereits durch den VTV Nr. 7 selbst eine Regelung treffen wollen, sondern dass die entsprechende Festlegung für die Tarifunterworfenen erst noch erfolgen muss. Sie formulieren ein für sie selbst verbindliches Regelungsprogramm, regeln aber noch nicht selbst mit normativer Wirkung. Es bedarf für die Umsetzung des Regelungsprogramms noch mindestens eines weiteren tariflichen Rechtsetzungsaktes. Hätten die Tarifvertragsparteien Weitergehendes gewollt, hätten sie es angesichts der von ihnen im VTV Nr. 7 sonst gewählten Regelungstechniken anders zum Ausdruck gebracht. Sie hätten etwa ebenso wie in der Inhaltsnorm des § 3 Abs. 1 Unterabs. 1 VTV Nr. 7 festgelegt, dass die Vergütung ab einem bestimmten Zeitpunkt 100 vH des Bemessungssatzes „beträgt“ oder hätten den Bemessungssatz zu einem festgelegten Zeitpunkt „auf 100 vH erhöht“.

24b) Für dieses Auslegungsergebnis spricht auch, dass der genaue Zeitpunkt der Anpassung nicht abschließend bestimmt worden ist. Die Tarifvertragsparteien haben keinen Abschluss der Anpassung „auf den“ oder „am “ festgelegt, sondern „bis zum “. Anders als die hinsichtlich der Höhe und des Zeitpunkts der Zahlungsansprüche präzisen Regelungen in § 2 Abs. 2, § 3 Abs. 1 Unterabs. 1 und Abs. 2, § 4 Abs. 1 VTV Nr. 7 und in den zugehörigen Vergütungstabellen, nennt § 3 Abs. 1 Unterabs. 2 VTV Nr. 7 nur allgemein das Ziel „Anpassung des Bemessungssatzes“. Abweichend vom voranstehenden Satz werden weder die zahlenmäßige Höhe noch ein konkreter Zeitpunkt bestimmt, in dem die Anpassung abgeschlossen sein soll.

25c) Die Klägerin hat in der Vorinstanz in diesem Zusammenhang gemeint, die fehlende tabellenmäßige Festlegung erkläre sich daraus, dass beide Tarifvertragsparteien zum Zeitpunkt des Abschlusses des VTV Nr. 7 davon ausgegangen seien, es werde in der Zwischenzeit noch zu weiteren Zwischen-Anpassungsschritten kommen; außerdem sei aufgrund der Prozessvereinbarung für die Tarifverhandlungen zum TVöD vom schon damals klar gewesen, dass es zu einer tiefgreifenden Reform des Tarifrechts für den öffentlichen Dienst kommen würde, die sich auch bei den Vergütungen auswirken werde, weshalb eine tabellenmäßige Festschreibung von vornherein nicht in Betracht gekommen sei. Auch seien die korrespondierenden „Westvergütungen 2007“ zum Zeitpunkt des Abschlusses des VTV Nr. 7 noch nicht festgelegt gewesen. Diese Überlegungen der Klägerin erklären zwar, warum es in diesem Tarifvertrag nicht zu einer tabellenmäßigen Festlegung der Vergütungen ab gekommen ist. Sie verdeutlichen aber zugleich auch, dass die Tarifvertragsparteien sich bei Abschluss des VTV Nr. 7 in einer derart offenen Situation befanden, dass mehr als eine programmatische Festlegung der weiteren Vorgehensweise der beiderseitigen Gestaltungsaufgabe nicht angemessen gewesen wäre.

26d) Auch der Umstand, dass § 3 Abs. 1 Unterabs. 2 VTV Nr. 7 im Zusammenhang mit tariflichen Inhaltsnormen steht, spricht nicht gegen das gefundene Auslegungsergebnis. Die Tarifvertragsparteien haben das von ihnen vereinbarte Regelungsziel an passender Stelle, im Zusammenhang mit den nächsten beiden Anpassungen des Bemessungssatzes zum und dem in den Tarifvertrag aufgenommen. Rechtliche Bedenken, eine solche Regelung in einen Tarifvertrag einzufügen, der im Übrigen auch Rechtsnormen enthält, bestehen nicht.

27e) Demgegenüber sprechen sowohl die Entstehungsgeschichte als auch die spätere Tarifentwicklung für die Annahme, dass es sich bei § 3 Abs. 1 Unterabs. 2 VTV Nr. 7 um eine nur schuldrechtlich wirkende Vereinbarung handelt.

Die Festlegung der jeweils geltenden Bemessungssätze wurde stets in eigenständigen Tarifregelungen vorgenommen. Der Bemessungssatz für das Tarifgebiet Ost lag im Jahre 1991 ursprünglich bei 60 vH der für das Tarifgebiet West maßgebenden Sätze. Die weitere Anpassung der Entgelte vollzog sich schrittweise durch die Vergütungstarifverträge Nr. 2 bis Nr. 6 auf 90 vH. Der VTV Nr. 7 legte dann zwei weitere Stufen fest. In der weiteren Folge stieg der Bemessungssatz Ost durch den „Tarifvertrag zur Anhebung des Bemessungssatzes ab für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) - Tarifbereich Ost -“ vom zum auf 94 vH, später ab dem auf 95,5 vH und ab auf 97 vH. Schließlich setzten die Tarifvertragsparteien das in § 3 Abs. 1 Unterabs. 2 VTV Nr. 7 enthaltene Regelungsziel durch den „Tarifvertrag zur Anhebung des Bemessungssatzes im TVöD für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) - Tarifbereich Ost -“ vom für ua. diejenige Entgeltgruppe, in die die Klägerin bei Anwendung des TVöD überzuleiten gewesen wäre, um. In dessen § 2 heißt es:

Für die weiteren Entgeltgruppen wurde die Entwicklung durch § 6 Abs. 4 Satz 6 des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) vom in der Fassung des Änderungstarifvertrages Nr. 4 vom abgeschlossen:

30Auch dieser Ablauf steht im Gegensatz zu der Annahme, die Tarifvertragsparteien hätten im VTV Nr. 7 über die in § 3 Abs. 1 Unterabs. 1 VTV Nr. 7 genau festgelegten Anhebungen hinaus bereits im Jahre 2003 eine weitere Anpassung unter Aussparung etwaiger Zwischenschritte normativ festlegen wollen. Die zuletzt vorgenommene Erhöhung um den Faktor 1,03093 entspricht der letzten Anhebung des Bemessungssatzes von 97 vH auf 100 vH. Dieses letzten Umsetzungsschrittes hätte es hinsichtlich des dort festgelegten Faktors nicht bedurft, wenn dieser bereits im VTV Nr. 7 unmittelbar und zwingend festgelegt worden wäre.

31f) Eine andere Auslegung wird auch nicht deshalb nahegelegt, weil die Tarifvertragsparteien nach dem Vortrag der Klägerin übereinstimmend den Willen hatten, mehr als zehn Jahre nach der deutschen Einigung eine Einkommensangleichung herbeizuführen. Diese Zielvorstellung erklärt nur, dass die Tarifvertragsparteien sich schon im Jahre 2003 festgelegt haben, zum eine Entgeltangleichung vornehmen zu wollen. Sie spricht auch für das Verständnis des Senats, dass § 3 Abs. 1 Unterabs. 2 VTV Nr. 7 nicht, wie das Landesarbeitsgericht gemeint hat, eine bloße Absichtserklärung ist, sondern dass es sich hier um die schuldrechtliche Festlegung des Regelungsplans der Tarifvertragsparteien handelt. Eine Notwendigkeit zu einer normativen Regelung ergibt sich aus der vorgetragenen Zielvorgabe indes nicht.

32g) Auch der Umstand, dass die Tarifvertragsparteien § 3 Abs. 1 Unterabs. 2 VTV Nr. 7 in § 8 Satz 3 dieses Tarifvertrages ausdrücklich von der Kündigungsmöglichkeit frühestens zum ausgenommen haben, stützt nicht die Annahme, es sei eine normativ wirkende Regelung zum Inhalt der Arbeitsverhältnisse der Tarifunterworfenen getroffen worden. Die Tarifvertragsparteien haben ihr schuldrechtlich verbindliches Regelungsprogramm festgeschrieben und durch § 8 Satz 3 VTV Nr. 7 verhindert, dass aus Anlass der nächsten Stufenanhebung erneut darüber verhandelt werden muss, zu welchem Zeitpunkt die Anpassung der Vergütungen in den beiden Tarifgebieten vollendet werden soll.

333. Die Klage kann auch nicht allein auf die Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag der Parteien vom gestützt werden, wonach der BAT-O und die ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträge im Arbeitsverhältnis Anwendung finden.

34a) Es ist bereits sehr zweifelhaft, ob ein sich aus einer solchen Verweisung möglicherweise ergebender Anspruch auf Vergütung nach Tarifgebiet West, Stand , den mit der Klage geltend gemachten Anspruch auf eine derartige Vergütung nach dem Stand mit umfasst, oder ob es sich insoweit um einen anderen Streitgegenstand handelt.

35b) Dies kann aber letztlich offenbleiben, weil die Bezugnahmeklausel nicht zur Geltung der tariflichen Vergütungsregelungen zum TVöD/VKA führt. Der Arbeitsvertrag der Klägerin enthält keine unbedingt zeitdynamische Verweisung auf das öffentliche Dienstrecht, sondern nur eine Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Rechtsprechung des Senats, die aus Gründen des Vertrauensschutzes für Verträge, die vor dem abgeschlossen worden sind, weiter zugrunde gelegt wird; hiernach endet die vereinbarte Dynamik mit dem Ende der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers, weil danach auch gegenüber den tarifgebundenen Beschäftigten, mit denen die Gleichstellung beabsichtigt ist, neu abgeschlossene Tarifverträge nicht mehr angewendet werden müssen (vgl. nur  - BAGE 116, 326; - 4 AZR 652/05 - BAGE 122, 74).

36aa) Der Arbeitsvertrag vom wurde von der tarifgebundenen früheren Arbeitgeberin der Klägerin vorgegeben und bezog sich auf das für diese maßgebende Tarifwerk. Damit erfüllt die Vertragsklausel in einem „Altvertrag“ die Voraussetzungen, unter denen die frühere Senatsrechtsprechung eine Gleichstellungsabrede annahm. Danach umfasst die Klausel die Tarifverträge, die erst nach dem Wegfall der Tarifgebundenheit der Beklagten zum abgeschlossen wurden nicht mehr. Weder der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) noch die hierzu abgeschlossenen Vergütungstarifverträge finden aufgrund der arbeitsvertraglichen Verweisungsregelung im Arbeitsverhältnis der Klägerin Anwendung.

37bb) Am Inhalt der arbeitsvertraglichen Vereinbarung als Gleichstellungsabrede hat sich in der Folgezeit nichts geändert.

38Im Änderungsvertrag vom , in dem es um eine Veränderung der regelmäßigen Arbeitszeit ging, gibt es weder eine ausdrückliche Inbezugnahme des ursprünglich Vereinbarten noch wird das ansonsten anwendbare Tarifrecht angesprochen. Ein Wille der Parteien dieses Vertrages, ihre ursprüngliche Bezugnahmevereinbarung erneut zum Gegenstand ihrer Vertragsbeziehungen zu machen, kommt nicht zum Ausdruck.

39In dem außergerichtlichen Vergleich vom wird die zuvor im - auch gerichtlichen - Streit befindliche Arbeitszeit neu geregelt und festgelegt, dass es ansonsten „bei den bislang geltenden Bedingungen des Arbeitsverhältnisses“ bleibt. Die letztgenannte Klausel stellt schon nach ihrem Wortlaut keine bewusste Aufnahme des 1996 vertraglich Gewollten in den neu gebildeten Vertragswillen dar (dazu zuletzt  - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 75 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 47). Zumindest ist mit dieser Vereinbarung unter den Begleitumständen des Einzelfalles keine neue unbedingt zeitdynamische Verweisung auf das Tarifrecht des öffentlichen Dienstes vereinbart worden. Als der Vergleich, der nur auf das bislang Geltende Bezug nimmt, vereinbart wurde, hatte die Beklagte bereits im Streit um die Frage, ob die Klägerin Vergütung nach dem VTV Nr. 7 iVm. den Tarifen des BAT verlangen kann, unter dem auf ihren Rechtsstandpunkt hingewiesen, dass sie zu einer entsprechenden Zahlung nicht verpflichtet sei, ua. weil sie mangels Mitgliedschaft nicht dem TVöD unterfalle. Unter diesen Umständen konnte die Klägerin auch dann, wenn sie aus der Verweisung auf das alte Vertragsrecht auch eine willentliche Inkorporierung der alten Verweisungsklausel in das neue Arbeitsvertragsrecht geschlossen haben sollte, nicht davon ausgehen, dass die Beklagte sich mit einer derartigen nicht näher bestimmten Wiederholung entgegen der wenige Monate zuvor deutlich gemachten Rechtsauffassung unbedingt zeitdynamisch dem Tarifrecht für den öffentlichen Dienst unterwerfen wollte.

III. Da die Klägerin nach alledem keinen Anspruch auf die geltend gemachte Vergütung hat, ist die Klage in den Vorinstanzen zu Recht abgewiesen worden, weshalb ihre Revision mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen ist.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BB 2012 S. 444 Nr. 7
KAAAD-99848