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Arbeitshilfe Februar 2024

Dienst- und Fortbildungsreisen von Arbeitnehmern ins Ausland: Einkommen- und lohnsteuerrechtliche Aspekte

Dr. Lukas Hilbert, M.I. Tax

Hinweis: Ursprüngliche strukturelle Grundlage dieser Checkliste zur Anerkennung der Kosten dem Grunde nach ist der Beitrag von . Die Liste wurde seither mehrfach geprüft (z. B. zu neuen Entwicklungen oder möglichen Anpassungen der Rechtsprechung), teils erweitert (etwa zu Auswirkungen von etwaigen Reisebschränkungen unter VII.) und mit jeweils neuem Stand veröffentlicht.

I. Grundsätze der steuerrechtlichen Berücksichtigung

  • Veranlassungsprinzip: Steuerlich berücksichtigungsfähig sind Ausgaben (hier als Werbungskosten) der / des Steuerpflichtigen nur, wenn diese objektiv als erwerbsaufwendungen mit der individuellen Einkünfteerzielung (hier als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit) zusammenhängen.
    Bei einer (Auslands-)Reise bestimmen die Gründe ihrer Veranlassung ob und wenn ja, in welchem Umfang ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Erwerbssphäre des/der Steuerpflichtigen besteht.

  • Einzelfallwürdigung: Über die Einordnung (anteiliger) Kosten als Werbungskosten ist jeweils durch Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls zu entscheiden.

II. Reisen aus unmittelbarem beruflichem Anlass

Grundsatz: Voller Werbungskostenabzug (Kostenzuordnung zur Erwerbssphäre).

Erforderlich: Enger und konkreter Bezug zur Erwerbstätigkeit der/ des Steuerpflichtigen.
Beispiele:

  • Aufsuchen von Kunden sowie Vertrags- und Geschäftspartnern

  • Halten einer Präsentation oder eines Vortrags, Referats oder „Work-Shops“ auf einem Kongress oder im Rahmen einer beruflichen Fortbildungsveranstaltung

  • Durchführung eines Forschungs- und Lehrauftrags

Sonderfall Gruppenreise: Unmittelbare berufliche Veranlassung der Reise sofern deren Organisation, Leitung und Betreuung Dienstaufgabe der / des Steuerpflichtigen ist.
Beispiele:

  • Leiter bzw. Betreuer einer Lehr- oder Forschungsreise

  • Lehrer, bei von zuständiger Stelle genehmigter Klassen- oder Kursfahrt

Tipp: Als Nachweis die entsprechende dienst- bzw. arbeitsrechtliche Genehmigung der Reise beibringen, ggf. mit Ausführungen bzw. Bestätigungen zum Inhalt der Tätigkeit (z. B. als Betreuungs- , Führungs- oder Leitungsperson etc.). Es empfiehlt sich ein Nachweis in schriftlicher Fassung, Textform oder digital gespeicherter Version (z. B. PDF-Dokument mit zugehöriger E-Mail-Korrespondenz etc.).

Sonderfall: Werbungskostenabzug für Vorbereitungsreise an das gleiche Reiseziel nur, wenn diese nachweislich und glaubhaft zur Durchführung der späteren eigentlichen dienstlichen Reise selbst erforderlich ist und sich in ihrer Art – objektiv betrachtet – von einer regulären, allgemeintouristisch geprägten Reise (möglichst deutlich) unterscheidet.

III. Reisen zur (allgemeinen) beruflichen Fortbildung

  • kein konkreter Bezug zur beruflichen Tätigkeit bzw. zur Arbeitsstelle notwendig

  • aber Reiseprogramm muss so auf die besonderen beruflichen Bedürfnisse und Gegebenheiten des Reisenden zugeschnitten sein, dass die berufliche Veranlassung der Reise bei Weitem überwiegt und Privatveranlassung nicht ins Gewicht fällt (Anteil =< 10%)

  • wenn Privatveranlassung >= 10%: Aufteilung in abziehbare Werbungskosten und nichtabziehbare Aufwendungen für die private Lebensführung (siehe unten unter IV.)

1. Gruppenreisen

Berufliche Veranlassung bspw. fraglich, wenn

  • ähnliches Reiseziel auch in der unmittelbaren Umgebung, generell im Inland oder im näher gelegenen Ausland aufgesucht werden könnte (etwa bei Anlagen-, Fabrik- oder Betriebsbesichtigung)

  • unverhältnismäßige Relation zwischen Aufwendungen und Reisedauer gegeben ist

Abgrenzungskriterien u. a.:

  • durch Reise dargebotene Informationen (möglichst naher Bezug zur beruflichen Tätigkeit der / des Steuerpflichtigen sowie Möglichkeit der Nutzung des Wissens für die jeweilige Tätigkeit)

  • Teilnehmerkreis (möglichst „homogene“ Reisegruppe, jedoch ist Zugehörigkeit zu lediglich einer Berufsgruppe oder Sparte nicht erforderlich)

  • Reiseroute und touristische Bedeutung der einzelnen Reiseziele und Aufenthaltsorte (häufige Ortswechsel und insbesondere das Aufsuchen touristisch interessanter Orte ohne beruflichen Bezug sprechen für private Veranlassung)

  • Organisation (Durchführung durch Berufs- bzw. Fachverband als Indiz für berufliche Veranlassung). Achtung: Wird Reise lediglich durch Verband angeboten und beworben, dann jedoch im Wesentlichen von einem kommerziellen Reiseveranstalter durchgeführt, so besteht keine Indizwirkung für berufliche Veranlassung.

  • Gestaltung freier Tage (freie Tage zwar bei längerer Reise generell zulässig, jedoch können Integration verhältnismäßig vieler Wochenend- und/oder Feiertage in den Reiseablauf sowie touristische Programmpunkte bzw. entsprechende Ausflugsmöglichkeiten an diesen Tagen auf private Reiseveranlassung hindeuten)

  • Reise- bzw. Transportmittel (wird nicht ein zeiteffizientes und kostengünstiges Transportmittel, sondern ggf. ein bequemeres, teureres und / oder zeitaufwändigeres Beförderungsmittel genutzt, kann dies Indiz für private Veranlassung sein)

Unbeachtlich für die Einordnung ist:

  • Möglichkeit der privaten / außerberuflichen Nutzung des auf der Reise gewonnenen Wissens

  • allgemein bestehende Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Fortbildung sowie ggf. für eine Reise erteilte Dienstgenehmigung (entsprechende dienst- bzw. arbeitsrechtliche Weisung des Arbeitgebers ist nur dann maßgebliches Indiz, wenn eine konkrete Verpflichtung zur Teilnahme an einer ganz bestimmten Reise besteht)

  • Zuordnung strittiger Aufwendungen zum privaten Bereich bei anderen Steuerpflichtigen

  • Reise ins Ausland an sich kein Grund zur generellen Versagung der steuerlichen Anerkennung

2. Tagungs- und Kongressreisen

Konkreter Zusammenhang mit der Berufstätigkeit der / des Steuerpflichtigen erforderlich.

Kriterien für eine berufliche Veranlassung:

  • Dienstverpflichtung durch Arbeitgeber (maßgebliches Indiz für berufliche Veranlassung)

  • Dichte und Organisation des Programms („strammes Veranstaltungsprogramm“; bietet das Programm keine oder kaum Gelegenheit zum Verfolgen privater Interessen?)

  • Inanspruchnahme bzw. Gewährung von Sonderurlaub (bspw. (Weiter-)Bildungsurlaub)

  • Kostenübernahme von Tagungsgebühren und / oder Reisekosten durch Arbeitgeber bzw. Dienstherrn

  • (Abschluss-)Prüfung(en) über Lehrgangsinhalte und deren Dokumentation (Zertifikat, Bescheinigung etc.)

  • Möglichkeit, erworbenes Wissen und Fähigkeiten für konkrete berufliche Tätigkeit einzusetzen

Tatsächliche Anwesenheit und der Umfang der Teilnahme an den Tagungsveranstaltungen sind nachzuweisen; Abwesenheit bei einzelnen Punkten des vorgesehenen Programms kann unschädlich sein (etwa aufgrund der Notwendigkeit „konzentrationsbedingter Auszeiten“).

Indizien für eine private (Mit-)Veranlassung sind u. a.:

  • Tagung an touristisch interessantem Ort, Erholungsort oder im Rahmen einer Kreuzfahrt

  • lange Freiphasen (ausgedehnte Pausen, später Beginn und / oder frühes Ende der Veranstaltungen im Tagesablauf)

  • Möglichkeit der Mitnahme von Familienangehörigen, Ehegatten, Lebenspartnern etc.

Unbeachtlich: Tagungsstätte im Ausland an sich – auch wenn der Veranstaltung thematisch / inhaltlich selbst ein internationaler Bezug fehlt.

IV. Gemischt veranlasste Reisen

Aufteilung der (Gesamt-)Kosten

  • vorrangig direkte Zuordnung (bspw. Tagungsgebühren, Kosten für Kongressunterlagen), sowie sodann

  • nachrangig zeitanteilige Zuordnung für jene Kosten, die für die Reise insgesamt anfallen und deshalb nicht direkt dem beruflichen oder privaten Bereich zugeordnet werden können (bspw. Transport- und Übernachtungskosten).

An- und Abreisetag sind bei gemischt veranlassten Reisen als „neutral” zu behandeln, außer, diese sind einer der beiden Sphären konkret zuzuordnen (bspw. fachliches Tagungsprogramm bereits am An- oder noch am Abreisetag).

Ggf. anderer Aufteilungsmaßstab, etwa prozentual, sofern keine zeitbezogene Aufteilung möglich.

Wichtig: Keine Aufteilung der Transportkosten, sofern Arbeitnehmer aufgrund einer Weisung seines Arbeitgebers beruflichen Pflichttermin wahrnimmt; dann volle Abzugs- bzw. Erstattungsfähigkeit der Hin- und Rückreisekosten; Achtung: Das gilt selbst dann, wenn Arbeitnehmer diesen Pflichttermin mit (vorherigem oder anschließendem) Privataufenthalt verbindet.

V. Sprachreisen

Teilung in:

  • Kursgebühren: Erwerb sowie ggf. Ausbau der Fremdsprachenkenntnisse muss in konkretem Zusammenhang mit Berufstätigkeit stehen, um Abzug als Erwerbsaufwendungen zu begründen. Nicht erforderlich: Spezifisch auf die jeweilige Tätigkeit und Stelle zugeschnittener Sprachkurs oder Intensivkurs.
    Berufliche Veranlassung kann u. a. begründet werden durch:

    • Notwendigkeit, jeweilige Sprache zur Ausübung des Berufs zu beherrschen oder Kenntnisse zu verbessern

    • Zusammenarbeit, Abstimmung und Verhandlungen mit Kunden und Geschäftspartnern (auch unternehmensintern) aus fraglichem Sprachraum

    • berufliche Korrespondenz, Besprechungen, Telefonate, (Video-)Konferenzen oder maßgebliche Arbeitsmittel in jeweiliger Sprache

    • Dienstreisen in fraglichen Sprachraum (u. a. im Konzernverbund oder zu Kunden, Geschäfts- oder Forschungspartnern, Messen, Kongressveranstaltungen etc.)

    • Notwendigkeit des Spracherwerbs, um berufliches Fortkommen und Aufstieg zu ermöglichen

    Vermittelt ein Sprachkurs (lediglich) Grundkenntnisse, so ist Nachweis zu führen, dass diese

    • für die konkrete berufliche Tätigkeit ausreichen oder

    • notwendige Vorbedingung zur weiteren Vertiefung des Spracherwerbs sind.

  • Reisekosten: Entscheidung, Sprachkurs im Ausland zu besuchen, ist regelmäßig auch privat veranlasst. Zeitanteilige Aufteilung scheidet bei Sprachkurs i.d.R. aus, da private und berufliche Motivation des Kursbesuchs / der Auslandsreise zeitgleich verwirklicht werden, so dass ein anderer – ggf. prozentualer – Aufteilungsmaßstab anzusetzen ist.

    • Zu Gunsten der / des Steuerpflichtigen kann wirken:

      • dass sich Sprache während Aufenthalts im jeweiligen Sprachraum im Regelfall schneller und effizienter erlernen lässt (u. a. spezifische Aussprache etc.)

    • Zu Ungunsten der / des Steuerpflichtigen kann wirken:

      • hoher touristischer oder Erholungswert des Aufenthaltsorts („exotisches Reiseziel“)

    Sofern weder die Finanzverwaltung noch die / der Steuerpflichtige einen anderen Maßstab substanziell vortragen, bestehen gemäß BFH keine Bedenken, die gesamten Reisekosten der Sprachreise je hälftig dem privaten und dem beruflichen Bereich zuzuordnen.

VI. Privatreisen

Reine Privatreisen bzw. solche mit beruflicher Veranlassung von untergeordneter bzw. für die Wertung zu vernachlässigender Bedeutung (Anteil =< 10%) sind ausschließlich der Privatsphäre zuzuordnen und können deshalb steuerlich nicht bei den Erwerbsaufwendungen berücksichtigt werden.

Eindeutig beruflich veranlasste Aufwendungen, die während einer solchen Reise getätigt werden (bspw. Kosten für eintägiges berufliches Fachseminar auf 14tägiger Auslandsreise), können allerdings als Werbungskosten abgesetzt werden. Sie müssen jedoch direkt einzeln zuordenbar und klar abgegrenzt sein; Nachweis und Glaubhaftmachung der Kosten obliegen der / dem Steuerpflichtigen.

Die sonstigen Aufwendungen für die Reise (Transportkosten, Übernachtungskosten etc.) sind jedoch nicht – auch nicht (zeit-)anteilig – abzugsfähig.

VII. Auswirkungen von Reisebeschränkungen

Durch bestimmte Ereignisse wie Gesundheitsnotstände, politische oder wirtschaftliche Verwerfungen, kriegerische oder kämpferische Auseinandersetzungen, Natur- und Umweltkatastrophen, großflächige Streiks etc. kann es zu Reisebeeinträchtigungen oder -beschränkungen kommen. So hatte hatte etwa die Corona- bzw. Covid 19-Pandemie insbesondere auf den Bereich der Reisen sowie der (grenzüberschreitenden) Mobilität massive Auswirkungen. Derartiges sollte bei der notwendigen Gesamt- bzw. Einzelfallwürdigung einer Reise unter solch einschränkenden Bedingungen zusätzlich berücksichtigt werden.

Folgende Punkte könnten dabei m. E. exemplarisch weitere Indizien für eine berufliche Veranlassung der Reise sein:

  • Es bestand eine (offizielle) Reisewarnung und / oder es war mit einer solchen zu rechnen (etwa aufgrund politischer Unruhen, eines Konflikt- oder gar Kriegszustands oder im Pandemie- oder Endemie-Fall aufgrund steigender Inzidenz-Werte oder der Verbreitung von Krankheits-Mutationen im Reisegebiet).

  • Es bestanden im Reiseverlauf und insbesondere am Reiseziel Einschränkungen oder Verbote für Privatreisen (z. B. entsprechendes Beherbergungsverbot).

  • Der mögliche „touristische Wert“ der Reise und insbesondere des Reiseziels waren eingeschränkt oder nicht mehr gegeben (etwa durch Schließungen oder Beschränkungen bei Attraktionen, Sehenswürdigkeiten, Stränden, Skipisten, Naturparks, Restaurants, Geschäften, Freizeit-, Sport- und Kultur- oder Erholungseinrichtungen etc.).

  • Es kam zu (erheblichen) Komforteinbußen oder zusätzlichen Erschwernissen bei der Reise (etwa hinsichtlich der Reisebedingungen und notwendiger Dokumente, Nachweise, Impfungen und / oder (Gesundheits-)Tests, bezüglich des Verkehrsmittels oder der Unterbringung und Verpflegung vor Ort).

  • Es entstanden zusätzliche Risiken und Belastungen durch die Reise, etwa finanziell, wirtschaftlich oder gesundheitlich (z.B. Verteuerung des Verkehrsmittels, der Unterkunft oder der Verpflegung; Gefahr des Ausfalls oder der Verzögerung der Rückreise; erhöhtes persönliches Sicherheits- oder Infektionsrisiko; Möglichkeit oder Gefahr einer Verhaftung, Festnahme oder Entführung; (amtlich angeordnete)Quarantäne oder Isolation vor, während oder nach der Reise; Test- Impf- und Nachweiserfordernisse).

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