BFH Beschluss v. - X B 196/10

Übertragung eines Wirtschaftsguts gegen wiederkehrende Leistungen unter Fremden als Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen

Gesetze: EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1a, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1

Instanzenzug:

Gründe

1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

2 1. Die Revisionszulassung kann nicht auf die Notwendigkeit der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—) gestützt werden. Dieser Revisionszulassungsgrund erfordert ebenso wie die Zulassung wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO eine bisher ungeklärte abstrakte Rechtsfrage, die in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsbedürftig, entscheidungserheblich und auch klärbar ist. Eine Rechtsfrage ist nicht klärungsfähig und besitzt deshalb keine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn sie bereits höchstrichterlich geklärt oder aus anderen Gründen eindeutig ist oder wenn die Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das Finanzgericht (FG) getan hat (vgl. u.a. , BFH/NV 2006, 908, sowie Senatsbeschluss vom X B 38/06, BFH/NV 2007, 757). Für die Rechtsfortbildungsrevision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO gilt dieser Maßstab entsprechend (vgl. , BFH/NV 2008, 1649).

3 Diese Grundsätze zugrunde gelegt, können die beiden vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) gestellten Rechtsfragen, ob im Zusammenhang mit einem erhaltenen Wirtschaftgut (im Streitfall einer GmbH-Beteiligung) niemals betriebliche Versorgungsrenten vorliegen können sowie ob die rechtliche Beurteilung vom Versorgungswillen fremder Dritter unabhängig ist, nicht zur Zulassung der Revision führen.

4 a) Zwar wird in der Literatur vereinzelt die Auffassung vertreten, eine Vereinbarung einer betrieblichen Versorgungsrente sei aus begrifflichen Gründen nicht denkbar, wenn ein Steuerpflichtiger nur einen einzelnen betrieblichen Gegenstand oder Anteile an Kapitalgesellschaften i.S. des § 17 des Einkommensteuergesetzes überträgt (so Jansen/Myßen/Killat-Risthaus, Renten, Raten, Dauernde Lasten, 14. Aufl., Tz 938). Diese Rechtsfrage ist jedoch im Streitfall nicht entscheidungsrelevant, da das FG bereits aus anderen Erwägungen (vgl. 2.b bb bis dd der Entscheidungsgründe) zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die Zahlungen des Klägers an das Ehepaar A keine Versorgungsleistungen darstellten.

5 b) Die zweite vom Kläger gestellte Rechtsfrage, ob die rechtliche Beurteilung des Vorliegens einer betrieblichen Versorgungsrente vom Versorgungswillen fremder Dritter unabhängig ist, ist bereits von der Rechtsprechung des BFH beantwortet worden.

6 In dem —auch vom FG zitierten— (BFHE 185, 208, BStBl II 1998, 718, unter 3.c) wird dargelegt, dass für die Frage, ob die Übertragung eines Wirtschaftguts gegen wiederkehrende Leistungen unter Fremden als entgeltlicher Leistungsaustausch (Anschaffungsvorgang) oder als Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen zu beurteilen ist, eine nur in Ausnahmefällen widerlegbare Vermutung für die Entgeltlichkeit des Übertragungsvorgangs besteht. Diese Vermutung kann aber widerlegt sein, wenn der fremde Dritte als Vermögensübernehmer aufgrund besonderer persönlicher (insbesondere familienähnlicher) Beziehungen ein persönliches Interesse an der Versorgung des Übergebers hat. Fehlt eine solche Beziehung kann eine Versorgungsvereinbarung auch gegeben sein, wenn die Vertragsbedingungen nicht in Abwägung von Leistung und Gegenleistung, sondern allein nach dem Versorgungsbedürfnis des Übergebers und der Leistungsfähigkeit des Erwerbers vereinbart worden sind. Das bedeutet, dass für die Beurteilung, ob eine Veräußerungs- oder eine Versorgungsrente vorliegt, der Versorgungswillen des fremden Dritten —im Streitfall des Klägers— eine notwendige, wenn auch nicht hinreichende Voraussetzung ist und somit die vom Kläger gestellte Rechtsfrage verneint werden muss.

7 Die sich im Fall der Bejahung von Versorgungsleistungen anschließende Frage, ob es sich um betriebliche oder außerbetriebliche handelt, muss ebenfalls wesentlich vom Standpunkt des Leistenden aus beurteilt werden (so bereits schon (BFHE 77, 741, BStBl III 1963, 592). Auch hier kommt es somit auf die Motivation, das Versorgungsbedürfnis des fremden Dritten, an.

8 2. Im Grundsatz wendet sich der Kläger gegen die Tatsachenfeststellung und Tatsachenwürdigung des FG und dessen Ergebnis, die Zahlungen des Klägers seien keine Versorgungsleistungen, sondern Leistungen aus einem entgeltlichen Rechtsgeschäft. Darin liegt die Geltendmachung einer falschen materiellen Rechtsanwendung, die nicht zur Zulassung der Revision führt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom X B 132/98, BFH/NV 1999, 510; vom IV B 96/98, BFH/NV 2000, 70). Denn die Sachverhalts- und Beweiswürdigung sind revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen (vgl. , BFH/NV 2000, 874).

9 Im Übrigen ist die Tatsachenwürdigung des FG nicht zu beanstanden. Das FG hat —ausgehend von dem Grundsatz, dass unter Fremden die nur in Ausnahmefällen widerlegbare Vermutung besteht, dass bei der Übertragung von Vermögen Leistung und Gegenleistung kaufmännisch gegeneinander abgewogen sind und es sich mithin um ein entgeltliches Anschaffungsgeschäft handelt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 185, 208, BStBl II 1998, 718)— dargelegt, es sei nicht erkennbar, dass die streitigen Zahlungen der Versorgung des Ehepaares A dienen sollten. Begründet wurde das mit dem fehlenden vertraglichen Hinweis darauf, dass bei der Höhe der Zahlungen das Versorgungsbedürfnis des Berechtigten mit der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Verpflichteten abgewogen worden sei. Ein besonderes Versorgungsbedürfnis der Eheleute A könne nicht allein mit ihrem Alter begründet werden, da sie auch noch Eigentümer der an die GmbH vermieteten Grundstücke sowie eines eigengenutzten Wohnhauses gewesen seien. Zudem sah das FG in der früheren steuerlichen Behandlung der Zahlungen durch den Kläger ein gewichtiges Indiz für das Fehlen einer Versorgungsleistung. Diese Aspekte führten zu der vertretbaren und nicht zu beanstandenden finanzgerichtlichen Würdigung, es habe ein entgeltliches Rechtsgeschäft vorgelegen, auch wenn kein „marktgerechter” Preis vereinbart worden sei. Daher konnte es das FG dahinstehen lassen, ob die insgesamt zu erbringenden Leistungen einem angemessenen Kaufpreis für die GmbH-Anteile entsprachen oder nicht. Die Erwägungen zur Unausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung erfolgten insoweit hilfsweise. Die dagegen vom Kläger insbesondere wegen der Berücksichtigung der Geschäftsführergehälter geltend gemachten Bedenken können daher der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.

10 3. Die Revision ist nicht wegen eines Verfahrensfehlers zuzulassen, auf dem die Entscheidung beruhen könnte (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Entgegen dem Vorbringen des Klägers ist das Urteil mit Gründen versehen.

11 a) Eine Entscheidung ist nicht mit Gründen versehen (§ 119 Nr. 6 FGO), wenn das FG einen eigenständigen Klagegrund, der den Tatbestand einer mit selbständiger Wirkung ausgestatteten Rechtsnorm bildet, unerörtert lässt und nicht erkennbar wird, aus welchen Gründen der vom Kläger geltend gemachte Anspruch nicht bestehen soll (vgl. , BFH/NV 2009, 429, m.w.N. aus der BFH-Rechtsprechung). Dem völligen Fehlen der Entscheidungsgründe steht es gleich, wenn diese zwar vorhanden, aber derart unverständlich und verworren sind, dass nicht mehr erkennbar ist, welche Überlegungen für die (Sach-)Entscheidung maßgebend waren. Hingegen stellt grundsätzlich eine bloß lückenhafte Begründung keinen Mangel in diesem Sinne dar (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom X B 138/07, BFH/NV 2008, 1516). Allerdings kann § 105 Abs. 2 Nr. 5 FGO aber auch dann verletzt sein, wenn die Entscheidungsgründe nur zum Teil fehlen (vgl. , BFH/NV 2006, 1140). Dies setzt indes grobe Begründungsmängel in einem Ausmaß voraus, dass die vom FG fixierten Entscheidungsgründe zum Nachweis der Rechtmäßigkeit des Urteilsspruchs schlechterdings ungeeignet erscheinen und den Beteiligten keine (hinlängliche) Kenntnis darüber vermitteln, auf welchen Feststellungen, Erkenntnissen und rechtlichen Erwägungen das Urteil beruht (Senatsbeschluss in BFH/NV 2008, 1516).

12 b) Unter Beachtung dieser Grundsätze hat das FG im Streitfall seine Entscheidung begründet. Aus den Entscheidungsgründen unter I. ergibt sich zunächst, dass das FG das Vorliegen weiterer Betriebsausgaben ablehnt. Das bedeutet aber im Umkehrschluss auch, dass es die Abziehbarkeit des Ertragsanteils der Rentenzahlungen als Betriebsausgaben bejaht. Damit stellt sich die Frage, ob es sich —wie zunächst von den Beteiligten angenommen— um die Zahlung einer betrieblichen Veräußerungsrente oder einer betrieblichen Versorgungsrente handelt. Das FG erörtert zwar nur im Rahmen seiner Darlegungen zum Rechtsinstitut einer „Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistungen”, unter welchen Voraussetzungen —in Abgrenzung zu einem entgeltlichen Anschaffungsgeschäft— Versorgungsleistungen auch unter Fremden angenommen werden können, und kommt dabei zum Ergebnis, dass es im Streitfall nicht erkennen könne, dass die streitigen Zahlungen der Versorgung des Ehepaares A dienen sollten (siehe auch oben unter 2.). Diese Erkenntnis führt aber zwangsläufig auch zur Ablehnung des Vorliegens einer betrieblichen Versorgungsrente, die ebenfalls den Zweck hat, den Berechtigten zu versorgen, da beide Versorgungsrenten sich lediglich durch die Veranlassung der Rentenvereinbarung (siehe auch Kratzsch in Herrmann/Heuer/Raupach, § 5 EStG Rz 1334) unterscheiden. Weitere Erörterungen des FG waren damit nicht zwingend notwendig, um sein Ergebnis zu begründen.

13 Zudem stellt das FG unter I.2.b ee fest, dass es die Zahlungen des Klägers als Gegenleistung für die Veräußerung der GmbH-Anteile ansieht. Auch wenn das FG dies nicht ausdrücklich darlegt, ist eindeutig erkennbar, dass eine betriebliche Versorgungsrente nicht in Betracht kommt.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2011 S. 1856 Nr. 11
BAAAD-90963