Leitsatz
Leitsatz:
1. Mietzinsen sind als tatsächliche Aufwendungen berücksichtigungsfähig, soweit sie auf der Grundlage einer mit dem Vermieter getroffenen Vereinbarung beruhen und vom Hilfebedürftigen tatsächlich gezahlt werden.
2. Hält der Grundsicherungsträger eine Mietzinsvereinbarung für unwirksam, kann er das Kostensenkungsverfahren betreiben.
3. Die Kostensenkungsaufforderung muss den Hilfebedürftigen in den Fällen einer zivilrechtlich unwirksamen Mietzinsvereinbarung in die Lage versetzen, seine Rechte gegenüber dem Vermieter durchzusetzen.
4. Ein auf die Wohnung bezogener kommunaler Mietkostenzuschuss führt zu einer Minderung der Unterkunftskosten.
5. Die Kosten der Warmwasserbereitung sind ab in Höhe von 6,26 Euro in der Regelleistung enthalten und maximal in dieser Höhe von den Kosten der Heizung in Abzug zu bringen.
Instanzenzug: LSG Baden-Württemberg, L 7 AS 4343/08 vom SG Karlsruhe, S 6 AS 2072/08 vom
Gründe
I
Die Beteiligten streiten über die Folgen einer möglicherweise unwirksamen Staffelmiete bei den Leistungen für Unterkunft und Heizung.
Die Klägerin zu 1 steht mit ihren im März 2003 sowie im März 2007 geborenen Töchtern im laufenden Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Sie bewohnen seit eine Mietwohnung mit einer Grundfläche von 74 qm. Für das Mietobjekt zahlt die Stadt K an die Klägerin zu 1 einen Zuschuss zur Absenkung der Miete in Höhe von 160,91 Euro. Der Mietvertrag enthält eine Staffelmietvereinbarung, wonach sich der ursprüngliche Mietzins von 515,61 Euro ab auf 538,35 Euro, ab auf 561,10 Euro und ab auf 583,85 Euro erhöht. Die Beklagte legte der Bewilligung der Unterkunftskosten durchgängig eine Nettokaltmiete von 515,61 Euro sowie von Nebenkosten in Höhe von insgesamt 125 Euro zu Grunde, wobei sie den Mietkostenzuschuss sowie einen Betrag in Höhe von 12,13 Euro (pauschal) für die Warmwasserzubereitung abzog.
Die Beklagte bewilligte den Klägerinnen Leistungen in Höhe von 777,57 Euro für Januar bis Juni 2008 (Bescheid vom ). Darin enthalten waren jeweils 520,57 Euro Unterkunftskosten. Hierbei legte die Beklagte versehentlich statt insgesamt 133 Euro einen zusätzlichen Betrag von 45 Euro zu Grunde. Hiergegen legten die Klägerinnen Widerspruch mit der Begründung ein, die Nettokaltmiete habe sich nach dem Mietvertrag ab Januar 2007 von bisher 538,35 Euro auf 561,10 Euro erhöht. Die Beklagte hob die Bewilligung mit dem Widerspruchsbescheid vom in Höhe von monatlich 15 Euro je Person auf, sodass sich monatliche Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von jetzt nur noch 475,57 Euro monatlich errechneten. Sie führte zur Begründung aus, dass die vereinbarte Staffelmiete unwirksam sei. Die teilweise Aufhebung rechtfertige sich dadurch, dass die Bescheide insoweit rechtswidrig gewesen seien.
Das SG hat die Beklagte verurteilt, den Klägerinnen Leistungen für Unterkunft und Heizung auf der Grundlage einer Nettokaltmiete von 561,10 Euro zu zahlen. Es hat die Klage im Übrigen hinsichtlich der Teilaufhebung der Bescheide abgewiesen (Urteil vom ).
Das LSG hat auf die Berufung der Beklagten die Klagen abgewiesen, soweit der Zeitraum vom 1.1. bis betroffen ist (Urteil vom ) und zur Begründung ausgeführt: Die Klägerinnen hätten keinen Anspruch auf höhere Kosten der Unterkunft (KdU) im durch das Teilanerkenntnis begrenzten streitigen Zeitraum. Als Nettokaltmiete sei lediglich ein Mietzins in Höhe von 515,61 Euro zu berücksichtigen, weil die Vereinbarung einer Staffelmiete zivilrechtlich unwirksam sei. Nach § 557a Abs 2 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) müsse die Miete jeweils ein Jahr unverändert bleiben. Dies sei vorliegend bei einem Mietbeginn ab und dem Einsetzen der ersten Staffelmiete ab nicht der Fall. Es fehle an einer verbindlichen, zweifelsfreien Vereinbarung der ersten Mietstaffel. Dies setze sich hinsichtlich des Inkrafttretens der nächsten Mietstaffel fort. Damit sei die gesamte Staffelmietvereinbarung nichtig. Die Beklagte sei als Grundsicherungsträger nicht gehindert, die zivilrechtliche Wirksamkeit der mietvertraglichen Staffelmietvereinbarung zu überprüfen. Ein grundsicherungsrechtlich anzuerkennender Bedarf bestehe nur, wenn der Hilfesuchende mietvertraglich zu den entsprechenden Aufwendungen verpflichtet sei. Die Verantwortlichkeit für die von ihm eingegangenen Verpflichtungen liege grundsätzlich beim Mieter selbst. Seien die Verpflichtungen unwirksam, so sei es ihm grundsätzlich zumutbar, diese im Verhältnis zum Vermieter auch geltend zu machen und ggf durchzusetzen. Eine andere Beurteilung komme ausnahmsweise in Betracht, wenn die Bewertung einer rechtlichen Frage mit erheblichen Unsicherheiten behaftet sei. Keinen Bedenken unterliege, dass der von der Stadt K bewilligte Zuschuss bedarfsmindernd bei den Unterkunftskosten berücksichtigt worden sei. Die Beklagte sei auch nicht gehindert gewesen, die fehlerhafte Höherbewilligung durch den Widerspruchsbescheid zu korrigieren. Nach dem Teilanerkenntnis der Beklagten ergäben sich nunmehr Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 158,52 Euro (Klägerin zu 1) bzw 159,76 Euro (Klägerinnen zu 2 und 3).
Mit ihren Revisionen rügen die Klägerinnen eine Verletzung des § 22 SGB II. Das LSG berücksichtige nicht, dass Verträge gemäß § 157 BGB nach Treu und Glauben auszulegen seien und die Vertragsparteien - wie zwischenzeitlich geschehen - gemäß § 141 BGB die Möglichkeit hätten, eine tatsächliche oder scheinbare Unwirksamkeit durch entsprechendes Handeln auch noch nachträglich zu beseitigen. Wenn sich ein Grundsicherungsträger auf das Gebiet der Privatautonomie und des Zivilrechts begebe, bleibe es ihm unbenommen, sich die Rechte des Hilfeempfängers abtreten zu lassen und dann gerichtlich durchzusetzen. Selbst wenn man zivilrechtlich nicht geschuldete Leistungen als unangemessen ansehen wollte, müsse dies zunächst eine Hinweispflicht des Grundsicherungsträgers auslösen.
Die Klägerinnen beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revisionen der Klägerinnen zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass die Staffelmiete zivilrechtlich unwirksam und die Beklagte berechtigt sei, diese mietrechtliche Frage zu überprüfen. Eine nachträgliche Vereinbarung zwischen Mieter und Vermieter könne keine Wirksamkeit entfalten, weil es sich um einen Vertrag zu Lasten Dritter handele, der sittenwidrig sei.
II
Die zulässigen Revisionen der Klägerinnen sind begründet.
1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid vom idF des Widerspruchsbescheides vom unter Berücksichtigung des am von der Beklagten abgegebenen Teilanerkenntnisses. Der genannte Bescheid begrenzt die Leistungsbewilligung auf den Zeitraum vom 1.1. bis . Die Klägerinnen haben zudem den Streitgegenstand zulässig auf die Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung beschränkt. Nach der Rechtsprechung des BSG handelt es sich bei dem Betrag, der für die KdU und Heizung bewilligt worden ist, um eine gesondert anfechtbare abtrennbare Verfügung (vgl hierzu im Einzelnen B 7b AS 8/06 R, BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, jeweils RdNr 19, 22; , RdNr 11).
2. Die Klägerinnen sind nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) Berechtigte iS des § 7 Abs 1 SGB II. Sie sind insbesondere hilfebedürftig (§ 7 Abs 1 Nr 3 SGB II iVm §§ 9 ff SGB II), weil sie den (nach § 22 SGB II) zu berücksichtigenden Bedarf nicht aus eigenen Kräften und Mitteln sichern können.
3. Die Klägerinnen haben Anspruch auf KdU in Höhe der tatsächlich gezahlten Miete. Eine möglicherweise unwirksame Staffelmietvereinbarung berechtigt den Grundsicherungsträger nicht ohne weiteres zur Verringerung der KdU, ermöglicht ihm jedoch die Einleitung des Kostensenkungsverfahrens (dazu noch unter 3c).
a. Nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Übersteigen die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang, sind sie als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem alleinstehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (§ 22 Abs 1 Satz 3 SGB II).
b) Entgegen der Auffassung des LSG sind im streitbefangenen Zeitraum die tatsächlichen Aufwendungen der Klägerinnen für den Mietzins in Höhe von 561,10 Euro grundsätzlich berücksichtigungsfähig. Denn es ist nach § 22 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGB II von den tatsächlichen Aufwendungen auszugehen. Dieser Betrag wird insbesondere nicht dadurch begrenzt, dass die fragliche Vereinbarung der Staffelmiete möglicherweise zivilrechtlich unwirksam gewesen ist.
Bei der Anwendung des § 22 Abs 1 Halbsatz 1 SGB II sind als Mietzinsen die tatsächlichen Aufwendungen des Hilfebedürftigen berücksichtigungsfähig, soweit sie auf der Grundlage einer mit dem Vermieter getroffenen Vereinbarung beruhen und vom erwerbsfähigen Hilfebedürftigen tatsächlich gezahlt werden (wie hier: Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 22 RdNr 15c; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom - L 8 AS 165/06 ER, FEVS 58, 148; weitergehend Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, § 22 RdNr 27; aA Radüge in jurisPR-SozR 26/2008 Anm 2; , jeweils zu Schönheitsreparaturen). Ausreichend ist also, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige einer ernsthaften Mietzinsforderung ausgesetzt ist (). Eine Ausnahme hiervon ist lediglich für Fallgestaltungen zu erwägen, bei denen die Unwirksamkeit der getroffenen Vereinbarung entweder bekannt ist oder bekannt sein müsste. Für das Vorliegen der letztgenannten Ausnahmen liegen - jedenfalls im streitigen Zeitraum - keine Anhaltspunkte vor.
Schon nach dem Wortlaut des § 22 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGB II ist auf die tatsächlichen Zahlungen abzustellen. Danach werden die Leistungen für Unterkunft und Heizung "in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen" erbracht. Für die Auffassung des LSG, der Grundsicherungsträger könne sich auf die Unwirksamkeit bestimmter Klauseln des Mietvertrages berufen und deshalb gegenüber den tatsächlich geleisteten Zahlungen Abzüge vornehmen, finden sich hingegen keinerlei Anhaltspunkte im Wortlaut des Gesetzes.
Diese Auslegung entspricht auch dem aus der Entstehungsgeschichte herzuleitenden Zweck der Vorschrift. Mit der Regelung über die Leistungen für Unterkunft und Heizung wollte der Gesetzgeber die Kosten wie in der Sozialhilfe in tatsächlicher, angemessener Höhe berücksichtigen. Hierbei sollen die zu beachtenden Voraussetzungen den sozialhilferechtlichen Regelungen entsprechen (BT-Drucks 15/1516 S 57). Es entspricht folglich dem Zweck der Vorschrift, die existenziellen notwendigen Bedarfe der Unterkunft und Heizung sicher zu stellen (Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 22 RdNr 15c). Das Ziel der Sicherstellung der insoweit entstehenden Bedarfe kann nur verwirklicht werden, wenn sich die Leistungsgewährung an den tatsächlich entstehenden Aufwendungen ausrichtet. Hierbei ist zudem in Rechnung zu stellen, dass eine rechtliche Bewertung der mietvertraglichen Beziehungen und der zu Grunde liegenden tatsächlichen Umstände für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen selbst in einer Vielzahl von Fällen praktisch unmöglich sein wird. Insoweit kann beispielhaft auf das Recht auf Minderung der Miete wegen Mängeln (§ 536 BGB) verwiesen werden, das zwar Kraft Gesetzes entsteht, nach Grund und Umfang aber in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht zweifelhaft sein kann. Zudem treffen denjenigen, der sich im Streitfall auf das Recht beruft, zum Teil weitgehende Darlegungs- und Beweispflichten (vgl Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand: September 2009, § 22 RdNr 27). Im Falle einer unwirksamen Staffelmietvereinbarung ist jedenfalls die Rückforderung (durch den Mieter) erheblichen rechtlichen Bedenken ausgesetzt (vgl , juris RdNr 30 mwN aus der Literatur). Schließlich würde infolge des Grundsatzes der Kopfteilung der Unterkunftskosten die Begrenzung der Leistungen für Unterkunft und Heizung auf rechtmäßig zu leistende Zahlungen auch Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft betreffen, die weder am Abschluss des Mietvertrages beteiligt waren, noch Kenntnis von dessen Inhalt haben.
Mit seiner an der tatsächlichen Abwicklung des Mietverhältnisses orientierten Betrachtungsweise setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zu seiner Entscheidung vom (B 4 AS 48/08 R, RdNr 16). Zwar hat der Senat diese Entscheidung hinsichtlich der Nebenkosten auf die in § 2 Betriebskostenverordnung aufgeführten Betriebskosten abgestellt, jedoch ist damit auch die Leistungsgewährung bei Nebenkosten nicht unter einen allgemeinen Rechtmäßigkeitsvorbehalt gestellt worden. Vielmehr diente der Hinweis auf § 2 Betriebskostenverordnung ersichtlich lediglich dazu abzugrenzen, welche Positionen grundsätzlich als erstattungsfähige Nebenkosten anzusehen sind. Für die Nebenkosten gelten im Wesentlichen die gleichen Überlegungen wie oben dargelegt.
Der Senat brauchte somit nicht im Einzelnen zu prüfen, ob - so das LSG - aus der Nichteinhaltung der Jahresfrist des § 557a Abs 2 Satz 1 BGB wegen einer Verschiebung des Beginns des Mietverhältnisses zwingend die Unwirksamkeit der Staffelmietvereinbarung folgt. Ohnehin der Beurteilung des Senats entzogen ist die erstmals während des Revisionsverfahrens geschlossene und vorgelegte Zusatzvereinbarung zwischen dem Vermieter und der Klägerin zu 1 vom 2./.
c) Aufwendungen für KdU, die auf einer zivilrechtlich unwirksamen Grundlage beruhen, können und dürfen allerdings nicht dauerhaft aus öffentlichen Mitteln bestritten werden.
Der Grundsicherungsträger, der eine Vereinbarung über Unterkunftskosten für unwirksam hält, kann das Kostensenkungsverfahren nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II betreiben, denn eine auf Grund einer unwirksamen Vereinbarung getätigte Zahlung ist nicht angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II (vgl aber insoweit auch den abweichenden Standpunkt von Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand: September 2009, § 22 RdNr 27, die für derartige Fälle eine Sanktion wegen unwirtschaftlichen Verhaltens vorschlägt). Dies gilt unabhängig von einer (allgemeinen) Angemessenheitsprüfung im Sinne der Rechtsprechung des BSG ( B 7b AS 18/08 R, BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3). Die Unangemessenheit der getätigten Aufwendungen ergibt sich - auch soweit die Angemessenheitsgrenze des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II nach allgemeinen Grundsätzen nicht überschritten wird - allein aus der zivilrechtlichen Unwirksamkeit der angeblichen Forderung.
Die Kostensenkungsaufforderung darf sich - unbeschadet der ansonsten hierzu geltenden Grundsätze ( B 11b AS 41/06 R, SozR 4-4200 § 22 Nr 7; ) - in diesem Fall ausnahmsweise nicht darauf beschränken, dem Hilfebedürftigen lediglich den nach Auffassung des Grundsicherungsträgers angemessenen Mietzins und die Folgen mangelnder Kostensenkung vor Augen zu führen. Vielmehr muss dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen der Rechtsstandpunkt des Grundsicherungsträgers und das von diesem befürwortete Vorgehen gegenüber dem Vermieter in einer Weise verdeutlicht werden, die ihn zur Durchsetzung seiner Rechte gegenüber dem Vermieter in die Lage versetzt. Bis zu den erforderlichen Erläuterungen durch das Informationsschreiben sind Maßnahmen der Kostensenkung für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen regelmäßig subjektiv unmöglich iS des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II, es sei denn, nach den Umständen des konkreten Einzelfalls ist aufgrund des Kenntnisstandes des Hilfebedürftigen eine derartige Information entbehrlich.
d) Der von der Stadt K gezahlte Zuschuss in Höhe von 160,91 Euro ist bedarfsmindernd unmittelbar bei den Unterkunftskosten und nicht als zweckbestimmtes Einkommen iS des § 11 Abs 3 Nr 1 SGB II zu berücksichtigen.
Unter Geltung der Zuflusstheorie unterfallen zwar grundsätzlich alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert dem Begriff des Einkommens iS des § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II. Anders ist dies aber dann, wenn eine Einnahme im Ergebnis lediglich eine bestimmte Bedarfsposition mindern soll und insoweit wirtschaftlich nicht dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zuzurechnen ist. Eine derartige Ausnahmesituation liegt hier vor.
Nach den Ausführungen im Berufungsurteil zu der im Bewilligungsbescheid getroffenen Zweckbestimmung sowie zur Anwendung des zu Grunde liegenden Landesrechts, für dessen Feststellung und Auslegung das LSG zuständig ist (§ 162 SGG), sollten durch den gezahlten Zuschuss die Mietkosten gesenkt werden, wenn und solange die Klägerin zu 1 im fraglichen Mietobjekt wohnt. Nach den einschlägigen Verwaltungsvorschriften des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg ist der Mietkostenzuschuss unmittelbar auf die Unterkunft bezogen und wird unter Anrechnung auf die tatsächlichen Aufwendungen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II gewährt. Hieraus ergibt sich bei wirtschaftlicher Betrachtung, dass es sich um eine Zahlung handelt, die von der Klägerin lediglich an den Vermieter weitergeleitet wird. Das gewünschte Ergebnis könnte ebenso durch eine Gewährung des Zuschusses unmittelbar an den Vermieter erreicht werden. Eine Berücksichtigung als zweckgebundenes Einkommen der Klägerinnen würde dieser Zweckbestimmung des Zuschusses zuwiderlaufen.
e) Der Senat hatte nicht darüber zu entscheiden, ob die teilweise Rücknahme der ursprünglichen Bewilligungsentscheidung im Widerspruchsverfahren nach § 45 SGB X rechtmäßig gewesen ist. Auf die Voraussetzungen für eine Rücknahmeentscheidung kommt es nach dem Verlauf des Verfahrens nicht mehr an, weil die von den Klägerinnen zu beanspruchenden Leistungen über den Zahlbetrag der ursprünglichen Leistungsbewilligung hinausgehen. Auch für die SGB II-Leistungen gilt, dass sich die Bindungswirkung von Bewilligungsentscheidungen auf den Verfügungssatz - dh die Entscheidung über Art, Dauer (Beginn und Ende) und Höhe der Leistung - beschränkt (vgl zum Arbeitsförderungsrecht , SozR 3-4100 § 136 Nr 12). Hingegen erwachsen die einzelnen Begründungselemente (Mietzinsen, Nebenkosten, Heizkosten) nicht in Bestandskraft.
f) Der Senat schließt sich hinsichtlich der Höhe des Abzugsbetrags für die Warmwasserbereitung auch für den Zeitraum bis zum den Ausführungen des 14. Senats im Urteil vom (B 14/11b AS 15/07 R, BSGE 100, 94 = SozR 4-4200 § 22 Nr 5 RdNr 24, 25) an. Soweit insbesondere das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) in dem Rundschreiben vom (II b 5 - 2910/1) eine andere Auffassung vertritt und bei einer Regelleistung in Höhe von 347 Euro einen Abzugsbetrag von 6,56 Euro für eine Alleinstehende und 3,94 Euro für die beiden Kinder der Bedarfsgemeinschaft empfiehlt, vermag der Senat dem nicht zu folgen.
Das BMAS begründet seine Auffassung damit, dass sich ab der Wert für die Warmwasserbereitung aus der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 2003 errechnen müsse. Nach dieser sei es zu betragsmäßigen Verschiebungen innerhalb der einzelnen Abteilungen der EVS gekommen, so dass der Anteil für Haushaltsenergie nunmehr 21,75 Euro monatlich betrage und nicht mehr 20,74 Euro wie zuvor. Daraus folge - ein 30% iger Anteil hieran für die Warmwasserbereitung zu Grunde gelegt - ein Abzugsbetrag von 6,56 Euro für einen Alleinstehenden unter Berücksichtigung der Regelsatzerhöhung auf 347 Euro.
Die internen Verschiebungen des prozentualen Anteils der einzelnen Rechnungsposten der EVS haben jedoch nicht zu einer Regelleistungserhöhung geführt. Die Erhöhung der Regelleistung zum ist erst durch die Bekanntmachung vom (Bekanntmachung über die Höhe der Regelleistung nach § 20 Abs 2 Satz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für die Zeit ab vom , BGBl I 1139) auf Grundlage des § 20 Abs 4 SGB II, also der Anpassung an den aktuellen Rentenwert erfolgt. Die "neue" EVS hatte mithin keine Auswirkungen auf die Höhe der Regelleistung und damit auf die Höhe des Betrags, der den SGB II-Leistungsempfängern tatsächlich zur Verfügung stand. Aus diesem Grunde hat der 14. Senat konsequenterweise auch den Anteil der Kosten der Warmwasserbereitung lediglich um den prozentualen Anpassungsbetrag (Dynamisierungsbetrag) der Regelleistung, also 0,58% erhöht. Auch der erkennende Senat geht davon aus, dass sich diese Erhöhung gleichmäßig auf alle in die Regelleistung eingeflossenen Bedarfe auswirkt, also auch auf die für Haushaltsenergie.
g) Es ergibt sich kopfteilig ein Bedarf des einzelnen Hilfebedürftigen in Höhe von 177,73 Euro (561,10 Euro [Kaltmiete] + 133 Euro [Nebenkosten und Heizung] - 160,91 Euro [Zuschuss der Stadt ] : 3). Hiervon sind für die Klägerin zu 1 ein Betrag in Höhe von 6,26 Euro und für die Klägerinnen zu 2 und 3 in Höhe von jeweils 3,76 Euro als in der Regelleistung enthaltener Anteil für die Kosten der Warmwasserbereitung abzuziehen, sodass sich Leistungsansprüche in Höhe von 171,47 Euro bzw je 173,97 Euro ergeben. Der Senat hat den Tenor des erstinstanzlichen Urteils insoweit klarstellend neu gefasst.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
AAAAD-43703