BFH Urteil v. - IV R 27/08

Beginn der Betriebsprüfung; Ausspruch eines Hausverbots

Leitsatz

Für eine Ablaufhemmung durch den Beginn einer Außenprüfung ist erforderlich, dass eine förmliche Prüfungsanordnung erlassen wurde und - wenn auch nur stichprobenweise - tatsächlich Prüfungshandlungen für die in der Prüfungsanordnung genannten Steuerarten und Besteuerungszeiträume vorgenommen wurden.
Im Allgemeinen muss davon ausgegangen werden, dass Maßnahmen eines Außenprüfers zur Ermittlung eines Steuerfalles Prüfungshandlungen sind, und zwar auch dann, wenn sie "nur" auf die Vorlage von Aufzeichnungen, Büchern, Geschäftspapieren u.ä. gerichtet sind. Hierzu können auch Schreiben des Prüfers an den Steuerpflichtigen gehören. Dies gilt insbesondere, wenn Prüfungshandlungen in den Geschäftsräumen nicht möglich sind, etwa weil dem Prüfer der Zutritt verwehrt wird.
Bei einer Erweiterung des Prüfungszeitraums kann die Frist für die Prüfungsanordnung in der Regel kürzer sein als bei der erstmaligen Anordnung der Prüfung oder unter Umständen sogar ganz entfallen.
Auch bei einer Anschlussprüfung kann grundsätzlich die Frist verkürzt werden, wenn die vorhergehende Prüfung noch andauert.
Das Finanzamt kann sich nicht auf den Beginn der Prüfung berufen, wenn die Festlegung des Prüfungsbeginns nicht bestandskräftig geworden ist und rechtswidrig war.
Vergleichbar

Gesetze: AO § 193, AO § 197, AO § 200

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG, die der X-Unternehmensgruppe angehört. Sie ist vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt —FA—) als Großbetrieb bzw. als Konzernunternehmen im Sinne der Betriebsprüfungsordnung (BpO 2000) eingestuft.

Seit dem Jahr 2002 führt das FA bei der Klägerin eine Außenprüfung für die Jahre 1996 bis 2000 durch. Diese Prüfung ist noch nicht abgeschlossen.

Die Klägerin hat die Steuererklärungen für das Jahr 2001 nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) vor dem eingereicht.

Am verfügte das FA den Erlass einer Prüfungsanordnung, wonach für die Jahre 2001 bis 2004 die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die Gewerbesteuer und die Umsatzsteuer geprüft werde. Als voraussichtlicher Beginn der Prüfung war der , 8.00 Uhr, angegeben. Die Betriebsprüfer H und S sowie der Fachprüfer B und der Fachprüfer T waren als Prüfer vorgesehen. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erklärte auf telefonische Nachfrage des FA vom , eine Prüfungsanordnung sei der Klägerin nicht zugegangen.

Daraufhin erließ das FA am eine Prüfungsanordnung über dieselben Prüfungsgegenstände und Besteuerungszeiträume und bestimmte den voraussichtlichen Prüfungsbeginn auf den , 8.30 Uhr. Als Prüfer waren dieselben Personen vorgesehen wie in der Prüfungsanordnung vom .

Die Prüfungsanordnung vom wurde am gleichen Tag einer Sekretärin der Klägerin persönlich übergeben.

Die Klägerin legte mit Schriftsatz vom „Einspruch gegen die Prüfungsanordnung vom ” ein und beantragte Aussetzung der Vollziehung (AdV). Zur Begründung trug sie im Wesentlichen vor, die Frist für die Festlegung des Prüfungsbeginns sei zu kurz. Außerdem teilte die Klägerin in diesem Schreiben mit, dass den Prüfern am der Zugang zu den Geschäftsräumen verwehrt werde, falls sie versuchen sollten, mit Prüfungshandlungen zu beginnen.

Den AdV-Antrag lehnte das FA am ab und forderte die Klägerin mit Schreiben vom selben Tag auf, bis , 9.00 Uhr, folgende Unterlagen zur Durchführung der Betriebsprüfung vorzulegen:

1. Abschlussordner 2001

2. Ausgangsrechnungen 2001

3. Sachkonten, Debitorenkonten 2001

Für den Fall, dass die Klägerin dieser Aufforderung nicht nachkomme, drohte ihr das FA für jeden der o.g. Punkte 1 bis 3 die Festsetzung eines Zwangsgelds in Höhe von je 1 000 € an.

Die Prüfer erschienen am bei der Klägerin. Die Klägerin verweigerte den Prüfern den Zutritt zum Betrieb und die Sichtung der Buchhaltung vor Ort.

Mit Schriftsatz vom legte die Klägerin Einspruch gegen die Ablehnung der AdV und gegen die Androhung der Zwangsgeldfestsetzung ein.

Die Prüfer stellten mit Schreiben vom die „Prüferanfrage Nr. 2”, die sie am gleichen Tag in den Briefkasten der Klägerin einwarfen und die folgenden Inhalt hatte:

„Bitte beachten Sie:

Die Betriebsprüfung bei der oben genannten Firma hat am um 14:00 Uhr begonnen.

1)

Bitte legen Sie die Abschlussordner für die Jahresabschlüsse 2002 bis 2004 vor.

2)

Bitte legen Sie die Inventuren für 2001 bis 2004 vor.

3)

Bitte stellen Sie die Finanz-, Waren-, Anlagen-, Debitoren- und Kreditorenbuchhaltung auf Datenträgern (CDs oder DVDs) zur Verfügung.

Darüberhinaus ist der direkte Datenzugriff an einem PC-Arbeitsplatz in den Firmenräumen bereitzustellen - § 147 Abs. 6 Abgabenordnung (AO).

4)

Welche Kosten wurden in Zusammenhang mit der Umstellung auf SAP . getragen?

5)

Bitte legen Sie die im Prüfungszeitraum geltenden Miet- und Pachtverträge über Grundstücke und Betriebsvorrichtungen vor.

Welche Betriebsvorrichtungen wurden überlassen?”

Das FA wies den „Einspruch gegen die Prüfungsanordnung vom ” zurück.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Im finanzgerichtlichen Verfahren hat die Klägerin zunächst u.a. beantragt, die Prüfungsanordnung vom aufzuheben; in der mündlichen Verhandlung vom schränkte sie diesen Antrag insoweit ein, als sie nur noch die Aufhebung für den Prüfungszeitraum 2001 begehrte.

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

1. die Vorentscheidung aufzuheben,

2. die Prüfungsanordnung vom aufzuheben und

3. festzustellen, dass die Festlegung des Prüfungsbeginns im Verwaltungsakt vom auf den rechtswidrig war.

Das FA beantragt sinngemäß,

die Revision hinsichtlich des Antrages zu 2. der Klägerin als unzulässig zu verwerfen, im Übrigen die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Soweit die Klägerin beantragt, die Prüfungsanordnung vom auch für die Zeiträume 2002 bis 2004 aufzuheben, ist die Revision als unzulässig zu verwerfen (§ 126 Abs. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—), weil eine Klageerweiterung im Revisionsverfahren unzulässig ist (vgl. § 123 Abs. 1 FGO). Im Übrigen ist die Revision der Klägerin gegen das Urteil der Vorinstanz als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).

Zu Recht hat das FG entschieden, dass die Prüfungsanordnung einerseits und die Festlegung des Prüfungsbeginns andererseits eigenständige Verwaltungsakte sind (, BFHE 149, 104, BStBl II 1987, 408, unter 3. der Gründe; vom VIII R 99/04, BFHE 218, 1, BStBl II 2008, 7, unter II.2.b dd der Gründe). Die Prüfungsanordnung für das Jahr 2001 ist rechtmäßig und die Festlegung des Prüfungsbeginns war rechtmäßig.

1. Gegenstand des Urteils der Vorinstanz waren die Prüfungsanordnung für das Jahr 2001 und die Festlegung des Prüfungsbeginns.

a) Ursprünglich hat die Klägerin vor dem FG Klage u.a. mit dem Antrag erhoben, die Prüfungsanordnung vom aufzuheben, und damit die Prüfungsanordnung —insgesamt— für die Jahre 2001 bis 2004 angefochten.

b) Ihre Klage hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom jedoch teilweise zurückgenommen.

aa) Hinsichtlich der zu prüfenden Steuern enthält die Prüfungsanordnung mehrere selbständige Regelungen (, BFHE 156, 18, BStBl II 1989, 483, unter II.6.b der Gründe). Auch für jeden Besteuerungszeitraum liegt ein eigenständiger Verwaltungsakt vor (Gosch in Beermann/Gosch, AO § 196 Rz 5; Eckhoff in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 196 AO Rz 64; Pahlke/Koenig/Intemann, Abgabenordnung § 196 Rz 6; Tipke in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 196 AO Rz 5; a.A. Frotscher in Schwarz, AO, § 196 Rz 4). Die Klagerücknahme für einzelne Besteuerungszeiträume ist daher möglich.

bb) Eine (teilweise) Klagerücknahme muss nicht als solche bezeichnet sein; sie kann sich auch aus der Einschränkung des Klageantrages ergeben (, BFHE 189, 252, BStBl II 2000, 33, unter 2. der Gründe).

In der mündlichen Verhandlung vom hat die Klägerin ausweislich der Niederschrift ihren Antrag dahingehend eingeschränkt, dass sie die Aufhebung der Prüfungsanordnung nur noch für den Zeitraum 2001 beantragte. Sie hat ihre Klage demnach hinsichtlich der Zeiträume 2002 bis 2004 formgerecht zurückgenommen.

cc) Die Klagerücknahme bewirkt ohne weitere Entscheidung, dass die Rechtshängigkeit entfällt. Der —im Streitfall nicht ergangene— Beschluss nach § 72 Abs. 2 Satz 2 FGO hat nur deklaratorische Bedeutung (, BFHE 218, 20, BStBl II 2007, 833, unter II.2.a der Gründe, m.w.N.).

2. Die Prüfungsanordnung vom ist rechtmäßig. Sie ist für den Besteuerungszeitraum 2001 nicht mit Ablauf des Jahres 2006 rechtswidrig geworden.

a) Nach der Rechtsprechung des BFH ist es nicht grundsätzlich ausgeschlossen, eine Prüfung für solche Steuern oder gesonderten Feststellungen anzuordnen, für die nach Aktenlage Verjährung für die Festsetzung oder die Feststellung anzunehmen ist, weil sich die Frage der Verjährung vielfach erst nach der Klärung des Sachverhalts durch die Außenprüfung zuverlässig beantworten lässt. Anders verhält es sich nur, wenn der Eintritt der Verjährung auf der Hand liegt, weil es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Frist für die Festsetzung oder Feststellung ausnahmsweise noch nicht abgelaufen sein könnte (, BFHE 202, 206, BStBl II 2003, 827, unter 1. der Gründe; , BFH/NV 2007, 1624).

b) Im Streitfall liegt der Eintritt der Verjährung nicht auf der Hand; vielmehr ist für das Jahr 2001 die Frist für die Festsetzung der zu prüfenden Steuern und für die einheitliche und gesonderte Feststellung noch nicht abgelaufen.

Die Festsetzungsfrist für die zu prüfenden Steuern begann nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) mit Ablauf des Jahres, in dem die Steuererklärungen und Feststellungserklärungen abgegeben wurden. Das war nach den Feststellungen des FG vor dem Ablauf des Jahres 2003 der Fall. Ob die Erklärungen für das Jahr 2001 (zumindest teilweise) bereits im Jahr 2002 beim FA eingingen, ist nicht entscheidungserheblich. Denn in diesem Fall hätte zwar die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Jahres 2002 begonnen und wäre die —für die hier zu prüfenden Steuerarten geltende— vierjährige Frist (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO) mit Ablauf des Jahres 2006 verstrichen. Jedoch ist vorliegend der Ablauf dieser Frist seit dem Beginn der Prüfung im Dezember 2006 nach § 171 Abs. 4 Satz 1 1. Alternative AO gehemmt. Entsprechendes gilt für die Frist für die einheitliche und gesonderte Feststellung (§ 181 Abs. 1 AO).

aa) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen oder wird deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben, so läuft die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt oder im Fall der Hinausschiebung der Außenprüfung erstrecken sollte, nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind oder nach Bekanntgabe der Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 AO drei Monate verstrichen sind. Dies gilt nicht, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu vertreten hat (§ 171 Abs. 4 Sätze 1 und 2 AO). Diese Vorschrift gilt für die Feststellungsfrist sinngemäß (§ 181 Abs. 1 AO).

bb) Die Prüfung hat vorliegend im Jahr 2006 begonnen.

(1) Für eine Ablaufhemmung durch den Beginn einer Außenprüfung ist nach ständiger Rechtsprechung erforderlich, dass eine förmliche Prüfungsanordnung erlassen wurde und —wenn auch nur stichprobenweise— tatsächlich Prüfungshandlungen für die in der Prüfungsanordnung genannten Steuerarten und Besteuerungszeiträume vorgenommen wurden (z.B. , BFHE 170, 291, BStBl II 1993, 425; vom VII R 3/02, BFHE 202, 32, BStBl II 2003, 739, unter II.4.a der Gründe).

Im Allgemeinen muss davon ausgegangen werden, dass Maßnahmen eines Außenprüfers zur Ermittlung eines Steuerfalles Prüfungshandlungen sind, und zwar auch dann, wenn sie „nur” auf die Vorlage von Aufzeichnungen, Büchern, Geschäftspapieren u.ä. gerichtet sind. Hierzu können auch Schreiben des Prüfers an den Steuerpflichtigen gehören (, BFHE 173, 487, BStBl II 1994, 377, unter II.B.1. der Gründe). Dies gilt insbesondere, wenn Prüfungshandlungen in den Geschäftsräumen nicht möglich sind, etwa weil dem Prüfer der Zutritt verwehrt wird.

(2) Nach diesen Grundsätzen sind die Schreiben vom und Prüfungshandlungen für den Besteuerungszeitraum 2001. Denn darin haben die Prüfer die Vorlage von bestimmten —auf den Zeitraum 2001 bezogenen— Unterlagen verlangt. Demnach kommt es nicht darauf an, welche weiteren Anfragen die Prüfer stellten, und ist bereits deswegen —entgegen der Auffassung der Klägerin— unerheblich, wie die Prüfer von den angefragten Vorgängen erfahren haben.

Eine Scheinhandlung liegt —anders als die Klägerin meint— auch nicht deswegen vor, weil die vorhergehende Prüfung noch nicht abgeschlossen war. Denn hieraus ergibt sich nicht ohne Weiteres, dass mit der Fortführung der nunmehr angeordneten Prüfung nicht zu rechnen ist. Hierfür bedürfte es indessen besonderer Feststellungen, die das FG nicht getroffen hat. Im Streitfall konnte das FA die Prüfung vielmehr nicht fortsetzen, weil die Klägerin den Prüfern den Zutritt zu den Geschäftsräumen verweigerte.

Ob —wovon die Klägerin mit Hinweis auf Kruse in Tipke/Kruse (a.a.O., § 171 AO Rz 39) ausgeht— der Ernsthaftigkeit einer Prüfung grundsätzlich entgegensteht, wenn derselbe Prüfer gleichzeitig mit der Prüfung mehrerer Unternehmen eines Konzerns beginnt, ist vorliegend nicht entscheidungserheblich. Denn dies gilt jedenfalls dann nicht, wenn die Prüfer —wie von der Klägerin selbst vorgetragen— bereits an der laufenden Prüfung beteiligt sind.

cc) Ferner kann sich das FA nicht auf den Beginn der Prüfung berufen, wenn die Festlegung des Prüfungsbeginns nicht bestandskräftig geworden ist und rechtswidrig war (vgl. BFH-Urteile in BFHE 149, 104, BStBl II 1987, 408, unter 3.2. und 3.4. der Gründe; vom VII R 123/85, BFHE 154, 446, BStBl II 1989, 76, unter I.1. und 2. der Gründe).

(1) Nach § 197 Abs. 1 Satz 1 AO ist dem Steuerpflichtigen der voraussichtliche Beginn der Prüfung angemessene Zeit vor deren Beginn bekannt zu geben, wenn der Prüfungszweck dadurch nicht gefährdet wird.

Die Angemessenheit hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Dabei ist der Zweck des § 197 Abs. 1 Satz 1 AO zu berücksichtigen, nämlich dem Steuerpflichtigen die Vorbereitung auf die Prüfung zu ermöglichen. Er soll sich ohne unzumutbaren Aufwand auf die Prüfung einstellen können (, BFH/NV 2000, 821). Maßgeblich ist, welche Vorbereitungshandlungen die konkrete Prüfung vom Steuerpflichtigen verlangt (, BFHE 152, 217, BStBl II 1988, 413, unter II.2.c bb der Gründe). Insbesondere kommen dabei die Freimachung von Räumen und das Freihalten von Terminen in Betracht (BFH-Urteil in BFHE 218, 1, BStBl II 2008, 7, unter II.3. der Gründe, m.w.N.).

Die Finanzverwaltung sieht nach § 5 Abs. 4 Satz 2 BpO 2000 vor, dass in der Regel bei Großbetrieben vier Wochen und in anderen Fällen zwei Wochen angemessen sind.

Bei einer Erweiterung des Prüfungszeitraums kann die Frist in der Regel kürzer sein als bei der erstmaligen Anordnung der Prüfung oder unter Umständen sogar ganz entfallen (BFH-Beschlüsse in BFHE 152, 217, BStBl II 1988, 413, unter II.2.c bb der Gründe; vom I B 101/05, BFH/NV 2006, 912).

Denn in diesem Fall sind in der Regel keine weiteren Vorbereitungsmaßnahmen erforderlich, weil sich der Steuerpflichtige bereits auf die bestehende Prüfung vorbereiten musste; die mit der Durchführung der Außenprüfung verbundene generelle Belastung des Steuerpflichtigen wird dadurch nicht wesentlich erhöht (vgl. BFH-Urteile in BFHE 218, 1, BStBl II 2008, 7, unter II.3. der Gründe; vom VIII R 56/92, BFH/NV 1994, 677, unter II.2.d der Gründe, und , BFH/NV 2004, 312, m.w.N. zu den Anforderungen an die Begründung einer Ermessensentscheidung bei einer erweiternden Prüfungsanordnung).

Aus diesem Grund kann —entgegen der Auffassung der Klägerin— auch bei einer Anschlussprüfung grundsätzlich die Frist verkürzt werden, wenn die vorhergehende Prüfung noch andauert.

Anders als die Klägerin meint, laufen damit die regelmäßigen Fristen des § 5 Abs. 4 Satz 2 BpO 2000 nicht leer. Zwar soll u.a. bei Großbetrieben und Konzernen i.S. des § 13 BpO 2000 der Prüfungszeitraum an den vorhergehenden Prüfungszeitraum anschließen (§ 4 Abs. 2 Satz 1 BpO 2000). Jedoch bedeutet dies nicht, dass die in § 5 Abs. 4 Satz 2 BpO 2000 genannten Fristen stets verkürzt werden könnten. Vielmehr ist dies dann möglich, wenn die vorhergehende Prüfung noch andauert. Die Klägerin hat selbst vorgetragen, dass Außenprüfungen bei anderen Betrieben mit vergleichbarer Größe in der Regel nur ca. drei bis sechs Monate dauerten.

(2) Im Streitfall ist —entgegen der Auffassung des FA— nicht auf die Frist in der Prüfungsanordnung vom abzustellen. Unerheblich ist, ob dieser Bescheid überhaupt bekannt gegeben und damit wirksam geworden ist, denn jedenfalls ist er durch die Prüfungsanordnung vom ersetzt und gleichzeitig ein neuer Termin für den Prüfungsbeginn () festgelegt worden.

(3) Das FG hat nach den dargelegten Grundsätzen zu Recht entschieden, dass das FA die Frist des § 5 Abs. 4 Satz 2 BpO 2000 verkürzen und den Prüfungsbeginn am auf den festlegen durfte, weil die vorhergehende Prüfung bei der Klägerin noch andauerte.

Nach den nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des FG hat die Klägerin auch nicht substantiiert vorgetragen, sie hätte Vorkehrungen treffen müssen, die eine längere als die vom FA eingeräumte Vorbereitungsfrist erfordert hätten.

(4) Ohne Erfolg rügt die Klägerin in diesem Zusammenhang die Verletzung des § 76 Abs. 2 FGO. Nach dieser Vorschrift hat der Vorsitzende darauf hinzuwirken, dass Formfehler beseitigt, sachdienliche Anträge gestellt, unklare Anträge erläutert, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

Die Klägerin meint, das FG habe diese Hinweispflicht verletzt, indem es unterlassen habe, „die Klägerin aufzufordern, weiter zur Frage des benötigten Vorbereitungsaufwandes der Klägerin im Hinblick auf die bevorstehende Betriebsprüfung vorzutragen, um beurteilen zu können, ob die vom FA gesetzte Frist angemessen” gewesen sei.

Bei den richterlichen Hinweispflichten nach § 76 Abs. 2 FGO geht es weniger um die Sachaufklärung durch das Gericht als darum, Schutz und Hilfestellung für die Beteiligten zu geben, deren Eigenverantwortlichkeit dadurch aber nicht eingeschränkt oder beseitigt wird. Liegt die rechtliche Bedeutung bestimmter Tatsachen und die daraus folgende Erforderlichkeit, diese Tatsachen bei Gericht vorzubringen und zu substantiieren, auf der Hand, so stellt ein unterlassener Hinweis jedenfalls dann keine gegen § 76 Abs. 2 FGO verstoßende Pflichtverletzung dar, wenn der Kläger steuerlich beraten und im Prozess entsprechend vertreten war (, BFH/NV 2000, 204, m.w.N.). Wie bereits dargelegt, kommt es für die Frage der Angemessenheit auf die Verhältnisse des Einzelfalls und damit auch —wie von der Klägerin selbst vorgetragen— auf den konkreten Vorbereitungsaufwand an. Der fachkundig vertretenen Klägerin musste daher bewusst sein, dass sie hierzu hätte vortragen müssen.

Unerheblich ist, ob der Berichterstatter —wie die Klägerin vorbringt— im Erörterungstermin vom geäußert hat, die Beteiligten hätten nach seinem Empfinden ausreichend Stellung genommen. Denn abgesehen davon, dass diese von der Klägerin behauptete Aussage allgemein gehalten ist und sich nicht konkret auf den Vorbereitungsaufwand der Klägerin bezieht, durfte die rechtskundig vertretene Klägerin nicht darauf vertrauen, der Vollsenat werde der Auffassung des Berichterstatters folgen (vgl. , BFH/NV 2007, 480, unter II.1.d der Gründe). Darüber hinaus konnte der Berichterstatter auch nicht wissen, ob besondere Umstände bei der Klägerin zu einem erhöhten Vorbereitungsaufwand führten.

dd) Die Prüfung ist zwar nach ihrem Beginn für mehr als sechs Monate unterbrochen worden. Jedoch hat das FA die Unterbrechung nicht zu vertreten. Denn nach den Feststellungen des FG verwehrte die Klägerin den Prüfern den Zutritt zu den Geschäftsräumen. Die Klägerin war hierzu nicht befugt, weil sie die angeforderten Unterlagen in ihren Geschäftsräumen zur Verfügung stellen musste (§ 200 Abs. 2 Satz 1 1. Alternative AO).

Diese Mitwirkungspflicht trifft den Steuerpflichtigen im Rahmen einer Außenprüfung (vgl. , BFH/NV 1993, 76, unter 2.a der Gründe; , BFH/NV 2005, 1226, unter II.2.b der Gründe). Die Außenprüfung hatte die Klägerin aufgrund der Prüfungsanordnung vom und der Festlegung des Prüfungsbeginns auf den ab diesem Zeitpunkt zu dulden. Die Vollziehung dieser Verwaltungsakte wurde durch die eingelegten Rechtsbehelfe nicht gehemmt (§ 361 Abs. 1 Satz 1 AO, § 69 Abs. 1 Satz 1 FGO); die Vollziehung wurde auch nicht ausgesetzt. Für die Wirksamkeit der Verwaltungsakte kommt es auf deren Rechtmäßigkeit nicht an (§ 124 Abs. 2 AO).

Soweit die Klägerin vorträgt, den Prüfern nur am und den Zutritt zu den Geschäftsräumen verweigert zu haben, handelt es sich um neuen Sachvortrag, der im Revisionsverfahren nicht berücksichtigt werden kann (§ 118 Abs. 2 FGO).

3. Die Fortsetzungsfeststellungsklage gegen die Festlegung des Prüfungsbeginns ist zwar zulässig, aber nicht begründet.

a) Die Klägerin konnte eine Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO erheben, obwohl sich die Festlegung des Prüfungsbeginns bereits vor Klageerhebung mit dem Beginn der Prüfung erledigt hat (vgl. , BFHE 156, 54, BStBl II 1989, 445, unter II.2.a der Gründe).

b) Nach der Rechtsprechung des BFH genügt jedes konkrete, vernünftigerweise anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art, um einen Antrag nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO stellen zu können (, BFHE 222, 46, BStBl II 2008, 941, unter II.1. der Gründe, m.w.N.).

Vorliegend besteht das Feststellungsinteresse darin, dass die Rechtmäßigkeit der Festlegung des Prüfungsbeginns für die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 4 Satz 1 AO bedeutsam ist (vgl. II.2.b cc).

c) Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist allerdings unbegründet, weil das FA den Beginn der Prüfung rechtmäßig auf den festlegte (vgl. oben II.2.b cc).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
VAAAD-26229