Anforderungen an die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde; Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör; Recht auf Akteneinsicht; ordnungsgemäße Darlegung einer Divergenz
Gesetze: FGO § 76, FGO § 78, FGO § 96 Abs. 2, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Instanzenzug:
Gründe
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war früher im Inland als selbständiger Steuerberater tätig. Im Jahr 2000 wurde seine Bestellung zum Steuerberater wegen Vermögensverfalls widerrufen. Die Klage und die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision blieben erfolglos (, BFH/NV 2002, 1499). Das Bundesverfassungsgericht nahm die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde mit Beschluss vom 1 BvR 2046/02 nicht zur Entscheidung an. Der Kläger tritt seither in seinen Geschäftsbriefen als „Steuerberater-Belastingadviseur-Belastingconsulent” unter Büroadressen in Belgien und den Niederlanden auf und vertritt eine Vielzahl von Mandanten im Inland.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) wies den Kläger mit Verfügungen vom gemäß § 80 Abs. 5 der Abgabenordnung als Bevollmächtigten von Steuerpflichtigen zurück, weil er geschäftsmäßige Hilfe in Steuersachen geleistet habe, ohne dazu befugt zu sein. Mit der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage brachte der Kläger vertreten durch die R Ltd. (R) vor, das FA habe ihn zu Unrecht als Bevollmächtigten zurückgewiesen.
Die R beantragte mit Schreiben vom , den durch die Ladung vom , die der R und dem Kläger persönlich am zugestellt worden war, auf den bestimmten Termin zur mündlichen Verhandlung aufzuheben. Diesen Antrag lehnte das Finanzgericht (FG) mit der Begründung ab, es seien dafür keine gewichtigen Gründe gegeben.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung erschien für den Kläger niemand. Das FG wies durch einen in der mündlichen Verhandlung nach der Erörterung der Streitsache verkündeten Beschluss die R als Bevollmächtigte zurück und wies die Klage ab. Zur Begründung verwies es u.a. auf den (BFH/NV 2007, 1195), der gegen den Kläger ergangen war.
Der Kläger stützt die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision auf Verfahrensmängel und Divergenz.
II. Die Beschwerde ist unbegründet. Soweit der Kläger das Vorliegen von Revisionszulassungsgründen i.S. des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechend dargelegt hat, rechtfertigen die vorgebrachten Gründe nicht die Zulassung der Revision.
1. Verfahrensmängel
a) Die Revision ist nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Wird die Nichtzulassungsbeschwerde auf einen solchen Mangel gestützt, so bedarf es hierfür eines Vortrags der Tatsachen, die den Mangel schlüssig ergeben. Außerdem muss dargelegt werden, dass die angefochtene Entscheidung —ausgehend von der insoweit maßgebenden, ggf. auch unrichtigen materiell-rechtlichen Auffassung des FG— auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruhen kann, sie also ohne den Verfahrensmangel möglicherweise anders ausgefallen wäre (BFH-Beschlüsse vom II B 27/04, BFH/NV 2005, 913, und vom V B 29/07, BFH/NV 2008, 1501, m.w.N.).
b) Die Rüge des Klägers, das FG sei seinen Hinweispflichten nach § 76 FGO nicht nachgekommen und habe dadurch seinen —des Klägers— Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes —GG—, § 96 Abs. 2 FGO) verletzt, ist schon deshalb nicht schlüssig, weil der Kläger trotz rechtzeitiger und ordnungsgemäßer Ladung in der mündlichen Verhandlung vor dem FG weder persönlich erschienen ist noch vertreten war und somit nicht alles in seinen Kräften Stehende und nach Lage der Dinge Erforderliche getan hat, um sein Recht auf Gehör zu verwirklichen (, BFH/NV 2008, 1353, m.w.N.). Der Kläger macht in der Beschwerdebegründung nicht geltend, dass das FG zu einer Aufhebung des auf den bestimmten Termins zur mündlichen Verhandlung verpflichtet gewesen sei.
Ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör liegt im Übrigen nicht deshalb vor, weil das FG der Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch den Kläger nicht gefolgt ist. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht nicht dazu, sich den Ausführungen eines Beteiligten in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht anzuschließen (BFH-Beschlüsse vom II B 11/05, BFH/NV 2006, 254; vom V B 98/06, BFHE 217, 94, BStBl II 2008, 35; vom VIII B 121/07, BFH/NV 2008, 397, und vom II S 11/07, BFH/NV 2008, 529).
c) Aus der Beschwerdebegründung ist nicht erkennbar, inwiefern sich die in der mündlichen Verhandlung erfolgte Zurückweisung der R als Bevollmächtigte auf die Vorentscheidung ausgewirkt haben könnte. Das FG hat aus der Zurückweisung der R keine für den Kläger negativen Folgerungen gezogen, sondern sowohl über die Klage als auch über den Antrag auf Aufhebung des Termins zur mündlichen Verhandlung in der Sache entschieden.
Ein Vertreter der R war im Übrigen zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen.
d) Die Rüge des Klägers, das FG habe ihm entgegen § 78 Abs. 1 FGO keine Akteneinsicht gewährt, ist nicht schlüssig. Der Kläger macht nicht geltend, dass das FG die Akteneinsicht ausdrücklich verweigert und dadurch seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt habe (vgl. , BFH/NV 2005, 2216). Seinem Beschwerdevorbringen lässt sich auch nicht entnehmen, dass es ihm nicht möglich gewesen sei, sich Akteneinsicht beim FA (vgl. Schreiben des ) oder nach der Übersendung der Verwaltungsakten an das FG dort zu verschaffen, obwohl ihm dafür zwischen der Einreichung der Klage am und der mündlichen Verhandlung am mehrere Monate zur Verfügung standen. Der Kläger hat darüber hinaus auch nicht dargelegt, welche entscheidungserheblichen Umstände sich aus den betreffenden Akten möglicherweise hätten ergeben können, was er nach Akteneinsicht noch vorgetragen hätte und inwiefern dieser Vortrag unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (vgl. zu diesen Begründungsanforderungen BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2005, 2216, und vom X B 24/05, BFH/NV 2005, 2222).
e) Die Rüge des Klägers, das FG habe zu Unrecht Beweisanträge übergangen, ist ebenfalls unschlüssig. Der Kläger hat in der Beschwerdebegründung nicht hinreichend deutlich angegeben, welche Beweisanträge er mit dieser Rüge ansprechen will, welche Beweise im Einzelnen das FG hätte erheben sollen und inwiefern die dabei ermittelten Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des FG zu einer anderen Entscheidung hätten führen können (vgl. zu diesen Darlegungsanforderungen BFH-Beschlüsse vom X B 185/07, BFH/NV 2008, 603; vom IV B 21/07, BFH/NV 2008, 974, und vom VIII B 20-22/08, BFH/NV 2009, 183, ständige Rechtsprechung).
Soweit der Kläger meint, das FG hätte über Rechtsfragen Beweis erheben müssen, macht er schon deshalb keinen Verfahrensmangel geltend, weil die Beurteilung der im Streitfall maßgebenden Rechtsfragen einschließlich des Gemeinschaftsrechts den Gerichten obliegt und nicht durch ein Sachverständigengutachten vorbereitet werden muss (BFH-Beschlüsse vom X B 7/06, BFH/NV 2007, 1167, und vom V B 95/06, BFH/NV 2007, 2122).
f) Mit den Einwendungen gegen die Richtigkeit der Vorentscheidung einschließlich der Tatsachen- und Beweiswürdigung macht der Kläger keine Verfahrensmängel, sondern Verstöße gegen materielles Recht und somit keinen Grund für die Zulassung der Revision geltend (BFH-Beschlüsse vom IX B 24/07, BFH/NV 2008, 92; vom III B 55/06, BFH/NV 2008, 95; vom VIII B 153/06, BFH/NV 2008, 389, und vom XI B 16/07, BFH/NV 2008, 595). Das prozessuale Rechtsinstitut der Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten (BFH-Beschlüsse vom VIII B 68/07 und VIII B 110/07, BFH/NV 2008, 590 und 613; vom VIII B 103/07, BFH/NV 2008, 980, und in BFH/NV 2009, 183).
2. Der Kläger hat auch nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechend dargelegt, dass die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 FGO zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung zuzulassen sei. Um den Revisionszulassungsgrund „Divergenz” ordnungsgemäß darzulegen, hätte er einen die Vorentscheidung tragenden, abstrakten Rechtssatz einem ebenfalls tragenden, abstrakten Rechtssatz aus einer anderen Entscheidung gegenüberstellen müssen. Zudem hätte er ausführen müssen, dass es sich im Streitfall um einen vergleichbaren Sachverhalt und eine identische Rechtsfrage handele (BFH-Beschlüsse vom VIII B 36/06, BFH/NV 2007, 2293; in BFH/NV 2008, 603; vom VIII B 83/07, BFH/NV 2008, 978, und in BFH/NV 2008, 980).
Dies ist nicht geschehen. Der Kläger hat sich vielmehr in der Beschwerdebegründung nicht konkret mit dem bereits vom FG angeführten BFH-Beschluss in BFH/NV 2007, 1195 zu den Voraussetzungen, unter denen eine grenzüberschreitende Dienstleistung einen nur vorübergehenden Charakter i.S. des Art. 50 Satz 3 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft hat und der Erlaubnistatbestand des § 3 Nr. 4 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) a.F. (nunmehr § 3a StBerG) erfüllt ist, sowie der in dieser Entscheidung genannten weiteren Rechtsprechung des BFH und des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften zu dieser Frage auseinander gesetzt.
Fundstelle(n):
CAAAD-19800