BGH Beschluss v. - IV ZB 28/07

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: VBLS § 39; VBLS § 56 a.F.; VBLS § 75 Abs. 2; ZPO § 574 Abs. 2; ZPO § 1059 Abs. 2 Nr. 2b

Instanzenzug: OLG Karlsruhe, 12 Sch 1/07 vom

Gründe

I. Der Antragsteller begehrt die teilweise Aufhebung eines Schiedsspruchs des Oberschiedsgerichts der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL).

Der 1930 geborene Antragsteller war bei der VBL, der Antragsgegnerin, vom bis zum pflichtversichert. Er bezieht seit neben einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung von der VBL eine Versorgungsrente. Diese wurde in der Folgezeit laufend angepasst, nach der Reform des Zusatzversorgungssystems ab dem Jahre 2002 gemäß § 75 Abs. 2 der Satzung der Antragsgegnerin (VBLS) als Besitzstandsrente weitergezahlt und vom an jeweils zum 1. Juli eines Jahres gemäß § 39 VBLS um 1 vom Hundert erhöht.

Gegen die Anpassungsmitteilung vom sowie weitere Mitteilungen zur Rentenhöhe in den folgenden Jahren erhob der Antragsteller Klage zum Schiedsgericht der VBL. Er beanstandete die Berechnung des fiktiven Nettoarbeitsentgelts in einigen Punkten und erstrebte die Feststellung, dass der Anteil der gesetzlichen Rente, der auf seine Vordienstzeiten außerhalb des öffentlichen Dienstes im Zeitraum vom bis entfällt, ab dem nicht auf die Gesamtversorgung anzurechnen sei (ab 368,31 DM, ab 375,36 DM monatlich).

Die Klage und die Berufung des Antragstellers hatten im Schiedsgerichtsverfahren keinen Erfolg.

Beim Oberlandesgericht hat der Antragsteller beantragt, den Schiedsspruch des Oberschiedsgerichts der VBL vom teilweise aufzuheben, soweit über die Berücksichtigung der Vordienstzeiten entschieden wurde. Die Entscheidung des Oberschiedsgerichts verstoße gegen die öffentliche Ordnung i.S. von § 1059 Abs. 2 Nr. 2 b ZPO. Aus der Halbanrechnungsentscheidung des (VersR 2000, 835 = NJW 2000, 3341) ergebe sich, dass Vordienstzeiten spätestens seit der Umstellung der Zusatzversorgung von dem an der Beamtenversorgung ausgerichteten Gesamtversorgungssystem auf ein Betriebsrentensystem nicht mehr anzurechnen seien. Er sei deshalb so zu behandeln, als habe er nur im öffentlichen Dienst gearbeitet. Deshalb verstoße die weitere Anrechnung der auf die Vordienstzeiten entfallenden Rente gegen Artt. 3 Abs. 1, 14 GG. Dieser Eingriff sei besonders schwerwiegend, weil er - der Antragsteller - nach der bei Rentenbeginn maßgeblichen Fassung der Satzung den höchstmöglichen Versorgungssatz bereits nach 420 Umlagemonaten erreicht hatte und damit schon die weiteren 27 Umlagemonate und erst recht die Vordienstzeiten zu keiner Erhöhung der Gesamtversorgung geführt haben und auch in Zukunft nicht führen werden. Wegen fehlender Relevanz der Vordienstzeiten für die Höhe des Versorgungssatzes dürfe der darauf entfallende Teil der gesetzlichen Rente zu keiner Minderung der Versorgungsrente führen.

Das Oberlandesgericht hat den Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit der Rechtsbeschwerde.

II. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft und form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 1065 Abs. 1 Satz 1, 1062 Abs. 1 Nr. 4, 575 Abs. 1, 2 ZPO). Sie ist aber unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind (1.) und sie im Übrigen nicht den Streitgegenstand des Schiedsgerichtsverfahrens betrifft (2.).

1. Der Antragsteller macht mit der Beschwerde weiterhin geltend, die Anrechnung des auf die Vordienstzeiten entfallenden Teils der gesetzlichen Rente komme einer Enteignung gleich und benachteilige ihn gegenüber Versicherten, die ebenfalls 420 Umlagemonate erreicht, zuvor aber nicht durch eine Tätigkeit außerhalb des öffentlichen Dienstes auf die Gesamtversorgung anzurechnende Rentenansprüche erworben haben.

Diese vom Antragsteller gerügte Anrechnung der vollen Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf die mit der Zusatzversorgung der Arbeiter und Angestellten des öffentlichen Dienstes bezweckte beamtenähnliche Gesamtversorgung hat die höchstrichterliche Rechtsprechung schon seit langem als verfassungsgemäß gebilligt ( - VersR 1993, 1505 und vom - IVa ZR 154/83 - VersR 1986, 142, jeweils m.w.N.; BAG VersR 1999, 1520). Die beiden Senatsurteile betreffen ebenfalls Fälle, in denen sich die Tätigkeit außerhalb des öffentlichen Dienstes nicht auf die Höhe des Gesamtversorgungssatzes ausgewirkt hatte, weil sie als Nebentätigkeit während bei der Beklagten pflichtversicherter Tätigkeit im öffentlichen Dienst ausgeübt wurde. Die gesetzlichen Renten bleiben unangetastet. Die versprochene Zusatzversorgung deckte von vornherein nur die Versorgungslücken, die die gesetzliche Rente offen lässt. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Halbanrechnungsentscheidung (aaO) die Anrechnung der vollen Sozialversicherungsrente als solche ebenfalls nicht beanstandet, sondern nur die demgegenüber bloß hälftige Anrechnung der Vordienstzeiten auf die gesamtversorgungsfähige Zeit. Zur beamtenähnlichen Soldatenversorgung hat das Bundesverfassungsgericht (NVwZ 1982, 553 f.) ausdrücklich entschieden, dass die Anrechnung gesetzlicher Renten auch dann mit Artt. 3 Abs. 1, 14 GG vereinbar ist, wenn der Höchstsatz des Ruhegehalts schon allein aufgrund der Dienstzeit als Berufssoldat erreicht ist und dies selbst dann gilt, wenn eine über das Ende der Ruhegehaltsskala hinausgehende ruhegehaltsfähige Dienstzeit nicht zu einer Erhöhung der Höchstgrenze der Gesamtversorgung führt. Mit der von der Beschwerde angesprochenen Halbanrechnungsproblematik, den Startgutschriften und der Zulässigkeit der Umstellung des Versorgungssystems hat dies nichts zu tun (vgl. zur Systemumstellung BGHZ 174, 127 und - ZTR 2008, 374). Eine rechtlich erhebliche Benachteiligung gegenüber Versicherten, deren Rente sich nach der neuen Satzung berechnen wird, ist ersichtlich nicht gegeben (vgl. Senatsurteil vom - IV ZR 186/02 - VersR 2004, 183 unter 2 e).

2. Die Beschwerde macht weiter geltend, die Umstellung der Dynamisierung der Versorgungsrente vom Maßstab des § 56 VBLS a.F. auf die jährliche Erhöhung um 1% nach §§ 75 Abs. 2, 39 VBLS verstoße gegen Artt. 3 Abs. 1, 14 GG und Art. 20 Abs. 3 GG (Vertrauensschutz und Verhältnismäßigkeitsgrundsatz). Insoweit ist die Beschwerde deshalb unzulässig, weil ein Anspruch des Antragstellers auf Anpassung der Versorgungsrente nach § 56 VBLS a.F. auch für die Zeit ab dem nicht Gegenstand des Schiedsgerichtsverfahrens und damit auch nicht des Aufhebungsverfahrens war. Ob der Aufhebungsgrund des § 1059 Abs. 2 Nr. 2b ZPO vorliegt, ist zwar von Amts wegen zu berücksichtigen (BGHZ 142, 204, 206; zur vergleichbaren früheren Regelung - NJW 1972, 2180 unter II). Das ist jedoch nur im Umfang der Entscheidung des Schiedsgerichts zulässig. Ein Anspruch, der nicht Gegenstand des Schiedsgerichtsverfahrens war, kann nicht Gegenstand eines Aufhebungsantrags sein.

Fundstelle(n):
JAAAC-94682

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein