BFH Beschluss v. - VII B 123/06

Feststellung der objektiven Gläubigerbenachteiligung bei Geldschenkung an Ehefrau

Gesetze: AO § 191, AO § 278, AnfG § 3, FGO § 115

Instanzenzug:

Gründe

I. Der Ehemann der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) schuldete seit 1992 Einkommensteuer und Zuschlagsteuern sowie Säumniszuschläge in Millionenhöhe. Zu diesen Steuern waren die Eheleute zunächst zusammen veranlagt worden, in den Jahren 1994, 1995 und 1997 ergingen Aufteilungsbescheide. 1994 nahm das seinerzeit zuständige Finanzamt die Klägerin mit bestandskräftigem Bescheid gemäß § 278 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) in Höhe eines Betrages von . DM über den auf sie entfallenden Teil der Einkommensteuerschulden hinaus in Anspruch, weil ihr Ehemann ihr den Miteigentumsanteil an einer Eigentumswohnung unentgeltlich übertragen hatte. 1998 hob der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) die Zusammenveranlagungsbescheide auf und erteilte antragsgemäß Bescheide über die getrennte Veranlagung zur Einkommensteuer.

1994 hatte der Ehemann ein Vermögensverzeichnis vorgelegt und dessen Richtigkeit und Vollständigkeit an Eides statt versichert. Danach verfügte er über beträchtliches Vermögen auf ausländischen Bankkonten in A, B und C; Hinweise auf Vollstreckungsmöglichkeiten in inländische Vermögenswerte ergaben sich daraus nicht. 1998 gab der Ehemann erneut die eidesstattliche Versicherung zu einem Vermögensverzeichnis ab, in dem noch erhebliches Barvermögen in C ausgewiesen war. Ein Rechtsstreit um die Arrestpfändung des von der Klägerin und ihrem Ehemann in A unterhaltenen Gemeinschaftskontos wurde 1999 mit einem Vergleich beendet.

1999 beantragte das FA wegen Abgabenrückständen von . DM die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Ehemannes. Das zunächst eröffnete Insolvenzverfahren wurde im November 2002 wieder aufgehoben, weil der Vollstreckungsschuldner mitgeteilt hatte, dass der angebliche Aufbewahrungsort des Bargeldes in C ausgehoben worden sei und er dort kein Bargeld mehr aufgefunden habe.

Durch privatschriftliche Vereinbarung schenkte der Ehemann der Klägerin 1997 einen Betrag von ... DM. Sie erwarb damit auftragsgemäß Wohnungseigentum. Den Kaufpreis von ... DM zahlte sie bar auf das Notaranderkonto ein.

Eine im Oktober 1997 verfügte Inanspruchnahme der Klägerin gemäß § 278 Abs. 2 AO in Höhe von ... DM für den auf ihren Ehemann entfallenden Teil der Einkommensteuerrückstände 1992 bis 1997 hob das FA im Hinblick auf die getrennte Veranlagung wieder auf. Nachdem weitere Vollstreckungsversuche bei dem Ehemann erfolglos blieben, nahm das FA die Klägerin mit Duldungsbescheid im Jahre 2004 wegen Abgabenschulden ihres Ehemannes in Höhe von insgesamt ... € auf Rückgewähr des ihr durch Schenkungsvertrag zugewendeten Geldbetrages von ... DM gemäß § 191 AO i.V.m. § 3 Abs. 1 des Anfechtungsgesetzes (AnfG) in Anspruch. Einspruch und Klage, die die Klägerin im Wesentlichen damit begründete, die Schenkung sei nicht mit dem Vorsatz vorgenommen worden, das FA zu benachteiligen, jedenfalls habe sie, die Klägerin, keine Kenntnis von einem eventuellen Benachteiligungsvorsatz ihres Ehemannes gehabt, blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) sah in der Schenkung eine objektive Gläubigerbenachteiligung, da dem FA der Zugriff auf möglicherweise vorhandene andere, im Ausland befindliche Vermögenswerte des Ehemannes mangels entsprechender Rechtshilfeabkommen verwehrt gewesen sei.

Auch die Anfechtungsvoraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 AnfG, insbesondere der zumindest bedingte Vorsatz der Gläubigerbenachteiligung auf Seiten des Ehemannes und die Kenntnis der Klägerin davon, seien erfüllt. Der Klägerin seien aufgrund der zunächst durchgeführten Zusammenveranlagung und des im Zeitpunkt der Schenkung noch anhängigen Rechtsstreits über das von dem FA gepfändete Gemeinschaftskonto die Einkommensteuerrückstände ihres Ehemannes bekannt gewesen.

Mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und die Notwendigkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO geltend.

II. Die Beschwerde ist —bei Zweifeln an ihrer Zulässigkeit— jedenfalls unbegründet. Die behaupteten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

Die Klägerin hat weder die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache noch die Notwendigkeit einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung entsprechend den gesetzlichen Anforderungen dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO). Hierfür reicht die bloße Behauptung, dass diese Zulassungsgründe vorliegen, nicht aus (z.B. , BFH/NV 2003, 328, m.w.N.). Im Übrigen ist die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage weder im Allgemeininteresse klärungsbedürftig noch im Streitfall klärungsfähig.

1. Die Klägerin stützt die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache darauf, dass das FG den Anfechtungstatbestand des § 1 AnfG schon dann als erfüllt angesehen habe, wenn nach der Überzeugung des Gerichts die Möglichkeit einer Gläubigerbenachteiligung oder eine naheliegende Möglichkeit einer —weiteren— Verschlechterung der Zugriffslage gegeben sei, während richtigerweise die objektive Gläubigerbenachteiligung zur Überzeugung des Gerichts feststehen müsse.

Diese gerügte Rechtsauffassung vermag der Senat der finanzgerichtlichen Entscheidung nicht zu entnehmen. Vielmehr belegen die Ausführungen des FG, dass es von der objektiven Gläubigerbenachteiligung, welche die Schenkung des Ehemannes an die Klägerin bewirkt hat, überzeugt war. Es hat nämlich ausdrücklich festgestellt, dass die Gläubigerbenachteiligung unentgeltlichen Verfügungen wie der Schenkung des Vollstreckungsschuldners an die Klägerin immanent sei und Umstände, die ausnahmsweise zu einer anderen Beurteilung führen könnten, im Streitfall nicht vorlägen. Von der „Möglichkeit einer Gläubigerbenachteiligung” ist in der Entscheidung nur im Kontext der möglichen Ausnahme von diesem Grundsatz die Rede. Das FG hat geprüft und verworfen, dass die Gläubigerbenachteiligung deshalb zu verneinen sein könnte, weil das FA auch unabhängig von der Schenkung —mangels Zugriffsmöglichkeit auf Gelder in einem ausländischen Staat ohne Rechtshilfeabkommen— seine Steuerforderungen nicht hätte befriedigen können. Denn mit der Schenkung sei dem FA auch für den Fall eines Wiederauftauchens der verborgenen Vermögenswerte im Inland die Möglichkeit genommen, auf diese zuzugreifen. Mit diesen Ausführungen hat das FG seine Überzeugung vom Vorliegen der Gläubigerbenachteiligung gerade untermauert.

2. Von grundsätzlicher Bedeutung ist auch nicht, dass das FG —wie die Klägerin meint— die Beweislast für die konkrete Gläubigerbenachteiligung rechtsfehlerhaft der Klägerin auferlegt habe, indem es darauf abstelle, dass die Geldübergabe in B nicht glaubhaft erscheine.

Indem das FG die von der Klägerin behaupteten Transaktionen der im Ausland vermeintlich vorhandenen Vermögenswerte als unglaubhaft würdigte, hat es lediglich eine weitere mögliche Ausnahme von dem von ihm aufgestellten Grundsatz, dass der Geldschenkung an die Klägerin die Benachteiligung der Gläubiger des Ehemannes immanent sei, geprüft und verworfen. Von einer Umkehr der Beweislast kann keine Rede sein.

3. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat das FG auch hinsichtlich der Anfechtungsvoraussetzungen „Kenntnis der objektiven Gläubigerbenachteiligung und der Benachteiligungsabsicht des Vollstreckungsschuldners” die Beweislast des FA nicht verkannt. Es stellt vielmehr ausdrücklich fest, dass der Ehemann den Vorsatz der Gläubigerbenachteiligung gehabt habe, da er von seinen beträchtlichen Steuerschulden und der Einschränkung der Vollstreckungsmöglichkeiten des FA durch die Weggabe der Geldmittel an die Klägerin gewusst habe. Darüber hinaus hat es auch die —insbesondere aus dem seinerzeit noch anhängigen Rechtsstreit über die Arrestpfändung des Gemeinschaftskontos in A gezogene— Schlussfolgerung des FA, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Schenkung den Benachteiligungsvorsatz ihres Ehemannes kannte, gewürdigt und —nachvollziehbar— für tragfähig erachtet.

4. Im Grunde wendet sich die Klägerin gegen die Würdigung des Tatsachenstoffes durch das FG. Die Grundsätze der Beweiswürdigung sind indes revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen. Die Beweiswürdigung des FG ist daher der Prüfung im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde entzogen. Auch eine, wie die Klägerin wohl meint, nicht überzeugende Beweiswürdigung wäre somit ein materiell-rechtlicher Fehler, der die Zulassung der Revision nicht begründen kann (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 81 ff.).

Fundstelle(n):
MAAAC-59783