Kürzung des Verlustvortrages bei Ausscheiden eines Mitunternehmers: Berechnung unter Einbeziehung der Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben
Leitsatz
1. Scheidet ein Mitunternehmer aus einer Personengesellschaft aus, so ist der für den letzten Stichtag vor dem Ausscheiden des Mitunternehmers festgestellte vortragsfähige Gewerbeverlust der Gesellschaft um den anteilig auf ihn entfallenden Verlustanteil zu kürzen. Dieser Anteil ist für Erhebungszeiträume vor 2007 nicht nur anhand des Gewinnverteilungsschlüssels, sondern unter Einbeziehung der in den Jahren des Bestehens der Mitunternehmerschaft angefallenen Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben zu berechnen (Anschluss an , BFHE 213, 12).
2. Es wird eine Entscheidung des BVerfG darüber eingeholt, ob die zu § 10a Satz 4 GewStG i.d.F. des JStG 2007 vom (BGBl I 2006, 2878) ergangene Anwendungsregelung des § 36 Abs. 9 GewStG i.d.F. des JStG 2007 mit dem GG insoweit unvereinbar ist, als danach für den Erhebungszeitraum 2000 bei einer Mitunternehmerschaft der gewerbesteuerrechtliche Verlustabzug im Falle des Ausscheidens eines Mitunternehmers in größerem Umfang gekürzt wird, als es das im Zeitpunkt des Ausscheidens des Mitunternehmers geltende Gesetz vorsah.
Gesetze: GewStG i.d.F. des JStG 2007 § 10aGewStG i.d.F. des JStG 2007 § 36 Abs. 9
Instanzenzug: (EFG 2005, 62)
Gründe
A.
Gegenstand der Vorlage
I.
Sachverhalt
An der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin), einer GmbH & Co. KG, waren in den für die Erhebungszeiträume 1995 bis 2000 maßgebenden (abweichenden) Wirtschaftsjahren die Kommanditisten A mit einem Anteil von 29,334 v.H. und M-GmbH mit einem Anteil von 70,666 v.H. sowie eine Komplementär-GmbH ohne Anteil am Vermögen beteiligt. Der Kommanditist A erhielt in allen Jahren Tätigkeitsvergütungen erheblichen Umfangs, während die Komplementär-GmbH Sondervergütungen für die Haftungsübernahme erhielt. Zwei weitere Gesellschafter der Klägerin waren bereits im September 1995 ausgeschieden. Die Gesellschaftsbilanzen aller Jahre wiesen Fehlbeträge aus. Streitig sind die Folgen des Ausscheidens des Kommanditisten A zum auf die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den .
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) stellte mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenem Bescheid vom den vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den auf 12 255 417 DM fest (festgestellter Gewerbeverlust auf den : 11 348 311 DM; Anteil des Gewerbeverlustes, der auf ausgeschiedene Gesellschafter entfällt: 0 DM; Gewerbeverlust 2000: 907 106 DM). Das FA folgte damit einer Berechnung der Klägerin, wonach der Gewerbeverlust nur auf die M-GmbH entfalle, weil die Summen der (positiven/ negativen) Anteile der Kommanditisten an den jeweiligen (positiven/negativen) Gewerbeerträgen i.S. des § 7 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) beim Kommanditisten A + 2 286 904,40 DM und bei der M-GmbH – 14 572 977,14 DM betrügen.
Aufgrund einer Prüfungsmitteilung des staatlichen Rechnungsprüfungsamtes erließ das FA den nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderten Bescheid vom , in dem es den vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den auf 8 660 414 DM feststellte. Es ging davon aus, dass der festgestellte Gewerbeverlust auf den und der Gewerbeverlust 2000 wegen Ausscheidens des A um dessen Beteiligungsquote (29,334 v.H.), also um insgesamt 3 595 003 DM zu kürzen seien.
Das FA wies den hiergegen eingelegten Einspruch unter Hinweis auf Abschn. 68 Abs. 3 der Gewerbesteuer-Richtlinien (GewStR) 1998 als unbegründet zurück. Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin, dass der zunächst festgestellte vortragsfähige Gewerbeverlust nur um 1 490 176 DM gekürzt werde.
II.
Entscheidung des Finanzgerichts (FG)
Das FG gab der Klage statt. Das ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2005, 62 veröffentlicht. Das FG führte im Wesentlichen Folgendes aus:
Gemäß § 10a Satz 1 GewStG in der für den Erhebungszeitraum 2000 geltenden Fassung werde der maßgebende Gewerbeertrag um die Fehlbeträge gekürzt, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume nach den Vorschriften der §§ 7 bis 10 GewStG ergeben hätten, soweit die Fehlbeträge nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume berücksichtigt worden seien.
Schon der Reichsfinanzhof (RFH) habe den Abzug von Gewerbeverlusten sowohl von der Unternehmens- als auch von der Unternehmeridentität abhängig gemacht (, RStBl 1942, 1024). Der Bundesfinanzhof (BFH) folge —ungeachtet diverser Gesetzesänderungen— dieser Rechtsprechung (vgl. , BFHE 86, 123, BStBl III 1966, 374; vom IV R 26/73, BFHE 124, 348, BStBl II 1978, 348, und vom IV R 117/88, BFHE 159, 528, BStBl II 1990, 436, sowie , BFHE 133, 564, BStBl II 1981, 748). Der Große Senat des BFH habe in dem Beschluss vom GrS 3/92 (BFHE 171, 246, BStBl II 1993, 616) an diesen Grundsätzen festgehalten. Das FG halte diese Gründe, die auch in dem (BFHE 173, 374, BStBl II 1994, 364) zutreffend erfasst worden seien, für stichhaltig. Danach entfalle beim Ausscheiden von Gesellschaftern einer Personengesellschaft der Verlustabzug gemäß § 10a GewStG, „soweit der Fehlbetrag anteilig auf den ausgeschiedenen Gesellschafter entfällt”.
Soweit die Beteiligten diesbezüglich über die Höhe des Fehlbetrags stritten, der auf den zum Ende des Wirtschaftsjahres 1999/00 ausgeschiedenen Kommanditisten A entfalle, sei der von der Klägerin unter Hinweis auf das BFH-Urteil in BFHE 173, 374, BStBl II 1994, 364 vertretenen Ansicht zu folgen:
Der BFH habe in jenem Urteil —gestützt auf den Beschluss des Großen Senats— entschieden, dass bei Personengesellschaften die Verlustverrechnung eine auf den einzelnen Mitunternehmer (Gesellschafter) bezogene Berechnung erfordere. Zu diesem Zweck seien sowohl die Gewerbeerträge des Anrechnungsjahres als auch die Fehlbeträge des Verlustentstehungsjahres entsprechend dem Gewinnverteilungsschlüssel (vgl. BFH-Urteil in BFHE 124, 348, BStBl II 1978, 348) und unter Berücksichtigung von Sonderbetriebseinnahmen und –ausgaben den einzelnen Mitunternehmern zuzuordnen.
Die zu dem BFH-Urteil in BFHE 173, 374, BStBl II 1994, 364 ergangenen gleichlautenden Nichtanwendungserlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom (BStBl I 1996, 1392) beruhten auf der Vorstellung, dass Sonderbetriebsergebnisse nur in die Ermittlung des Gewerbeertrags (§ 7 GewStG) der Personengesellschaft einzubeziehen seien, dass eine gesellschafterbezogene Berechnung des Verlustabzugs (mit Sonderbetriebsergebnissen) unterbleibe und sodann beim Ausscheiden von Gesellschaftern der Verlustvortrag (ohne Einbeziehung der Sonderbetriebsergebnisse) „anteilig mit der Quote” entfalle, mit der der Ausgeschiedene „entsprechend dem Gewinnverteilungsschlüssel an dem Fehlbetrag beteiligt” gewesen sei. Die Finanzverwaltung verkenne dabei jedoch, dass die Einbeziehung von Sonderbetriebsergebnissen in die Ermittlung des Gewerbeertrags wegen des Erfordernisses der Unternehmeridentität zwingend zur Folge habe, dass diese Sonderbetriebsergebnisse auch bei der Ermittlung des jeweiligen Anteils aller Gesellschafter an dem jeweiligen (positiven/negativen) Gewerbeertrag der Gesellschaft zu berücksichtigen seien. Gleiches gelte für Ergebnisse aus Ergänzungsbilanzen einzelner Gesellschafter. Da die Ergebnisse aus Sonder- und Ergänzungsbilanzen im Verhältnis zu den Gewinn- bzw. Verlustanteilen der Gesellschafter nach den Gesellschaftsbilanzen durchweg erheblich seien, führe ihre Nichtberücksichtigung bei der Ermittlung des jeweiligen Anteils der Gesellschafter an dem (positiven/negativen) Gewerbeertrag der Gesellschaft zu erheblichen —auch durch den Gesichtspunkt der Vereinfachung nicht zu rechtfertigenden— „Verschiebungen”. Ein anschauliches Beispiel biete der Streitfall, in dem bei Einbeziehung der Ergebnisse aus Sonder- und Ergänzungsbilanzen eine Kürzung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes von nur etwa 1,5 Mio. DM vorzunehmen sei, während sich ohne deren Einbeziehung die vom FA vorgenommene Kürzung von etwa 3,6 Mio. DM ergäbe.
III.
Vortrag der Beteiligten im Revisionsverfahren
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Es trägt im Wesentlichen vor, die Höhe des Verlustvortrags sei vor dem Erhebungszeitraum 1990 bei der Ermittlung des Gewerbeertrags des Anrechnungsjahres zu prüfen gewesen. Es habe keine Bindung an die Ermittlung des Gewerbeverlustes im Verlustentstehungsjahr bestanden. Im Verlustanrechnungsjahr hätten daher Grund und Höhe des vortragsfähigen Verlustes in vollem Umfang ermittelt werden müssen. Hierfür sei bei der Veranlagung des Anrechnungsjahres inzident die Überprüfung der Verluste der vorangegangenen Jahre erforderlich gewesen. Der Arbeitsaufwand sei vertretbar gewesen, weil für Erhebungszeiträume vor 1990 der Verlustvortrag auf einen Zeitraum von fünf Jahren begrenzt gewesen und damit die Überprüfung der Gewinnermittlungsunterlagen auf die zurückliegenden fünf Jahre beschränkt gewesen sei.
Mit dem Steuerreformgesetz (StRG) 1990 vom (BGBl I 1988, 1093, BStBl I 1988, 224) sei die zeitliche Beschränkung des Verlustvortrags rückwirkend für die Jahre ab 1985 aufgehoben worden, so dass bei im Übrigen unveränderter Gesetzeslage die inzidente Ermittlung der Verluste der Vorjahre im Anrechnungsjahr unübersichtlich, unpraktikabel und zu aufwändig geworden wäre. Bei lang anhaltenden Verlustperioden hätten unter Umständen mehrere Jahrzehnte überprüft werden müssen. Das hätte zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Rechtssicherheit geführt.
Dieses Problem habe der Gesetzgeber erkannt und zeitgleich mit Wirkung ab dem Erhebungszeitraum 1990 das Verfahren der gesonderten Feststellung der Höhe der vortragsfähigen Verluste eingeführt. Damit hätten die Vorjahre betreffende, aufwändige Ermittlungen zur Höhe des Verlustvortrags verhindert werden sollen.
Diesem gesetzgeberischen Ziel werde das Urteil des FG und das BFH-Urteil in BFHE 173, 374, BStBl II 1994, 364 nicht gerecht. Denn hiernach müssten die Veranlagungen der Vorjahre wieder aufgerollt werden, um für jedes Jahr und für jeden Gesellschafter den auf ihn nach dem damaligen Gewinnverteilungsschlüssel entfallenden Gewinn/Verlust sowie die ihm zuzurechnenden Sonderbetriebseinnahmen und –ausgaben zu ermitteln. Diese Auslegung des Verfahrensrechts stehe in Widerspruch zu der durch die Verjährungsvorschriften belegten Tendenz des Gesetzgebers, nach Ablauf einer bestimmten Zeit der Rechtssicherheit Vorrang vor der materiellen Gerechtigkeit zu geben. Den damit verbundenen, vermeintlichen Ungerechtigkeiten könne durch entsprechende Gewinnverteilungsabreden begegnet werden.
Der Gesetzgeber habe die von der Finanzverwaltung vertretene Auffassung nunmehr in § 10a Satz 4 GewStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes (JStG) 2007 auch gesetzlich ausdrücklich verankert. Die in § 36 Abs. 9 GewStG i.d.F. des JStG 2007 vorgesehene Anwendung dieser Vorschrift für Erhebungszeiträume vor 2007 sei verfassungsgemäß. Es handele sich um eine Maßnahme, mit der lediglich die schon bisher bestehende Rechtslage entsprechend Abschn. 68 Abs. 3 GewStR 1998 klargestellt worden sei. Da die Finanzverwaltung die in dem BFH-Urteil in BFHE 173, 374, BStBl II 1994, 364 vertretene Rechtsauffassung nicht akzeptiert habe, habe kein Steuerbürger davon ausgehen können, dass die Rechtsgrundsätze dieses Urteils in allen anderen Fällen ebenfalls angewendet würden.
Selbst wenn die rückwirkende Anwendung von § 10a Satz 4 GewStG i.d.F. des JStG 2007 aber verfassungswidrig wäre, würde sich im Endergebnis für die Klägerin nichts ändern. Zwar sei der Verlust auf den dann unter Zugrundelegung der BFH-Rechtsprechung zunächst abweichend von dem angefochtenen Bescheid festzustellen. Ab Geltung des JStG 2007 müsste der Verlustvortrag nach § 10a GewStG allerdings neu berechnet werden. Hiervon sei auch der im Streitjahr (2000) entstandene Verlust betroffen, so dass sich letztlich kein Unterschied zugunsten der Klägerin ergebe. Zudem erziele die Klägerin seit dem weder Umsätze noch beschäftige sie seitdem Arbeitnehmer, so dass von einer Betriebseinstellung auszugehen sei. Auch aus diesem Grunde sei das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin entfallen.
Das FA beantragt,
unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor, entgegen der Auffassung des FA sei Grund für die Einführung des Verfahrens zur gesonderten Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes die Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten hinsichtlich der Höhe des für die Zukunft verbleibenden Verlustabzugs gewesen. Dass der Gesetzgeber mit der gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs eine eventuell aufwändige Ermittlung zur Höhe des gewerbesteuerrechtlichen Verlustvortrags gemäß § 10a GewStG habe verhindern wollen, ergebe sich weder aus dem Gesetz noch aus der Gesetzesbegründung. Ferner sei zu beachten, dass im Streitfall lediglich eine mitunternehmerbezogene Berechnung für sechs Erhebungszeiträume durchzuführen sei.
Die durch das JStG 2007 rückwirkend auch für Erhebungszeiträume vor 2007 eingeführte Einschränkung der Verlustverrechnung gemäß § 10a Sätze 4 und 5 i.V.m. § 36 Abs. 9 GewStG sei eine nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) grundsätzlich unzulässige echte Rückwirkung. Aufgrund der gefestigten Rechtsprechung des BFH zum Abzug von Gewerbeverlusten, die ungeachtet verschiedener Gesetzesänderungen bis zu Urteilen des RFH zurückreiche, könne nicht die Ansicht vertreten werden, durch die rückwirkende Änderung von § 10a GewStG sei eine unklare oder verworrene Rechtslage beseitigt worden. Im Zeitpunkt der im Streitfall maßgeblichen Disposition, d.h. im Zeitpunkt des Ausscheidens des Kommanditisten A am , habe die durch das JStG 2007 vorgenommene Änderung des § 10a GewStG auch nicht als bekannt gelten können.
B.
Entscheidung des Senats
Der Senat legt die Vorlagefrage dem BVerfG gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) und § 80 Abs. 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (BVerfGG) zur Entscheidung vor und setzt bis dahin das Verfahren aus.
Nach der Überzeugung des Senats ist die zu § 10a Satz 4 GewStG i.d.F. des JStG 2007 ergangene Anwendungsregelung des § 36 Abs. 9 GewStG i.d.F. des JStG 2007 insoweit verfassungswidrig, als danach für den Erhebungszeitraum 2000 bei einer Mitunternehmerschaft der gewerbesteuerrechtliche Verlustabzug im Falle des Ausscheidens eines Mitunternehmers in größerem Umfang gekürzt wird, als es das im Zeitpunkt des Ausscheidens des Mitunternehmers geltende Gesetz vorsah. § 36 Abs. 9 GewStG i.d.F. des JStG 2007 begründet nach Ansicht des Senats eine echte Rückwirkung, die gemäß Art. 20 Abs. 3 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG unzulässig ist, soweit sie sich steuererhöhend auswirkt. Rechtfertigungsgründe für die durch § 36 Abs. 9 GewStG i.d.F. des JStG 2007 angeordnete rückwirkende Anwendung von § 10a Satz 4 GewStG i.d.F. des JStG 2007 liegen nach der Überzeugung des Senats nicht vor.
I.
Rechtsentwicklung der im Streitfall maßgeblichen Vorschriften
1. Die Rechtsentwicklung der im Streitfall maßgeblichen Vorschriften über den gewerbesteuerrechtlichen Verlustabzug stellte sich bis zum Erhebungszeitraum 2000 wie folgt dar:
a) Das GewStG 1936 vom (RGBl I 1936, 979) enthielt ebenso wie die vorherigen landessteuerrechtlichen Vorschriften über die Erhebung einer Gewerbesteuer keine Regelung über den Abzug von Verlusten früherer Erhebungszeiträume. Ein solcher Verlustabzug wurde zunächst auch als unvereinbar mit dem Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer angesehen. Aus dieser Wertung wurde vom (RFHE 38, 120) zum Oldenburgischen Gewerbesteuergesetz vom (Oldenburgisches Gesetzblatt 1926, 120) gefolgert, die einkommensteuerrechtliche Vorschrift über den Verlustabzug in § 15 Abs. 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. vom (RGBl I 1929, 123) finde auf die Ermittlung des gewerblichen Ertrags keine Anwendung.
b) Das Fehlen jeglicher Verlustabzugsmöglichkeit wurde jedoch als nicht sachgerecht empfunden. Mit § 19 der Dritten Verordnung zur Durchführung des Gewerbesteuergesetzes (3. GewStDV) vom (RGBl I 1940, 284, 286) wurde deshalb bestimmt, dass der Gewerbeertrag bei Gewerbetreibenden, die Bücher nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuchs (HGB) führen, um die Fehlbeträge gekürzt werde, die sich bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für die beiden vorangegangenen Wirtschaftsjahre ergeben haben, soweit die Fehlbeträge nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für das vorangegangene Wirtschaftsjahr gekürzt worden sind. Zuvor hatte der Reichsminister der Finanzen bereits durch Erlass vom (RStBl 1939, 849) einen entsprechenden Abzug zugelassen, und zwar erstmals bei der Ermittlung des Gewerbeertrags des Wirtschaftsjahrs 1938.
c) Durch Art. 1 Nr. 10 des Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuerrechts vom (BGBl I 1951, 996, BStBl I 1952, 2, 3) wurde die Regelung bei gleichzeitiger Verlängerung des Abzugszeitraums auf drei Jahre als § 10a in das GewStG übernommen. Der Verlustabzug war, im Ergebnis wie bisher, bei Gewerbetreibenden vorgesehen, die den Gewinn nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG aufgrund ordnungsmäßiger Buchführung ermitteln.
d) Durch Art. 8 Nr. 4 des Gesetzes zur Neuordnung von Steuern (StNOG) vom (BGBl I 1954, 373, 390, BStBl I 1954, 575, 592) wurde die Abzugsmöglichkeit bei gleichzeitiger Verlängerung des Abzugszeitraums auf fünf Jahre auf Gewerbetreibende mit Gewinnermittlung aufgrund ordnungsmäßiger Buchführung nach § 5 EStG beschränkt.
e) Mit dem Steueränderungsgesetz (StÄndG) 1961 vom (BGBl I 1961, 981, 985, BStBl I 1961, 444, 448) wurde dem § 10a GewStG ein Satz 2 angefügt. Danach entfiel der Verlustabzug im Falle des —gleichzeitig in das GewStG aufgenommenen— § 2 Abs. 5 GewStG (Übergang des Gewerbebetriebs auf einen anderen Unternehmer).
f) Durch das Einführungsgesetz zum Einkommensteuerreformgesetz (EG-EStRG) vom (BGBl I 1974, 3656, BStBl I 1975, 2, 3) wurden in § 10a Satz 1 GewStG die Worte „auf Grund ordnungsmäßiger Buchführung” gestrichen. Damit folgte die gewerbesteuerrechtliche Regelung der Einkommensteuer, bei der die Änderung des § 10d EStG durch das Einkommensteuerreformgesetz (EStRG) vom (BGBl I 1974, 1769, BStBl I 1974, 530, 535) für den Verlustabzug die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung nicht mehr voraussetzte. Nach der sich so ergebenden Rechtslage kam es bei der Gewerbesteuer zum Verlustabzug „bei Gewerbetreibenden, die den Gewinn nach § 5 des Einkommensteuergesetzes ermitteln”.
g) Mit dem Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes vom (BGBl I 1976, 1054, BStBl I 1976, 282) wurde der einkommensteuerrechtliche Verlustabzug bei gleichzeitiger Einführung eines betragsmäßig begrenzten Verlustrücktrags auf Verluste aus allen Einkunftsarten ausgedehnt. Dies galt erstmals für nicht ausgeglichene Verluste des Veranlagungszeitraums 1975 (§ 52 Abs. 16 EStG i.d.F. des Änderungsgesetzes vom ). Für die Gewerbesteuer verblieb es hingegen zunächst bei der bisherigen Rechtslage.
h) Zu einer Anpassung des gewerbesteuerrechtlichen Verlustabzugs an die einkommensteuerrechtliche Regelung in Bezug auf die zu berücksichtigenden gewerblichen Verluste kam es erst im Steuerbereinigungsgesetz (StBereinG) 1986 vom (BGBl I 1985, 2436, BStBl I 1985, 735). Mit Art. 10 Nr. 7 dieses Gesetzes wurden in § 10a Satz 1 GewStG die Worte „bei Gewerbetreibenden, die den Gewinn nach § 5 des Einkommensteuergesetzes ermitteln” gestrichen. Zum zeitlichen Geltungsbereich des geänderten § 10a GewStG sah § 36 Abs. 3 GewStG die erstmalige Anwendung für den Erhebungszeitraum 1975 vor. Danach hatte § 10a Satz 1 GewStG mit Wirkung ab dem Erhebungszeitraum 1975 folgenden Wortlaut: „Der maßgebende Gewerbeertrag wird um die Fehlbeträge gekürzt, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags für die fünf vorangegangenen Erhebungszeiträume nach den Vorschriften der §§ 7 bis 10 ergeben haben, soweit die Fehlbeträge nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für die vier vorangegangenen Erhebungszeiträume berücksichtigt worden sind.”
i) Die erneute Änderung des § 10a GewStG durch Art. 3 Nr. 4 StRG 1990 hob in Anlehnung an die entsprechende Änderung des § 10d EStG die bisherigen zeitlichen Beschränkungen des gewerbesteuerrechtlichen Verlustvortrags auf, beließ den Wortlaut des § 10a Satz 1 GewStG und des bisherigen § 10a Satz 2 GewStG (nunmehr § 10a Satz 7 GewStG) jedoch unverändert. Im Übrigen wurde vorgeschrieben, dass die Höhe der vortragsfähigen Fehlbeträge gesondert festzustellen ist (§ 10a Satz 2 GewStG, nunmehr § 10a Satz 6 GewStG), und dass § 8 Abs. 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) auf die Fehlbeträge entsprechend anzuwenden ist (§ 10a Satz 4 GewStG, nunmehr § 10a Satz 8 GewStG).
2. Die weitere Rechtsentwicklung nach dem Streitjahr 2000 verlief wie folgt:
a) Durch das Gesetz zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes und anderer Gesetze (GewStGuaÄndG) vom (BGBl I 2003, 2922, BStBl I 2004, 20) wurde die Abziehbarkeit des Verlustvortrags im Ausgleichsjahr auf einen Betrag von 1 Mio. € begrenzt (§ 10a Satz 1 GewStG). Der 1 Mio. € übersteigende Gewerbeertrag ist bis zu 60 v.H. um nach § 10a Satz 1 GewStG nicht berücksichtigte Fehlbeträge der vorangegangenen Erhebungszeiträume zu kürzen. Die Änderung des Verlustvortrags entspricht derjenigen des § 10d Abs. 2 EStG durch das Gesetz zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz (BGBl I 2003, 2840, BStBl I 2004, 14). Außerdem wurde der Abzug vororganschaftlicher Verluste bei der Organgesellschaft ausgeschlossen. Die Änderungen des § 10a GewStG durch das GewStGuaÄndG sind ab dem Erhebungszeitraum 2004 anzuwenden (§ 36 Abs. 1 GewStG).
b) Durch das JStG 2007 wurden in § 10a GewStG nach Satz 3 dieser Vorschrift folgende Sätze 4 und 5 neu eingefügt:
„Bei einer Mitunternehmerschaft ist der sich für die Mitunternehmerschaft insgesamt ergebende Fehlbetrag den Mitunternehmern entsprechend dem sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zuzurechnen; Vorabgewinnanteile sind nicht zu berücksichtigen. Für den Abzug der den Mitunternehmern zugerechneten Fehlbeträge nach Maßgabe der Sätze 1 und 2 ist der sich für die Mitunternehmerschaft insgesamt ergebende maßgebende Gewerbeertrag sowie der Höchstbetrag nach Satz 1 den Mitunternehmern entsprechend dem sich aus dem Gesellschaftsvertrag für das Abzugsjahr ergebenden allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zuzurechnen; Vorabgewinnanteile sind nicht zu berücksichtigen.”
Nach § 36 Abs. 1 GewStG i.d.F. des JStG 2007 ist das GewStG i.d.F. des JStG 2007, soweit in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist, erstmals für den Erhebungszeitraum 2007 anzuwenden. Gemäß § 36 Abs. 9 GewStG i.d.F. des JStG 2007 ist der neu gefasste § 10a Sätze 4 und 5 GewStG jedoch auch für Erhebungszeiträume vor 2007 anzuwenden.
c) Das Gesetzgebungsverfahren zum JStG 2007 stellte sich —soweit es für den Streitfall von Bedeutung ist— wie folgt dar:
Ausgangspunkt des JStG 2007 war ein Gesetzentwurf der Bundesregierung (BTDrucks 16/2712). Dieser Gesetzentwurf sah noch keine Änderung von § 10a GewStG vor. Die Einfügung der neuen Sätze 4 und 5 in § 10a GewStG sowie von § 36 Abs. 9 GewStG ging auf den Beschluss des Bundesrates vom (BRDrucks 622/06) zurück. Der Bundesrat begründete die Änderung von § 10a GewStG wie folgt:
„Der Verlustvortrag nach § 10a GewStG setzt Unternehmensidentität und Unternehmeridentität voraus. Unternehmensidentität setzt voraus, dass der im Anrechnungsjahr bestehende Gewerbebetrieb identisch ist mit dem Gewerbebetrieb, der im Jahr der Entstehung des Verlustes bestanden hat. Unternehmeridentität setzt bei Mitunternehmerschaften voraus, dass der Mitunternehmer, der den Verlustabzug vornehmen will, den Verlust zuvor in eigener Person erlitten hat. Dies deshalb, weil bei Mitunternehmerschaften Träger des Rechts auf den Verlustabzug die einzelnen Mitunternehmer sind (vgl. BStBl II S. 616).
Die Finanzverwaltung hat bisher stets die Auffassung vertreten, dass im Fall einer notwendigen Zurechnung des Verlustes der Mitunternehmerschaft auf die Mitunternehmer der allgemeine Gewinnverteilungsschlüssel der Gesellschaft Maßstab für die Zurechnung ist. Dies ist in den für die einzelnen Erhebungszeiträume geltenden Gewerbesteuer-Richtlinien verankert worden. Diese Vorgabe hat der BFH erstmals in seinem Urteil vom , BStBl II S. 364, in Zweifel gezogen. Er hält auch eine strikt personenbezogene Ermittlung des auf den einzelnen Mitunternehmer entfallenden Verlustanteils für geboten. Die obersten Finanzbehörden der Länder haben in einem koordinierten Ländererlass vom entschieden, die Grundsätze des Urteils vom über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht allgemein anzuwenden. Die Grundsätze dieses Erlasses haben auch Eingang in die aktuellen Gewerbesteuer-Richtlinien gefunden (vgl. Abschn. 68 Abs. 3 Satz 4 GewStR). Damit sind auch die betroffenen Mitunternehmen, Mitunternehmer und deren Berater unterrichtet.
Nunmehr liegt mit der Entscheidung vom , VIII R 96/04, ein weiteres BFH-Urteil vor, in dem das Gericht nicht den allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel, sondern eine strikt mitunternehmerbezogene Ermittlung als gebotene Methode zur Ermittlung des anteiligen Verlustbetrags ansieht.
Diese Methode ist aber insbesondere bei Mitunternehmerschaften mit einer Vielzahl von Gesellschaftern und/oder häufigem Gesellschafterwechsel für die Praxis nicht handhabbar. Eine Ermittlung des anteiligen Verlustbetrags würde umfangreichste Nebenrechnungen, die sich regelmäßig über mehrere Erhebungszeiträume erstrecken würden, zur Folge haben. Die Streitanfälligkeit derartiger Feststellungen liegt auf der Hand.
Es ist daher geboten, die bisherige Verwaltungsauffassung gesetzlich zu verankern. Mit der Änderung des § 10a GewStG wird festgelegt, dass der allgemeine Gewinnverteilungsschlüssel Maßstab für die Ermittlung des dem einzelnen Mitunternehmer zuzurechnenden Verlustanteils ist (Anm. des Senats: Dies ist in § 10a Satz 4 GewStG i.d.F. des JStG 2007 geregelt.). Kommt es in Gewinnjahren zu einer Minderung der Fehlbeträge bei der Mitunternehmerschaft, so vermindern sich die den einzelnen Mitunternehmern zuzurechnenden Anteile entsprechend ihrem nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel im Abzugsjahr zu bemessenden Anteil am Gewerbeertrag (Anm. des Senats: Die Regelung für die Verrechnung der Verluste in Gewinnjahren ist in § 10a Satz 5 GewStG i.d.F. des JStG 2007 enthalten.). Dabei ist der Höchstbetrag nach § 10a Satz 1 GewStG entsprechend dem Gewinnverteilungsschlüssel im Abzugsjahr anteilig bei den einzelnen Gesellschaftern zu berücksichtigen.”
Für die Anwendungsvorschrift in § 36 Abs. 9 GewStG (§ 36 Abs. 8a des Gesetzentwurfs) gab der Bundesrat folgende Begründung:
„Mit der Anwendungsvorschrift wird festgelegt, dass die Änderung des § 10a GewStG auch für Erhebungszeiträume vor 2007 anzuwenden ist. Hierbei handelt es sich unter Berücksichtigung der Grundsätze der Entscheidung des BVerfGE 81, 228, 239, um eine zulässige rückwirkende Anwendung einer Gesetzesänderung. Mit der Maßnahme wird lediglich eine in der Vergangenheit herrschende Rechtspraxis kodifiziert (vgl. Begründung zur Änderung des § 10a GewStG).”
Die Bundesregierung stimmte in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates dem Vorschlag des Bundesrates zur Änderung von § 10a GewStG und zur Einführung der Anwendungsvorschrift zu (BTDrucks 16/3036, S. 22). Der Finanzausschuss des Bundestages empfahl anschließend die Annahme des Gesetzentwurfs in der durch die angenommenen Änderungsanträge geänderten Fassung. Zu den angenommenen Änderungsanträgen gehörte auch die Änderung des § 10a GewStG und die Einführung von § 36 Abs. 9 GewStG. Der Finanzausschuss des Bundestages folgte dabei der Gesetzesbegründung des Bundesrates (BTDrucks 16/3368, S. 36, 53 bis 55).
Der Bundestag beschloss das JStG 2007 in der Sitzung vom (Plenarprotokoll 16/63). Der Bundesrat stimmte dem Gesetz am zu (Plenarprotokoll 828). Am wurde das JStG 2007 vom sodann verkündet (BGBl I 2006, 2878).
II.
Einfachgesetzliche Rechtslage
1. Bei der Entscheidung des Streitfalls auf einfachgesetzlicher Grundlage ist die Revision des FA nicht begründet, wenn die materielle Steuerrechtsnorm in § 10a Satz 4 GewStG i.d.F. des JStG 2007 unanwendbar wäre.
Der Verlustabzug nach § 10a Satz 1 GewStG erfordert nach der ständigen Rechtsprechung des BFH (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 171, 246, BStBl II 1993, 616, unter C.II.1. der Gründe, m.w.N.) Unternehmensidentität wie auch Unternehmeridentität. Unternehmeridentität bedeutet, dass der Steuerpflichtige, der den Verlustabzug in Anspruch nimmt, den Gewerbeverlust in eigener Person erlitten haben muss. Der Steuerpflichtige muss sowohl zur Zeit der Verlustentstehung als auch im Jahr der Entstehung des positiven Gewerbeertrags Unternehmensinhaber gewesen sein.
a) Bei einer Personengesellschaft sind die Mitunternehmer im einkommensteuerrechtlichen Sinne auch Unternehmer aus gewerbesteuerrechtlicher Sicht (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 171, 246, BStBl II 1993, 616, unter C.III.6.a und b der Gründe). Die Verlustverrechnung nach § 10a Satz 1 GewStG kommt indessen nur dann in Betracht, wenn die Gesellschaft als solche im Verlustentstehungsjahr einen Verlust, im Anrechnungsjahr einen Gewinn erzielt hat (BFH-Urteil in BFHE 173, 374, BStBl II 1994, 364, unter II.3. der Gründe). Der Verlustanteil eines Gesellschafters steht also nicht für einen Verlustvortrag zur Verfügung, soweit die Gesellschaft —etwa infolge von Sonderbetriebseinnahmen anderer Gesellschafter— insgesamt einen (positiven) Gewerbeertrag oder auch einen gegenüber dem Verlustanteil des Gesellschafters niedrigeren Verlust erzielt hat (BFH-Urteil in BFHE 159, 528, BStBl II 1990, 436, unter 8. der Gründe).
b) Daraus, dass die Mitunternehmer auch Unternehmer in gewerbesteuerrechtlicher Sicht sind, folgt, dass beim Ausscheiden von Gesellschaftern einer Personengesellschaft der Verlustabzug nach § 10a GewStG nicht mehr möglich ist, soweit der Fehlbetrag anteilig auf die ausgeschiedenen Gesellschafter entfällt (BFH-Beschlüsse in BFHE 171, 246, BStBl II 1993, 616, unter C.IV. der Gründe, und vom IV B 133/95, BFHE 180, 450, BStBl II 1997, 82, unter 1.a der Gründe, m.w.N. zur ständigen Rechtsprechung). Diese Auffassung wird auch von der Finanzverwaltung vertreten. Sie bemisst den wegfallenden Anteil des Verlustvortrags allerdings ausschließlich nach der Quote, mit der der ausscheidende Gesellschafter am Gesellschaftsgewinn beteiligt ist - also ohne Einbeziehung der auf den ausgeschiedenen Gesellschafter entfallenden Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben (vgl. Abschn. 68 Abs. 3 Satz 7 Nr. 1 GewStR 1998).
aa) Der Senat folgt dieser Auffassung der Finanzverwaltung im Anschluss an die ständige Rechtsprechung des BFH nicht. Nach den im BFH-Urteil in BFHE 173, 374, BStBl II 1994, 364 aufgestellten Grundsätzen erfordert die Verlustverrechnung gemäß § 10a Satz 1 GewStG eine auf die einzelnen Mitunternehmer bezogene Berechnung, bei der die Verlustverrechnung jeweils für den einzelnen Mitunternehmer vorzunehmen ist (vgl. auch , BFHE 189, 525, BStBl II 1999, 794, und , BFHE 193, 151, BStBl II 2001, 731). Hierfür sind sowohl die Gewerbeerträge des Anrechnungsjahres als auch die Fehlbeträge des Verlustentstehungsjahres entsprechend dem Gewinnverteilungsschlüssel sowie unter Berücksichtigung von Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben den einzelnen Mitunternehmern zuzuordnen. Die Ergebnisse der einzelnen Verrechnungen sind sodann wieder zum einheitlichen Gewerbeertrag des Unternehmens zusammenzufassen (BFH-Urteil in BFHE 173, 374, BStBl II 1994, 364).
bb) Der Senat lässt offen, ob aus dieser Rechtsprechung zu schließen ist, dass auch in Jahren, in denen kein Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet, Verluste, die auf einen Gesellschafter entfallen, in einem Folgejahr nur insoweit verrechnet werden können, als der nämliche Gesellschafter auch einen Gewinn erzielt (so das Rechenbeispiel in der , Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1997, 1046). Jedenfalls ist der Verlustanteil des ausscheidenden Gesellschafters, der künftig nicht mehr für eine Verrechnung zur Verfügung steht, in der Weise zu ermitteln, dass der für den letzten Stichtag vor dem Ausscheiden des Gesellschafters festgestellte vortragsfähige Gewerbeverlust der Gesellschaft um die Verlustanteile zu kürzen ist, die der Gesellschafter zu diesem Zeitpunkt nach Maßgabe des vorstehend (unter B.II.1.a und b aa) Ausgeführten mit seinen Gewinnanteilen (wenn sie denn angefallen wären) hätte verrechnen können. In diesem Sinne hat auch der BFH im Urteil in BFHE 213, 12 entschieden.
c) Allerdings wendet die Finanzverwaltung das BFH-Urteil in BFHE 173, 374, BStBl II 1994, 364 über den entschiedenen Fall hinaus nicht an (gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder in BStBl I 1996, 1392). Zur Begründung wird angeführt, die Entscheidung des BFH sei nicht konsequent, soweit es um die Verrechnung mit anteiligen Ergebnissen anderer Gesellschafter gehe. Hier sehe der BFH keinen Bedarf für eine strikt personenbezogene Ermittlung. Der BFH fordere vielmehr im Verlustentstehungsjahr einen Gesamtverlust der Gesellschaft für den Verlustvortrag des Gesellschafters, d.h. er lasse bei einem Gesamtgewinn eine Verrechnung mit Verlusten einzelner Mitunternehmer zu und gebe damit seine mitunternehmerbezogene Betrachtung auf (zustimmend Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, 6. Aufl., § 10a Rz 15).
d) Diese Einwendungen vermögen nicht zu überzeugen. Wenn der vortragsfähige Verlust eines Gesellschafters nicht höher sein darf als der Verlust der Gesellschaft, so hängt das damit zusammen, dass der Gewinnanteil eines anderen Gesellschafters, der zur Verminderung des Verlustes (oder zur Entstehung eines Gewinns) geführt hat, sich in Höhe des Verlustanteils des einen Gesellschafters gewerbesteuerlich nicht ausgewirkt hat. Würde man diesem Umstand nicht Rechnung tragen, käme es zu einer doppelten steuerlichen Berücksichtigung (BFH-Urteil in BFHE 159, 528, BStBl II 1990, 436, unter 8. der Gründe). Das entbindet aber nicht von der Notwendigkeit, beim Entfallen des anteiligen Verlustvortrags wegen Ausscheidens eines Gesellschafters zu berücksichtigen, dass dieser Gesellschafter möglicherweise infolge einer geringen Beteiligungsquote auf der einen und hoher Tätigkeitsvergütungen (Sonderbetriebseinnahmen) auf der anderen Seite zu keiner Zeit einen Verlust erlitten hat, so dass die Gesellschaftsverluste vielmehr alle dem verbleibenden Gesellschafter zuzurechnen waren. Es wäre mit dem Grundsatz, dass der Mitunternehmer auch Unternehmer in gewerbesteuerrechtlicher Sicht ist, nicht zu vereinbaren, wenn der verbleibende Gesellschafter Verluste, die er allein getragen hat, wegen des Ausscheidens eines Mitgesellschafters nicht mehr nach § 10a GewStG abziehen dürfte. Das FG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der Streitfall das in besonderem Maße verdeutlicht. Lediglich die Verluste des Jahres 1996 waren so hoch, dass der hieran bestehende Anteil des Gesellschafters A seine Tätigkeitsvergütung überstieg. Dagegen entfielen auf die M-GmbH in allen sechs zu berücksichtigenden Jahren (1995 bis 2000) gewerbesteuerlich Verlustanteile, die sich —nach den erforderlichen Verrechnungen— auf 10 765 239 DM summierten. Der Betrag, der infolge des Ausscheidens des Gesellschafters A für einen Ausgleich mit Gewerbeerträgen der Klägerin nicht mehr zur Verfügung steht, ist nach der von der Finanzverwaltung für richtig gehaltenen Berechnungsmethode um rd. 2,1 Mio. DM höher als nach der vom BFH vertretenen mitunternehmerbezogenen Betrachtung, die die Ergebnisse aus Sonder- und Ergänzungsbilanzen mit einbezieht. Angesichts derart erheblicher Unterschiede müssen Vereinfachungsgesichtspunkte zurücktreten.
Etwas anderes lässt sich entgegen der Auffassung des FA auch nicht daraus herleiten, dass seit dem Erhebungszeitraum 1990 die Höhe der vortragsfähigen Verluste nach § 10a Satz 4 (früher Satz 2, nunmehr Satz 6) GewStG gesondert festzustellen ist. Allerdings ist dem FA zuzugeben, dass diese Vorschrift insofern der Vereinfachung dient, als Streitfragen über lang zurückliegende Verluste, die in Ermangelung eines Feststellungsverfahrens bei der Veranlagung des Anrechnungsjahres zu klären wären, vermieden werden sollen (vgl. hierzu z.B. Kuchenreuther, DStR 1988, 638; Güroff in Glanegger/Güroff, a.a.O., § 10a Rz 25; Stäuber/Sarrazin in Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, § 10a Rz 118 —Stand Juli 2004—). Es ist auch richtig, dass Ermittlungen, die vorangegangene Erhebungszeiträume betreffen, vermieden werden können, wenn man den auf den ausscheidenden Gesellschafter entfallenden Anteil am Verlustvortrag lediglich nach der vertraglichen Gewinnverteilungsquote berechnet. Auf der anderen Seite handelt es sich bei § 10a Satz 4 (nunmehr Satz 6) GewStG um eine reine Verfahrensvorschrift. Wenn sie anordnet, dass die vortragsfähigen Verluste gesondert festzustellen sind, sagt das nichts darüber aus, nach welcher materiell-rechtlichen Betrachtung diese Feststellung zu treffen ist.
e) Ein allgemeiner Rechtssatz, demzufolge der auf den ausscheidenden Gesellschafter entfallende Anteil am Verlustvortrag ausschließlich nach der Quote, mit der der ausscheidende Gesellschafter am Gesellschaftsgewinn beteiligt ist, bemessen werden darf, lässt sich —vor Einführung von § 10a Satz 4 GewStG i.d.F. des JStG 2007— auch nicht aus dem durch das Steuersenkungsgesetz (StSenkG 2001/2002) vom (BGBl I 2000, 1433, BStBl I 2000, 1428) eingefügten § 35 Abs. 3 Satz 2 EStG herleiten. Die Vorschrift bestimmt, dass sich der Anteil eines Mitunternehmers am Gewerbesteuermessbetrag, nach dem sich seine (einkommensteuerliche) Steuerermäßigung für gewerbliche Einkünfte bemisst, nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel richtet. Diese Vorschrift ist schon deshalb nicht über ihren Regelungsbereich hinaus anwendbar, weil an ihrer Sachgerechtigkeit erhebliche Zweifel bestehen (vgl. z.B. Wendt in Herrmann/Heuer/Raupach —HHR—, Bd. Steuerreform I, § 35 EStG Rz R 31; Gosch in Kirchhof, EStG, 6. Aufl., § 35 Rz 57; Institut der Wirtschaftsprüfer —IDW—, Stellungnahme zum StSenkG, Die Wirtschaftsprüfung —WPg— 2000, 570; Paus, Neue Wirtschafts-Briefe —NWB— Fach 5, 1467, 1474 f. —Stand 2001—). Abgesehen davon gilt § 35 EStG i.d.F. des StSenkG 2001/2002 erst ab dem Veranlagungszeitraum 2001 —also nicht für das Streitjahr— (§ 52 Abs. 50a EStG i.d.F. des StSenkG 2001/2002). Der Vorschrift kommt für die Vergangenheit auch keine klarstellende Bedeutung zu. Das folgt bereits daraus, dass noch der erste Gesetzentwurf davon ausging, dass sich der Anteil des Mitunternehmers am Gewerbesteuermessbetrag nach „dem Verhältnis der dem Mitunternehmer mittelbar zuzurechnenden Vergütungen im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 (EStG) zur Summe aller Gewinnanteile und aller Vergütungen der Mitunternehmerschaft” richten sollte (BTDrucks 14/2683). Erst nachdem an der Handhabbarkeit dieses Aufteilungsschlüssels Kritik geübt worden war, schlug der Finanzausschuss die jetzige Gesetzesfassung vor (BTDrucks 14/3366, S. 19; HHR/Wendt, Bd. Steuerreform I, § 35 EStG Rz R 31).
f) Das FG hat seiner Entscheidung die vorstehend wiedergegebene Rechtsauffassung des Senats zugrunde gelegt. Hinsichtlich der zahlenmäßigen Ermittlung ist es von der Berechnung ausgegangen, die die Klägerin im Klageverfahren eingereicht und deren Übereinstimmung mit den vom BFH entwickelten Grundsätzen das FA weder im finanzgerichtlichen Verfahren noch im Revisionsverfahren in Zweifel gezogen hat. Auch der Senat sieht nach Überprüfung keinen Anlass, diese Berechnung zu beanstanden.
2. Wäre die materielle Steuerrechtsnorm in § 10a Satz 4 GewStG i.d.F. des JStG 2007 im Streitfall indessen gemäß § 36 Abs. 9 GewStG i.d.F des JStG 2007 anwendbar, müsste der Senat auf die Revision des FA das Urteil des FG aufheben und die Klage abweisen. Denn in diesem Fall erwiese sich der angefochtene Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes im Ergebnis als rechtmäßig.
a) Ausgangspunkt für die Ermittlung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den ist der auf den bestandskräftig festgestellte Verlust der Klägerin in Höhe von 11 348 311 DM (vgl. BFH-Urteil in BFHE 213, 12). Diesem Betrag ist der Gewerbeverlust für das Streitjahr 2000 in Höhe von 907 106 DM hinzuzurechnen, so dass sich ein Verlust in Höhe von insgesamt 12 255 417 DM ergibt.
An dem auf den festgestellten vortragsfähigen Verlust war der Kommanditist A gemäß § 10a Satz 4 GewStG i.d.F. des JStG 2007 nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel mit 3 328 913 DM (11 348 311 DM x 29,334 v.H.) beteiligt. Von dem Gewerbeverlust 2000 entfielen auf A —wiederum nur nach dem Gewinnverteilungsschlüssel (§ 10a Satz 4 GewStG i.d.F. des JStG 2007)— 266 090 DM (907 106 DM x 29,334 v.H.), so dass der dem Kommanditisten A zuzurechnende Anteil am Verlust der Klägerin insgesamt 3 595 003 DM betrug.
b) Aufgrund des Ausscheidens des Kommanditisten A war der Gewerbeverlust der Klägerin auf den um den auf A entfallenden —und wie vor berechneten— Anteil zu kürzen, so dass ein vortragsfähiger Gewerbeverlust in Höhe von 8 660 414 DM (12 255 417 DM - 3 595 003 DM) verblieb. In dieser Höhe hat das FA den vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den in dem angefochtenen Bescheid festgestellt.
III.
Verfassungsrechtliche Beurteilung von § 36 Abs. 9 GewStG i.V.m. § 10a Satz 4 GewStG i.d.F des JStG 2007
Soweit § 36 Abs. 9 GewStG i.d.F. des JStG 2007 § 10a Satz 4 GewStG i.d.F. des JStG 2007 für den Erhebungszeitraum 2000 für anwendbar erklärt und danach bei einer Mitunternehmerschaft der gewerbesteuerrechtliche Verlustabzug im Falle des Ausscheidens eines Mitunternehmers in größerem Umfang gekürzt wird, als es das im Zeitpunkt des Ausscheidens des Mitunternehmers geltende Gesetz vorsah, hält die Vorschrift verfassungsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Vor dem Rechtsstaatsprinzip des GG bedarf es nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG besonderer Rechtfertigung, wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolge eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändert. Der Bürger wird in seinem Vertrauen auf die Verlässlichkeit der Rechtsordnung als einer Grundbedingung freiheitlicher Verfassungen enttäuscht, wenn der Gesetzgeber an bereits abgeschlossene Tatbestände im Nachhinein ungünstigere Folgen knüpft als diejenigen, von denen der Bürger bei seinen Dispositionen ausgehen durfte (vgl. , BVerfGE 13, 261, 271, und , BVerfGE 105, 17, 37, m.w.N.). Der Einzelne wäre in seiner Freiheit erheblich gefährdet, dürfte die öffentliche Gewalt an sein Verhalten oder an ihn betreffende Umstände im Nachhinein belastendere Rechtsfolgen knüpfen als sie zum Zeitpunkt seines rechtserheblichen Verhaltens galten (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 2 BvL 3/68, BVerfGE 30, 272, 285; vom 2 BvL 2/83, BVerfGE 72, 200, 257 f., und vom 2 BvR 882/97, BVerfGE 97, 67, 78). Belastende Steuergesetze dürfen ihre Wirksamkeit daher grundsätzlich nicht auf bereits abgeschlossene Tatbestände erstrecken (vgl. BVerfG-Urteil in BVerfGE 13, 261, 271) oder schutzwürdiges Vertrauen ohne hinreichende Rechtfertigung anderweitig enttäuschen (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 72, 200, 254).
a) Eine Rechtsnorm entfaltet nach der Rechtsprechung des
BVerfG dann Rückwirkung, wenn der Beginn ihres zeitlichen Anwendungsbereichs normativ auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm rechtlich existent, d.h. gültig geworden ist (, BVerfGE 63, 343, 353; BVerfG-Beschluss in BVerfGE 72, 200, 241). Rechtlich existent werden nach deutschem Staatsrecht Normen des geschriebenen Rechts mit ihrer ordnungsgemäßen Verkündung, das heißt regelmäßig im Zeitpunkt der Ausgabe des ersten Stücks des Verkündungsblattes. Der —davon zu unterscheidende— Zeitpunkt des Beginns des zeitlichen Anwendungsbereichs wird häufig im Gesetz selbst als der „Tag des Inkrafttretens” bestimmt. Der Beginn des zeitlichen Anwendungsbereichs kann einheitlich oder unterschiedlich für einzelne Bestimmungen festgelegt sein.
b) Grundsätzlich erlaubt die Verfassung nur ein belastendes Gesetz, dessen Rechtsfolgen für einen frühestens mit der Verkündung beginnenden Zeitraum eintreten. Die Anordnung, eine Rechtsfolge solle schon für einen vor dem Zeitpunkt der Verkündung der Norm liegenden Zeitraum eintreten (Rückbewirkung von Rechtsfolgen, „echte” Rückwirkung), ist regelmäßig unzulässig. Der von einem Gesetz Betroffene muss grundsätzlich darauf vertrauen können, dass er nicht nachträglich einer bisher nicht geltenden Belastung unterworfen wird (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 72, 200, 242, 254). Dieser Schutz des Vertrauens in den Bestand der ursprünglich geltenden Rechtsfolgenlage findet seinen verfassungsrechtlichen Grund vorrangig in den allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen insbesondere des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 2 BvR 499/74, BVerfGE 45, 142, 167 f.; in BVerfGE 72, 200, 242, und vom 2 BvF 3/88, BVerfGE 83, 89, 109 f.).
c) Demgegenüber betrifft die tatbestandliche Rückanknüpfung („unechte” Rückwirkung) nicht den zeitlichen, sondern den sachlichen Anwendungsbereich einer Norm. Die Rechtsfolgen eines Gesetzes treten erst nach Verkündung der Norm ein, deren Tatbestand erfasst aber Sachverhalte, die bereits vor Verkündung „ins Werk gesetzt” worden sind (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 1 BvR 766/66, BVerfGE 31, 275, 292 ff., und in BVerfGE 72, 200, 242). Diese Tatbestände, die den Eintritt ihrer Rechtsfolgen von Gegebenheiten aus der Zeit vor ihrer Verkündung abhängig machen, berühren vorrangig die Grundrechte und unterliegen weniger strengen Beschränkungen als die Rückbewirkung von Rechtsfolgen (vgl. , BVerfGE 92, 277, 344).
d) Der BFH ist der Rechtsprechung des BVerfG zur Unterscheidung zwischen der Rückbewirkung von Rechtsfolgen („echte” Rückwirkung) und der tatbestandlichen Rückanknüpfung („unechte” Rückwirkung) gefolgt (vgl. z.B. , BFH/NV 2007, 616; vom
VIII R 23/01, BFHE 197, 425, BStBl II 2004, 474; vom I R 102/00, BFHE 195, 344, BStBl II 2001, 710; vom IX R 162/85, BFHE 164, 327, BStBl II 1991, 704, und vom IX R 54/81, BFHE 148, 17, BStBl II 1987, 57; BFH-Beschlüsse vom XI R 42/01, BFHE 200, 560, BStBl II 2003, 257, und vom IX B 121/84, BFHE 146, 433, BStBl II 1986, 749). Er hat an dieser Unterscheidung auch in Ansehung der hiergegen in der Literatur teilweise erhobenen Bedenken (vgl. z.B. Friauf, Betriebs-Berater —BB— 1972, 669, 675; Lang, WPg 1998, 163 ff.; Schaumburg, Der Betrieb —DB— 2000, 1884 ff.; Jachmann, Thüringer Verwaltungsblätter --ThVBl-- 1999, 269 ff., und in Tipke/Lang, Steuerrecht, 18. Aufl., § 4 Rz 178; ausführlich Hey, Steuerplanungssicherheit als Rechtsproblem, 2002, S. 245 ff., m.w.N.) festgehalten (vgl. BFH-Beschlüsse vom IX R 46/02, BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284, 291; vom XI R 34/02, BStBl II 2006, 887, und XI R 30/03, BStBl II 2006, 895; , BFHE 209, 285, BStBl II 2005, 398, und in BFH/NV 2007, 616). Das Schrifttum stimmt dieser traditionellen Unterscheidung zum Teil ebenfalls grundsätzlich zu (z.B. Papier, Die Steuerberatung —Stbg— 1999, 49, 56 f.; Mellinghoff, DStR 2003, Beihefter 3 zu Heft 20 bis 21, S. 13 f.; K. Vogel, Festschrift für Martin Heckel, S. 875, 876 ff.; Spindler, Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft —DStJG— 27 (2004), S. 69, 85; Leisner, Kontinuität als Verfassungsprinzip, 2002, S. 493 ff., 503 ff., 564 f.; Reimer, Deutsche Steuerzeitung —DStZ— 2001, 725, 728 ff.; Wernsmann, Juristische Schulung —JuS— 2000, 39, 42 f.).
Auch der beschließende Senat ist der Auffassung, dass es angesichts der Differenzierung in den verfassungsrechtlichen Maßstäben für die Rückbewirkung von Rechtsfolgen (echte Rückwirkung) einerseits und die tatbestandliche Rückanknüpfung (unechte Rückwirkung) andererseits nicht sinnvoll ist, beide Bereiche unter einen einheitlichen Oberbegriff bringen zu wollen. Die Unterscheidung bietet mehr Rechtsklarheit und größere Rechtssicherheit. Das Verbot der Rückbewirkung von Rechtsfolgen stellt eine strikte Grenze rückwirkender Gesetze dar, die vom Gesetzgeber nur in eng begrenzten Ausnahmefällen überschritten werden darf. Eine solche Grenze ist notwendig, um einerseits dem Gesetzgeber eine klare Orientierung zu ermöglichen und andererseits den Bürger in seinen Dispositionen besser zu schützen. Die Differenzierung zwischen echter und unechter Rückwirkung beugt zudem der Gefahr vor, bei der Frage nach der Zulässigkeit einer Rückwirkung vorschnell in einen allgemeinen Abwägungsprozess überzugehen, der nicht immer zu eindeutigen Ergebnissen führen muss und das Risiko birgt, die Rückwirkungsproblematik der Einzelfallkasuistik anheim zu stellen.
e) Für die Unterscheidung, ob eine echte oder eine unechte Rückwirkung vorliegt, stellt das BVerfG bei Veranlagungssteuern —zu denen auch die Gewerbesteuer gehört (§§ 14 Satz 1, 18 GewStG)— aufgrund der Jahresbezogenheit der Einkünfteermittlung (vgl. § 14 Satz 2 GewStG) grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld ab (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 72, 200, 252 für die veranlagte Einkommensteuer, ebenso z.B. , Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung —HFR— 1992, 729 für die Umsatzsteuer). Erst wenn eine nach Ablauf des Veranlagungszeitraums (Erhebungszeitraums, § 14 Satz 2 und 3 GewStG) verkündete Norm mit Wirkung für diesen Zeitraum eine ursprünglich geltende steuerliche Rechtsfolgenlage nachträglich ändert, handelt es sich nach der Rechtsprechung des BVerfG um die Rückbewirkung einer Rechtsfolge (echte Rückwirkung). In allen anderen Fällen, in denen die Änderung noch während des Laufs des Veranlagungszeitraums (Erhebungszeitraums) verkündet wird, soll lediglich die Neubestimmung einer bislang noch nicht eingetretenen Rechtsfolge vorliegen (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 72, 200, 253).
aa) Die Rechtsprechung des BVerfG, die zur Unterscheidung zwischen echter und unechter Rückwirkung bei Veranlagungssteuern auf den Ablauf des Veranlagungszeitraums abstellt, ist im Schrifttum vielfach auf Kritik gestoßen (vgl. die Nachweise im BFH-Beschluss in BStBl II 2006, 887, 890 f.). Auch nach der neueren Judikatur des IX. und XI. Senats des BFH wird die sog. Veranlagungszeitraum-Rechtsprechung dem berechtigten und durch Art. 20 Abs. 3 GG geschützten Vertrauen des Bürgers auf die Verlässlichkeit der Rechtsordnung nicht gerecht. Der BFH stellt vielmehr den vom BVerfG insbesondere im Bereich der Lenkungsnormen (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 2 BvL 22, 23/63, BVerfGE 18, 135, 143 f.; in BVerfGE 97, 67, 80, und in BVerfGE 105, 17, 37) betonten Dispositionsschutz in den Vordergrund (BFH-Beschlüsse vom XI R 42/01, BFHE 200, 560, BStBl II 2003, 257; in BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284; in BStBl II 2006, 887, und in BStBl II 2006, 895; ebenso bereits , BFHE 137, 275, BStBl II 1983, 259).
bb) Der beschließende Senat ist mit der neueren Rechtsprechung des IX. und XI. Senats der Ansicht, dass maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die Differenzierung zwischen echter und unechter Rückwirkung bei Rechtsänderungen, die einen Dispositionsbezug aufweisen, der Zeitpunkt ist, in dem der Steuerpflichtige durch eine unter Inanspruchnahme des Grundrechts auf wirtschaftliche Betätigungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG getroffene Disposition sein Vertrauen auf die zu diesem Zeitpunkt bestehende Rechtslage betätigt hat.
f) Die Frage bedarf im Streitfall jedoch keiner Vertiefung, da auch unter Zugrundelegung der (bisherigen) Rechtsprechung des BVerfG unzweifelhaft eine echte Rückwirkung vorliegt.
aa) Der Kommanditist A und die erwerbende Mitgesellschafterin (M-GmbH) nahmen mit dem Ausscheiden des A und dem Übergang der KG-Anteile auf die M-GmbH zum wirtschaftliche Dispositionen vor. Dabei kann dahinstehen, ob die M-GmbH die Anteile durch Übertragung oder durch Anwachsung erworben hat, da in Anbetracht der Umstände davon auszugehen ist, dass das Ausscheiden des A ihren Wünschen entsprach (gänzliche Übernahme des bisherigen Familienunternehmens). Bereits mit der Anteilsübernahme stand fest, dass der Verlustabzug nach § 10a GewStG für die Klägerin entfiel, soweit der Fehlbetrag anteilig dem Kommanditisten A zuzurechnen war. Die Tatbestandsvoraussetzungen für die Kürzung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes nach § 10a GewStG waren vor Verkündung des JStG 2007 am vollständig erfüllt. Der Umstand, dass nach § 10a GewStG nicht der Verlustabzug der Kommanditisten A bzw. M-GmbH, sondern derjenige der Klägerin auf den gekürzt wurde, steht einer steuerlich relevanten Vertrauensbetätigung, die —neben der Vertrauensgrundlage und dem Vertrauen— Voraussetzung für das Vorliegen eines Vertrauenstatbestandes ist, nicht entgegen. Denn bei Personengesellschaften sind die Mitunternehmer im einkommensteuerrechtlichen Sinne —wie oben dargelegt wurde (vgl. B.II.1.a)— auch Unternehmer aus gewerbesteuerrechtlicher Sicht. Insbesondere ist der gewerbesteuerrechtliche Verlustabzug —um dessen Kürzung es im Streitfall geht— unternehmerbezogen ausgestaltet, was dazu führt, dass Gewerbeertrag und abziehbarer Verlust nach den Merkmalen des einzelnen Mitunternehmers zu ermitteln sind. Dies rechtfertigt es, auch eine Disposition des Gesellschafters (Mitunternehmers), die für den gewerbesteuerrechtlichen Verlustabzug der Gesellschaft (Mitunternehmerschaft) tatbestandlich relevant ist, als steuerlich maßgebliche Vertrauensbetätigung anzusehen.
bb) Stellt man mit der Rechtsprechung des BVerfG für das Vorliegen einer echten Rückwirkung darauf ab, ob die durch § 36 Abs. 9 GewStG i.V.m. § 10a Satz 4 GewStG i.d.F. des JStG 2007 angeordnete Rechtsfolge schon für einen vor dem Zeitpunkt der Verkündung der Norm liegenden (Erhebungs-)Zeitraum eintreten soll, liegt ebenfalls eine echte Rückwirkung vor. Denn der Erhebungszeitraum 2000, für den § 36 Abs. 9 GewStG i.d.F. des JStG 2007 die Anwendung von § 10a Satz 4 GewStG i.d.F. des JStG 2007 anordnet, war vor der Verkündung des JStG 2007 am gemäß § 14 Satz 2 GewStG bereits abgelaufen. Die Gewerbesteuer war mit Ablauf des Erhebungszeitraums am entstanden (§ 18 GewStG).
2. Verfassungsrechtlicher Maßstab für die Zulässigkeit der —im Streitfall zu beurteilenden— echten Rückwirkung ist vorrangig das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG i.V.m. den von der Rechtsfolgenanordnung berührten Grundrechten. Im Bereich des Steuerrechts sind dies insbesondere die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG), das Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG, vgl. dazu , BVerfGE 115, 97) und der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG).
Das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot darf allein aus zwingenden Gründen des gemeinen Wohls oder wegen eines nicht —oder nicht mehr— vorhandenen schutzwürdigen Vertrauens des Einzelnen durchbrochen werden (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 97, 67, 79 f., und in BVerfGE 72, 200, 258). In der Rechtsprechung des BVerfG sind die einzelnen Rechtfertigungsgründe falltypisch, aber nicht erschöpfend entwickelt worden (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 97, 67, 80, und in BVerfGE 72, 200, 258). Im Streitfall ist keiner der möglichen Rechtfertigungsgründe für die hier vorliegende echte Rückwirkung gegeben.
a) Der Gesetzgeber hat ausweislich der Gesetzesbegründung zu § 36 Abs. 9 GewStG i.d.F. des JStG 2007 die —im Streitfall auch vom FA geäußerte— Ansicht vertreten, es handele sich bei der Anwendung von § 10a GewStG i.d.F. des JStG 2007 für Erhebungszeiträume vor 2007 um eine unter Berücksichtigung des 1 BvL 4, 5, 6, 7/87 (BVerfGE 81, 228) zulässige Rückwirkung. Mit der Maßnahme werde lediglich eine in der Vergangenheit herrschende Rechtspraxis kodifiziert. Dies trifft indessen nicht zu.
aa) Mit dem Beschluss in BVerfGE 81, 228 hat das BVerfG § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG i.d.F. des Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes vom (BGBl I 1984, 1006) nach näherer Maßgabe der Gründe dieser Entscheidung für mit dem GG vereinbar angesehen.
Durch das Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes vom wurde in § 4 Abs. 5 Satz 1 EStG eine Nummer 8 eingefügt. Nach dieser Vorschrift durften von einem Gericht oder einer Behörde im Geltungsbereich des EStG oder von Organen der Europäischen Gemeinschaften festgesetzte Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder den Gewinn nicht mindern. Der Vorschrift wurde durch § 52 Abs. 3a EStG i.d.F. des Gesetzes vom Rückwirkung verliehen.
Das Änderungsgesetz war insoweit die Reaktion (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BTDrucks 10/1314, S. 1) auf zwei Entscheidungen des Großen Senats des (BFHE 140, 50, BStBl II 1984, 160) und GrS 3/82 (BFHE 140, 62, BStBl II 1984, 166), durch die eine (damals noch so bezeichnete) Geldstrafe nach § 890 der Zivilprozessordnung (ZPO), eine Geldbuße nach § 38 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) sowie eine Geldbuße wegen Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz als abziehbare Betriebsausgaben anerkannt worden waren. Damit hatte der BFH die durch den RFH begründete, vom Obersten Finanzgerichtshof bestätigte und vom BFH (vgl. z.B. , BFHE 61, 361, BStBl III 1955, 338; vom I R 12/66, BFHE 94, 56, BStBl II 1969, 74, und vom IV R 12/72, BFHE 118, 307, BStBl II 1976, 370) zunächst fortgesetzte Rechtsprechung, nach der Geldstrafen, Geldbußen und polizeilich auferlegte Gebühren nicht als Betriebsausgaben abziehbar waren, hinsichtlich der Geldbußen ausdrücklich aufgegeben.
Der BFH hatte (später) im Hinblick auf die Neuregelung von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG durch das Änderungsgesetz vom in mehreren Revisionsverfahren dem BVerfG die Frage vorgelegt, ob die geänderte Vorschrift insoweit mit dem GG unvereinbar sei, als sie den auf die Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils (§ 17 Abs. 4 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten —OWiG—) entfallenden Teil der Geldbuße vom Abzug als Betriebsausgabe ausschließt. Bedenken gegen das rückwirkende Inkrafttreten der Neuregelung hatte der BFH indessen nicht.
Das BVerfG teilte die schon vom BFH vertretene Auffassung, dass die Rückwirkung von Verfassungs wegen zulässig sei. Die Neuregelung habe nur die Rechtslage wiederhergestellt, die bis zu den Entscheidungen des Großen Senats des BFH in BFHE 140, 50, BStBl II 1984, 160 und in BFHE 140, 62, BStBl II 1984, 166 der allgemeinen Rechtsauffassung entsprochen habe. In der Zeit bis zum Erlass dieser Neuregelung habe wegen deren unverzüglicher Ankündigung kein schutzwürdiges Vertrauen entstehen können (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 81, 228, 239).
bb) Im Streitfall liegen die vom BVerfG in dem Beschluss in BVerfGE 81, 228 für die Verfassungsmäßigkeit der Rückwirkung geforderten Voraussetzungen indessen nicht vor. Denn durch § 36 Abs. 9 GewStG i.V.m. § 10a Sätze 4 und 5 GewStG i.d.F. des JStG 2007 wurde für Erhebungszeiträume vor 2007 keine früher schon bestehende Rechtslage wiederhergestellt. Der beschließende Senat kann deshalb auch offenlassen, ob er der Auffassung folgen könnte, dass bereits die unverzügliche Ankündigung eines Änderungsgesetzes die Entstehung schutzwürdigen Vertrauens auf die bis zum Erlass der Neuregelung bestehende Rechtslage hindere.
(1) Wie der Senat oben (vgl. B.II.1.b aa) ausführlich dargelegt hat, erfordert die Verlustverrechnung gemäß § 10a GewStG nach ständiger und zutreffender Rechtsprechung des BFH eine auf die einzelnen Mitunternehmer bezogene Berechnung, bei der die Verlustverrechnung jeweils für den einzelnen Mitunternehmer vorzunehmen ist. Der BFH hat bereits in seinem Urteil in BFHE 173, 374, BStBl II 1994, 364 entschieden, dass hierfür sowohl die Gewerbeerträge des Anrechnungsjahres als auch die Fehlbeträge des Verlustentstehungsjahres entsprechend dem Gewinnverteilungsschlüssel sowie unter Berücksichtigung von Sonderbetriebseinnahmen und –ausgaben den einzelnen Mitunternehmern zuzuordnen sind.
Mit dem BFH-Urteil in BFHE 173, 374, BStBl II 1994, 364 war —entsprechend der Aufgabe eines obersten Gerichtshofs des Bundes (Art. 95 Abs. 1 GG)— die Rechtslage geklärt (vgl. , BVerfGE 18, 429, 437). Der BFH hat an dieser Rechtsprechung —wie dargelegt wurde— in der Folgezeit stets festgehalten. Zwar entscheiden auch die obersten Bundesgerichte mit ihrem Richterspruch nur einen Einzelfall (vgl. , BFHE 82, 535, BStBl III 1965, 441, 443). Ihre Erkenntnisse haben darüber hinaus aber allgemeine Bedeutung, wenn sie Zweifelsfragen in der Anwendung des Rechts endgültig klarstellen, Gesetzeslücken schließen und so mit jedem entschiedenen Fall auch die Rechtsfortbildung fördern (, BFHE 67, 354, BStBl III 1958, 409, 412; Schmidt-Bleibtreu/Klein, Kommentar zum Grundgesetz, 10. Aufl., Art. 95 Rz 3). Art. 95 Abs. 1 GG sichert dem Bund, dass seinen obersten Rechtsprechungsorganen grundsätzlich die Kompetenz zu letztverbindlich-höchstinstanzlicher Rechtserkenntnis über Bundesrecht zukommt (W. Meyer in: v. Münch/Kunig, GGK, 5. Aufl., 2000, Rz 6 zu Art. 95).
(2) § 36 Abs. 9 und § 10a Satz 4 GewStG i.d.F. des JStG 2007 bestimmen nunmehr, dass bei der gewerbesteuerrechtlichen Verlustverrechnung auch für Erhebungszeiträume vor 2007 nur noch der allgemeine Gewinnverteilungsschlüssel Maßstab für die Ermittlung des dem einzelnen Mitunternehmer zuzurechnenden Verlustanteils sein soll. Damit hat sich die (objektive) Rechtslage vor und nach Inkrafttreten von § 36 Abs. 9 und § 10a Satz 4 GewStG i.d.F. des JStG 2007 geändert.
Mit dieser Gesetzesänderung wurde keine in der Vergangenheit herrschende Rechtspraxis kodifiziert. Vielmehr hat die seitens der Finanzverwaltung in Abweichung von der —vor Erlass des JStG 2007— bestehenden Rechtslage vertretene Rechtsauffassung erstmals im Gesetz eine Rechtsgrundlage gefunden. Der Versuch des Gesetzgebers, die ständige BFH-Rechtsprechung zum gewerbesteuerrechtlichen Verlustabzug rückwirkend zu korrigieren, sie gleichsam für die Vergangenheit ins Unrecht zu setzen, gibt keinen Anlass zur Annahme einer verfassungsrechtlich zulässigen Rückwirkung (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 18, 429, 439).
cc) Der Streitfall unterscheidet sich damit auch wesentlich von der rückwirkenden Einschränkung der Mehrmütterorganschaft durch § 36 Abs. 2 Satz 2 GewStG i.V.m. § 2 Abs. 2 Satz 3 GewStG i.d.F. des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts (UntStFG) vom (BGBl I 2001, 3858, BStBl I 2002, 35). Der BFH hat diese Bestimmungen als verfassungsgemäß beurteilt; ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot liege nicht vor (, BFHE 213, 38, BStBl II 2006, 549; , BFHE 213, 29, BStBl II 2006, 546).
Auf der Grundlage der langjährigen Rechtsprechung des BFH galt bis zum Ergehen der (BFHE 189, 518, BStBl II 2000, 695) und I R 37/98 (BFH/NV 2000, 347), dass ein Organverhältnis nur zu einem beherrschenden Unternehmen bestehen konnte, nicht jedoch zu einer Mehrzahl von beherrschenden Unternehmen. Schlossen sich mehrere Muttergesellschaften zum Zwecke der Willenskoordinierung zu einer GbR zusammen, war nur die GbR als Organträger und als Gewerbesteuersubjekt zu behandeln mit der Folge, dass eine Zurechnung von Gewerbeerträgen und –verlusten der Organgesellschaften an die an der GbR beteiligten Unternehmen ausgeschlossen war (vgl. , BFHE 66, 449, BStBl III 1958, 174; vom I R 65/85, BFH/NV 1988, 190, und vom I R 128/90, BFHE 171, 223, BStBl II 1994, 124). Dies entsprach auch der Meinung der Finanzverwaltung (vgl. Abschn. 17 Abs. 6 GewStR 1984 und Abschn. 14 Abs. 6 GewStR 1998).
Diese Rechtspraxis hat der Gesetzgeber mit dem UntStFG wieder aufgegriffen und festgeschrieben. Damit sind die Rechtsfolgen, die sich rückwirkend aus § 2 Abs. 2 Satz 3 GewStG i.d.F des UntStFG ergeben, nicht ungünstiger als diejenigen, von denen bei objektiver Betrachtung alle betroffenen Unternehmen bis zum Bekanntwerden der Rechtsprechungsänderung durch die BFH-Urteile in BFHE 189, 518, BStBl II 2000, 695 und in BFH/NV 2000, 347 bei ihren Dispositionen ausgehen mussten.
Anders verhält es sich indessen im Streitfall. Die Steuerpflichtigen konnten im Streitjahr auf der Grundlage der Rechtsprechung des BFH darauf vertrauen, dass der gewerbesteuerrechtliche Verlustabzug unter Berücksichtigung der Sonderbetriebseinnahmen und –ausgaben der einzelnen Mitunternehmer vorzunehmen war. Dem steht nicht entgegen, dass die (objektive) Rechtslage von der Finanzverwaltung in ihren veröffentlichten Stellungnahmen (vgl. die gleichlautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder in BStBl I 1996, 1392, und Abschn. 68 Abs. 3 Satz 7 GewStR 1998) teilweise verkannt worden war. Denn nach der verfassungsmäßigen Ordnung des GG (Art. 95 Abs. 1 GG) kommt der höchstrichterlichen Rechtsprechung und nicht der Verwaltung die Aufgabe letztverbindlicher Rechtserkenntnis über Bundesrecht zu.
b) Von den weiteren —nach der Rechtsprechung des BVerfG möglichen— Rechtfertigungsgründen für die hier in Rede stehende echte Rückwirkung kommt auch der sog. Bagatellvorbehalt nicht in Betracht. Nach Auffassung des BVerfG bedarf das Vertrauen des Betroffenen auf die geltende Rechtslage dann nicht des Schutzes gegenüber rückwirkenden Gesetzesänderungen, wenn dadurch kein oder nur ein ganz unerheblicher Schaden verursacht wird (vgl. , 2 BvR 168, 196, 197, 210, 472/66, BVerfGE 30, 367, 389). Im Streitfall verschlechtert sich die Rechtslage durch die rückwirkende Regelung in § 36 Abs. 9 GewStG i.V.m. § 10a Satz 4 GewStG i.d.F. des JStG 2007 für die Klägerin indessen mehr als nur unerheblich. Die rückwirkende Anwendung von § 10a Satz 4 GewStG i.d.F. des JStG 2007 führt zu einer um 2 104 827 DM (10 765 241 DM - 8 660 414 DM) höheren Kürzung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes. Dabei handelt es sich keineswegs um einen Bagatellbetrag.
c) Auf das geltende Recht kann sich der Bürger nach der Rechtsprechung des BVerfG auch dann nicht verlassen, wenn die Rechtslage so unklar und verworren oder lückenhaft ist, dass eine Klärung erwartet werden musste (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 72, 200, 259 f., und vom 1 BvR 1509, 1648/91, BVerfGE 88, 384, 404). Solches lässt sich im Streitfall indessen nicht behaupten.
Vor Verkündung des JStG 2007 war im hier fraglichen Sachbereich durch das BFH-Urteil in BFHE 173, 374, BStBl II 1994, 364 und die nachfolgende BFH-Rechtsprechung (z.B. BFH-Urteil in BFHE 213, 12), die an den in dem BFH-Urteil in BFHE 173, 374, BStBl II 1994, 364 aufgestellten Grundsätzen festgehalten hat, geklärt, dass bei der gewerbesteuerrechtlichen Verlustverrechnung sowohl die Gewerbeerträge des Anrechnungsjahres als auch die Fehlbeträge des Verlustentstehungsjahres entsprechend dem Gewinnverteilungsschlüssel und unter Berücksichtigung von Sonderbetriebseinnahmen und –ausgaben den einzelnen Mitunternehmern zuzuordnen sind. Die Rechtslage war eindeutig und auch nicht lückenhaft. Dies gilt ungeachtet des Umstandes, dass die Finanzverwaltung nicht nach der Rechtsprechung des BFH verfuhr. Eine „Rechtsunsicherheit” im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG, die eine rückwirkende Änderung des Gesetzes rechtfertigen könnte, liegt schon deshalb nicht vor, weil über die rechtliche Frage, ob bei der gewerbesteuerrechtlichen Verlustverrechnung Sonderbetriebseinnahmen und –ausgaben mit zu berücksichtigen sind, in der Rechtsprechung keine Zweifel bestanden. Die Gesetzeslage war im Rahmen des —prinzipiell interpretationsbedürftigen— Gesetzestatbestands klar und eindeutig. Es bestand lediglich ein für die Anwendung des Steuerrechts typischer Streitfall zwischen Finanzverwaltung und Steuerpflichtigen, zu dessen Klärung die Rechtsprechung berufen ist. Der Gesetzgeber durfte angesichts der klaren Rechtslage die zutreffende Rechtsprechung nicht rückwirkend korrigieren (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 30, 367, 389). Denn ansonsten würde das Verbot einer echten Rückwirkung, das eine strikte Grenze für rückwirkende Gesetze darstellt, die nur in seltenen Ausnahmefällen überschritten werden darf, weitgehend ausgehöhlt. Die Finanzverwaltung hätte es dann praktisch in der Hand, durch einen Nichtanwendungserlass eine „unklare Rechtslage” selbst herbeizuführen, die anschließend eine rückwirkende Korrektur der Rechtsprechung ermöglichen würde.
d) Das Vertrauen des Bürgers ist nach der Rechtsprechung des BVerfG auch dann nicht schutzwürdig, wenn er im Zeitpunkt seiner wirtschaftlichen Disposition mit der Änderung der Rechtslage rechnen musste (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 97, 67, 79; in BVerfGE 30, 367, 387, und in BVerfGE 13, 261, 272). Nach Auffassung des BVerfG entfällt das schutzwürdige Vertrauen in den Bestand der bisherigen Rechtsfolgenlage in der Regel schon im Zeitpunkt des endgültigen Gesetzesbeschlusses über die Neuregelung (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 97, 67, 79, m.w.N.). Demgegenüber wird in der neueren Rechtsprechung des XI. Senats des BFH grundsätzlich die Verkündung (Art. 82 Abs. 1 Satz 1 GG) des Änderungsgesetzes als der Zeitpunkt angesehen, bis zu dem das Vertrauen des Steuerpflichtigen in die alte Rechtslage schutzwürdig ist (vgl. BFH-Beschlüsse in BStBl II 2006, 887, 892, und in BStBl II 2006, 895, 901). Der VIII. und der I. Senat des BFH stellen in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BVerfG insoweit allerdings weiterhin auf den endgültigen Gesetzesbeschluss des Bundestages ab (vgl. BFH-Urteile in BFHE 209, 285, BStBl II 2005, 398, 402, und in BFH/NV 2007, 616, 622).
Diese Streitfrage kann im vorliegenden Fall aber auf sich beruhen. Denn im Zeitpunkt der hier maßgeblichen wirtschaftlichen Disposition im Streitjahr 2000 waren die Vorschriften der § 36 Abs. 9 GewStG und § 10a Satz 4 GewStG i.d.F. des JStG 2007 weder verkündet noch lag ein endgültiger Gesetzesbeschluss des Bundestages zur rückwirkenden Anwendung von § 10a Satz 4 GewStG durch § 36 Abs. 9 GewStG i.d.F. des JStG 2007 vor. Die Klägerin musste auch in Ansehung der von der Finanzverwaltung in BStBl I 1996, 1392, und in Abschn. 68 Abs. 3 Satz 7 GewStR 1998 vertretenen Rechtsauffassung nicht damit rechnen, dass der Gesetzgeber nachträglich die Berücksichtigung von Sonderbetriebseinnahmen und –ausgaben bei der gewerbesteuerrechtlichen Verlustverrechnung untersagen werde. Jedenfalls bis zum endgültigen Beschluss des Bundestages über das JStG 2007 durfte die Klägerin auf den Fortbestand der ursprünglichen Rechtslage vertrauen.
e) Zwingende Gründe des gemeinen Wohls rechtfertigen die Durchbrechung des rechtsstaatlichen Rückwirkungsverbots im Streitfall ebenfalls nicht. Zwingende Gründe des Gemeinwohls liegen nur vor, wenn anders als durch eine rückwirkende Regelung die Neuregelung keine praktische Wirkung entfalten und der Gesetzeszweck nicht mehr verwirklicht werden könnte und auch im Übrigen die gesetzliche Neuregelung aus überwiegenden Gründen des Gemeinwohls erforderlich ist (Mellinghoff, DStJG 27 (2004), S. 25, 45).
Im vorliegenden Fall ist nicht zu erkennen, inwiefern die Bestimmung in § 10a Satz 4 GewStG i.d.F. des JStG 2007 ihre Zielsetzung verfehlen würde, wenn sie nicht gemäß § 36 Abs. 9 GewStG i.d.F. des JStG 2007 rückwirkend für Erhebungszeiträume vor 2007 anzuwenden wäre. Die Zielsetzung von § 10a Satz 4 GewStG besteht nach der Gesetzesbegründung darin, die Ermittlung des anteiligen Verlustbetrags für die Praxis handhabbar zu machen und „umfangreichste Nebenrechnungen…über mehrere Erhebungszeiträume” zu vermeiden. Die Absicht des Gesetzgebers, Finanzverwaltung, Finanzgerichtsbarkeit und Steuerpflichtigen die Berechnung des gewerbesteuerrechtlichen Verlustvortrags zu erleichtern, reicht indessen nicht aus, um eine Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot der echten Rückwirkung zu rechtfertigen. Das an sich wünschenswerte Bestreben nach Verwaltungsvereinfachung genügt nicht, um ein schutzwürdiges Vertrauen des Steuerpflichtigen zurücktreten zu lassen (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 30, 367, 391, und in BVerfGE 105, 17, 44).
IV.
Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage
1. Im Rahmen des anhängigen Revisionsverfahrens ist eine abschließende Sachentscheidung über den vortragsfähigen Gewerbeverlust der Klägerin auf den zu treffen. Entfaltet die vorgelegte materielle Steuernorm eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung, ist die Revision des FA zurückzuweisen (s.o. B.II.1.). Ist § 36 Abs. 9 GewStG i.d.F. des JStG 2007 dagegen verfassungsgemäß, ist die Revision des FA begründet und die Klage abzuweisen (s.o. B.II.2.). Die Vorlagefrage ist damit entscheidungserheblich.
a) Soweit das FA davon ausgeht, die Klägerin könne Verluste des Streitjahres —auch wenn § 10a Sätze 4 und 5 GewStG i.d.F. des JStG 2007 erst ab dem Erhebungszeitraum 2007 anzuwenden wäre— in Erhebungszeiträumen nach 2006 nur noch in dem Umfang verrechnen, in dem sie nach dem Gewinnverteilungsschlüssel nicht auf ausgeschiedene Gesellschafter entfielen, und dies selbst dann gelten solle, wenn die vortragsfähigen Verluste zuvor (bestandskräftig) festgestellt worden sind, kann dem nicht gefolgt werden.
aa) Unter Hinweis auf das (BFHE 185, 393, BStBl II 1998, 485) zu § 8 Abs. 4 KStG meint das FA offenbar, der steuerlich relevante Sachverhalt sei insoweit noch nicht abgeschlossen, als zwar die Entstehung der Verluste in der Vergangenheit liege, die Rechtsfolge, nämlich die Beschränkung der Abzugsfähigkeit, aber erst in dem Zeitpunkt eintrete, in dem die Verrechnung vorgenommen werde (vgl. BFH-Urteil in BFHE 185, 393, BStBl II 1998, 485, unter II.2.a der Gründe, zweiter Absatz). Es sei deshalb überflüssige Mehrarbeit, in Bescheiden über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes für Erhebungszeiträume vor 2007 nach der streng mitunternehmerbezogenen Methode des BFH zu verfahren, weil bei einer Verlustverrechnung in Erhebungszeiträumen nach 2006 wieder alles rückgängig gemacht werden könne. Nur in Fällen, in denen es bereits zu einer Verlustverrechnung gekommen sei, sei eine echte Rückwirkung gegeben, der ggf. mit Billigkeitsmaßnahmen abgeholfen werden könne.
bb) Das FA beruft sich indessen zu Unrecht auf das BFH-Urteil in BFHE 185, 393, BStBl II 1998, 485. Für die Jahre vor 1990 gab es noch keine gesonderte Feststellung vortragsfähiger Verluste (vgl. nur Schmidt/Heinicke, EStG, 26. Aufl., § 10d Rz 37; auch Abschn. 115 Abs. 9 der Einkommensteuer-Richtlinien —EStR— 1990). Daher wurde über die Höhe der verrechenbaren Verluste —anders als seit dem Veranlagungszeitraum (Erhebungszeitraum) 1990— nicht im Entstehungsjahr, sondern im Abzugsjahr entschieden. Das galt auch für die Körperschaftsteuer. Nur vor diesem Hintergrund ist dem BFH-Urteil in BFHE 185, 393, BStBl II 1998, 485 zuzustimmen, das die Berücksichtigung eines noch nicht verbrauchten Verlustvortrags aus 1983 im Streitjahr 1990 betraf. Soweit das BFH-Urteil in BFHE 185, 393, BStBl II 1998, 485 am Ende ausführt, der Umstand, dass die entstandenen Verluste nach § 10d Abs. 3 Satz 1 EStG (Anm. des beschließenden Senats: i.d.F. des StRG 1990 - a.F.) bereits im Entstehungsjahr gesondert festzustellen seien, gebe für die künftige Behandlung dieser Verluste nichts her, handelt es sich um ein obiter dictum. Zudem betrifft diese beiläufig geäußerte Auffassung des I. Senats des BFH lediglich die Frage, ob die Feststellung eines abzugsfähigen Verlustes nach § 10d Abs. 3 Satz 1 EStG a.F. zur Folge hat, dass auch ein Unternehmen, das mit dem, das den Verlust erlitten hat, nach Maßgabe des § 8 Abs. 4 KStG wirtschaftlich nicht identisch ist, den Verlust später abziehen darf. Im Streitfall geht es demgegenüber um die Höhe des Verlustes, den die Klägerin in späteren Jahren abziehen kann. Dieser Betrag wird auch nach der im BFH-Urteil in BFHE 185, 393, BStBl II 1998, 485 geäußerten Auffassung durch den Verlustfeststellungsbescheid verbindlich festgelegt.
Daher stehen das gesonderte Feststellungsverfahren (vgl. auch oben B.I.1.i) und die Bestandskraft der jeweiligen Feststellungsbescheide der vom FA für möglich gehaltenen Anwendung von § 10a Sätze 4 und 5 GewStG i.d.F. des JStG 2007 auf die (bestandskräftig festgestellten) Verluste für Jahre vor 2007 entgegen. Nur wenn in Erhebungszeiträumen nach 2006 ein (weiterer) Gesellschafter ausscheidet, kann dessen Anteil am Verlustvortrag nach der neuen Methode gemäß § 10a Sätze 4 und 5 GewStG i.d.F. des JStG 2007 ermittelt werden. Grundlage hierfür bleiben jedoch stets die Bescheide über die gesonderte Verlustfeststellung auf die vorangegangenen Feststellungszeitpunkte, seien diese auch —was das frühere Ausscheiden von Gesellschaftern angeht— nach der vom BFH in Einklang mit der Rechtslage vor 2007 für richtig erachteten Methode berechnet worden.
Erweist sich § 36 Abs. 9 GewStG i.d.F. des JStG 2007 —gemäß der Überzeugung des beschließenden Senats— als eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung, so würde der Senat nach einer entsprechenden Entscheidung des BVerfG rechtskräftig über den vortragsfähigen Verlust auf den entscheiden. Das FA wäre an dieses Urteil gebunden. Die Feststellung der vortragsfähigen Verluste für künftige Erhebungszeiträume wäre dann auf dieser Grundlage weiterzuentwickeln.
b) Entgegen der Auffassung des FA besteht das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin fort.
Jede Rechtsverfolgung vor Gericht setzt ein Rechtsschutzbedürfnis voraus. Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis für finanzgerichtlichen Rechtsschutz ist gegeben, wenn der Kläger konkrete Rechtsbeeinträchtigungen abwehren oder abgelehnte Ansprüche durchsetzen will (, BFH/NV 1993, 479). Ein Wegfall des Rechtsschutzinteresses ist in jeder Lage des Verfahrens —also auch im Revisionsverfahren— zu beachten (vgl. BFH-Beschlüsse vom IX R 6/91, BFHE 174, 4, BStBl II 1994, 599; vom VII B 46/84, BFHE 142, 564, BStBl II 1985, 302, und vom II R 172/80, BFHE 137, 6, BStBl II 1983, 237). Die Rechtsverfolgung kann auch durch ein außerprozessuales Ereignis gegenstandslos werden, das durch die Erklärung eines Beteiligten (hier: des FA) in das Verfahren eingeführt wird (Beschluss des Großen Senats des , BFHE 127, 155, BStBl II 1979, 378).
Im Streitfall lässt sich indessen nicht feststellen, dass die Entscheidung über die Höhe des vortragsfähigen Gewerbeverlustes unter keinen denkbaren Gesichtspunkten steuerrechtliche Folgen gegenüber der Klägerin auslösen könnte. Es ist —jedenfalls solange die Klägerin fortbesteht— nicht auszuschließen, dass sich die Erhöhung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den auf die Verlustfeststellung in künftigen Jahren und auf die (künftige) Gewerbesteuerschuld der Klägerin auswirken kann (vgl. , BFHE 135, 271, BStBl II 1982, 474). Dies reicht für ein berücksichtigungswürdiges Interesse der Klägerin an der weiteren Rechtsverfolgung aus.
2. Ein verfassungskonformes Ergebnis kann auch nicht durch verfassungskonforme Auslegung gewonnen werden (vgl. dazu u.a., BVerfGE 90, 145, 166).
a) Eine verfassungskonforme Auslegung von § 36 Abs. 9 GewStG i.d.F. des JStG 2007 kommt nicht in Betracht. Die Anwendung von § 10a Satz 4 GewStG i.d.F. des JStG 2007 für Erhebungszeiträume vor 2007 ist durch § 36 Abs. 9 GewStG i.d.F. des JStG 2007 als spezielle Anwendungsregelung in eindeutiger Weise konkretisiert worden. Es besteht kein Anlass für eine vom Wortlaut abweichende Auslegung, da der mögliche Wortsinn von § 36 Abs. 9 GewStG i.d.F. des JStG 2007 —als Grenze der Auslegung (vgl. , BVerfGE 54, 277)— unmissverständlich ist. Der mögliche Wortsinn der Formulierung „ist auch für Erhebungszeiträume vor 2007 anzuwenden”, lässt eine Auslegung dahin, dass der Erhebungszeitraum 2000 nicht einzubeziehen sei, nicht zu. Eine solche Auslegung widerspreche angesichts der Gesetzgebungsgeschichte zudem dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers.
Im Hinblick auf die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes und die damit verbundene Entscheidung über den Gewerbeverlust im Entstehungsjahr ist es —wie oben dargelegt wurde (vgl. IV.1.a bb)— auch ausgeschlossen, die gesetzgeberische Anordnung „ist auch für Erhebungszeiträume vor 2007 anzuwenden” als Anweisung an den Normanwender dahin zu verstehen, nach welchem Recht er künftig eintretende Rechtsfolgen einer zurückliegenden Tatbestandsverwirklichung zu bestimmen hat (vgl. dazu , BFHE 194, 135, BStBl II 2001, 282, unter II.B.4.b der Gründe für den anders gelagerten Fall der Bilanzänderung nach § 4 Abs. 2
Satz 2 EStG i.V.m. § 52 Abs. 9 EStG in der durch das StBereinG 1999 geänderten Fassung).
b) Ein verfassungswidriges Ergebnis lässt sich auch nicht etwa durch verfassungskonforme Auslegung von § 10a Satz 4 GewStG i.d.F. des JStG 2007 vermeiden. Eine Auslegung dieser Vorschrift dahin, dass bei Mitunternehmerschaften der vortragsfähige Gewerbeverlust den Mitunternehmern unter Berücksichtigung der Sonderbetriebseinnahmen und –ausgaben zuzurechnen ist, ist nach Auffassung des Senats nicht möglich. Im Übrigen wollte der Gesetzgeber nach der Gesetzesbegründung die Berücksichtigung der Sonderbetriebseinnahmen und –ausgaben bei der Zurechnung des gewerbesteuerrechtlichen Verlustvortrags auf die Mitunternehmer —abweichend von der ständigen Rechtsprechung des BFH— gerade ausschließen. Aufgrund dieser bewussten gesetzgeberischen Entscheidung verbleibt für den Senat kein Raum für eine verfassungskonforme Auslegung.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2008 II Seite 140
BB 2007 S. 1664 Nr. 31
BFH/NV 2007 S. 1780 Nr. 9
BStBl II 2008 S. 140 Nr. 4
DB 2007 S. 1676 Nr. 31
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StuB-Bilanzreport Nr. 15/2007 S. 593
LAAAC-50129