Aufwendungen für Erwerb einer durch Grundpfandrecht gesicherten Forderung einer Bank gegen Grundstückveräußerer als Gegenleistung für Grundstückserwerb
Leitsatz
Kauft der Erwerber eines Grundstücks die Forderung einer Bank gegen den Grundstücksveräußerer und wird das zur Sicherung der Forderung an dem Grundstück bestellte Grundpfandrecht an ihn abgetreten oder gelöscht, stellt der Forderungskaufpreis eine (zusätzliche) Gegenleistung i. S. des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG für den Grundstückserwerb dar, wenn der Kauf der Forderung einer schuldbefreienden Übernahme der Verbindlichkeit des Grundstücksveräußerers gleichsteht.
Gesetze: GrEStG § 9 Abs. 1 Nr. 1
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) kaufte mit notariell beurkundetem Vertrag vom in der Fassung der Nachtragsurkunde vom von einer GbR ein Grundstück zu einem Kaufpreis von 163 000 €. Das Grundstück war mit Grundschulden zugunsten einer Bank (1,1 Mio. DM) und einer Sparkasse (300 000 DM) belastet. Der Kaufpreis sollte bei Vorliegen folgender Voraussetzungen zahlbar sein:
- Vorlage der Löschungsbewilligung der Sparkasse hinsichtlich der ihr zustehenden Grundschuld;
- wirksame Abtretungserklärung der Bank hinsichtlich der ihr zustehenden Grundschuld nebst Zinsen und Eintragung der Abtretung im Grundbuch sowie Abtretung der dieser Grundschuld zugrunde liegenden Forderung der Bank gegen die Verkäufer an die Klägerin.
Der Kaufpreis sollte durch Aufrechnung mit einem Teilbetrag in Höhe von 163 000 € der von der Bank zu erwerbenden Forderung erbracht werden. Um die Löschungsbewilligung der Sparkasse zu erlangen, sollte die Klägerin an diese einen Betrag in Höhe von 21 474 € zahlen und insoweit die Forderung der Sparkasse gegen die Verkäufer erhalten.
Die Gesellschafter der GbR, die bis auf eine Person zugleich Darlehensnehmer der Bank waren, genehmigten das Vertragswerk am . Mit einem weiteren an diesem Tag geschlossenen Vertrag verkaufte die Bank die ihr gegen die Darlehensnehmer zustehenden Forderungen von 534 734 € aus dem von ihr bereits mit Schreiben vom gekündigten Kreditvertrag an die Klägerin. Die Bank trat zugleich diese Forderungen und die zu ihren Gunsten eingetragene Grundschuld über 1,1 Mio. DM an die Klägerin ab. Als Gegenleistung zahlte die Klägerin an die Bank einen Betrag von 185 000 €.
Das seinerzeit zuständige Finanzamt setzte die Grunderwerbsteuer für den Grundstückskauf in der Einspruchsentscheidung vom auf 12 931 € fest. Es berücksichtigte dabei als Bemessungsgrundlage den vereinbarten Kaufpreis von 163 000 € und die Zahlungen der Klägerin an die beiden Kreditinstitute von insgesamt 206 474 €, zusammen also einen Betrag von 369 474 €.
Das Finanzgericht (FG) wies die auf eine Herabsetzung der Steuer auf 5 705 € gerichtete Klage mit der Begründung ab, die Klägerin habe zwar die Forderungen der Kreditinstitute nicht mit für die Darlehensnehmer schuldbefreiender Wirkung übernommen; sie sei vielmehr als Gläubigerin an die Stelle der Kreditinstitute getreten. Sie habe aber die Zahlungen an diese geleistet, um das Grundstück lastenfrei zu erwerben. Es handle sich daher bei diesen Zahlungen um weitere, zu dem vereinbarten Kaufpreis hinzutretende Gegenleistungen für den Grundstückserwerb i.S. des § 8 Abs. 1 und § 9 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG).
Mit der Revision macht die Klägerin geltend, die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer setze sich aus dem vereinbarten Kaufpreis und der Zahlung an die Sparkasse zusammen und betrage somit insgesamt 184 474 €. Die Zahlung an die Bank sei nicht in die Bemessungsgrundlage der Steuer einzubeziehen. Es handle sich dabei um die Gegenleistung für den Erwerb der der Bank zustehenden Forderungen und nicht für den Erwerb des Grundstücks. Die Forderungen seien werthaltig und würden mit den Anschaffungskosten abzüglich des durch die Aufrechnung gegen die Kaufpreisforderung verbrauchten Teilbetrags, also mit 22 000 € bilanziert.
Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Grunderwerbsteuer unter Änderung des Bescheids vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom auf 6 456,60 € herabzusetzen.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das während des finanzgerichtlichen Verfahrens zuständig gewordene Finanzamt) beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Herabsetzung der Grunderwerbsteuer auf 7 226 € (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). In die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer sind neben dem vereinbarten Kaufpreis von 163 000 € nur der an die Sparkasse gezahlte Betrag von 21 474 € und ein 22 000 € betragender Teil des für den Erwerb der Forderungen der Bank gezahlten Entgelts einzubeziehen.
1. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG unterliegt ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung eines inländischen Grundstücks begründet, der Grunderwerbsteuer. Bemessungsgrundlage ist gemäß § 8 Abs. 1 GrEStG der Wert der Gegenleistung. Bei einem Grundstückskauf gilt nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG als Gegenleistung u.a. der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen. Als sonstige Leistungen sind alle Verpflichtungen des Käufers anzusehen, die zwar nicht unmittelbar Kaufpreis für das Grundstück im bürgerlich-rechtlichen Sinne, aber gleichwohl Entgelt für den Erwerb des Grundstücks sind. Es gehören mithin alle Leistungen zur grunderwerbsteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage, die der Erwerber als Entgelt für den Erwerb des Grundstücks gewährt oder die der Veräußerer als Entgelt für die Veräußerung des Grundstücks empfängt. Der Erwerb des Grundstücks und die Gegenleistung müssen kausal verknüpft sein. Dabei ist nicht ausschlaggebend, was die Vertragschließenden als Gegenleistung für das Grundstück bezeichnen, sondern zu welchen Leistungen sie sich verpflichtet haben (, BFHE 210, 60, BStBl II 2005, 651, m.w.N.).
2. Die Zahlung an die Sparkasse und ein sich auf 22 000 € belaufender Teil des an die Bank entrichteten Entgelts für die Übertragung der Forderungen nebst Grundschuld sind nach diesen Grundsätzen neben dem vereinbarten Kaufpreis (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG) von 163 000 € Bestandteil der Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer. Nicht zur Bemessungsgrundlage rechnet dagegen die verbleibende Leistung an die Bank in Höhe von 163 000 €.
a) Die an die Kreditinstitute entrichteten Beträge von 21 474 € und 22 000 € waren mit dem Erwerb des Grundstücks kausal verknüpft.
aa) Der für die Bestimmung der Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer maßgebende Gegenstand des Kaufvertrags ist das Grundstück, das nicht durch die zugunsten der Sparkasse und der Bank bestellten Grundschulden belastet war. Der Kaufvertrag vom 21./ ist so zu verstehen (§§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches —BGB—), dass die GbR verpflichtet war, diese Grundschulden zu beseitigen (§ 442 Abs. 2 BGB). Die Zahlbarkeit des Kaufpreises war nämlich u.a. von der Vorlage der Löschungsbewilligung der Sparkasse und einer wirksamen Abtretungserklärung der Bank hinsichtlich der ihr zustehenden Grundschuld nebst Zinsen und Eintragung der Abtretung im Grundbuch abhängig.
Da die GbR offensichtlich nicht in der Lage war, die Löschung der Grundschulden selbst zu erreichen, bediente sie sich dazu der Hilfe der Klägerin, die neben der Zahlung an die Sparkasse die der Bank gegen die Darlehensnehmer zustehenden Forderungen kaufte und so zugleich die Abtretung der zugunsten der Bank bestehenden Grundschuld an sich herbeiführte.
bb) Das Ziel, die von der GbR geschuldete Lastenfreiheit des Grundstücks zu erreichen, stand hinsichtlich eines 22 000 € betragenden Teils der an die Bank geleisteten Zahlung für die Klägerin im Vordergrund. Insoweit hatte der Forderungserwerb für sie ersichtlich Nachrang. Obwohl das Darlehen bereits von der Bank gekündigt worden war, beschränkt sie sich nach ihrem Vorbringen auf die Bilanzierung der Forderung mit den nach der Aufrechnung verbliebenen Anschaffungskosten von 22 000 €. Sie bringt selbst nicht vor, dass ihre Zahlungsansprüche inzwischen erfüllt worden seien oder dass sie deren Durchsetzung ernsthaft, ggf. durch gerichtliche Maßnahmen, betreibe oder dass die Darlehensnehmer wenigstens die anfallenden Zinsen zahlten. Eine wirtschaftliche Bedeutung kommt der Forderungsabtretung insoweit also nicht zu. Unter diesen Umständen steht der Kauf der der Bank zustehenden Darlehensforderungen, soweit diese den durch Aufrechnung erloschenen Betrag von 163 000 € übersteigen, einer schuldbefreienden Übernahme der Darlehensverbindlichkeiten durch die Klägerin grunderwerbsteuerrechtlich gleich (zur schuldbefreienden Übernahme von Verbindlichkeiten des Grundstücksveräußerers durch den Erwerber als Gegenleistung für den Grundstückserwerb vgl. , BFH/NV 1995, 638).
cc) Entsprechendes gilt auch für die Zahlung an die Sparkasse für die Erteilung der Löschungsbewilligung. Diese Leistung war auch dann mit dem Grundstückserwerb kausal verknüpft, wenn die Klägerin, wie im Kaufvertrag vorgesehen, aber vom FG nicht festgestellt, die der Sparkasse gegen die „Verkäufer” zustehende Forderung in Höhe des gezahlten Betrags übertragen erhalten hat. Die Klägerin trägt nicht vor, dass sie diese Forderung gegen die Schuldner geltend mache oder zumindest Zinsen erhalte. Sie ist vielmehr selbst der Auffassung, dass die Zahlung an die Sparkasse zur Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer rechne.
b) Der an die Bank gezahlte Teilbetrag von 163 000 € zählt entgegen der Ansicht des FG nicht zur Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer. Die vom FG vertretene Auffassung führt zu einer doppelten Berücksichtigung des vereinbarten Kaufpreises von 163 000 €. Um diesen Betrag übersteigt die in der Einspruchsentscheidung angesetzte Bemessungsgrundlage den von der Klägerin aus eigenem, bereits vorhandenem Vermögen erbrachten Aufwand von 206 474 €. Für einen solchen doppelten Ansatz des Kaufpreises gibt es keine Rechtsgrundlage. Der an die Bank gezahlte Teilbetrag von 163 000 € war Gegenleistung für den Erwerb eines Teils der Forderungen der Bank in gleicher Höhe und somit nicht zusätzlich zu dem vereinbarten Kaufpreis mit dem Grundstückserwerb kausal verknüpft. Die erworbenen Forderungen waren in diesem Umfang aufgrund der Aufrechnungsmöglichkeit werthaltig und wurden von der Klägerin auch tatsächlich zur Entrichtung des Kaufpreises durch Aufrechnung (§§ 387 ff. BGB) genutzt.
3. Da das FG von anderen Grundsätzen ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die Grunderwerbsteuer ist auf 3,5 v.H. der Bemessungsgrundlage von 206 474 €, also auf 7 226 € herabzusetzen.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 1183 Nr. 6
HFR 2007 S. 677 Nr. 7
NWB-Eilnachricht Nr. 18/2007 S. 15
WPg 2007 S. 235 Nr. 6
BAAAC-40969