Umsatzsteuer;
§ 15
Umsatzsteuergesetz (UStG) – Vorsteuerabzug bei
gemeinschaftlicher Auftragserteilung durch mehrere
Personen
Bezug:
1 In seinem Urteil vom , a.a.O., hat der BFH unter Zugrundelegung der vom EuGH in seinem Urteil vom , a.a.O., beantworteten Vorlagefragen entschieden, dass Ehegatten, die auf einem in ihrem Miteigentum stehenden Grundstück ein Wohngebäude errichten, als Empfänger der Bauleistungen anzusehen sind, wenn die Ehegattengemeinschaft ohne eigene Rechtspersönlichkeit handelt und als solche keine unternehmerische Tätigkeit ausübt. Ist bei einer solchen Ehegattengemeinschaft nur ein Ehegatte unternehmerisch tätig und verwendet dieser einen Teil des Gebäudes ausschließlich für seine unternehmerischen Zwecke, steht ihm das Vorsteuerabzugsrecht aus den bezogenen Bauleistungen anteilig zu, soweit der seinem Unternehmen zugeordnete Anteil am Gebäude seinen Miteigentumsanteil nicht übersteigt. Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt zum Vorsteuerabzug beim Bezug einer Leistung durch eine Gemeinschaft ohne eigene Rechtspersönlichkeit und zur Höhe des Vorsteuerabzugs in diesen Fällen Folgendes:
1. Leistungsempfänger bei Auftragserteilung durch mehrere Personen
2 Voraussetzung für den Vorsteuerabzug nach § 15 UStG ist es u.a., dass der Unternehmer Empfänger der Leistung ist und er die Leistung für sein Unternehmen bezogen hat.
3 Eine Lieferung oder sonstige Leistung wird grundsätzlich an diejenige Person ausgeführt, die aus dem schuldrechtlichen Verhältnis, das dem Leistungsaustausch zugrunde liegt, berechtigt und verpflichtet ist. Leistungsempfänger ist somit regelmäßig der Auftraggeber oder Besteller einer Leistung. Bei gemeinsamer Auftragserteilung durch mehrere Personen ist es daher entscheidend, dass die Personen gemeinschaftlich als umsatzsteuerrechtlich eigenständige Rechtsperson handeln.
4 Um eine umsatzsteuerrechtlich eigenständige Rechtsperson handelt es sich, wenn die Gemeinschaft selbst Unternehmer i.S.d. § 2 UStG ist (z.B. durch entgeltliche Überlassung eines Gegenstands an einen Gemeinschafter) oder als solche mit (umsatzsteuerrechtlicher Wirkung) nichtunternehmerisch auftritt.
5 Das a.a.O., und das a.a.O., sind dahin zu verstehen, dass es bei gemeinsamer Auftragserteilung durch mehrere Personen für die Annahme einer Leistungsempfängerschaft durch die Gemeinschaft ausreichend ist, dass die Gemeinschaft als solche einem Gemeinschafter Räume unentgeltlich überlässt, weil dann von der Gemeinschaft Leistungen erbracht werden und die Gemeinschaft damit als solche als wirtschaftlich und umsatzsteuerrechtlich relevantes Gebilde auftritt. Umsatzsteuerrechtlich ist in diesen Fällen von einer einheitlichen Leistung an die Gemeinschaft auszugehen. Lediglich für Zwecke des Vorsteuerabzugs ist jeder unternehmerische Gemeinschafter als Leistungsempfänger anzusehen.
2. Leistungsbezug für das Unternehmen
6 Einem Unternehmer, der nach den vorstehenden Grundsätzen für Zwecke des Vorsteuerabzugs als Leistungsempfänger anzusehen ist, steht gemäß § 15 Abs. 1 UStG der Vorsteuerabzug zu, wenn und soweit die Leistung für sein Unternehmen ausgeführt wurde (Abschnitt 192 Abs. 21 UStR).
7 Bei einem einheitlichen Gegenstand hat der Unternehmer ein Wahlrecht. Er kann z.B. ein Gebäude, das teilweise unternehmerisch genutzt wird, insgesamt seinem nichtunternehmerischen Bereich oder teilweise oder ganz dem unternehmerischen Bereich zuordnen. Soweit nach den vorstehenden Grundsätzen ein Unternehmer, der für Zwecke des Vorsteuerabzugs als Leistungsempfänger anzusehen ist, Miteigentum an einem Gegenstand erwirbt, steht ihm dieses Wahlrecht bezogen auf seinen Anteil am Miteigentum zu. Dem Unternehmer steht es frei, seinen Miteigentumsanteil vollständig, teilweise (im Umfang der unternehmerischen Nutzung) oder gar nicht seinem Unternehmen zuzuordnen. Voraussetzung für die Zuordnung des Miteigentumsanteils ist es allerdings, dass dieser zu mindestens 10 % für das Unternehmen genutzt wird (§ 15 Abs. 1 Satz 2 UStG).
Unternehmer U und seine Ehefrau E erwerben zu 25 % bzw. 75 % Miteigentum an einem unbebauten Grundstück, das sie von einem Generalunternehmer mit einem Einfamilienhaus bebauen lassen. U nutzt im Einfamilienhaus einen Raum, der 9 % der Fläche des Gebäudes ausmacht, ausschließlich für seine unternehmerische Tätigkeit. U macht 9 % der auf die Baukosten entfallenden Vorsteuern geltend.
Durch die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs aus 9 % der Baukosten gibt U zu erkennen, dass er seinen Miteigentumsanteil im Umfang der unternehmerischen Nutzung seinem Unternehmen zuordnet. U kann daher unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG 9 % der auf die Baukosten entfallenden Vorsteuern abziehen.
Sachverhalt wie Beispiel 1, nur machen die durch U ausschließlich unternehmerisch genutzten Räume insgesamt 30 % der Gesamtfläche des Gebäudes aus.
U ist für Zwecke des Vorsteuerabzugs in Höhe seines Miteigentumsanteils (25 %) als Leistungsempfänger anzusehen. Daher muss er diesen Miteigentumsanteil zwingend seinem Unternehmen zuordnen, da die Leistung vollständig als für sein Unternehmen ausgeführt gilt. Unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG kann er maximal 25 % der auf die Baukosten entfallenden Vorsteuern abziehen.
8 Soweit ein dem Unternehmen des Gemeinschafters zugeordneter Miteigentumsanteil nichtunternehmerisch genutzt wird, ist diese Verwendung nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG der Besteuerung zu unterwerfen.
Unternehmer U und seine Ehefrau E erwerben zu 25 % bzw. 75 % Miteigentum an einem unbebauten Grundstück, das sie von einem Generalunternehmer mit einem Einfamilienhaus bebauen lassen. U nutzt im Einfamilienhaus einen Raum, der 9 % der Fläche des Gebäudes ausmacht, ausschließlich für seine unternehmerische Tätigkeit. Die übrigen Räume des Hauses werden durch U und E für Wohnzwecke genutzt. U macht 25 % der auf die Baukosten entfallenden Vorsteuern geltend.
Durch die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs aus 25 % der Baukosten gibt U zu erkennen, dass er seinen Miteigentumsanteil in vollem Umfang seinem Unternehmen zuordnet. U kann daher unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG 25 % der auf die Baukosten entfallenden Vorsteuern abziehen. Soweit U den seinem Unternehmen zugeordneten Miteigentumsanteil für private Wohnzwecke nutzt (16 % der Baukosten), muss er nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG eine unentgeltliche Wertabgabe versteuern. Die Bemessungsgrundlage ist nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG zu ermitteln.
3. Rechtslage beim Bezug von sonstigen Leistungen
9 Wird an einem sich im Miteigentum befindlichen Gegenstand eine sonstige Leistung ausgeführt, ist für Zwecke des Vorsteuerabzugs davon auszugehen, dass die Miteigentümer in Höhe ihrer jeweiligen Miteigentumsanteile Empfänger der sonstigen Leistung sind, wenn sie die Leistung gemeinsam in Auftrag gegeben haben. Abweichungen hiervon sind durch den Unternehmer, der aus der sonstigen Leistung den Vorsteuerabzug begehrt, nachzuweisen.
4. Beendigung der unternehmerischen Nutzung des Gegenstands durch den Gemeinschafter
10 Hat der Unternehmer den Miteigentumsanteil zulässigerweise seinem Unternehmen zugeordnet und nutzt er diesen zu einem späteren Zeitpunkt dauerhaft vollständig nichtunternehmerisch, ist darin eine Entnahme aus dem Unternehmen zu sehen, die unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1b UStG der Besteuerung unterliegt.
11 Wird der sich im Miteigentum befindliche Gegenstand durch die Gemeinschaft veräußert, geht der Veräußerung zwingend eine Entnahme des Miteigentumsanteils aus dem Unternehmen des Gemeinschafters voraus. Die Entnahme ist unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1b UStG zu versteuern.
5. Formale Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug
12 Formale Voraussetzung für den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG für nach dem ausgeführte Leistungen ist u.a., dass der Leistungsempfänger im Besitz einer nach § 14 UStG ausgestellten Rechnung ist. Das bedeutet, dass die Rechnung alle in § 14 Abs. 4 UStG aufgeführten Pflichtangaben enthalten und im Übrigen alle formalen Voraussetzungen des § 14 UStG erfüllen muss. Liegt eine einheitliche Leistung an die Gemeinschaft vor, kann für Zwecke des Vorsteuerabzugs in der Rechnung über die Leistung an die Gemeinschaft nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG nur die Angabe des vollständigen Namens und der vollständigen Anschrift der Gemeinschaft als Leistungsempfänger verlangt werden.
13 Aus den durch die den Vorsteuerabzug begehrenden Gemeinschafter nach § 22 UStG zu führenden Aufzeichnungen müssen sich die Namen und die Anschriften der übrigen Gemeinschafter sowie die auf die Gemeinschafter entfallenden Anteile am Gemeinschaftsvermögen ergeben.
14 Gemäß § 14b Abs. 1 UStG ist der Leistungsempfänger unter den dort genannten Voraussetzungen verpflichtet, das Original der Rechnung aufzubewahren. Erfolgt die Auftragserteilung durch mehrere Personen gemeinsam und sind für Zwecke des Vorsteuerabzugs ein oder mehrere Gemeinschafter als Leistungsempfänger anzusehen, hat einer dieser Gemeinschafter das Original der Rechnung und jeder andere dieser Gemeinschafter mindestens eine Ablichtung der Rechnung aufzubewahren.
6. Anwendung
15 Die Grundsätze dieses Schreibens gelten in allen noch nicht bestandskräftigen Fällen.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt I veröffentlicht.
BMF v. - IV A 5 - S 7300 -
90/06
Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2007 I Seite 90
DStR 2006 S. 2259 Nr. 50
INF 2007 S. 12 Nr. 1
StB 2007 S. 8 Nr. 1
UStB 2007 S. 39 Nr. 2
UVR 2007 S. 8 Nr. 1
WPg 2006 S. 1570 Nr. 24
KAAAC-31226