Steuerfreie Verwendung von Schiffsbetriebsstoffen
Gesetze: MinöStG § 4 Abs. 1, MinöStV § 17 Abs. 5
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist als Yachtversicherungsvermittlerin tätig. Sie vermittelt insbesondere Kasko-, Haftpflicht- und Insassenunfallversicherungen im Wassersportbereich. Eine in ihrem Eigentum stehende Barkasse setzt sie zur Besichtigung von Schäden an versicherten Yachten und Anlagen sowie zur Begleitung und Betreuung von Regatten ein, die von ihr selbst oder von Dritten z.B. auf der Alster und der Ostsee ausgerichtet werden. Seit 1997 war die Klägerin in Besitz einer Erlaubnis zur steuerfreien Verwendung von Mineralöl als Schiffsbetriebsstoff nach § 12 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 4 des Mineralölsteuergesetzes (MinöStG 1993). Mit der Begründung, dass die Angaben der Klägerin über den Einsatzzweck der Barkasse deren Einsatz in der gewerblichen Schifffahrt nicht belegten, nahm der Beklagte und Revisionskläger (das Hauptzollamt —HZA—) die der Klägerin erteilte Erlaubnis im Februar 2004 zurück. Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage führte zur Aufhebung des angefochtenen Verwaltungsakts.
Das Finanzgericht (FG) urteilte, dass die Barkasse ausschließlich für kommerzielle Zwecke und damit im Rahmen der gewerblichen Schifffahrt i.S. von § 4 Abs. 1 Nr. 4 MinöStG 1993 eingesetzt werde. Zwar sei die Schifffahrt bei einem Yachtversicherungsmakler nicht unmittelbares Ziel des ausgeübten Gewerbes, doch sei der Begriff der gewerblichen Schifffahrt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaft (EuGH) zu Art. 8 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 92/81/EWG des Rates vom zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Mineralöle —Mineralölstrukturrichtlinie— (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften —ABlEG— Nr. L 316/12) in einem weiteren Sinne zu verstehen und insbesondere von dem Begriff der privaten nichtgewerblichen Schifffahrt abzugrenzen (, EuGHE 2004, I-3537). Nicht verlangt werde, dass der Hauptzweck in einer Beförderungsleistung bestehen müsse. Einer solchen könne auch nur untergeordnete Bedeutung zukommen. Die Barkasse diene der Beförderung von Personen zu versicherten bzw. noch zu versichernden Objekten. Soweit mit ihr Regatten betreut würden, diene der werbende Einsatz des Schiffes der Vorbereitung und Anbahnung weiterer geschäftlicher Kontakte. Insgesamt liege eine Verwendung zu kommerziellen Zwecken vor, so dass ein Anspruch auf die begehrte Steuerbegünstigung bestehe. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf das in der Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern 2006, 172 abgedruckte Urteil des FG verwiesen.
Zur Begründung der Revision beruft sich das HZA auf die Angaben der Klägerin über den Einsatz der Barkasse. In ihrem Antrag auf Erlaubniserteilung habe die Klägerin die Barkasse als Versetzboot, d.h. als ein Boot zum Übersetzen auf andere Schiffe, bezeichnet. In späteren Schreiben habe die Klägerin auf den Einsatz des Bootes zur Personenbeförderung und zur Regattaaufsicht auf der Elbe, auf der Alster und im Hamburger Hafen hingewiesen. Der Widerruf sei deshalb in der Annahme erfolgt, dass die Barkasse nur in Binnengewässern eingesetzt werde. Die Rechtsprechung des EuGH zu Art. 8 Abs. 1 der Mineralölstrukturrichtlinie, der das FG gefolgt sei, beziehe sich lediglich auf die Schifffahrt in Meeresgewässern der Gemeinschaft. Daher könne die vom EuGH zum Begriff der gewerblichen Schifffahrt gefundene Auslegung nicht auf Binnengewässer übertragen werden. In § 4 MinöStG 1993 i.V.m. § 17 der Mineralölsteuer-Durchführungsverordnung (MinöStV) habe der Gesetzgeber für die Besteuerung von auf Binnenwasserstraßen verwendetem Mineralöl eine abweichende nationale Regelung getroffen. Die von der Klägerin eingesetzte Barkasse sei kein Schiff i.S. von § 4 Abs. 1 Nr. 4 MinöStG 1993. Zum einen liege aufgrund fehlender Beförderungsverträge zwischen der Klägerin und den Fahrgästen keine gewerbliche Personenbeförderung vor; zum anderen stelle sich die Regattabegleitung, vergleichsweise wie der Lotsendienst, lediglich als Hilfstätigkeit der gewerblichen Schifffahrt dar. Darüber hinaus stehe die Klägerin nicht in Wettbewerb mit ausländischen Anbietern. Daher bedürfe sie auch keiner steuerlichen Begünstigung. Die Steuerbefreiung für Schiffsbetriebsstoffe sei nämlich zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen zwischen in- und ausländischer Schifffahrt eingeführt worden. Aber selbst wenn die Klägerin auch auf der Ostsee tätig sei, könne sie sich auf eine unmittelbare Wirkung des einschlägigen Gemeinschaftsrechts nicht berufen.
Das HZA beantragt sinngemäß, das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen, und schließt sich im Wesentlichen den Ausführungen des FG an. Der Einsatz der Barkasse diene ausschließlich einem kommerziellen Zweck im Rahmen der gewerblichen Schifffahrt i.S. von § 4 Abs. 1 Nr. 4 MinöStG 1993. Der von dem Schiff befahrene Teil der Elbe gehöre zu den meist befahrenen internationalen Wasserstraßen Europas. Zudem sei das Schiffsversicherungsgewerbe eine notwendige Voraussetzung für die gewerbliche Schifffahrt. Schließlich werde die Barkasse bei traditionellen Großveranstaltungen auf der Ostsee genutzt.
II. Die Revision des HZA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Zu Unrecht ist das FG von der Rechtsprechung des Senats abgewichen und hat eine Steuerbefreiung auch für das beim Einsatz der Barkasse auf Binnenwasserstraßen verwendete Mineralöl bejaht. Soweit jedoch der Einsatz der Barkasse in Meeresgewässern der Gemeinschaft erfolgt, verletzt die Zurücknahme der Erlaubnis zur steuerfreien Verwendung von Mineralöl als Schiffsbetriebsstoff die Rechte der Klägerin. Insoweit ist die Entscheidung des FG nicht zu beanstanden.
1. Soweit die streitgegenständliche Barkasse auf Binnenwasserstraßen bzw. in Binnengewässern der Gemeinschaft i.S. von Art. 8 Abs. 2 Buchst. b der Mineralölstrukturrichtlinie und Art. 15 Abs. 1 Buchst. f der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom —ABlEU Nr. L 283/51— (Energiesteuerrichtlinie) Verwendung findet, hat das FG zu Unrecht geurteilt, dass das Schiff ausschließlich in der gewerblichen Schifffahrt und bei damit verbundenen Hilfstätigkeiten eingesetzt werde, so dass ein Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis zur steuerfreien Verwendung des eingesetzten Mineralöls als Schiffsbetriebsstoff nach § 12 Abs. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 4 MinöStG 1993 bestehe.
a) § 4 Abs. 1 Satz 1 MinöStG 1993 erlaubt die steuerfreie Verwendung von Mineralöl als Schiffsbetriebsstoff zum Motorenantrieb und zum Heizen unter Steueraufsicht u.a. auf „Schiffen, die ausschließlich in der gewerblichen Schifffahrt” und bei bestimmten damit verbundenen Hilfstätigkeiten, wie Lotsen-, Schlepper- und ähnlichen Diensten, eingesetzt werden. Der Begriff der „Schifffahrt” ist im Gesetz selbst nicht definiert. Gestützt auf die in § 31 Abs. 2 Nr. 5 MinöStG 1993 enthaltene Ermächtigung hat der Verordnungsgeber in § 17 Abs. 5 MinöStV eine Reihe von Wasserfahrzeugen vom Anwendungsbereich des § 4 Abs. 1 Nr. 4 MinöStG 1993 ausgenommen und damit einen eigenen Schiffsbegriff des Mineralölsteuerrechts geschaffen, der mit dem üblichen Schiffsbegriff, wie er auch in Art. 8 Abs. 1 Buchst. c der Mineralölstrukturrichtlinie verwendet wird, nicht übereinstimmt. Ausgeschlossen vom mineralölsteuerrechtlichen Schiffsbegriff sind nämlich Hotel-, Wohn- und Therapieschiffe sowie Schiffe von Schiffsfotografen, Schiffsmalern, Bestattungsunternehmen und zu ähnlichen Zwecken eingesetzte Schiffe (§ 17 Abs. 5 Nr. 1 MinöStV) und Wasserfahrzeuge, die zur wassersportlichen Schulung bzw. zur Ausübung des Wassersports eingesetzt werden (§ 17 Abs. 5 Nr. 3 MinöStV).
b) Der Ausschluss bestimmter Wasserfahrzeuge orientiert sich am Sinn und Zweck der Steuerbefreiung für Schiffsbetriebsstoffe. Insbesondere soll die Regelung Wettbewerbsverzerrungen zwischen in- und ausländischer Schifffahrt (vor allem im Seeverkehr) vermeiden. In seinen beiden Urteilen vom VII R 73/81 (BFHE 144, 302 —Therapieschiffe—) und VII R 102/81 (BFHE 144, 306 —Motoryachten—) hat der Senat den Begriff der gewerblichen Schifffahrt dahin gehend verstanden, dass er allein auf die Handelsschifffahrt bezogen ist, d.h. den Verkehrszweig zur Beförderung von Personen und Gütern auf dem Wasser durch Schiffe. Die Schifffahrt müsse selbst unmittelbar Ziel des Gewerbes sein. Begründet hat der Senat seine an den zollrechtlichen Vorgängervorschriften (§ 72 Abs. 1 der Allgemeinen Zollordnung —AZO— i.d.F. der Änderungsverordnung vom —BGBl I, 1589— bzw. des § 46 Abs. 1 AZO i.d.F. der Verordnung vom —BGBl I, 747—) orientierte Auslegung mit dem Sinn und Zweck der Regelung. Traditionsgemäß sehe das Zollrecht aller Staaten für Schiffe im Seeverkehr Abgabenbegünstigungen u.a. für Treib- und Schmierstoffe vor. Die Betreiber einheimischer Schiffe wären im Wettbewerb benachteiligt, müssten sie —anders als ihre ausländischen Konkurrenten— Abgaben für die in ihren Schiffen verwendeten Treib- und Schmierstoffe bezahlen. Daher seien ihnen zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen die Erleichterungen zu gewähren, in deren Genuss die Nutzer von Schiffen anderer Länder gelangten, mit denen sie im Wettbewerb ständen (Senatsurteil vom VII R 78/90, BFHE 171, 151).
c) Wie der Senat in seiner Entscheidung vom VII R 4/03 (BFHE 205, 351) ausgeführt hat, können diese Grundgedanken auf die in § 4 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 MinöStG 1993 festgelegte Steuerbefreiung für Schiffsbetriebsstoffe übertragen werden. Denn das Anliegen der Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen kann auch nach der harmonisierungsbedingten Anpassung der mineralölsteuerlichen Vorschriften an das Gemeinschaftsrecht Geltung beanspruchen. Da nach den Feststellungen des FG der Einsatz eines schwimmenden Arbeitsgeräts (Hopperbagger) in Binnengewässern zu beurteilen war, hatte der Senat bisher keinen Anlass, die Frage zu beantworten, ob die in den nationalen Regelungen vorgenommene Einschränkung des Schiffsbegriffs mit den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben in Einklang steht.
d) Soweit die Klägerin die Barkasse zur Schadensbesichtigung bei Yachtschäden und bei der Besichtigung von versicherten Anlagen in Binnengewässern der Gemeinschaft einsetzt und dabei Meeresgewässer der Gemeinschaft nicht befährt, steht ihr ein Anspruch auf steuerfreie Verwendung von Schiffsbetriebsstoffen nicht zu.
Die Tätigkeit eines Yachtversicherungsmaklers als solche kann nach Auffassung des erkennenden Senats nicht dem mineralölsteuerrechtlich zu interpretierenden Begriff der gewerblichen Schifffahrt zugeordnet werden. Denn nach der Rechtsprechung des Senats ist dieser auf die Handelsschifffahrt, also auf die Beförderung von Personen und Gütern auf dem Wasser, beschränkt. Auf dieses Verständnis weist auch die in § 17 Abs. 5 Nr. 1 MinöStV vorgenommene Beschränkung der Steuerbefreiung für Schiffsbetriebsstoffe hin.
Bei der mineralölsteuerrechtlich zu beurteilenden Tätigkeit der Klägerin steht die Beförderung von Personen oder Gütern nicht im Vordergrund. Vielmehr liegt der eindeutige Schwerpunkt der gewerblichen Betätigung in der versicherungsrechtlichen Beratung der Kunden und in der fachkundigen Begutachtung von Schadensfällen. Auch die Begleitung und Sicherung von Regatten dient nicht in erster Linie der Personenbeförderung, sondern der Schadensverhütung und der Hilfeleistung bei Notfällen. Damit erbringt die Klägerin für ihre Kunden verschiedene Dienstleistungen, die jedoch nicht mit den in § 4 Abs. 1 Nr. 4 MinöStG 1993 genannten Lotsen-, Schlepper- und ähnlichen Diensten gleichgesetzt werden können. Diese Dienste stellen nämlich die einsatzbezogene Fortbewegung des Schiffes sicher und dienen damit unmittelbar der Verwendung des Wasserfahrzeugs als Beförderungsmittel. Demgegenüber erbringt ein Versicherungsmakler Dienstleistungen, die den in § 17 Abs. 5 MinöStV angesprochenen Tätigkeiten —insbesondere den auftragsbezogenen Arbeiten von Malern und Fotografen— zugeordnet werden können. Unter Hinweis auf die Senatsrechtsprechung hat das FG zutreffend ausgeführt, dass bei einem Versicherungsmakler die Schifffahrt selbst nicht im Sinne der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs unmittelbares Ziel des Gewerbes ist. Daher ist es der Klägerin verwehrt, die insbesondere zur Sicherung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der Handelsschifffahrt eingeführte Steuerbefreiung für Schiffsbetriebsstoffe für sich in Anspruch zu nehmen, zumal sie ausschließlich Dienstleistungen für den privaten Wassersportbereich erbringt.
e) Diesem Ergebnis steht das Gemeinschaftsrecht nicht entgegen. Denn dieses ordnet in Art. 8 Abs. 1 Buchst. c der Mineralölstrukturrichtlinie bzw. Art. 14 Abs. 1 Buchst. c der Energiesteuerrichtlinie lediglich eine obligatorische Steuerbefreiung für in der Schifffahrt in Meeresgewässern der Gemeinschaft verwendete Kraftstoffe an. Hinsichtlich der Schifffahrt auf Binnenwasserstraßen erschöpfen sich die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben in einem Ausschluss von Steuerbegünstigungen für die private, nicht gewerbliche Schifffahrt und für den an Bord von Schiffen erzeugten Strom. Folglich steht das Gemeinschaftsrecht einer differenzierten Besteuerung der gewerblichen Schifffahrt auf Binnengewässern, wie sie der Gesetzgeber in § 4 Abs. 1 Nr. 4 MinöStG 1993 i.V.m. § 17 Abs. 5 MinöStV vorgenommen hat, grundsätzlich nicht entgegen. Im Ergebnis kommt die vom nationalen Gesetzgeber vorgenommene Einschränkung des Schiffsbegriffs einer enumerativen Aufzählung von Ausschlusstatbeständen gleich. Die gewählte Gesetzestechnik kann nicht dazu führen, eine vom Gemeinschaftsrecht für zulässig erachtete Beschränkung der Steuerbegünstigung für Schiffsbetriebsstoffe als gemeinschaftswidrig erscheinen zu lassen. Auch ist zu berücksichtigen, dass der EuGH in seiner Entscheidung in EuGHE 2004, I-3537, lediglich zum Begriff der Schifffahrt in Meeresgewässern der Gemeinschaft Stellung genommen hat.
2. Sollte die Barkasse in Meeresgewässern der Gemeinschaft i.S. von Art. 8 Abs. 1 Buchst. c der Mineralölstrukturrichtlinie oder Art. 14 Abs. 1 Buchst. c der Energiesteuerrichtlinie eingesetzt werden, erfordert das Gemeinschaftsrecht eine abweichende rechtliche Beurteilung.
a) Die Feststellungen des FG lassen lediglich den Schluss zu, dass die Barkasse zumindest im Rahmen von Regattabegleitungen auf der Ostsee und damit in Meeresgewässern zum Einsatz kommt und dass mit der Verwendung des Schiffes keine privaten Zwecke verfolgt werden. In diesen Fällen teilt der Senat die Beurteilung der Vorinstanz, dass der Einsatz des Schiffes der Steigerung des Bekanntheitsgrades der Klägerin und damit der Vorbereitung und Anbahnung weiterer Vertragsabschlüsse dient. Als Werbemaßnahme steht die Regattabegleitung in einem unmittelbaren Zusammenhang zur gewerblichen Tätigkeit der Klägerin und erfüllt damit den vom EuGH geforderten kommerziellen Zweck. Denn wie der EuGH in seinem Urteil in EuGHE 2004, I-3537 entschieden hat, ist der in Art. 8 Abs. 1 Buchst. c der Mineralölstrukturrichtlinie gemeinschaftsrechtlich festgelegte Begriff der Schifffahrt dahin gehend auszulegen, dass jede Form der Schifffahrt unabhängig vom Zweck der jeweiligen Fahrt erfasst wird, sofern sie zu kommerziellen Zwecken erfolgt. Diese Auslegung kann auf die wortgleiche Bestimmung des Art. 14 Abs. 1 Buchst. c der Energiesteuerrichtlinie übertragen werden.
b) In Bezug auf die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, Kraftstoffe von der Mineralölbesteuerung auszunehmen, die in der Luftfahrt mit Ausnahme der privaten nicht gewerblichen Luftfahrt verwendet werden, hat der EuGH entschieden, dass die Regelung in Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Mineralölstrukturrichtlinie so klar, genau und unbedingt ist, dass sie dem Einzelnen das Recht verleiht, sich vor den nationalen Gerichten auf sie zu berufen, um sich einer mit ihr unvereinbaren nationalen Regelung zu widersetzen (, EuGHE 1999, I-3419). In Anbetracht des Ersuchens des um Vorabentscheidung des EuGH zu der Frage, wie der Begriff Meeresgewässer der Gemeinschaft i.S. von Art. 8 Abs. 1 Buchst. c der Mineralölstrukturrichtlinie in Abgrenzung zu dem Begriff Binnenwasserstraße i.S. von Art. 8 Abs. 2 Buchst. b der Mineralölstrukturrichtlinie zu verstehen ist (Rs. C-391/05, ABlEU 2006 Nr. C 10/12), lässt es der Senat dahingestellt, ob auch der in Art. 8 Abs. 1 Buchst. c der Mineralölstrukturrichtlinie bzw. Art. 14 Abs. 1 Buchst. c der Energiesteuerrichtlinie normierte Befreiungstatbestand die vom EuGH aufgestellten Anforderungen an die hinreichende Bestimmtheit einer Norm erfüllt. Selbst wenn dies nicht der Fall wäre, käme hinsichtlich des Einsatzes von Schiffen in Meeresgewässern der Gemeinschaft eine richtlinienkonforme Auslegung der vom Gemeinschaftsrecht abweichenden nationalen Regelung in Betracht, die eine korrekte Anwendung des Gemeinschaftsrechts sicherstellen und der Klägerin den Anspruch auf die begehrte Steuerbegünstigung einräumen würde (vgl. Senatsurteil vom VII R 8/01, BFHE 201, 359).
3. Die rechtliche Beurteilung des Streitfalls erfordert eindeutige Feststellungen zu den konkreten Einsatzorten der Barkasse. Dabei ist die steuerbefreite Verwendung von Schiffsbetriebsstoffen in Meeresgewässern der Gemeinschaft von der nach nationalem Recht nur teilweise begünstigten Verwendung auf Binnenwasserstraßen abzugrenzen. Voraussetzung für eine derartige Aufteilung ist die Möglichkeit einer klaren Trennung beider Verwendungen. Die Möglichkeit der steuerlichen Überwachung und Kontrolle der Einsatzarten muss ohne großen Aufwand gewährleistet sein (Senatsurteil in BFHE 205, 351). An einer abschließenden Beurteilung des Streitfalls ist der Senat jedoch gehindert, da das FG den Begünstigungstatbestand des § 4 Abs. 1 Nr. 4 MinöStG 1993 ohne Berücksichtigung der gemeinschaftsrechtlich eingeräumten Differenzierungsmöglichkeiten ausgelegt und folglich keine Feststellungen darüber getroffen hat, zu welchen Teilen der Einsatz der Barkasse auf Binnenwasserstraßen und in Meeresgewässern der Gemeinschaft erfolgt und ob eine klare Trennung und steuerliche Kontrolle der Verwendungen gewährleistet werden konnte bzw. für die Zukunft gewährleistet werden kann. Diese Feststellungen wird das FG nunmehr nachzuholen haben. Dabei hat es auch darüber zu befinden, ob ein Abwarten der ausstehenden Entscheidung des EuGH zum Begriff der Meeresgewässer der Gemeinschaft geboten ist. Da das FG seiner Entscheidung —zumindest hinsichtlich des Einsatzes des Schiffes auf Binnenwasserstraßen— eine von der Auffassung des Senats abweichende Auslegung von § 4 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 MinöStG 1993 zugrunde gelegt hat, war das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Streitsache aus den vorgenannten Gründen dem FG zurückzugeben.
4. Der Senat hält die von ihm vorgenommene Auslegung des einschlägigen Gemeinschaftsrechts aufgrund der Rechtsprechung des EuGH für eindeutig. Ein Anlass zur Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH besteht demnach nicht (vgl. 283/81 —C.I.L.F.I.T.—, EuGHE 1982, 3415 Rdnr. 16).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 2132 Nr. 11
HFR 2006 S. 1250 Nr. 12
KAAAC-16491