BGH Urteil v. - 1 StR 22/03

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: StPO § 344 Abs. 2 Satz 2; StGB § 54

Instanzenzug: LG Nürnberg-Fürth vom

Gründe

Das Landgericht hat die Angeklagte K. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln in 71 Fällen unter Einbeziehung einer Freiheitsstrafe aus dem zur Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt und die in der Vorverurteilung ausgesprochene Sperre zur Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis aufrechterhalten. Den Angeklagten B. hat es wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln in 53 Fällen schuldig gesprochen und wegen bestehender Vorverurteilungen, denen es Zäsurwirkung beigemessen hat, zu drei Gesamtfreiheitsstrafen verurteilt. Im einzelnen hat es nach Auflösung der Gesamtstrafe aus dem Beschluß des Amtsgericht Fürth vom unter Einbeziehung der Freiheitsstrafen aus dem eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten und unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Fürth vom eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verhängt. Weiter hat es unter Auflösung einer Gesamtfreiheitsstrafe aus dem unter Einbeziehung der dortigen 39 Einzelstrafen eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten ausgesprochen.

Die wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft rügt die Verletzung sachlichen Rechts; sie hält die Gesamtstrafenbildung wie auch die Zumessung der Einzelstrafen für rechtsfehlerhaft und meint, das Landgericht habe zu Unrecht von der Anordnung des Wertersatzverfalls gegen diese beiden Angeklagten abgesehen. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der drei gegen den Angeklagten B. ausgesprochenen Gesamtfreiheitsstrafen; im übrigen ist es unbegründet. Die eingestreute Aufklärungsrüge ist nicht den Formerfordernissen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprechend ausgeführt.

I.

Die Zumessung der Einzelstrafen gegen die Angeklagten K. und B. für die abgeurteilten Taten ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Darauf hat der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift vom und auch in der Revisionshauptverhandlung zutreffend hingewiesen.

II.

Ohne Erfolg wendet sich die Beschwerdeführerin auch gegen die Nichtanordnung des Verfalls von Wertersatz. Die Strafkammer hat davon wegen Vorliegens eines Härtefalls (§ 73c Abs. 1 Satz 2 Alternative 1 StGB) abgesehen. Sie hat rechtlich zutreffend die Voraussetzungen bejaht, die es ihr ermöglichen, nach Billigkeitsgesichtspunkten von einer Verfallsanordnung Abstand zu nehmen. Im Rahmen der von ihr zu treffenden Ermessensentscheidung hat sie tragfähig darauf abgestellt, die Resozialisierung der Angeklagten solle nicht durch zu hohe finanzielle Belastungen gefährdet werden. Dabei hat sie ersichtlich auf die Urteilsfeststellungen zurückgegriffen, denen zufolge beide Angeklagte über keine Vermögenswerte verfügen, vielmehr Schulden in beachtlicher Höhe haben und der Wert des durch die Straftaten Erlangten darüber hinaus bei beiden nicht mehr vorhanden ist. Auch die weiteren in diesem Zusammenhang angestellten Erwägungen sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

III.

1. Die Bildung der Gesamtstrafe gegen die Angeklagte K. begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

2. Die gegen den Angeklagten B. ausgesprochenen Gesamtfreiheitsstrafen können hingegen von Rechts wegen keinen Bestand haben.

a) Schon die Annahme der Strafkammer, dem Urteil des Amtsgerichts Fürth vom komme eine - weitere - Zäsurwirkung zu, ist nach den bisherigen Feststellungen nicht zutreffend. Die dort abgeurteilten Taten wurden vor dem begangen, waren deshalb mit der in diesem Urteil verhängten Strafe gesamtstrafenfähig (vgl. Tröndle/Fischer StGB 51. Aufl. § 55 Rdn. 9 ff., 12; siehe auch BGHSt 32, 190, 193). Zäsurwirkung für die hier abgeurteilten Taten konnte auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen somit allein das entfalten.

b) Darüber hinaus ist die Bildung der dritten Gesamtstrafe revisionsgerichtlich nicht nachprüfbar. Die Strafkammer hat 39 Einzelstrafen aus dem einbezogen, ohne deren Art und Höhe in dem angefochtenen Urteil zu bezeichnen. Das ist rechtsfehlerhaft, weil die Straffindung damit in einem wesentlichen Punkt nicht nachvollziehbar ist. Das gilt namentlich hinsichtlich der Frage, ob die Vorschrift des § 54 StGB richtig angewandt worden ist (vgl. zu alldem BGH bei Holtz MDR 1979, 280; BGH NStZ 1987, 183; ).

c) Schließlich hat die Strafkammer nicht klargestellt, welche der Einzelstrafen gegen den Angeklagten B. für die abgeurteilten Taten sie in die jeweiligen Gesamtstrafen eingebracht hat. Dem Senat ist es auch nicht möglich, die Bestimmung der jeweils in die Gesamtstrafen einbezogenen Einzelstrafen dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe zu entnehmen. Dem steht auch die große Zahl der Einzelstrafen und die recht nahe beieinander liegende Höhe der drei Gesamtstrafen entgegen. Hinzu kommt, daß die Bildung der dritten Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten bei einer Einsatzstrafe von einem Jahr und sechs Monaten und hinzutretenden weiteren zahlreichen Freiheitsstrafen - darunter allein eine Vielzahl Einzelfreiheitsstrafen von je einem Jahr (vgl. UA S. 31) - schon für sich gesehen ohne weitere Begründung nicht nachvollziehbar ist.

Nach allem erscheint ein Rechtsfehler, der den Angeklagten B. beschweren (vgl. § 301 StPO), ihn aber auch zu Unrecht begünstigen kann, nicht ausgeschlossen.

3. Der neue Tatrichter wird die Grundsätze der Zäsurwirkung von Vorverurteilungen zu beachten haben, namentlich mit zu prüfen haben, ob die Geldstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Fürth vom bereits erledigt ist oder ebenfalls für eine Gesamtstrafenbildung in Betracht kommt.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
ZAAAC-11619

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