Leitsatz
[1] a) Für die Bestimmung der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer kommt es grundsätzlich nicht darauf an, welchen Wert abtrennbare, rechtlich selbständige, einer beschränkten Zulassung zugängliche Teile des Prozessstoffes haben. Maßgeblich ist gemäß § 5 ZPO der Wert der nach dem beabsichtigten Rechtsmittelantrag insgesamt erstrebten Abänderung des angefochtenen Urteils (im Anschluss an ).
b) Für die Bestimmung der geltend zu machenden Beschwer bleiben solche Teile des Streitstoffes unberücksichtigt, zu denen ein Zulassungsgrund nicht dargelegt ist (Bestätigung von , NJW 2002, 2720).
Gesetze: EGZPO § 26 Nr. 8; ZPO § 5
Instanzenzug: LG Mönchengladbach 1 O 203/00 vom OLG Düsseldorf I-23 U 169/04 vom
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig, jedoch nur zum Teil begründet.
I.
1. Die Beklagte beauftragte die Rechtsvorgängerin des Klägers mit der Errichtung einer Stahlhalle. Die Halle ist fertig gestellt. Dem Kläger steht aus abgetretenem Recht unstreitig ein Werklohn in Höhe von 58.900,82 € zu. Die Beklagte vertritt die Auffassung, es sei eine lichte Höhe von 5,00 m vereinbart worden. Diese ist nicht erreicht. Die Beklagte verlangt Schadensersatz in Höhe eines Minderwerts (24.494,97 €) und der Minderung, die sie mit dem Mieter der Halle vereinbart habe (57.648,16 €). Außerdem hat sie ein Zurückbehaltungsrecht wegen einer nicht ordnungsgemäß übergebenen Gewährleistungsbürgschaft in Höhe von 34.220,00 DM (17.496,41 €) und wegen eines Mangels der RWA-Kuppeln (Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 29.990,00 €) geltend gemacht.
2. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, die Leistung des Klägers sei mangelhaft, weil eine lichte Höhe von 5,00 m vereinbart worden sei. Die Werklohnforderung sei durch die Aufrechnung mit dem Schadensersatzanspruch wegen dieses Mangels erloschen.
Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht die Beklagte zur Zahlung von 58.900,82 € verurteilt. Es verneint einen Mangel. Der zur Aufrechnung gestellte Schadensersatzanspruch bestehe deshalb nicht. Ein Zurückbehaltungsrecht wegen einer nicht ordnungsgemäß gestellten Gewährleistungsbürgschaft und wegen angeblicher Mängel der RWA-Kuppeln mache die Beklagte in der Berufungsinstanz nicht mehr geltend.
3. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde wendet sich die Beklagte gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, ein Mangel bestehe nicht. Die Revision sei ferner zuzulassen, weil das Berufungsgericht den Vortrag der Beklagten zum Zurückbehaltungsrecht übergangen habe.
II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig. Das gilt nicht nur, soweit sich die Beschwerde gegen die Aberkennung des zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzanspruchs und die Nichtberücksichtigung des Zurückbehaltungsrechts wegen der Mängel an den RWA-Kuppeln richtet, sondern auch soweit sie sich gegen die Nichtberücksichtigung des Zurückbehaltungsrechts wegen der Gewährleistungsbürgschaft wendet.
Der Wert dieses Zurückbehaltungsrechts beträgt 17.496,41 €. Dieser Wert erreicht nicht den Wert der Beschwer nach § 26 Nr. 8 EGZPO. Danach ist die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht nur zulässig, wenn der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € übersteigt. Gleichwohl ist die Beschwerde auch insoweit zulässig.
1. Nach der nunmehr einheitlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es nicht darauf an, ob ein abtrennbarer, rechtlich selbständiger, einer beschränkten Revisionszulassung zugänglicher Teil des Prozessstoffes den Wert von 20.000 € nicht übersteigt. Auch insoweit ist die Nichtzulassungsbeschwerde zulässig ( unter Hinweis darauf, dass der IV. und V. Zivilsenat an abweichenden Entscheidungen nicht festhalten; Beschluss vom - IX ZR 62/03, unveröffentlicht; Beschluss vom - IX ZR 114/02, unveröffentlicht). Maßgeblich ist gemäß § 5 ZPO der Wert der nach dem beabsichtigten Rechtsmittelantrag insgesamt erstrebten Abänderung des angefochtenen Urteils. Das entspricht der ständigen Rechtsprechung zur Bestimmung des Beschwerdegegenstandes vor der Änderung des Zulassungsrechts (vgl. Zöller/ Herget, ZPO, 25. Aufl., § 5 Rdn. 20 ff.; Zöller/Gummer/Heßler, aaO, § 511 Rdn. 20 ff.; jeweils m.w.N.). Die Regelung in § 26 Nr. 8 EGZPO knüpft an diese Rechtsprechung an (Hannich in: Hannich/Meyer-Seitz, ZPO-Reform 2002, § 544 Rdn. 7).
2. Für die Bestimmung der geltend zu machenden Beschwer sind allerdings von vornherein solche Teile des Streitstoffes außer Acht zu lassen, zu denen ein Zulassungsgrund nicht dargelegt ist. Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer kann nicht unanhängig von den dargelegten Zulassungsgründen beurteilt werden. Denn die Zulässigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde hängt nicht nur von der in der Revision geltend zu machenden Beschwer, sondern auch davon ab, dass die Zulassungsgründe dargelegt sind, § 544 Abs. 2 ZPO. Es ist deshalb gerechtfertigt, bei der Ermittlung der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer auch solche abtrennbaren Teile des Prozessstoffes zu berücksichtigen, für die ein Zulassungsgrund zwar nicht vorliegt, aber jedenfalls vom Beschwerdeführer dargelegt ist. Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist danach unzulässig, wenn der Beschwerdeführer einen Zulassungsgrund nur für einen abtrennbaren Teil des Streitstoffes dargelegt hat, der ihn nicht mit mehr als 20.000 € beschwert (, NJW 2002, 2720).
Die Beschwerde hat Zulassungsgründe zu den abtrennbaren Teilen des Streitstoffes dargelegt, deren Wert 20.000 € überschreitet.
III.
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist begründet, soweit das Berufungsgericht Zurückbehaltungsrechte nicht geprüft hat. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe die Zurückbehaltungsrechte in der Berufung nicht mehr geltend gemacht, findet im Sachverhalt keine Stütze. Die Zurückbehaltungsrechte wurden in erster Instanz geltend gemacht. Das Landgericht hat sie nicht geprüft, weil die Klage schon wegen der Aufrechnung für unbegründet gehalten wurde. Die Beklagte hat in der Berufung auf ihren erstinstanzlichen Vortrag Bezug genommen. Die Bezugnahme war zulässig, weil der erstinstanzliche Vortrag aus Rechtsgründen nicht behandelt wurde (Zöller/Gummer/Heßler, 25. Aufl., § 521 Rdn. 15). Das Übergehen dieses Vortrages begründet einen Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (, NJW 2000, 131), so dass das Urteil insoweit gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist.
2. Im Übrigen (Aberkennung des zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzanspruchs) wird von einer Begründung abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, § 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BB 2006 S. 1822 Nr. 34
NJW-RR 2006 S. 1097 Nr. 16
KAAAC-03268
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: nein