Leitsatz
[1] Der mit der Betriebsprüfung eines mit eigener Zollabteilung ausgestatteten Importunternehmens betraute Zollbeamte ist nicht verpflichtet, dieses ungefragt über eine günstigere zollrechtliche Gestaltung zu informieren (hier: Hinweis auf Anmeldung des Vorerwerbspreises als Transaktionswert nach Art. 29 Zollkodex i.V.m. Art. 147 Abs. 1 der Durchführungsvorschriften zum Zollkodex).
Gesetze: BGB § 839 (FI); AO § 89; Zollkodex Art. 29
Instanzenzug: LG Bremen
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die beklagte Bundesrepublik auf Schadensersatz in Höhe eines Teilbetrages von 50.000 € in Anspruch, weil sie der Auffassung ist, ein zollrechtlicher Betriebsprüfer habe sie nicht auf eine für sie günstige zollrechtliche Gestaltung hingewiesen, obwohl sich für ihn habe aufdrängen müssen, daß sie insoweit belehrungsbedürftig gewesen sei.
Die Klägerin handelt mit Textilien, die sie aus Fernost importiert. Bei den Lieferantinnen handelt es sich um mit ihr verbundene Unternehmen im Sinne von Art. 143 der Verordnung Nr. 2454/93 (EWG) der Kommission mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung Nr. 2913/92 (EWG) des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (im folgenden: ZK-DVO). Ihren Anmeldungen legte die Klägerin als "Transaktionswert" im Sinne des Art. 29 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2913/92 (EWG) des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (im folgenden: ZK) die ihr von ihren Lieferantinnen berechneten Preise zugrunde. Der Betriebsprüfer Zollamtsrat K., der bereits in den Jahren 1994 und 1997 eine Prüfung bei der Klägerin vorgenommen hatte, gab ihr anläßlich der im Jahr 2000 abgeschlossenen Prüfung auf ihre Frage, ob eine günstigere zollrechtliche Gestaltung in Betracht käme, die Empfehlung, sich die Vorerwerbspreisregelung anzusehen. Die Klägerin meint, dieser Hinweis habe ihr ohne eine besondere Nachfrage schon im Jahr 1997 erteilt werden müssen. Dann hätte sie die eingeführten Waren auf der Grundlage der niedrigeren Vorerwerbspreise anmelden können.
Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Anträge weiter.
Gründe
Die Revision ist nicht begründet.
1. Nach Art. 29 Abs. 1 ZK richtet sich der Zollwert eingeführter Waren nach dem Transaktionswert. Dabei handelt es sich nach der dort vorgenommenen Legaldefinition um den "für die Waren bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft tatsächlich gezahlte(n) oder zu zahlende(n) Preis". Die Regelung geht davon aus, daß der von unabhängigen Vertragsparteien vereinbarte Kaufpreis zutreffender Maßstab für den Wert der eingeführten Ware ist. In besonderen Konstellationen, die in Art. 29 Abs. 1 Buchst. a bis d ZK aufgeführt sind, bestehen gegenüber einem normalen Verkaufsfall Abweichungen, die die Eignung des Kaufpreises als zutreffenden Maßstab für die Ermittlung des Transaktionswerts in Frage stellen (vgl. Reiche, in: Witte, Zollkodex, 3. Aufl. 2002, Art. 29 Rn. 39 f). Einer dieser Fälle ist ein Kaufgeschäft zwischen verbundenen Unternehmen, bei dem die Begleitumstände des Kaufgeschäfts zu prüfen sind und der Kaufpreis als Transaktionswert nach Art. 29 Abs. 2 Buchst. a Satz 2 ZK dann anzuerkennen ist, wenn die Verbundenheit den Preis nicht - im Sinne einer Preisermäßigung - beeinflußt hat (vgl. Glashoff, in: Schwarz/Wockenfoth, Zollrecht, 3. Aufl., Art. 29 ZK Rn. 33).
Zur Prüfung des Merkmals, ob Waren zum Zweck der Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft verkauft wurden, gibt die Durchführungsverordnung zum Zollkodex in Art. 147 nähere Hinweise. Danach wird bereits die Tatsache, daß Waren, die Gegenstand eines Verkaufs sind, zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr in der Gemeinschaft angemeldet werden, für die Anwendung des Art. 29 ZK als ausreichendes Indiz angesehen (Art. 147 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 ZK-DVO). In Art. 147 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 2 ZK-DVO ist näher geregelt, inwieweit diese Indizwirkung in Fällen aufeinanderfolgender Verkäufe Geltung beansprucht. Soweit ein Preis aus einem Verkauf, der dem letzten Verkauf, der zur Verbringung der Waren in das Zollgebiet der Gemeinschaft geführt hat, vorausgeht, angemeldet werden soll, ist den Zollbehörden nach Art. 147 Abs. 1 Unterabs. 2 ZK-DVO nachzuweisen, daß dieser Verkauf von Waren mit Bestimmung für das genannte Gebiet abgeschlossen wurde.
Aus dem Zusammenhang von Art. 29 ZK und Art. 147 ZK-DVO ergibt sich, daß in Fällen eines mehrfachen Verkaufs unterschiedliche Kaufpreise der Transaktionswertermittlung zugrunde gelegt werden können. Insoweit kommt dem Zollwertanmelder ein Wahlrecht zu, das in seiner Durchführung nur durch den tatsächlichen Umstand beschränkt ist, daß er den Zollbehörden die für den Preis erforderlichen Angaben und Unterlagen vorzulegen in der Lage sein muß; insoweit sind insbesondere der Geltendmachung von Vorerwerbspreisen tatsächliche Grenzen gesetzt. Mit der zollrechtlichen Freigabe der Waren ist das vom Anmelder ausgeübte Wahlrecht verbindlich und kann im weiteren nicht durch Anmeldung eines günstigeren Preises als Transaktionswert ersetzt werden (vgl. Krüger, in: Dorsch, Zollrecht, Art. 29 ZK Rn. 11; Reiche aaO Rn. 35).
Diese Rechtslage besteht nicht erst seit dem Inkrafttreten des Zollkodex zum . Bereits unter der Geltung der Verordnung Nr. 1224/80 des Rates vom über den Zollwert der Waren ist der Transaktionswert in Art. 3 Abs. 1 entsprechend definiert worden. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat in der Rechtssache C-11/89 - Unifert - durch Urteil vom entschieden, daß der Importeur bei aufeinanderfolgenden Verkäufen einer Ware - wenn sie den Anforderungen der Bestimmung entsprechen - den Preis eines dieser Verkäufe der Ermittlung des Transaktionswerts zugrunde legen kann (vgl. Slg. 1990, I-2289, 2293 f zu Tz. 15 ff; vgl. auch BFH RIW 1991, 434, 435). Soweit es um Anmeldung eines Vorerwerbspreises geht, hat sich die Rechtslage durch Art. 147 Abs. 1 Unterabs. 2 ZK-DVO nur insoweit - zu Lasten des Anmelders - verändert, als er den Nachweis erbringen muß, daß der Verkauf mit der Bestimmung für das Zollgebiet der Gemeinschaft abgeschlossen worden ist (vgl. Reiche aaO Rn. 36a).
2. Vor dem Hintergrund dieser im Grundsatz seit Jahren bestehenden Rechtslage macht die Klägerin geltend, sie habe von der Existenz der Vorerwerbspreisregelung keine Kenntnis gehabt. Da sie aber die angemeldeten Waren von mit ihr verbundenen Unternehmen erworben habe, habe sich für den Betriebsprüfer der Beklagten aufdrängen müssen, daß sie von der ihr günstigeren Anmeldung von Vorerwerbspreisen nur deshalb abgesehen habe, weil ihr die Rechtslage nicht bekannt gewesen sei. Der Betriebsprüfer sei daher verpflichtet gewesen, sie schon anläßlich der Prüfung im Jahr 1997 auf die Vorerwerbspreisregelung hinzuweisen.
Mit Recht hat das Berufungsgericht indessen auf der Grundlage dieses Vorbringens eine Pflicht des Betriebsprüfers verneint, die Klägerin ungefragt auf die Vorerwerbspreisregelung hinzuweisen.
a) Aus § 89 AO läßt sich eine entsprechende Verpflichtung des Betriebsprüfers nicht herleiten. Nach dieser Bestimmung trifft die Behörde die Verpflichtung, die Beteiligten bei der Abgabe von Steuererklärungen und der Stellung von Anträgen zu beraten, wenn diese offensichtlich nur versehentlich oder aus Unkenntnis unterblieben oder unrichtig abgegeben worden sind, und ihnen, soweit erforderlich, über ihre Rechte und Pflichten Auskunft zu geben. Diese Auskunfts- und Betreuungspflichten sind nach Gegenstand und Umfang - ähnlich wie nach § 25 VwVfG - auf das Verwaltungsverfahren und die in einem konkreten anhängigen Verfahren bestehenden - formellen - Rechte und Pflichten der Beteiligten beschränkt (vgl. Senatsurteil vom - III ZR 141/94 - NVwZ 1996, 512, 513; Brockmeyer, in: Klein, Abgabenordnung, 7. Aufl. 2000, § 89 Rn. 4; Helsper, in: Koch/Scholtz, Abgabenordnung, 5. Aufl. 1996, § 89 Rn. 3, 4). Der Bestimmung des § 89 AO läßt sich wegen ihrer Verknüpfung mit einem konkreten Verwaltungsverfahren keine Verpflichtung entnehmen, allgemein über das materielle Recht Auskunft zu geben.
Im Streitfall war der Bedienstete der Beklagten mit der Betriebsprüfung des Unternehmens der Klägerin und weiterer verbundener Unternehmen betraut. Es ging dabei nicht (mehr) um die Anmeldung der eingeführten Waren nach dem Transaktionswert, für den die Klägerin zutreffend die ihr in Rechnung gestellten Kaufpreise angegeben hatte - diese Vorgänge waren durch die zollrechtliche Freigabe mit der Wirkung abgeschlossen, daß die Klägerin an ihr Wahlrecht gebunden war -, sondern um die nachträgliche Überprüfung dieser Vorgänge. Da sich der von der Klägerin vermißte Hinweis deshalb nur auf künftige Zollanmeldungen hätte auswirken können, ist er im Zusammenhang mit der Betriebsprüfung dem Anwendungsbereich des § 89 AO von vornherein entzogen. Die Klägerin kann sich mangels einer Antragstellung auch nicht auf die Vorschrift des Art. 11 Abs. 1 ZK berufen, nach der jede Person bei den Zollbehörden Auskünfte über die Anwendung des Zollrechts beantragen kann.
b) Die Revision leitet eine Hinweispflicht daher aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen her, die in der Rechtsprechung des Senats entwickelt worden sind. So hat der Senat wiederholt entschieden, ein Beamter dürfe nicht "sehenden Auges" zulassen, daß der bei ihm vorsprechende Bürger Schaden erleide, den der Beamte durch einen kurzen Hinweis, eine Belehrung mit wenigen Worten oder eine entsprechende Aufklärung zu vermeiden in der Lage sei (vgl. nur - NJW 1965, 1226, 1227; vom - III ZR 78/93 - NJW 1994, 2415, 2417, jeweils mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung). Er hat ferner anerkannt, daß sich aus der besonderen Lage des Einzelfalls Amtspflichten ergeben können, und dabei den Grundsatz betont, daß der Beamte "Helfer des Staatsbürgers" zu sein habe, woraus im Einzelfall seine Pflicht folgen könne, den von ihm zu betreuenden Personenkreis gegebenenfalls ausreichend zu belehren und aufzuklären, damit insbesondere ein Gesuchsteller im Rahmen des jeweils Möglichen und Zulässigen das erreichen könne, was er zu erreichen wünsche, und damit vermeidbarer Schaden von ihm ferngehalten werde ( - NJW 1960, 1244; vom - III ZR 64/99 - NVwZ-RR 2000, 746, 747). Er hat es schließlich für möglich gehalten, daß sich aus einer Sonderbeziehung - wie bei einem bestehenden Steuerschuldverhältnis - in Verbindung mit dem Grundsatz von Treu und Glauben Amtspflichten ergeben können, den Betroffenen auf ein besonderes Risiko oder eine drohende Schädigung hinzuweisen (Senatsurteil vom - III ZR 141/94 - NVwZ 1996, 512, 513). Aus diesen Rechtsgrundsätzen läßt sich eine Hinweispflicht des hier tätig gewesenen Betriebsprüfers jedoch nicht herleiten.
aa) Soweit es um die Belehrungsbedürftigkeit der Klägerin geht, oblag es ihr als Importeurin von Waren, sich in eigener Verantwortung über die rechtlichen Vorgaben für die Anmeldung und Versteuerung Klarheit zu verschaffen. Dies ist seit langem gefestigte Rechtsprechung, auch des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (vgl. Urteil vom - Rs C-80/89 - Slg. 1990, I-2671, 2676 zu Tz. 14). Das ist nicht erst eine Frage eines etwaigen Mitverschuldens nach § 254 BGB, sondern ist entscheidend für die Würdigung, ob in dem hier vorliegenden Steuerschuldverhältnis von einer Gestaltung auszugehen ist, in der die Notwendigkeit, dem Betroffenen durch Hinweise betreuend zur Seite zu stehen, für den Beamten nahe lag. Wie den Vorschriften des § 89 AO und des Art. 11 ZK mittelbar zu entnehmen ist, besteht eine grundsätzliche Pflicht, dem Zollanmelder ungefragt und von Amts wegen den günstigsten Weg zu weisen, gerade nicht. Vielmehr hat der Steuerpflichtige in seinem eigenen Interesse auf die Wahrnehmung der ihm günstigen Möglichkeiten selbst zu achten (vgl. BFH BStBl. 1960 III S. 178, 179).
Daß sich die Klägerin dieser in ihrem Interesse bestehenden Obliegenheit im grundsätzlichen bewußt war, wird durch den vom Berufungsgericht festgestellten Umstand belegt, daß sie eine eigene Zollabwicklungsabteilung unterhält, die aus mehreren - zeitweise sogar sechs bis acht - Mitarbeitern bestand; die Zollabwicklungsabteilung hatte nicht nur Zugang zu den einschlägigen Texten des Zollkodex und seiner Durchführungsverordnung, sondern war, wie der Geschäftsführer der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht erklärt hat, mit Kommentierungen zu diesen Vorschriften ausgestattet. Danach lag die Annahme, der Klägerin als Importunternehmen mit eigener Zollabwicklungsabteilung sei die Rechtslage in Bezug auf die Vorerwerbspreise als Transaktionswert unbekannt und sie sei insoweit belehrungsbedürftig, eher fern.
Die Revision macht zwar geltend, die Möglichkeit, einen Vorerwerbspreis als Transaktionswert zugrunde zu legen, sei den einschlägigen Vorschriften nicht mit der erforderlichen Klarheit zu entnehmen gewesen. Vielmehr verhalte sich Art. 29 ZK hierzu nicht, und die Bestimmung des Art. 147 Abs. 1 ZK-DVO enthalte lediglich Beweislastregelungen für das Merkmal "Zweck der Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft"; die Möglichkeit, der Anmeldung den Vorerwerbspreis zugrunde zu legen, sei in Art. 147 ZK-DVO nicht explizit geregelt, sondern werde nur stillschweigend vorausgesetzt. Das ändert aber nichts daran, daß sich aus Art. 147 Abs. 1 Unterabs. 2 ZK-DVO unzweifelhaft die Möglichkeit ergibt, den Vorerwerbspreis der Anmeldung zugrunde zu legen, allerdings verbunden mit der den Anmelder belastenden Folge, den Zollbehörden nachweisen zu müssen, daß dieser Verkauf von Waren mit Bestimmung für das Zollgebiet der Gemeinschaft abgeschlossen wurde. Die Rechtslage war damit hinreichend deutlich und wurde so auch, wie die Nachweise zu oben 1 belegen, einhellig in der Kommentierung wiedergegeben. Selbst wenn der Klägerin keine Fachliteratur zur Verfügung gestanden und ihr der Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen nicht die notwendige Klarheit vermittelt hätte, hätte professionelles Verhalten dazu führen müssen, sich über die Anwendung der einschlägigen zollrechtlichen Vorschriften nach Art. 11 Abs. 1 ZK bei der Zollbehörde kundig zu machen. Die Klägerin geht mit ihrer Klage selbst davon aus, daß sie auf eine entsprechende Frage bereits im Jahr 1997 einen Hinweis auf die Vorerwerbspreisregelung erhalten hätte, zumal es für diese im Gemeinschaftsrecht bereits eine im wesentlichen ähnliche Vorgängerregelung gab, zu deren Auslegung Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (Slg. 1990, I-2289) vorlag.
bb) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, dem Betriebsprüfer habe die mangelnde Kenntnis der Rechtslage seitens der Klägerin deshalb deutlich sein müssen, weil sie die Vorerwerbspreisregelung nicht in Anspruch genommen habe, obwohl sie die Waren von mit ihr verbundenen Unternehmen gekauft habe. Hieran ist richtig, daß der Anmelder in der Regel nur den Preis kennt, den er für den Erwerb der Waren an seinen Verkäufer zu zahlen hat. Im allgemeinen wird ihm der Verkäufer keinen Einblick geben, zu welchen Konditionen er seinerseits die Erzeugnisse erworben hat. Aus diesem Grund wird in der Regel nur ein Anmelder, der mit seinem Lieferanten im Sinne des Art. 143 ZK-DVO verbunden ist, die faktische Möglichkeit haben, Vorerwerbspreise in Erfahrung zu bringen und Unterlagen über diese Geschäfte zu erhalten. Nimmt man, wie die Klägerin dies geltend macht, hinzu, daß der Vorerwerbspreis wegen der Handelsspannen geringer ist als der Erwerbspreis des Anmelders, ergibt sich bei der Anmeldung der Vorerwerbspreise eine geringere Zollschuld.
Gleichwohl folgt aus dieser Betrachtungsweise nicht mit hinreichender Deutlichkeit, daß die Klägerin hinsichtlich der Rechtslage belehrungsbedürftig war.
(1) Zunächst ist auch in diesem Punkt auf die Eigenverantwortung der Klägerin aufmerksam zu machen. Niemand wußte so gut wie sie, wie ihre Handelsbeziehungen gestaltet waren. Bezog sie als Importeurin ihre Waren hauptsächlich oder ausnahmslos von mit ihr verbundenen Unternehmen, war sie schon im Hinblick darauf, daß dieser Umstand nach Art. 29 Abs. 1 Buchst. d, Abs. 2 Buchst. a ZK der Zugrundelegung des Kaufpreises als Transaktionswert entgegenstehen konnte, gehalten, der Preisbildung besonderes Augenmerk zu widmen. Zugleich mußte man von ihr erwarten, daß sie die Bestimmung des Art. 147 Abs. 1 Unterabs. 2 ZK-DVO mit einem höheren Interesse las als ein Importeur, für den die Vorerwerbspreise - unabhängig von dem Aufwand, den Zollbehörden den Zweck der Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft für den Vorerwerbsfall nachzuweisen - von vornherein nicht erreichbar waren.
(2) Es kommt hinzu, daß Gegenstand der Betriebsprüfungen in dem hier maßgebenden Bereich die Unterlagen und Kaufverträge mit den verbundenen Unternehmen waren. Der Betriebsprüfer hatte keinen Anlaß, in Unterlagen Einblick zu nehmen, die sich auf den Vorerwerb bezogen. Es ist zwischen den Parteien auch unstreitig, daß er solche Unterlagen tatsächlich nicht gesehen hat. Dann aber fehlte ihm die positive Kenntnis, daß eine Anmeldung von Vorerwerbspreisen die für die Klägerin günstigere Möglichkeit gewesen wäre. Die Revision meint zwar, im Hinblick auf die Handelsspannen bei der Veräußerung von Waren auf mehreren Wirtschaftsstufen spreche für das letztere die Lebenserfahrung; die Beurteilung des Prüfers, die Kaufpreise der Klägerin seien nach Art. 29 Abs. 2 Buchst. a Satz 2 ZK als Transaktionswert anzuerkennen, schließe jedenfalls die Kenntnis ein, die Vorerwerbspreise müßten niedriger sein. Diese Überlegungen ändern aber nichts an dem Befund, daß der Betriebsprüfer im Rahmen seiner Tätigkeit keinen Anlaß hatte, sich über Vorerwerbspreise zu informieren und die Klägerin über ihre Gründe zu befragen, weswegen sie ihren Anmeldungen ihre eigenen Einkaufspreise zugrunde legte. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht auch auf die Erfahrung des Betriebsprüfers verwiesen, daß Zollanmelder, denen - wie ausgeführt - ein aus eigener Verantwortung wahrzunehmendes Wahlrecht zusteht, bewußt auf die Anwendung der Vorerwerbspreisregelung verzichteten.
c) Da sich auch aus dem Gemeinschaftsrecht, das in Art. 11 Abs. 1 ZK ein von der Klägerin nicht wahrgenommenes Auskunftsrecht vorsieht, keine weiteren Hinweispflichten für die Zollbeamten der Beklagten ergeben, ist der geltend gemachte Amtshaftungsanspruch unbegründet. Mit ihrem Vorbringen, die Klägerin habe in einigen Fällen die Zollabfertigung auf der Grundlage von Vorerwerbspreisen erreicht und nach Bekanntwerden ihres Einkaufspreises sei eine - wie sich jetzt herausgestellt habe - fehlerhafte Nachverzollung vorgenommen worden, ist die Revision nach § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO ausgeschlossen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV-Beilage 2004 S. 93 Nr. 1
INF 2003 S. 891 Nr. 23
UAAAB-98776
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja