BFH Beschluss v. - I B 127/04

Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit im Hinblick auf Absicht der Gewinnerzielung

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1

Instanzenzug:

Gründe

I. Die Beteiligten streiten über die steuerliche Behandlung von Aufwendungen im Zusammenhang mit der Vercharterung von Booten. Die Sache befindet sich im zweiten Rechtsgang. Das im ersten Rechtsgang ergangene Urteil des Senats vom I R 92/00 ist in BFHE 199, 217 abgedruckt.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage erneut abgewiesen und die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Dagegen wendet sich die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde, mit der sie geltend macht, dass die Revision nach § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen sei.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) ist der Nichtzulassungsbeschwerde entgegengetreten.

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet. Die von der Klägerin geltend gemachten Gründe für eine Zulassung der Revision liegen, soweit sie ordnungsgemäß dargelegt worden sind, nicht vor.

1. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO ist die Revision gegen ein finanzgerichtliches Urteil zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine solche ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) gegeben, wenn im konkreten Fall eine Rechtsfrage entscheidungserheblich ist, die im Interesse der Allgemeinheit klärungsbedürftig ist (BFH-Beschlüsse vom I B 81/02, BFH/NV 2003, 1612; vom VII B 53/03, BFH/NV 2004, 978, m.w.N.). Wird hierauf eine Nichtzulassungsbeschwerde gestützt, so muss die grundsätzliche Bedeutung in der Beschwerdebegründung dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO); bei der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde können nur die ordnungsgemäß dargelegten Zulassungsgründe berücksichtigt werden (Senatsbeschluss vom I B 183/02, BFH/NV 2004, 87; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 116 Rz. 55).

2. Im Streitfall sieht die Klägerin die Frage als grundsätzlich bedeutsam an, ob bei einer Kapitalgesellschaft die Absicht der Gewinnerzielung immer dann verneint werden müsse, wenn vor Aufnahme des Geschäftsbetriebs der Gesellschaft kein schriftliches Konzept über Geschäftsentwicklung und Gewinnerwartungen erstellt worden sei. Diese Frage ist jedoch im Streitfall nicht klärungsfähig. Denn das FG hat seine Entscheidung nicht allein auf das Fehlen eines solchen Konzepts gegründet; es hat vielmehr darüber hinaus maßgeblich darauf abgestellt, dass die Klägerin einerseits „ohne sachkundige Marktanalyse” erhebliche Investitionen getätigt habe und dass andererseits in den von ihr erstellten „Budgetplanungen” unrealistische Vermietungszeiten angesetzt und wesentliche Kostenbestandteile nicht berücksichtigt worden seien. Aus diesen Faktoren sowie aus der von ihm festgestellten Segelerfahrung zweier Gesellschafter hat es geschlossen, dass es bei der Gründung der Klägerin darum gegangen sei, den von jenen Gesellschaftern aus privatem Interesse angestrebten Betrieb einer Hochseeyacht möglichst kostengünstig zu gestalten. Das Fehlen eines vorab erstellten Wirtschaftskonzepts ist also nur eins von mehreren Elementen, die der tatrichterlichen Würdigung zu Grunde liegen. Den von der Klägerin angesprochenen Rechtssatz hat das FG mithin nicht aufgestellt. Nur unter dieser Voraussetzung könnte aber zwecks Überprüfung des genannten Rechtssatzes die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen werden.

3. Mit ihrem Vortrag, dass die Handhabung durch das FG gegen Verfassungsrecht (Eigentumsgarantie und Gleichheitssatz) verstoße, hat die Klägerin keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt. Denn zum einen wird die schlichte Rüge der Verfassungswidrigkeit den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO nicht gerecht (BFH-Beschlüsse vom XI B 39/01, BFH/NV 2002, 1035; vom VIII B 182/02, BFH/NV 2003, 1059; Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz. 34, m.w.N.). Zum anderen entspricht die Entscheidung des FG speziell insoweit, als es um den von der Klägerin für verfassungswidrig erachteten Ansatz eines Gewinnaufschlags geht, der gefestigten Rechtsprechung des Senats (vgl. zuletzt Senatsurteil vom I R 56/03, BFH/NV 2005, 793). Deshalb hätte die Klägerin zur Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung vortragen müssen, welche in dieser Rechtsprechung noch nicht berücksichtigten Gesichtspunkte die genannte Frage gleichwohl als klärungsbedürftig erscheinen lassen (Senatsbeschluss vom I B 4/03, BFH/NV 2004, 63; Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz. 33, m.w.N.). Das ist nicht geschehen.

4. Soweit sich die Klägerin auf § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO beruft, fehlt es an der ordnungsgemäßen Darlegung eines Zulassungsgrundes. Die Klägerin verweist in diesem Zusammenhang auf das in dieser Sache ergangene zurückverweisende Senatsurteil, in dem die Höhe des angefallenen Werbeaufwands und die Anstellung eines Fachmanns als Hinweis auf eine gewinnorientierte Wirtschaftstätigkeit angesehen worden sei. Das FG hat beide genannten Faktoren jedoch nicht außer Betracht gelassen, sondern in seine Würdigung einbezogen. Wenn es im Ergebnis dennoch unter Berücksichtigung aller weiteren tatsächlichen Umstände zu der Überzeugung gelangt ist, dass die Klägerin ihren Geschäftsbetrieb im privaten Interesse ihrer Gesellschafter unterhalten hat, so liegt darin weder eine Abweichung von der Entscheidung des Senats noch ein Verstoß gegen deren Bindungswirkung (§ 126 Abs. 5 FGO). Es handelt sich vielmehr um eine tatrichterliche Schlussfolgerung, an die das Revisionsgericht auch dann gebunden ist, wenn eine abweichende Würdigung gleichermaßen möglich oder gar nahe liegend wäre (Senatsurteil vom I R 111/03, BFHE 206, 437, BStBl II 2005, 307).

5. Schließlich hat das FG nicht, wie von der Klägerin gerügt, entscheidungserhebliche Tatsachen außer Acht gelassen und dadurch seine Pflicht zur Berücksichtigung des gesamten Verfahrensergebnisses (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) verletzt. Denn die in diesem Zusammenhang von der Klägerin angesprochenen Umstände (Umfang der persönlichen Nutzung der Yachten durch einzelne Gesellschafter und Umsatzsteigerung im Jahr 1998) sind im Tatbestand des angefochtenen Urteils ausdrücklich erwähnt. Angesichts dessen ist davon auszugehen, dass das FG den genannten Vortrag der Klägerin zur Kenntnis genommen und bei der Urteilsfindung berücksichtigt hat. Das reicht im Hinblick auf § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO aus; dass der gesamte Beteiligtenvortrag in den Entscheidungsgründen ausdrücklich abgehandelt wird, verlangt die Vorschrift nicht (Senatsbeschluss vom I B 130/03, BFH/NV 2004, 969, m.w.N.).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 1816 Nr. 10
WAAAB-58199