OFD Frankfurt am Main - S 2285 A - 6 - St II 2.06

Berücksichtigung von Unterhaltsaufwendungen für Wehrpflichtige und Zivildienstleistende nach § 33a EStG

Bezug:

Unterhaltsleistungen der Eltern an ihr Wehr- oder Zivildienst leistendes Kind sind stets dem Grunde nach als außergewöhnliche Belastung nach § 33a EStG abzugsfähig, da für die Zeit des gesetzlichen Grundwehr- oder Zivildienstes kein Anspruch auf einen Kinderfreibetrag oder Kindergeld besteht (§ 32 Abs. 4 EStG i.V.m. § 63 Abs. 1 EStG). Eine Ausnahme gilt jedoch für die Fälle, in denen ein Kind neben dem Zivildienst ein Studium ernsthaft und nachhaltig betreibt. Da es hier gem. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a. EStG für einen Beruf ausgebildet wird, haben die Eltern einen Anspruch auf einen Kinderfreibetrag oder Kindergeld (vgl. BStBl 2002 II S. 807).

Allerdings entfällt der Anspruch auf einen Kinderfreibetrag bzw. auf Kindergeld nur für die Monate, in denen die Anspruchsvoraussetzungen an keinem Tag vorgelegen haben (Monatsprinzip; § 32 Abs. 4 Satz 7 EStG). Dabei ist zu beachten, dass der Wehrdienst immer am Ersten eines Monats beginnt, auch wenn der Dienst erst später (am ersten Werktag) angetreten wird. Der Zivildienst beginnt dagegen erst an dem Tag, an dem der Dienst aufgenommen wird, so dass das Kind ggf. in diesem Monat noch berücksichtigt werden kann (vgl. BStBl 1998 I S. 386).

Beispiel:

Der 18-jährige S macht am sein Abitur.

  1. Ab dem (Montag) leistet er den gesetzlichen Wehrdienst ab, um unmittelbar danach mit dem Studium zu beginnen.

  2. Bevor er mit dem Studium beginnt, leistet er seinen Zivildienst ab, den er am aufnimmt.

Lösung a)


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Januar bis Mai 2002:
S wird für einen Beruf ausgebildet und ist daher steuerlich als Kind zu berücksichtigen (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst a EStG).
Die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrages bzw. von Kindergeld sind erfüllt.
Juni bis August 2002:
Bis zum Beginn des Wehrdienstes befindet sich S in einer Übergangszeit i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst b EStG.
Die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrages bzw. von Kindergeld sind erfüllt.
September bis Dezember 2002:
S leistet ab dem (Sonntag) seinen gesetzlichen Wehrdienst ab. Dies gilt unbeschadet dessen, dass der Wehrdienst tatsächlich erst am ersten Werktag im September begonnen werden kann. Somit sind an keinem Tag der Monate September bis Dezember 2002 die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung eines Kinderfreibetrages bzw. von Kindergeld erfüllt.

Lösung b)


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Januar bis Mai 2002:
S wird für einen Beruf ausgebildet und ist daher steuerlich als Kind zu berücksichtigen (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst a EStG).
Die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrages bzw. von Kindergeld sind erfüllt.
Juni bis September 2002:
Bis zum Beginn des Zivildienstes befindet sich S in einer Übergangszeit i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG.
Die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrages bzw. von Kindergeld sind – auch im September (1 Tag) – erfüllt.
Oktober bis Dezember 2002:
In diesen Monaten erfüllt S an keinem Tag eine der Anspruchs Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 bis 5 EStG, so dass weder ein Kinderfreibetrag noch Kindergeld zu gewähren ist.

In den Monaten, in denen kein Anspruch auf einen Kinderfreibetrag oder Kindergeld bestanden hat, können Unterhaltsleistungen im Rahmen des § 33a EStG bis zu den in § 33a Abs. 1 S. 1 EStG genannten Jahreshöchstbeträgen (2003: 7.188 €; 2004: 7.680 €; 2005: 7.680 €) als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden.

Der Höchstbetrag wird jedoch um die eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes, die zur Bestreitung des Unterhalts bestimmt oder geeignet sind, gemindert, soweit sie den in § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG genannten Grenzbetrag (ab 2002: 624 €) übersteigen.

1. Eigene Bezüge eines Wehrdienstleistenden

Zu den anrechenbaren Bezügen eines Wehrdienstleistenden gehören insbesondere die

  • Geldleistungen nach § 2 Wehrsoldgesetz (vgl. H 190 <Anrechnung eigener Einkünfte und Bezüge> EStH 2002).

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    Wehrsoldgruppe
    Dienstgrad
    Wehrsoldtagessatz
    ab /DM
    ab / €
    1
    Grenadier
    14,50
    7,41
    2
    Gefreiter
    16,00
    8,18
    3
    Obergefreiter
    17,50
    8,95
    4
    Hauptgefreiter
    19,00
    9,71
    5
    Stabsgefreiter, Oberstabsgefreiter, Unteroffizier, Stabsunteroffizier, Fahnenjunker
    22,00
    11,25
    6
    Feldwebel, Fähnrich, Oberfeldwebel
    23,00
    11,76
    7
    Hauptfeldwebel, Oberfähnrich, Stabsfeldwebel, Oberstabsfeldwebel, Leutnant
    24,00
    12,27
    8
    Oberleutnant
    25,00
    12,78
    9
    Hauptmann
    26,00
    13,29
    10
    Stabshauptmann, Major, Stabsarzt
    27,00
    13,80
    11
    Oberstleutnant, Oberstabsarzt, Oberfeldarzt
    28,00
    14,32
    12
    Oberst, Oberstarzt
    29,00
    14,83
    13
    General
    31,00
    15,85

    Bei freiwilliger Wehrdienstverlängerung werden zusätzlich ab dem zehnten Dienstmonat 20,45 €/Tag, ab dem dreizehnten Dienstmonat 22,50 €/Tag und ab dem neunzehnten Dienstmonat 24,54 €/Tag gezahlt (vgl. § 8c Abs. 2 Wehrsoldgesetz, BGBl 2002 I S. 1519).

  • Weihnachtsgeld nach § 7 Wehrsoldgesetz (vgl. H 190 <Anrechnung eigener Einkünfte und Bezüge> EStH 2002).

    Die besondere Zuwendung wird im Dezember gezahlt und beträgt bei Ableistung des neunmonatigen Grundwehrdienstes 172,56 €.

  • Mobilitätszuschlag nach § 8d Wehrsoldgesetz
    (gültig ab bis )

    Dieser wird Soldaten gezahlt, die Grundwehrdienst leisten und deren Standort mehr als 30 km von ihrem Wohnort entfernt ist. Er beträgt bei einer einfachen Entfernung

    • von mehr als 30 km bis 50 km 0,51 € täglich

    • von mehr als 50 km bis 100 km 1,53 € täglich

    • von mehr als 100 km 3,07 € täglich

    Der Mobilitätszuschlag wird gezahlt, um Nachteile der heimatfernen Einberufung auszugleichen. Er ist aber nicht zweckgebunden, da Heimfahrten der Wehrpflichtigen mit öffentlichen Verkehrsmitteln kostenlos sind.

  • unentgeltliche Verpflegung und Unterkunft

    Die Sachbezugswerte für Verpflegung und Unterkunft sind mit den in der Sachbezugsverordnung (SachBezV) festgesetzten Werten anzusetzen. Dabei ist folgendes zu beachten:

    1. Unabhängig vom Stationierungsort des Wehrdienstleistenden ist von den in den §§ 1, 3 und 7 SachBezV festgesetzten Werten auszugehen.

    2. Wehrdienstleistende Mannschaftsdienstgrade sind wie Auszubildende i.S. des § 3 Abs. 2 Nr. 2 bzw. § 7 Abs. 2 Satz 1 SachBezV zu behandeln. Außerdem ist für diesen Personenkreis eine Wohnraumbelegung mit mehr als drei Personen anzunehmen.

    3. Bei wehrdienstleistenden Unteroffizieren und Reserveoffizieren hat eine Kürzung des Sachbezugswertes nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 bzw. § 7 Abs. 2 Satz 2 SachBezV nicht zu erfolgen. Eine Kürzung nach § 3 Abs. 2 Nr. 3 SachBezV ist nur vorzunehmen, wenn eine Wohnraumbelegung mit mehr als einer Person nachgewiesen oder glaubhaft gemacht wird.

    4. Die Sachbezugswerte sind auch dann als eigene Bezüge anzusetzen, wenn der Wehrdienstleistende unentgeltliche Verpflegung oder Unterkunft aus privaten Gründen nicht in Anspruch genommen oder an ihrer Stelle Barvergütungen erhalten hat (z.B. an Wochenenden). Ist der Wehrdienstleistende dagegen von der Verpflichtung zur Übernachtung (Heimschlaferlaubnis) oder zur Verpflegung befreit, so sind statt dessen die Barvergütungen anzusetzen.

    Beispiel:

    Monatlicher Sachbezugswert für unentgeltliche Unterkunft und Verpflegung bei einem Wehrdienstleistenden im Mannschaftsdienstgrad im Veranlagungszeitraum 2003, 2004 und 2005 (alte Bundesländer)


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    2003
    2004
    2005
    Unterkunftsausgangswert gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 SachBezV
    189,80 €
    191,70 €
    194,20 €
    ./. 15 v.H. gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 SachBezV
    ./. 28,47 €
    ./. 28,75 €
    ./. 29,13 €
    ./. 60 v.H. gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 3 SachBezV
    ./. 113,88 €
    ./. 115,02 €
    ./. 116,52 €
     
    47,45 €
    47,93 €
    48,55 €
    195,80 €
    197,75 €
    200,30 €

  • Ersatz von Aufwendungen für den Bau oder Kauf von Eigenheimen oder eigengenutzten Eigentumswohnungen nach § 7 Abs. 2 Nr. 5 des Unterhaltssicherungsgesetzes (USG)

  • Mietbeihilfe nach § 7a USG für Wehrpflichtige, die Mieter von Wohnraum sind.

Nicht anzurechnen sind zweckgebundene Bezüge, wie z.B. Erstattungen von Versicherungen und Krankenkassen oder die Ersatzleistungen nach dem USG (vgl. BStBl 1988 II S. 830). Zu den anrechenbaren Bezügen gehört auch nicht das – als Überbrückungshilfe für die Zeit nach Beendigung der Dienstzeit gewährte – Entlassungsgeld nach § 9 Wehrsoldgesetz, wenn nach Beendigung des Wehrdienstes keine Unterhaltszahlungen geleistet werden (vgl. BStBl 1991 II S. 716 und vom , BStBl 2002 II S. 746).

2. Eigene Bezüge eines Zivildienstleistenden

Zivildienstleistenden stehen die gleichen Geld- und Sachbezüge zu wie einem Soldaten des untersten Mannschaftsdienstgrades (Grenadier), der den Grundwehrdienst leistet (§ 35 Abs. 1 Zivildienstgesetz – ZDG –). Die unter 1. genannten Grundsätze gelten daher entsprechend.

Nach § 35 Abs. 2 ZDG kann einem Dienstleistenden jedoch nach einer Dienstzeit von drei Monaten der Sold der Soldgruppe 2 (Gefreiter) und nach einer Dienstzeit von sechs Monaten der Sold der Soldgruppe 3 (Obergefreiter) gewährt werde, wenn seine Eignung, Befähigung und Leistung dies rechtfertigen.

3. Ableistung des Grundwehr- bzw. Zivildienstes im Ausland

Leistet die unterstützte Person ihren Wehrdienst im Ausland und ist sie nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, ist bei der Ermittlung der abziehbaren Aufwendungen gemäß § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG die Ländergruppeneinteilung zu beachten (vgl. ESt-Kartei OFD Frankfurt am Main § 33a EStG Fach 1 Karten 11 und 15).

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Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:


Fundstelle(n):
ZAAAB-53036