Geldzuwendungen zur Finanzierung eines bereits erworbenen Grundstücks keine mittelbare Grundstücksschenkung
Gesetze: EStG § 7 Abs. 4, § 10e
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind in den Streitjahren zusammen veranlagte Eheleute.
Mit notariellem Kaufvertrag vom erwarben sie ein bebautes Grundstück zu einem Preis von 280 000 DM, das sie in der Folgezeit zu 60 v.H. zu eigenen Wohnzwecken nutzten und im Übrigen der Mutter des Klägers zu Wohnzwecken überließen. Diese schenkte dem Kläger aufgrund eines privatschriftlichen Schenkungsvertrags vom einen Betrag von 90 000 DM zur Verwendung für den Erwerb des neuen Hauses.
In den Einkommensteuererklärungen 1993 bis 1997 bezogen die Kläger den geschenkten Betrag in die Anschaffungskosten des Hauses mit ein und machten jeweils —hinsichtlich des eigengenutzten Teils des Hauses— einen entsprechenden Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sowie —hinsichtlich des an die Mutter entgeltlich überlassenen Teils— bei den Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung eine Absetzung für Abnutzung (AfA) nach § 7 Abs. 4 EStG geltend.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) kürzte die Anschaffungskosten für das Grundstück um den geschenkten Betrag mit der Begründung, insoweit seien den Klägern keine eigenen Anschaffungskosten entstanden, weil eine mittelbare Grundstücksschenkung durch die Mutter des Klägers vorliege. Die dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 1534 veröffentlichtem Urteil ab.
Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung des Verfahrensrechts und des materiellen Rechts.
Sie beantragen sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre 1993 bis 1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom unter Berücksichtigung weiterer Anschaffungskosten in Höhe von 36 000 DM bei der Bemessung der AfA nach § 7 Abs. 4 EStG sowie in Höhe von 54 000 DM bei der Bemessung der Wohneigentumsförderung nach § 10e EStG zu ändern.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Im Streitfall liege eine mittelbare Grundstücksschenkung vor, weil die Mutter des Klägers von vorneherein einen Teil des Kaufpreises für das Haus habe übernehmen wollen.
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
Zu Unrecht haben das FA und das FG die (Geld-)Schenkung der Mutter des Klägers als mittelbare Grundstücksschenkung angesehen und deshalb die mit dem geschenkten Betrag gezahlten Aufwendungen nicht als Anschaffungskosten für das erworbene Haus im Zusammenhang mit der beantragten Wohneigentumsförderung nach § 10e EStG sowie im Zusammenhang mit der AfA nach § 7 Abs. 4 EStG berücksichtigt; allerdings kann der Senat wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen des FG nicht abschließend beurteilen, ob die Voraussetzungen für die Wohneigentumsförderung nach § 10e EStG und für die AfA nach § 7 Abs. 4 EStG schon im Streitjahr 1993 gegeben waren.
1. Entgegen der Auffassung des FG gehört auch der Anteil des Kaufpreises für das erworbene Haus, der aus der Zuwendung der Mutter gezahlt wurde (90 000 DM), zu den Anschaffungskosten, die für die eigengenutzte Wohnung der Kläger nach § 10e EStG sowie für die an die Mutter vermietete Wohnung nach § 7 Abs. 4 EStG in Ansatz zu bringen sind.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) kann der Steuerpflichtige nach § 10e Abs. 1 Satz 2 und 4 EStG Kaufpreiszahlungen für die von ihm selbst genutzte Wohnung allerdings dann nicht als Anschaffungskosten geltend machen, wenn ihm das betroffene Grundstück mittelbar geschenkt wurde und ihm deshalb kein Aufwand entstanden ist.
aa) Eine solche mittelbare Grundstücksschenkung ist regelmäßig anzunehmen, wenn der Schenker bereits an dem Grundstückskaufvertrag mit dem Veräußerer beteiligt ist (, BFHE 175, 76, BStBl II 1994, 779), der geschenkte Geldbetrag unmittelbar auf das Notaranderkonto überwiesen wird (, BFHE 186, 400, BStBl II 1999, 128) oder die vor dem Kauf erfolgte Schenkung mit genauer Zweckbindung für ein bestimmtes Grundstück verbunden ist (vgl. , BFH/NV 2001, 307).
Hat der Steuerpflichtige aber —wie im Streitfall nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG— die Schenkung erst nach Abschluss des notariellen Kaufvertrags über das Grundstück erhalten, kann nicht mehr das Grundstück selbst, sondern lediglich der Geldbetrag als Gegenstand der Schenkung angesehen werden. Dies gilt entgegen der Auffassung des FA selbst dann, wenn der Betrag aus der Sicht des Schenkers —ggf. schon aufgrund früherer Absprachen— der Tilgung der (Kaufpreis-)Verbindlichkeiten dienen soll. Denn für die Frage, was Gegenstand der Schenkung ist (hier das erworbene Grundstück oder der zugewendete Geldbetrag zur Finanzierung des Erwerbs), ist allein die Natur der Zuwendung bei Eintritt der Vermögensmehrung beim Bedachten maßgeblich.
Auf die Form der in diesem Zeitpunkt vorliegenden Bereicherung kommt es deshalb entscheidend an, weil sich auch die schenkungsteuerrechtliche Beurteilung nach der Bereicherung des Bedachten und damit nach dem Gegenstand richtet, durch den die Bereicherung —der steuerpflichtige Erwerb (§ 10 Abs. 1 Satz 1 des Erbschaftsteuergesetzes —ErbStG—)— sich im Vermögen des Bedachten niederschlägt (vgl. , BFHE 163, 233, BStBl II 1991, 310). Angesichts dieses sich sowohl aus dem bürgerlichen Recht (§ 518 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs —BGB—) als auch aus dem Schenkungsteuerrecht ergebenden maßgeblichen Zeitpunkts für die Beurteilung der Zuwendung kann der Auffassung des FA nicht gefolgt werden, im Hinblick auf § 42 der Abgabenordnung (AO 1977) müsse ggf. auf den Zeitpunkt früherer mündlicher Absprachen über die spätere Durchführung der Schenkung abgestellt werden.
bb) Danach können Geldzuwendungen zur Finanzierung eines bereits erworbenen Wirtschaftsguts nicht mehr als (mittelbare) Schenkung dieses Wirtschaftsguts angesehen werden; denn die Vermögensverschiebung hat nicht den Erwerb —hier des Wohnhauses— veranlasst, sondern den Klägern lediglich ermöglicht, die in ihrer Person bereits begründete Kaufpreisverbindlichkeit zu erfüllen. Eine solche Zuwendung ist, auch wenn sie die Anschaffungskosten für ein (bereits erworbenes) Wirtschaftsgut betrifft, als reine Geldschenkung zu behandeln (, BFHE 176, 53, BStBl II 1995, 83, unter Bezugnahme auf , BFHE 162, 139, BStBl II 1991, 32).
b) Dementsprechend kann auch die von den Klägern geltend gemachte AfA nach § 7 Abs. 4 EStG für den fremdvermieteten Teil des Hauses nicht wegen Vorliegens einer mittelbaren Grundstücksschenkung in Höhe der streitigen Zuwendung durch die Mutter des Klägers verneint werden.
2. Die Sache ist nicht spruchreif.
a) Die Zuwendung der Mutter in Höhe von 90 000 DM ist zwar angesichts des unstreitigen Anteils der Nutzung des Hauses zu eigenen Wohnzwecken der Kläger (60 v.H.) im Umfang von 54 000 DM der Bemessungsgrundlage nach § 10e EStG sowie hinsichtlich des fremdvermieteten Teils (40 v.H.) im Umfang von 36 000 DM der AfA-Bemessung nach § 7 Abs. 4 EStG zuzurechnen.
b) Mangels entsprechender tatsächlicher Feststellungen des FG kann der Senat indessen nicht abschließend beurteilen, ob die Voraussetzungen für die Förderung nach § 10e EStG sowie für den Abzug der Aufwendungen nach § 7 Abs. 4 EStG bereits im Streitjahr 1993 vorgelegen haben.
aa) So können die Kläger die Wohneigentumsförderung nach § 10e EStG nur dann bereits für das Streitjahr 1993 und nicht erst für die folgenden Streitjahre geltend machen, wenn sie ihre in dem erworbenen Haus eigengenutzte Wohnung —entgegen der Regelung des Grundstückskaufvertrags, dass die Nutzungen erst ab übergehen sollten— schon im Jahre 1993 bezogen haben (vgl. zur von § 10e EStG vorausgesetzten tatsächlichen Eigennutzung , BFHE 173, 345, BStBl II 1994, 544). Die hierzu erforderlichen tatsächlichen Feststellungen hat das FG nachzuholen.
bb) Entsprechendes gilt für die AfA nach § 7 Abs. 4 EStG hinsichtlich der fremdvermieteten Wohnung. Sie kann nur derjenige geltend machen, der bereits angeschafft hat (vgl. , BFH/NV 1994, 27), d.h. auf den Eigenbesitz, Gefahr, Nutzen und Lasten übergegangen sind (, BFHE 122, 121, BStBl II 1977, 553; vom IV R 43/90, BFHE 166, 329, BStBl II 1992, 398). Diese Voraussetzung war aufgrund des Grundstückskaufvertrags erst ab dem und damit nicht schon im Jahr 1993 gegeben (vgl. BFH-Urteil in BFHE 166, 329, BStBl II 1992, 398, zur zeitlichen Zurechnung bei Vereinbarung eines maßgeblichen Zeitpunkts im Schnittpunkt zweier Jahre). Ob die Vertragsparteien aufgrund des schon mit Vertragsabschluss vereinbarten Gefahr- und Lastenübergangs übereinstimmend von einer anderen Auffassung ausgegangen sind und diese auch durch eine vorherige tatsächliche Nutzungsüberlassung umgesetzt haben, wird das FG ebenfalls aufzuklären haben.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 27
BFH/NV 2005 S. 27 Nr. 1
DStRE 2005 S. 24 Nr. 1
HFR 2005 S. 120
WAAAB-35564