BFH Beschluss v. - VI S 4/04

Aufteilung der rückständigen Steuer bei zusammenveranlagten Ehegatten

Gesetze: AO § 270; EStG § 26a

Instanzenzug:

Gründe

Der Antragstellerin, Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) kann die beantragte Prozesskostenhilfe (PKH) nicht gewährt werden, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung —hier die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Finanzgericht (FG)— keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 142 der FinanzgerichtsordnungFGO— i.V.m. § 114 der ZivilprozessordnungZPO—).

Die Klägerin, die zusammen mit ihrem Ehemann zur Einkommensteuer 1998 veranlagt wurde, begehrte vom Beklagten (Finanzamt —FA—) die Aufteilung der sich aus der Zusammenveranlagung ergebenden Einkommensteuerschuld gemäß dem jeweils erzielten Einkommen und unter Berücksichtigung der gezahlten Einkommensteuer. Dabei vertrat sie die Rechtsansicht, dass die Aufteilung gemäß § 270 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) nicht nach dem Verhältnis der bei getrennter Veranlagung zu zahlenden Einkommensteuerbeträge, sondern nach dem Verhältnis der beiden Einkünfte erfolgen müsse. Indes legte das FA der Aufteilung die fiktiv errechneten Steuerbeträge zugrunde. Einspruch und Klage gegen den vom FA erlassenen Aufteilungsbescheid hatten keinen Erfolg. Das FG entschied, dass für jeden Ehegatten ein fiktiv zu versteuerndes Einkommen zu ermitteln sei, woraus sich unter Anwendung der Einkommensteuer-Grundtabelle für jeden ein fiktiver Steuerbetrag ergebe. Diese beiden Steuerbeträge würden dann die Grundlage für die nach § 270 AO 1977 durchzuführende Verhältnisrechnung bilden.

Mit ihrem Antrag begehrt die Klägerin nunmehr PKH für eine noch einzulegende Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch das FG. Hierzu vertritt sie die Ansicht, dass mit den in § 270 Satz 1 AO 1977 genannten Beträgen nicht die Steuerbeträge gemeint seien, sondern nach § 26a des Einkommensteuergesetzes (EStG) die Beträge, die jeder Ehegatte im Veranlagungszeitraum erwirtschaftet habe. Der Frage nach der Auslegung des Begriffes „Beträge” in der streitbefangenen Vorschrift käme eine grundsätzliche Bedeutung zu.

Die beabsichtigte Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision hat indes keine Erfolgsaussicht. Dabei kann der Senat offen lassen, ob die Klägerin ihrer Darlegungspflicht nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO hinreichend genügt hat. Nach der im PKH-Verfahren gebotenen summarischen Überprüfung der Rechtslage kommt der von der Klägerin aufgeworfenen Frage deshalb keine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zu, weil sie so zu beantworten ist, wie es das FG getan hat. Somit fehlt es bereits an der Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage in dem von der Klägerin angestrebten Revisionsverfahren.

Nach § 270 Satz 1 AO 1977 ist die rückständige Steuer nach dem Verhältnis der Beträge aufzuteilen, die sich bei getrennter Veranlagung nach Maßgabe des § 26a EStG und der §§ 271 bis 276 AO 1977 ergeben würden. Aus dem Verweis auf § 26a EStG wird deutlich, dass es sich bei den in § 270 Satz 1 AO 1977 genannten Beträgen nicht um die Einkünfte der Ehegatten handeln kann. Der Ansatz, die rückständige Steuerschuld nach dem Verhältnis der Einkünfte aufzuteilen, wurde vom Gesetzgeber bewusst nicht gewählt, weil dieses Verfahren den Gesamtschuldner mit dem niedrigeren Einkommen benachteiligt hätte; denn dieser wäre dann für einen höheren Betrag als bei getrennter Veranlagung in Anspruch genommen worden (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 270 AO 1977 Rz. 1).

Den Aufteilungsmaßstab i.S. von § 270 Satz 1 AO 1977 bildet vielmehr das Verhältnis der bei getrennter Veranlagung der beiden Ehegatten von jedem Steuerschuldner zu zahlenden Einkommensteuer. Das Verhältnis dieser unter Berücksichtigung der Einkommensteuer-Grundtabelle fiktiv errechneten Steuerbeträge ist der Aufteilung der Gesamtschuld zugrunde zu legen (vgl. Müller-Eiselt in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 270 AO 1977 Rz. 3; Geist in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 270 AO 1977 Rz. 3, mit Berechnungsbeispiel, sowie , BFH/NV 1991, 214, m.w.N.). Entgegen der Auffassung der Klägerin hält der Senat diese Auslegung von § 270 Satz 1 AO 1977 für eindeutig. Nach summarischer Prüfung bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung somit keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, so dass PKH nicht gewährt werden kann.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2004 S. 1624
BFH/NV 2004 S. 1624 Nr. 12
IAAAB-27408