VGA bei je zur Hälfte auf Festgehalt und Gewinntantieme entfallender angemessener Gesamtausstattung des Gesellschafter-Geschäftsführers
Gesetze: KStG § 8 Abs. 3 Satz 2
Instanzenzug: , F (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH, die mit ... Filialen im Einzelhandel mit…Erzeugnissen tätig ist. Alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer war seit der Gründung 1984 X. Er erhielt im Streitjahr 1997 für seine Tätigkeit als Geschäftsführer nach Maßgabe der am geschlossenen und ab 1989 geänderten Tantiemevereinbarung neben einem Festgehalt von monatlich 20 000 DM eine gewinnabhängige Tantieme vor Ertragsteuern von 20 v.H. für einen Gewinn bis 100 000 DM, von 30 v.H. für einen Gewinn zwischen 100 000 DM und 200 000 DM sowie von 40 v.H. für darüber hinausgehende Gewinne. Die danach zu zahlenden Tantiemen waren ab 1989 auf die Höhe des Festgehaltes begrenzt.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) sah die hiernach im Streitjahr geleistete Gesamtausstattung des X von 480 000 DM zwar der Höhe nach als angemessen an. Er beanstandete jedoch unter Hinweis auf das Senatsurteil vom I R 50/94 (BFHE 176, 523, BStBl II 1995, 549) das Aufteilungsverhältnis von Tantieme zu Festgehalt von 50:50. Angemessen sei ein Verhältnis von 75:25, wobei der angemessene variable Gehaltsanteil aus den Festgehältern mit einem Drittel (= 80 000 DM) errechnet wurde. Der darüber hinaus gezahlte Betrag von 160 000 DM sei als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) anzusehen.
Die Klage gegen die dementsprechend ergangenen Steuerbescheide war erfolgreich. Das , F ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2003, 1036 abgedruckt.
Das FA stützt seine Revision auf Verletzung materiellen Rechts.
Es beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Dessen Feststellungen ermöglichen keine abschließende Beurteilung der Frage, ob die Gesamtvergütung von X noch als angemessen oder in welchem Umfang sie als vGA anzusehen ist.
1. Nach § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) darf eine vGA das steuerlich zu erfassende Einkommen einer Körperschaft nicht mindern. VGA in diesem Sinne sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats Vermögensminderungen und verhinderte Vermögensmehrungen, die nicht auf einer offenen Gewinnausschüttung beruhen, sich auf den Unterschiedsbetrag i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes auswirken und durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind (z.B. , BFHE 202, 241, BFH/NV 2003, 1388; vom I R 24/02, BFHE 202, 494, BFH/NV 2003, 1501, jew. m.w.N.). Dazu gehören insbesondere einem Gesellschafter-Geschäftsführer gezahlte Vergütungen, die ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter (§ 43 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung) einem gesellschaftsfremden Geschäftsführer unter ansonsten vergleichbaren Verhältnissen nicht gewährt hätte (Senatsurteil vom I R 27/99, BFHE 195, 228, BStBl II 2002, 111).
2. Im Streitfall betrug die Gesamtausstattung des X 480 000 DM, wobei die eine Hälfte auf die monatlichen Festgehälter und die andere Hälfte auf die Gewinntantieme entfiel. Das FG hat diese Gesamtvergütung in Übereinstimmung mit den Beteiligten als angemessen angesehen. Sie sei nach Grund und Höhe nicht zu beanstanden. Zwar habe das FA die Tantieme auf Grundlage des Senatsurteils in BFHE 176, 523, BStBl II 1995, 549 und der darin aufgestellten 75:25-Aufteilungsregel zwischen fixen und variablen Gehaltsbestandteilen zutreffend mit einem Drittel als vGA angesehen. Die Klägerin habe auch keine vernünftigen und tragfähigen Gründe für die Regelabweichung vorgebracht. Richtigerweise komme es jedoch nicht auf eine derartige Aufteilung an, sondern nur darauf, ob die Gesamtausstattung insgesamt angemessen sei. Eine starre 75:25-Begrenzung sei nicht hinzunehmen. Sie führe zu dem befremdlichen Ergebnis, dass der Prozentsatz der Tantiemeteilhabe sinken müsse, je erfolgreicher der Geschäftsführer sei. Bei gleichbleibendem Festgehalt würde er am Unternehmenserfolg immer weniger partizipieren.
3. Diese Beurteilung des FG hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
a) Besteht die Vergütung eines Gesellschafter-Geschäftsführers zum Teil aus variablen Bezügen, so kann deren Angemessenheit oftmals nicht isoliert von der Gesamtvergütung des betreffenden Geschäftsführers beurteilt werden. Das gilt namentlich dann, wenn —wie im Streitfall— eine Zahlung von Gewinntantiemen vereinbart worden ist. Hier wird ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter im Allgemeinen darauf achten, dass die Tantieme in Verbindung mit den übrigen Gehaltsbestandteilen nicht zu einer unangemessen hohen Gesamtausstattung führt. Dazu kann er beispielsweise eine Prognose über die zukünftigen Gewinnaussichten der Gesellschaft anstellen und auf dieser Basis ermitteln, welcher Tantiemesatz zu der angestrebten angemessenen Gesamtausstattung führt (vgl. Senatsurteil in BFHE 176, 523, BStBl II 1995, 549). Erweist sich eine solche Prognose als schwierig oder als eher spekulativ oder lässt sie sich —zumal Jahre später— kaum noch in tragfähiger Weise rekonstruieren, kann es auch genügen, wenn der Tantiemesatz als solcher einem Fremdvergleich standhält. In solchen Fällen kann es allerdings erforderlich sein, einen angemessenen Höchstbetrag zu ermitteln, bei dessen Überschreiten in entsprechendem Umfang eine vGA anzunehmen ist. Die Entscheidung, wie der Fremdvergleich im Einzelfall durchzuführen ist, obliegt grundsätzlich dem FG (vgl. Senatsurteile in BFHE 202, 241, BFH/NV 2003, 1388; in BFHE 202, 494, BFH/NV 2003, 1501).
b) Als tauglicher Maßstab der Angemessenheitsprüfung kann des Weiteren das Verhältnis variabler Bezüge des Geschäftsführers zu dessen fixen Gehaltsbestandteilen herangezogen werden. Dazu hat der Senat in der Vergangenheit entschieden, dass ein Gesellschafter-Geschäftsführer variable Bezüge regelmäßig nur insoweit akzeptieren wird, als sie 25 v.H. der Gesamtausstattung nicht überschreiten (Senatsurteil in BFHE 176, 523, BStBl II 1995, 549). Diese Rechtsprechung besagt allerdings nicht, dass der Höhe nach angemessene Gesamtbezüge generell allein deshalb teilweise vGA sind, weil sie zu mehr als 25 v.H. aus Tantiemen bestehen. Vielmehr muss in einer solchen Situation jeweils im Einzelfall ermittelt werden, ob ein höherer Tantiemeanteil darauf hinweist, dass die gewählte Gestaltung in ihrer Gesamtheit oder ggf. in Teilen durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Eine solche Veranlassung kann u.a. dann zu verneinen sein, wenn die Ertragslage der Kapitalgesellschaft starken Schwankungen unterliegt (vgl. Senatsurteile in BFHE 202, 241, BFH/NV 2003, 1388; in BFHE 202, 494, BFH/NV 2003, 1501; BStBl I 2002, 219 Tz. 3).
c) Die Vorgehensweise des FG wird diesen Grundsätzen des anzustellenden Fremdvergleichs nicht gerecht.
Das FG hat sich ausschließlich an der Höhe der vereinbarten Gesamtausstattung orientiert. Überlegungen zu der Höhe des Tantiemesatzes im Verhältnis zu einer auf den Zusagezeitpunkt bezogenen Gewinnprognose und/oder zu dem monatlichen Fixgehalt des X und der daraus abzuleitenden Vermutung für eine gesellschaftliche Veranlassung wurden nicht angestellt. Das eine oder das andere wäre aber erforderlich gewesen. Das FG hätte dem im Rahmen seiner Prüfung, ob die gewählte Gestaltung in ihrer Gesamtheit oder ggf. in Teilen durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, nachgehen müssen, sei es anhand der im Senatsurteil in BFHE 176, 523, BStBl II 1995, 549 aufgestellten Aufteilungsregel, sei es aufgrund anderer (externer oder interner) Vergleichsmaßstäbe. Letzteres kommt insbesondere dann in Betracht, wenn es sich als unmöglich erweist, im nachhinein eine entsprechende Gewinnprognose zu rekonstruieren oder wenn eine solche aus Sicht des Zusagezeitpunktes allzu großen Unwägbarkeiten ausgesetzt war (vgl. Senatsurteil in BFHE 202, 494, BFH/NV 2003, 1501).
4. In Anbetracht dieser Situation ist der Sachverhalt weiter aufzuklären und sind die notwendigen Feststellungen zu treffen. Zu diesen Zwecken war das angefochtene Urteil aufzuheben und ist die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
5. Für den Fall, dass es bei der grundsätzlichen Orientierung an der 75:25-Aufteilungsregel auch im 2. Rechtsgang verbleibt, weist der Senat noch auf Folgendes hin:
Das FA hat die im Senatsurteil in BFHE 176, 523, BStBl II 1995, 549 aufgestellte Aufteilungsregel in der Weise verstanden, dass das zwischen der GmbH und ihrem Geschäftsführer vereinbarte Festgehalt schematisch 75 v.H. der Gesamtvergütung darstellt und ebenso schematisch äußerstenfalls um weitere —hieraus rechnerisch abgeleitete— 25 v.H. als variabler Bestandteil erhöht werden darf. Die darüber hinaus geleisteten Beträge führten zur vGA. Auf diese Weise wurden auf die an X geleistete monatliche Festvergütung von 240 000 DM ein 25 %iger variabler Gewinnanteil von 80 000 DM errechnet. Das FG hat diese Berechnung als solche ausdrücklich für richtig erachtet.
Dieses Vorgehen entspricht jedoch nicht der Senatsrechtsprechung, die von den angemessenen Jahresgesamtbezügen ausgeht und diese in ein Festgehalt und in einen Tantiemeteil aufteilt, wobei sich der Tantiemeteil in Relation zu dem erwarteten Durchschnittsgewinn ausdrückt. Der angemessene Tantiemeteil errechnet sich also nicht statisch mit einem „Zuschlag„ in Höhe eines Drittels des Festgehalts, sondern —dynamisch— ausgehend von der Gesamtausstattung einerseits und den prognostizierten Gewinnen andererseits. Auf diese Weise wird zugleich der seitens der Klägerin und des FG erhobene Einwand entkräftet, die Aufteilungsregel führe zu einer „Erstarrung„ der Geschäftsführervergütung und damit dazu, dass der Geschäftsführer gerade in prosperierenden Zeiten in zunehmend geringerem Maße am Unternehmenserfolg partizipiere.
Eine solche —aus Sicht des Zusagezeitpunktes anzustellende— Gewinnprognose haben im Streitfall weder das FA noch das FG vorgenommen. Nur wenn dies geschieht, lässt sich aber beurteilen, ob das Gehalt in der erwähnten steuerlich zu akzeptierenden Weise ausgestaltet worden ist. Aber auch wenn das so verstandene Verhältnis der fixen und der variablen Vergütung dem Regelmaßstab von 75 v.H. zu 25 v.H. nicht entspricht, muss im Einzelfall stets die Frage beantwortet werden, weshalb eine andere Gestaltung gewählt wurde und ob eine solche aus nur betrieblichem Grunde erfolgte. Ggf. können dies die starken Ertragsschwankungen sein, auf die sich die Klägerin nunmehr im Rahmen des Revisionsverfahrens beruft. Dabei ist allerdings abermals darauf hinzuweisen, dass es auch insoweit auf den Zeitpunkt ankommt, in welchem die zugrunde liegende Tantiemezusage erteilt worden ist; Erkenntnisse aus späteren Jahren sind hingegen grundsätzlich unbeachtlich.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2004 S. 669
BFH/NV 2004 S. 669 Nr. 5
UAAAB-16991