VI. Besondere Bestimmungen
Artikel 26 Informationsaustausch
(1) Die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten tauschen die Informationen aus, die zur Durchführung dieses Abkommens oder zur Anwendung oder Durchsetzung des innerstaatlichen Rechts betreffend Steuern jeder Art und Bezeichnung, die durch oder für Rechnung eines Vertragsstaats und im Falle Deutschlands für ein Land oder eine seiner Gebietskörperschaften erhoben werden, voraussichtlich erheblich sind, soweit die diesem Recht entsprechende Besteuerung nicht dem Abkommen widerspricht. Der Informationsaustausch ist durch Artikel 1 und 2 nicht eingeschränkt.
(2) Alle Informationen, die ein Vertragsstaat nach Absatz 1 erhalten hat, sind ebenso geheim zu halten wie die aufgrund des innerstaatlichen Rechts dieses Staates beschafften Informationen und dürfen nur den Personen oder Behörden (einschließlich der Gerichte und der Verwaltungsbehörden) zugänglich gemacht werden, die mit der Veranlagung oder Erhebung, der Vollstreckung oder Strafverfolgung oder mit der Entscheidung über Rechtsmittel hinsichtlich der in Absatz 1 genannten Steuern oder mit der Aufsicht darüber befasst sind. Diese Personen oder Behörden dürfen die Informationen nur für diese Zwecke verwenden. Sie dürfen die Informationen in einem öffentlichen Gerichtsverfahren oder in einer Gerichtsentscheidung offen legen. Ungeachtet der vorstehenden Bestimmungen können die Informationen für andere Zwecke verwendet werden, wenn sie nach dem Recht beider Staaten für diese anderen Zwecke verwendet werden können und die zuständige Behörde des übermittelnden Staates dieser Verwendung zugestimmt hat. Ohne vorherige Zustimmung des übermittelnden Staates ist eine Verwendung für andere Zwecke nur zulässig, wenn sie zur Abwehr einer im Einzelfall bestehenden dringenden Gefahr für das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder die persönliche Freiheit einer Person oder zum Schutz bedeutender Vermögenswerte erforderlich ist und Gefahr im Verzug besteht. In diesem Fall ist die zuständige Behörde des übermittelnden Staates unverzüglich um nachträgliche Genehmigung der Zweckänderung zu ersuchen. Wird die Genehmigung verweigert, ist die weitere Verwendung der Informationen für den anderen Zweck unzulässig.
(3) Absätze 1 und 2 sind nicht so auszulegen, als verpflichteten sie einen Vertragsstaat,
Verwaltungsmaßnahmen durchzuführen, die von den Gesetzen oder der Verwaltungspraxis dieses oder des anderen Vertragsstaats abweichen;
Informationen zu erteilen, die nach den Gesetzen oder im üblichen Verwaltungsverfahren dieses oder des anderen Vertragsstaats nicht beschafft werden können;
Informationen zu erteilen, die ein Handels-, Industrie-, Gewerbe- oder Berufsgeheimnis oder ein Geschäftsverfahren preisgeben würden oder deren Erteilung der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspräche.
(4) Ersucht ein Vertragsstaat gemäß diesem Artikel um Informationen, so nutzt der andere Vertragsstaat die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Beschaffung der erbetenen Informationen, selbst wenn dieser andere Staat diese Informationen für seine eigenen steuerlichen Zwecke nicht benötigt. Die im vorhergehenden Satz enthaltene Verpflichtung unterliegt den Beschränkungen nach Absatz 3, wobei diese jedoch nicht so auszulegen sind, dass ein Vertragsstaat die Erteilung von Informationen nur deshalb ablehnen kann, weil er kein innerstaatliches Interesse an solchen Informationen hat.
(5) Absatz 3 ist in keinem Fall so auszulegen, als könne ein Vertragsstaat die Erteilung von Informationen nur deshalb ablehnen, weil sich die Informationen bei einer Bank, einem sonstigen Finanzinstitut, einem Treuhandvermögen, einer Stiftung, einem Bevollmächtigten, Vertreter oder Treuhänder befinden oder weil sie sich auf das Eigentum an einer Person beziehen.
(6) Um die im Rahmen dieses Artikels erbetenen Informationen zu erhalten, ist die Steuerverwaltung des ersuchten Vertragsstaats ungeachtet des Absatzes 3 befugt, die Offenlegung von Informationen zu verlangen sowie Ermittlungen und Vernehmungen durchzuführen.
(7) Die im innerstaatlichen Recht des ersuchten Staates vorgesehenen Strafmaßnahmen für Personen, die für die Durchführung der innerstaatlichen Steuergesetze erhebliche Informationen vorenthalten, gelten, als sei die Pflicht zur Erteilung der Informationen nach Absatz 5 und 6 in den innerstaatlichen Steuergesetzen des ersuchten Staates vorgesehen.
(8) Verweigert eine Person die Erteilung von im Rahmen dieses Artikels erbetenen Informationen oder erteilt sie diese nicht innerhalb der von der Steuerverwaltung des ersuchten Staates festgelegten Frist, so kann der ersuchte Staat gegenüber dieser Person angemessene Zwangsmaßnahmen anwenden. Zu diesen Zwangsmaßnahmen gehören unter anderem Zwangsmittel nach § 328 ff. Abgabenordnung in Deutschland und das Eilverfahren (procédure en référé/procedure in kort geding) in Belgien. Diese Person kann durch Anwendung der nach dem Recht des ersuchten Staates verfügbaren zivil- oder strafrechtlichen Strafmaßnahmen zur Erteilung dieser Informationen gezwungen werden.
(9) Auf ausdrückliches Ersuchen der zuständigen Behörde eines Vertragsstaats erteilt die zuständige Behörde des anderen Vertragsstaats Informationen nach diesem Artikel in Form von Zeugenaussagen und beglaubigten Kopien unbearbeiteter Originaldokumente (wie zum Beispiel Bücher, Dokumente, Stellungnahmen, Aufzeichnungen, Berichte und Schriftstücke).
(10) Der ersuchte Staat gestattet Vertretern des ersuchenden Staates die Einreise in den ersuchten Staat zur Vernehmung von Personen und zur Prüfung von Büchern und Aufzeichnungen. Diese Vernehmungen oder Prüfungen erfolgen im Rahmen der von den zuständigen Behörden beider Vertragsstaaten vereinbarten Bedingungen und Beschränkungen.“
Fundstelle(n):
zur Änderungsdokumentation
NAAAB-05574