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BVerfG Beschluss v. - 1 BvR 2449/25

Nichtannahmebeschluss: Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen Maßnahmen in einem Ermittlungsverfahren wegen Geldwäsche - Unzureichende Befassung mit dem verfassungsgerichtlichen Prüfungsmaßstab bei strafprozessualen Ermittlungsmaßnahmen - insb unzureichende Darlegungen zu den Anforderungen an den Tatverdacht bei Geldwäsche

Gesetze: Art 2 Abs 1 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 261 StGB vom , § 261 StGB vom , § 94 StPO, § 152 Abs 2 StPO, § 160 Abs 1 StPO

Instanzenzug: LG Lübeck Az: 3 Qs 67/25 Beschluss

Gründe

I.

1Gegenstand der Verfassungsbeschwerde sind die Beschlagnahme von Bargeld und vorläufige Sicherstellung eines Smartphones in einem Ermittlungsverfahren wegen Geldwäsche.

21. Die Staatsanwaltschaft führt gegen den Beschwerdeführer ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Geldwäsche gemäß § 261 Abs. 1 StGB. Dem zugrunde liegt, dass der Beschwerdeführer im Mai 2025 mit einem in Italien auf Herrn M.S. zugelassenen PKW auf der Bundesautobahn 24 zwischen Hamburg und Berlin in östlicher Fahrtrichtung fuhr. Im Rahmen einer Kontrolle durch Zollbedienstete gab er an, einen Bargeldbetrag von 3.800 Euro bei sich zu haben. Die Zollbediensteten führten einen Drogen-Wischtest an den Händen des Beschwerdeführers durch, der schwach positiv auf Kokain reagierte. Daraufhin suchten sie das Fahrzeug ergebnislos mit einem Rauschgiftspürhund ab. Im Fahrzeug befanden sich unter anderem im Fußraum der Beifahrerseite eine angebrochene Rolle mit Klarsichtfolie, zwei leere Papiertragetüten und in einer dieser Tüten eine leere Geldbörse mit geöffnetem Reißverschluss. Die Zollbediensteten demontierten daraufhin die Innenverkleidung des Fahrzeugs und fanden diverse, in Klarsichtfolie verpackte Bündel mit Bargeld in Höhe von insgesamt 218.010 Euro, die sie - wie unter anderem auch das Smartphone des Beschwerdeführers - sicherstellten.

3Bereits zuvor, im Mai 2022, war der Beschwerdeführer in einem anderweitig verfolgten Sachverhalt über die Bundesautobahn 30 von den Niederlanden in das Bundesgebiet eingereist. Er führte einen PKW mit ukrainischem Kennzeichen, der ebenfalls auf Herrn M.S. zugelassen war. Er gab dort auf Nachfrage der Zollbediensteten an, 6.000 Euro Bargeld bei sich zu führen. Bei einer weiteren Kontrolle wurden in den Seitenverkleidungen der hinteren Türen des PKW mehrere Bündel mit Bargeld in Höhe von über 307.000 Euro aufgefunden. Das Bargeldversteck war entdeckt worden, weil zuvor ein Rauschgiftspürhund angeschlagen hatte.

42. Auf den Antrag auf gerichtliche Entscheidung des Beschwerdeführers hat das Amtsgericht die Beschlagnahme des Smartphones und des Bargelds bestätigt. Die Beschwerde des Beschwerdeführers hat das Landgericht mit hier angegriffenem Beschluss als unbegründet verworfen. Beide Entscheidungen haben in ihren Begründungen eine denkbare Vortat nicht im Einzelnen umschrieben.

II.

5Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung gemäß Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG sowie von Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG. Die angegriffene Entscheidung des Landgerichts habe insbesondere die zu § 261 StGB a.F. ergangene verfassungsgerichtliche Rechtsprechung zum erforderlichen doppelten Anfangsverdacht bei Geldwäsche verkannt. Diese Rechtsprechung sei auf die neue Rechtslage übertragbar.

III.

6Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil ein Annahmegrund im Sinne des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegt. Sie ist unzulässig. Der Beschwerdeführer zeigt nicht entsprechend den Begründungsanforderungen gemäß § 23 Abs. 1, § 92 BVerfGG eine mögliche Verletzung spezifischen Verfassungsrechts auf. Hinsichtlich der von ihm gerügten Grundrechtsverletzungen berücksichtigt er insbesondere nicht den verfassungsgerichtlichen Prüfungsmaßstab bei strafprozessualen Ermittlungsmaßnahmen.

71. Ein Eingreifen des Bundesverfassungsgerichts ist nur geboten, wenn die Auslegung und Anwendung der einfachrechtlichen Bestimmungen über die prozessualen Voraussetzungen des Verdachts (§ 152 Abs. 2, § 160 Abs. 1 StPO) als Anlass für eine strafprozessuale Zwangsmaßnahme und die strafrechtliche Bewertung der Verdachtsgründe objektiv willkürlich sind oder Fehler erkennen lassen, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung der Grundrechte der Beschwerdeführenden beruhen (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 ff.>; 115, 166 <199>; BVerfGK 5, 25 <30 f.>).

82. Eine solche willkürliche oder grundsätzlich unrichtige Auslegung in der Annahme des Tatverdachts durch die angegriffene Entscheidung zeigt der Beschwerdeführer nicht auf.

9a) Es fehlt bereits eine hinreichende Begründung, dass und inwieweit die bisherigen verfassungsgerichtlichen Maßstäbe zum systematisch erheblich anders aufgebauten § 261 StGB a.F. auf den hier anwendbaren § 261 StGB in der Fassung vom (BGBl I S. 327) übertragen werden könnten. Der Beschwerdeführer setzt sich insbesondere nicht hinreichend damit auseinander, dass die bisherige Kammerrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts tragend zwar auf die fehlende Konkretisierung der nach § 261 Abs. 1 StGB a.F. erforderlichen Katalogvortaten abgestellt hat (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom - 2 BvR 950/05 -, Rn. 16, vom - 2 BvR 2992/14 -, Rn. 41 f. m.w.N. und vom - 2 BvR 1746/18 -, Rn. 57 f.; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom - 2 BvR 2180/20 -, Rn. 27), die neue Fassung des § 261 Abs. 1 StGB aber nur noch (irgend)eine rechtswidrige Vortat verlangt. Auch bezieht er nicht hinreichend Stellung zu den kritischen Stimmen in der Literatur, die eine Übertragung der bisherigen verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung auf die Neufassung des § 261 Abs. 1 StGB ablehnen (vgl. etwa Neuheuser, in: Münchener Kommentar StGB, 5. Aufl. 2025, § 261 Rn. 229 f.; El-Ghazi, in: Herzog/Barreto da Rosa/El-Ghazi, Geldwäscherecht, 6. Aufl. 2026, § 261 StGB Rn. 58).

10b) Darüber hinaus setzt sich der Beschwerdeführer auch nicht hinreichend mit den besonderen Umständen des Einzelfalls auseinander - namentlich der indiziellen Verbindung des aufgefundenen Bargelds mit dem Handeltreiben mit Kokain auf Grundlage kriminalistischer Erfahrung -, obwohl jedenfalls nicht auf der Hand liegt, dass unter Berücksichtigung dieser Umstände die Annahme eines Anfangsverdachts für das Vorliegen einer rechtswidrigen Vortat willkürlich oder grundsätzlich unrichtig sein könnte.

11Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

IV.

12Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird damit gegenstandslos.

13Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerfG:2025:rk20251210.1bvr244925

Fundstelle(n):
PAAAK-07110