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Steuerliche Hinweise und Dispositionen zum Jahresende 2025 – Teil 2: Anhängige Steueränderungsgesetzesvorhaben im Jahr 2025
Orientierungen, Planungen und Gestaltungen
Zum Ende des Jahres 2025 läuft die Steuergesetzgebung auf Hochtouren. Der Abschnitt II dieses Beitrags umschließt allein zehn Gesetzgebungs- sowie Verordnungsvorhaben, die steuerliche Normen betreffen. Hinzu kommen in Abschnitt I sechs Steueränderungsgesetze, welche im Laufe des letzten Jahres kodifiziert wurden. Die Praxis hat sich infolgedessen mit zahlreichen legislativen Neuerungen auseinanderzusetzen, obzwar ein großes Reformvorhaben noch aussteht. Die Ausführungen in den Abschnitten I und II dienen dazu, einen Überblick über die bereits eingetretenen und bevorstehenden Modifikationen und Ergänzungen der Steuergesetze zu geben – auch als Grundlage für Dispositionen in den letzten Wochen dieses Jahres oder aber erst im Jahre 2026. Handlungsbedarf aufgrund steuerlicher Änderungen und Rechtsentwicklungen zum Jahresende stehen auch im Fokus des Abschnitts III, wobei hier Handlungsmöglichkeiten zumal nach eingetretenen Rechtsprechungsentwicklungen und neuen Verwaltungsanweisungen in den Blick genommen werden. Der Beitrag wird in Abschnitt IV mit Checklisten für steuerliche Dispositionen abgerundet, zum einen in Form einer alphabetisch gegliederten Übersicht zu gestaltungsrelevanten Sachverhalten und zum anderen im Hinblick auf die steuerliche Abwehrberatung sowie verjährungshemmende Änderungsanträge, die vor Ende des Jahres 2025 zu stellen sein können. Von besonderer praktischer Relevanz ist der abschließende Teilabschnitt, der zeitkritischen Handlungsbedarf zum Ende dieses Jahres aufgreift und darstellt.
Die übrigen Teile dieses Aufsatzes finden Sie unter:
II. Anhängige Steueränderungsgesetzesvorhaben im Jahr 2025
1. Mindeststeueranpassungsgesetz
Der Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Mindeststeuergesetzes und zur Umsetzung weiterer Maßnahmen, vgl. BT-Drucks. 21/1865 v. , sieht ein Festhalten an der Mindeststeuer unter Umsetzung gewisser Anpassungen vor, obzwar die Finanzminister von Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen die Aussetzung der globalen Mindeststeuer fordern, bis offene Fragen auf internationaler Ebene geklärt sind, vgl. dazu Pressemitteilung der Finanzverwaltung Nordrhein-Westfalen vom .
Der Gesetzentwurf umschließt die folgenden wesentlichen Änderungsvorhaben außerhalb des Mindeststeuergesetzes:
a) Änderungen des Einkommensteuergesetzes
Die Lizenzschranke nach § 4j EStG soll gestrichen und letztmals für den Veranlagungszeitraum 2024 angewendet werden, vgl. § 52 Abs. 8c Satz 3 EStG. Der Bundesrat verlangt darüber hinaus, auch die Regelung des § 4i EStG (Sonderbetriebsausgabenabzug bei Vorgängen mit Auslandsbezug) aufzuheben und letztmals für den Veranlagungszeitraum 2024 anzuwenden, vgl. BT-Drucks. 21/2467 v. S. 3. Der Finanzausschuss ist der Empfehlung des Bundesrats nicht gefolgt, vgl. BT-Drucks. 21/2751 v. .
b) Änderungen des Außensteuergesetzes
Die Änderungsvorhaben zum AStG betreffen die Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 bis 13 AStG. Die Hinzurechnungsbesteuerung für Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter, die in einem Wirtschaftsjahr der Zwischengesellschaft oder der Betriebsstätte entstehen, das nach dem beginnt, soll nicht erfolgen, wenn diese Einkünfte nicht mehr als ein Drittel der gesamten Einkünfte der ausländischen Gesellschaft betragen und die bei der Zwischengesellschaft außer Ansatz zu lassenden Beträge insgesamt 100.000 € nicht übersteigen (§§ 9, 13 Abs. 1 Satz 3, 21 Abs. 9 AStG-E).
In § 13 Abs. 1 Satz 1 AStG soll darüber hinaus eine Beteiligungsgrenze in Höhe von 10 % für Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter eingeführt werden.
c) Änderungen der Abgabenordnung
Der Bundesrat hat vorgeschlagen, in § 122 Abs. 7 Satz 2 AO zu regeln, betreffen Verwaltungsakte Ehegatten oder Lebenspartner mit gemeinsamer Anschrift, reiche es für die elektronische Bekanntgabe nach § 122a AO an alle Beteiligten aus, wenn einem der Beteiligten eine Ausfertigung zum elektronischen Datenabruf nach § 122a AO bereitgestellt wird und dieser Beteiligte nach § 122a Abs. 1 Satz 3 AO benachrichtigt wurde, sofern nicht einer der Beteiligten einen Antrag nach § 122a Abs. 2 AO gestellt hat, vgl. BT-Drucks. 21/2467 v. S. 9. Die Bundesregierung stimmt diesem Vorschlag zu, vgl. BT-Drucks. 21/2751 v. S. 65. S. 3326
2. Steueränderungsgesetz 2025
Das Steueränderungsgesetz 2025 (StÄndG 2025), vgl. BT-Drucks. 21/1974 v. , sieht die folgenden Änderungen vor:
a) Änderungen des Einkommensteuergesetzes
Der Übungsleiterfreibetrag nach § 3 Nr. 26 EStG soll mit Wirkung ab dem von 3.000 € auf 3.300 € im Jahr erhöht werden.
Ebenso soll der Ehrenamtsfreibetrag nach § 3 Nr. 26a EStG ab dem Jahr 2026 von 840 € auf 960 € jährlich angehoben werden.
Klarstellend für alle offenen Steuerfälle wird außerdem geregelt, dass nach § 3 Nr. 26 und Nr. 26a EStG nur Einnahmen „zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 AO)“ befreit sind oder im Dienst oder Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die in einem Mitgliedstaat der EU, einem EWR-Staat oder in der Schweiz belegen ist.
Die Sonderabschreibung für Mietwohnungsneubau nach § 7b EStG soll nach einem neuen Absatz 5 für neue Wohnungen, die aufgrund eines nach dem und vor dem gestellten Bauantrags oder einer in diesem Zeitraum getätigten Bauanzeige hergestellt werden, bei Anspruchsberechtigten mit Einkünften i. S. der §§ 13, 15 und 18 EStG nur gewährt werden, soweit die Voraussetzungen der Verordnung (EU) 2023/2831 eingehalten sind und dies durch den Anspruchsberechtigten in geeigneter Weise nachgewiesen wird. Diese Neuregelung soll am Tage nach der Verkündung des Gesetzes in Kraft treten.
Die Entfernungspauschale für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG soll ab dem Jahr 2026 auf 0,38 € ab dem ersten Entfernungskilometer angehoben werden. Diese erhöhte Entfernungspauschale war bislang nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 8 EStG (der aufgehoben werden soll) nur für Entfernungskilometer jenseits einer Wegstrecke von 20 km vorgesehen und zeitlich bis zum Jahr 2026 beschränkt. Es soll aber beim Höchstbetrag von 4.500 € im Kalenderjahr bleiben. – Von der erhöhten Entfernungspauschale profitieren nicht nur Arbeitnehmer, sondern auch Steuerpflichtige mit Gewinneinkunftsarten für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 2 EStG.
Gemäß § 101 Satz 1 EStG sollen Steuerpflichtige, deren zu versteuerndes Einkommen den Grundfreibetrag nicht überschreitet, neben der Berücksichtigung der Entfernungspauschale ab dem 21. vollen Entfernungskilometer eine Mobilitätsprämie beantragen können. Diese beträgt 14 % der Entfernungspauschale ab dem 21. vollen Entfernungskilometer. Die Mobilitätsprämie war bislang auf die Veranlagungszeiträume 2021 bis 2026 beschränkt und soll nunmehr zeitlich unbegrenzt gewährt werden.
b) Änderung des Forschungszulagengesetzes
Mit Wirkung ab dem Inkrafttreten des StÄndG 2025 soll nach § 9 Abs. 5 FZulG die Forschungszulage, welche auf Eigenleistungen des Unternehmers in einem begünstigten Forschungs- und Entwicklungsvorhaben entfällt (§ 3 Abs. 3 Satz 1, 2 FZulG) nur gewährt werden, soweit die Voraussetzungen der Verordnung (EU) 2023/2831 eingehalten sind und dies durch den Anspruchsberechtigten in geeigneter Weise nachgewiesen wird.
c) Änderungen des Umsatzsteuergesetzes
In § 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG soll geregelt werden, dass für umsatzsteuerbare Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen, mit Ausnahme der Abgabe von Getränken, ab dem Jahr 2026 der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 % anzusetzen ist.
§ 18g Satz 5 UStG zur Vergütung von Vorsteuerbeträgen in einem anderen Mitgliedstaat soll mit Wirkung ab dem geändert werden. Abweichend von § 122a Abs. 2 AO kann danach das BZSt nur zur Vermeidung von unbilligen Härten einem Antrag auf einmalige postalische Bekanntgabe nach § 122a Abs. 2 AO entsprechen und den Bescheid postalisch bekanntgeben. Im Übrigen erfolgt die Bekanntgabe mittels Bereitstellung zum Datenabruf. S. dazu auch unten unter II, 4, c.
Mit § 21b UStG sollen Sonderregelungen bei der Nutzung der Zentralen Zollabwicklung nach Art. 179 des Zollkodex der Union mit Wirkung ab dem in das UStG aufgenommen werden. Im Rahmen der Nutzung der Zentralen Zollabwicklung, bei der eine Zollanmeldung für Gegenstände, die im Inland gestellt S. 3327werden, bei der Zollbehörde eines anderen EU-Mitgliedstaats abgegeben wird, entsteht nach § 21b Abs. 1 UStG-E die Einfuhrumsatzsteuer am Ort der Gestellung. Für Gegenstände, für die nach den zollrechtlichen Vorschriften eine Befreiung von der Gestellungspflicht vorgesehen ist, entsteht die Einfuhrumsatzsteuer an dem Ort, an dem sich die Gegenstände zum Zeitpunkt der Zollabwicklung befinden, vgl. § 21b Abs. 1 Satz 2 UStG-E. Weitere Vorschriften zur Festsetzung und Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer durch das zuständige Hauptzollamt regelt § 21b Abs. 2 bis 4 UStG-E.
d) Änderungen der Abgabenordnung
Die vorgesehenen Änderungen der AO betreffen den Bereich steuerbegünstigter Körperschaften und Vermögensmassen und sollen ab dem Jahr 2026 gelten. Im Einzelnen ist vorgesehen:
In § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 21 AO soll E-Sport als förderungswürdiger Sport anerkannt werden.
Die Freigrenze, deren Nichtüberschreiten von der Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung befreit, soll in § 55 Abs. 1 Nr. 5 Satz 4 AO von 45.000 € auf 100.000 € im Jahr angehoben werden (angesprochen sind Bruttoeinnahmen einschließlich Umsatzsteuer).
Nach § 58 Nr. 11 AO-E soll die Verwendung von Mitteln für die Errichtung und den Betrieb von Photovoltaikanlagen und anderen Anlagen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz unschädlich sein, soweit es sich dabei nicht um den Hauptzweck der steuerbegünstigten Körperschaft oder Vermögensmasse handelt.
Die Freigrenze für den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb in § 64 Abs. 3 Satz 1 AO soll von 45.000 € auf 50.000 € im Jahr (jeweils inklusive Umsatzsteuer) erhöht werden.
Der Bundesrat hat mit Beschluss v. zum Entwurf des StÄndG 2025 Stellung genommen und bittet die Bundesregierung, die durch das Gesetzesvorhaben entstehenden Steuermindereinnahmen der Länder und der Gemeinden nachhaltig zu kompensieren – stellt aber mit Ausnahme einiger Anmerkungen zum Gemeinnützigkeitsrecht die vorgesehenen Änderungsvorhaben nicht in Abrede, vgl. BR-Drucks. 474/25 (Beschluss) v. . Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) erteilte einer Kompensation aber bereits eine Absage und forderte die Länder zu härteren Sparmaßnahmen auf, vgl. FAZ Nr. 258 v. S. 19.
3. Standortfördergesetz (StoFöG)
Es liegt der Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Förderung privater Investitionen und des Finanzstandorts (Standortfördergesetz – StoFöG) vor, vgl. BT-Drucks. 21/2507 v. . Ziel des Gesetzentwurfs ist es, die steuerlichen Rahmenbedingungen von Investments in Venture Capital zu verbessern, insbesondere durch Anpassungen bei der Besteuerung von Investitionen in gewerbliche Personengesellschaften durch Fonds, die unter das InvStG fallen, und durch Anpassungen bei der Besteuerung von Gewinnen aus der Veräußerung von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, die im Betriebsvermögen gehalten werden, wenn diese reinvestiert werden („Roll-Over“). Zudem sollen mit der vorgeschlagenen Neuregelung zur Investmentsteuer Hemmnisse für Investitionen in Infrastruktur und erneuerbare Energien beseitigt werden. Auch soll der Mindestnennwert von Aktien auf 0,01 € von bislang 1 € abgesenkt werden.
Des Weiteren enthält der Gesetzentwurf Maßnahmen zur Entbürokratisierung, die im Rahmen von Praxistests und Austauschformaten mit betroffenen Akteuren wie der BaFin und der Wirtschaft identifiziert wurden, so BT-Drucks. 21/20507 v. S. 2.
In steuerlicher Hinsicht verdient Hervorhebung, dass nach Art. 28 StoFöG einerseits § 3 Nr. 70 EStG (REIT-Exit Tax) gestrichen werden soll, wobei diese Norm gegenwärtig keinen Anwendungsbereich hat, vgl. Levedag in L. Schmidt, EStG, 44. Aufl. 2025, § 3 Rz. 230, und andererseits eine Erhöhung der Betragsgrenze in § 6b Abs. 10 EStG für die Übertragbarkeit stiller Reserven aus der Veräußerung von begünstigten Anteilen an Kapitalgesellschaften von 500.000 € auf 2 Mio. € je Steuerpflichtigem und Wirtschaftsjahr erfolgen soll. Betroffen davon sollen erstmals Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften sein, die in einem Wirtschaftsjahr entstehen, das nach dem Tag der Verkündung des Gesetzes beginnt (§ 52 Abs. 14 Satz 7 EStG-E).
Bezüglich der umfassenden Änderungen des InvStG in Art. 27 StoFöG ist hervorzuheben, dass nach § 1 Abs. 2 Satz 2 InvStG-E Investmentfonds ihren steuerlichen Status nicht verlieren, wenn das Investmentvermögen alle oder einen Teil der von ihm gehaltenen Vermögensgegenstände aktiv unternehmerisch bewirtschaftet. Dies soll nach § 57 Abs. 11 Nr. 1 InvStG ab dem gelten. S. 3328
Das Gesetz befindet sich im parlamentarischen Verfahren, die erste Beratung im Bundesrat fand am statt, vgl. BR-Drucks. 550/25 [Beschluss]).