Nichtannahmebeschluss: Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen Zwischenentscheidung im sozialgerichtlichen Verfahren mit Blick auf die Gerichtsbesetzung (Entscheidung durch Senat trotz Einzelrichterübertragung) - Unzulässigkeit mangels Darlegung eines irreparablen Nachteils
Gesetze: Art 101 Abs 1 S 2 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 153 Abs 5 SGG
Instanzenzug: Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Az: L 13 SB 140 /20 Beschluss
Gründe
I.
1Die Verfassungsbeschwerde wendet sich gegen einen von den drei Berufungsrichtern des Senats gefassten Beschluss des Landessozialgerichts, mit dem ein anhängiges Verfahren gemäß § 202 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 278 Abs. 5 ZPO zur Durchführung einer Güteverhandlung an eine Güterichterin des Landessozialgerichts verwiesen worden ist, obwohl der Rechtsstreit circa dreieinhalb Jahre vorher auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen worden war. Der Beschwerdeführer rügt die Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, da eine Rückübertragung auf den Senat nach seinen Angaben nicht stattgefunden habe und daher der Senat in seiner vollen berufsrichterlichen Besetzung nicht zuständig gewesen sei.
II.
2Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil kein zwingender Annahmegrund nach § 93a Abs. 2 BVerfGG vorliegt und auch sonst kein Grund für ihre Annahme ersichtlich ist. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, da sie nicht den aus § 23 Absatz 1 Satz 2, § 92 BVerfGG folgenden Darlegungsanforderungen genügt.
31. Danach muss sich die Verfassungsbeschwerde mit dem zugrundeliegenden einfachen Recht sowie mit der verfassungsrechtlichen Beurteilung des Sachverhalts auseinandersetzen und hinreichend substantiiert darlegen, dass eine Grundrechtsverletzung möglich erscheint (vgl. BVerfGE 140, 220 <232 Rn. 9>; 157, 300 <310 Rn. 25> - Unterschriftenquoren Bundestagswahl). Liegt zu den mit der Verfassungsbeschwerde aufgeworfenen Verfassungsfragen bereits Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vor, so ist der behauptete Grundrechtsverstoß in Auseinandersetzung mit den darin entwickelten Maßstäben zu begründen (vgl. BVerfGE 158, 210 <230 f. Rn. 51> - Einheitliches Patentgericht II - eA; 163, 165 <210 Rn. 75> - ESM-ÄndÜG; stRspr).
42. Dem genügt die Verfassungsbeschwerde nicht. Zwar ist ihr einzuräumen, dass gute Gründe für die Annahme eines Verstoßes gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG bestehen, wenn der Senat des Landessozialgerichts nach Übertragung der Sache auf den Berichterstatter gemäß § 153 Abs. 5 SGG Entscheidungen in dem gleichen Verfahren ohne vorausgehende förmliche Rückübertragung trifft (so etwa Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, Sozialgerichtsgesetz, 14. Aufl. 2023, § 153 Rn. 25c; offen gelassen dagegen von AS 405/21 B -, Rn. 4).
5Jedoch legt die Verfassungsbeschwerde die Erfüllung der sich aus dem Grundsatz der Subsidiarität ergebenden besonderen Anforderungen für die selbstständige Angreifbarkeit von Zwischenentscheidungen nicht ausreichend dar. Zwischenentscheidungen sind mit der Verfassungsbeschwerde grundsätzlich nur selbstständig angreifbar, wenn sie zu einem bleibenden rechtlichen Nachteil für den Betroffenen führen, der später nicht oder nicht vollständig behoben werden kann (vgl. BVerfGE 101, 106 <120>). Ob dem Beschwerdeführer ein solcher bleibender rechtlicher Nachteil durch die Verweisung an die Güterichterin durch einen gegebenenfalls unzuständigen Spruchkörper trifft, legt die Verfassungsbeschwerde nicht substantiiert dar, zumal ausweislich der angegriffenen Entscheidung auch der Beschwerdeführer die Durchführung eines Güterichterverfahrens gewünscht hat.
6Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
7Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerfG:2025:rk20250915.1bvr169325
Fundstelle(n):
KAAAK-01945