Nichtannahmebeschluss: Erfolglose Verfassungsbeschwerde bzgl der Online-Veröffentlichung von Verstößen gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften gem § 40 Abs 1a S 1 Nr 3 LFGB - unzureichende Darlegung zum Ablauf des fachgerichtlichen Eilverfahrens
Gesetze: Art 12 Abs 1 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 40 Abs 1a S 1 LFGB
Instanzenzug: Hessischer Verwaltungsgerichtshof Az: 8 B 2422/25 Beschlussvorgehend Hessischer Verwaltungsgerichtshof Az: 8 B 2422/25 Beschluss
Gründe
1Gegenstand der Verfassungsbeschwerde sind in einem Eilverfahren ergangene gerichtliche Entscheidungen betreffend die Veröffentlichung von Informationen über Verstöße gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften.
I.
2Die Beschwerdeführerin betreibt eine Bäckerei mit Café. Nachdem das zuständige Ordnungsamt der Stadt bei einer Kontrolle ihres Betriebs am hygienische Mängel festgestellt hatte, kündigte es mit Schreiben vom die Veröffentlichung der lebensmittelrechtlichen Verstöße auf der Webseite des hessischen Portals für Verbraucherthemen "www.verbraucherfenster.hessen.de" gemäß § 40 Abs. 1a Satz 1 Nr. 3 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs (LFGB) an. Den hiergegen angestrengten Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes lehnte das Verwaltungsgericht mit nicht angegriffenem Beschluss vom ab.
3Mit dem unter b) angegriffenen Beschluss vom wies der Verwaltungsgerichtshof die gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts erhobene Beschwerde in überwiegenden Teilen zurück. Die Stadt habe vor Anbringung des Eilantrags der Beschwerdeführerin eine unverzügliche Information der Öffentlichkeit im Sinne von § 40 Abs. 1a Satz 1 LFGB beabsichtigt. Ob die Veröffentlichung auch im unmittelbaren Nachgang zur Entscheidung des Senats noch unverzüglich erfolgen würde, sei nicht entscheidungserheblich, da sich die Beschwerdeführerin insoweit nicht auf die wegen der Inanspruchnahme gerichtlichen Eilrechtsschutzes eingetretene Verzögerung berufen könne. Andernfalls müssten Veröffentlichungen auch nach rechtskräftigem erfolglosen Abschluss eines Eilverfahrens regelmäßig unterbleiben, was § 40 Abs. 1a Satz 1 Nr. 3 LFGB weitgehend seines Anwendungsbereichs berauben würde und mit Sinn und Zweck der Regelung nicht in Einklang stünde.
4Hierauf veröffentlichte die Stadt am X. August 2025 die festgestellten Verstöße. Die gegen seinen Beschluss erhobene Anhörungsrüge wies der Verwaltungsgerichtshof mit dem unter a) angegriffenen Beschluss vom zurück.
II.
5Die Beschwerdeführerin rügt unter anderem eine Verletzung ihrer Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG. Der Verwaltungsgerichtshof habe sich mit dem Tatbestandsmerkmal der Unverzüglichkeit überhaupt nicht auseinandergesetzt. Dadurch habe er die bei dessen Auslegung geforderte Abwägung zwischen öffentlichem Interesse und Grundrechtspositionen der Beschwerdeführerin unterlassen. Der Zweck einer Veröffentlichung, Verbraucher zu eigenverantwortlichen Entscheidungen auf Basis aktueller Informationen zu befähigen, könne bei einer Veröffentlichung 13 Monate nach Feststellung der Verstöße nicht mehr erreicht werden.
III.
6Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Sie hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist die Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt (§ 93a Abs. 2 BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde ist bereits unzulässig. Die Beschwerdeführerin hat eine mögliche Verletzung ihrer Grundrechte nicht hinreichend substantiiert dargelegt (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG).
7Zwar ist ihr zuzugeben, dass der Verwaltungsgerichtshof es unterlassen hat, die Dauer des gerichtlichen Verfahrens bei seiner Prüfung, ob eine Veröffentlichung im Zeitpunkt seiner Entscheidung unverzüglich im Sinne von § 40 Abs. 1a Satz 1 LFGB erfolgen würde, überhaupt zu würdigen. Dabei obliegt es auch den Fachgerichten, den mit zunehmendem Zeitablauf geringeren objektiven Wert der Information für die Verbraucher gegen die Interessen der betroffenen Unternehmen abzuwägen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 1949/24 -, Rn. 28).
8Allerdings lässt der Vortrag der Beschwerdeführerin nähere Ausführungen zum Ablauf des gerichtlichen Eilverfahrens vermissen. Vielmehr beschränkt sie sich darauf, auf die Gesamtdauer des Verfahrens beziehungsweise auf die seit Feststellung der lebensmittelrechtlichen Verstöße insgesamt verstrichene Zeit abzustellen. Die Unverzüglichkeit einer Veröffentlichung hängt aber nicht von der Einhaltung einer starren zeitlichen Grenze, sondern von einer Beurteilung der konkreten Umstände des Einzelfalls ab (vgl. a.a.O., Rn. 28). Dabei sind auch maßgebliche Verfahrensverzögerungen, die auf die betroffenen Grundrechtsträger selbst zurückgehen, zu berücksichtigen (vgl. a.a.O., Rn. 29). Insoweit genügt die bloße Behauptung, das Verfahren selbst nicht verzögert zu haben, nicht. Dies gilt umso mehr, als die Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs in seinem unter a) angegriffenen Beschluss vom , die Sache sei erst mit ergänzendem Vortrag der Beschwerdeführerin vom entscheidungsreif gewesen, unbeanstandet geblieben ist.
9Von einer weiteren Begründung der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
10Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerfG:2025:rk20250918.1bvr184625
Fundstelle(n):
AAAAK-01944