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BGH Beschluss v. - 5 StR 426/25

Instanzenzug: Az: 6 KLs 102 Js 48382/18

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt, von der drei Monate als vollstreckt gelten, und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Dagegen richtet sich die mit einer Verfahrensbeanstandung und der Sachrüge begründete Revision des Beschwerdeführers.

21. Das Rechtsmittel hat mit der Rüge eines Verstoßes gegen § 257c StPO Erfolg. Hierzu hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift ausgeführt:

Die Verfahrensrüge bietet bereits mit der Stoßrichtung einer Verletzung der verständigungsbezogenen Belehrungspflicht gemäß § 257c Abs. 5 StPO Aussicht auf Erfolg.

a)    Die Verfahrensrüge ist zulässig erhoben.

Der Beschwerdeführer hat den der Verfahrensbeanstandung zu Grunde liegenden Sachverhalt, insbesondere aber die Erteilung der in § 257c Abs. 5 StPO vorgeschriebenen Belehrung erst nach Abgabe der Zustimmung des Angeklagten zur Verständigung, vollständig und bestimmt vorgetragen (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).

b)    Die Rüge ist auch begründet. Der vom Angeklagten beanstandete Rechtsfehler liegt vor.

Eine Verständigung ist regelmäßig nur dann mit dem Grundsatz des fairen Verfahrens zu vereinbaren, wenn der Angeklagte vor ihrem Zustandekommen nach § 257c Abs. 5 StPO über deren nur eingeschränkte Bindungswirkung für das Gericht belehrt worden ist (vgl. Senat, Beschluss vom – 5 StR 82/15, Rn. 6; BGH, Beschlüsse vom – 4 StR 595/14, Rn. 11 und vom – 2 StR 383/20, Rn. 5). Das ist vorliegend nicht geschehen. Der Vorsitzende der Strafkammer hat es entgegen § 257c Abs. 5 StPO unterlassen, den Angeklagten bereits mit Bekanntgabe des gerichtlichen Verständigungsvorschlags und noch vor Abgabe seiner Zustimmung zu der Verständigung über die in § 257c Abs. 4 StPO geregelte Möglichkeit eines Entfallens der Bindung des Gerichts an die Verständigung zu unterrichten. Das steht aufgrund der formellen Beweiskraft des Hauptverhandlungsprotokolls vom fest (§ 273 Abs. 1a Satz 2 StPO …).

Eine Heilung des Verstoßes ist nicht eingetreten. Voraussetzung hierfür wäre eine rechtsfehlerfreie Wiederholung des von dem Verfahrensfehler betroffenen Verfahrensabschnitts gewesen. Dafür hätte es eines ausdrücklichen Hinweises auf den Fehler und auf die daraus folgende gänzliche Unverbindlichkeit der Zustimmung des Angeklagten sowie einer Nachholung der versäumten Belehrung nach § 257c Abs. 5 StPO und der erneuten Einholung einer nunmehr verbindlichen Zustimmungserklärung bedurft (vgl. Senat, Urteil vom – 5 StR 253/13, Rn. 10; , Rn. 6).

3c) Dem schließt sich der Senat an. Das angegriffene Urteil beruht auf dem aufgezeigten Verfahrensfehler (§ 337 Abs. 1 StPO). Hierzu hat der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt:

Bleibt die unter Verstoß gegen die Belehrungspflicht zustande gekommene Verständigung bestehen und fließt das darauf basierende Geständnis in das Urteil ein, beruht dieses regelmäßig auf dem Verstoß gegen das Recht des Angeklagten auf ein faires Verfahren und seine Selbstbelastungsfreiheit (vgl. Senat, Beschluss vom – 5 StR 585/17, Rn. 8; , Rn. 5). Vorliegend hat der Angeklagte die ihm zur Last gelegten Taten im Zuge der Verständigung eingeräumt. Neben anderen Beweismitteln hat die Strafkammer vor allem hierauf seine Verurteilung gestützt.

42. Das angefochtene Urteil unterliegt damit insgesamt der Aufhebung, ohne dass es noch darauf ankommt, ob die Rüge auch mit der Stoßrichtung einer Verletzung des § 257c Abs. 2 Satz 1 StPO Erfolg haben könnte, weil das Landgericht in der Verständigungsabsprache eine (voraussichtliche) Wertersatzeinziehung in Höhe von 130.500 Euro erwähnt hat (vgl. dazu Rn. 13, NStZ 2025, 311, 312 mwN).

53. Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin: Sollte die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer zu gleichartigen Feststellungen gelangen, wird sie den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift geäußerten Bedenken gegen die Einziehungsentscheidung Rechnung zu tragen haben und – jedenfalls in den Fällen II.2 bis 4 der Urteilsgründe – nähere Feststellungen dazu treffen müssen, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Angeklagte aus diesen Taten etwas erlangte.

Cirener                                    Gericke                                    Mosbacher

                      von Häfen                                   Werner

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:260825B5STR426.25.0

Fundstelle(n):
NAAAJ-99573