Einkommensteuer | Ferienwohnung kann eine erste Tätigkeitsstätte bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sein (FG)
Eine Ferienwohnung stellt eine
erste Tätigkeitsstätte bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dar,
wenn der Vermieter mindestens ein Drittel seiner regelmäßigen Arbeitszeit für
das Objekt dort verrichtet (, Revision zugelassen).
Hintergrund: Eine erste Tätigkeitsstätte ist nach der Legaldefinition in § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Zwar verweist § 9 Abs. 3 EStG nicht ausdrücklich auf § 9 Abs. 4 EStG. Nach Ansicht des Senats ist § 9 Abs. 4 EStG aber mit Blick auf die Zielsetzung des § 9 Abs. 3 EStG – der Gleichstellung von Nichtarbeitnehmern mit Arbeitnehmern – ebenfalls entsprechend auch auf die Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung heranzuziehen.
Sachverhalt: Die Klägerin ist eine aus Vater und Sohn bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die Einkünfte aus der Vermietung zweier Ferienwohnungen erzielt. Für das Streitjahr 2019 machte die GbR Fahrtkosten, Unterkunftskosten und Verpflegungsmehraufwendungen im Zusammenhang mit Reparatur- und Reinigungsarbeiten an den Wohnungen als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt erkannte diese Kosten wegen privater Mitveranlassung nicht an.
Der 12. Senat gab der Klage teilweise statt, indem er einen Teil der Kosten anerkannt hat:
Die Fahrtkosten sind mit der Entfernungspauschale und unter Abzug eines Privatanteils zu berücksichtigen.
Nach § 9 Abs. 3 EStG i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG können Steuerpflichtige, die im Zusammenhang mit ihrer Vermietungstätigkeit außerhalb ihrer Wohnung eine erste Tätigkeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 4 EStG haben, die Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte nur mit der Entfernungspauschale von 0,30 € je Entfernungskilometer bzw. nach § 9 Abs. 3 EStG i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung nur mit der Entfernungspauschale von 0,30 € je Entfernungskilometer für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen dem Ort des eigenen Hausstandes und dem Ort der ersten Tätigkeitsstätte ansetzen.
Zunächst sind die beiden Wohnungen jeweils als erste Tätigkeitsstätte anzusehen. Der Verweis in § 9 Abs. 3 EStG auf die vorrangig für Arbeitnehmer geltenden Regelungen führt bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dazu, dass jedenfalls dann eine erste Tätigkeitsstätte vorliegt, wenn der Steuerpflichtige mindestens ein Drittel seiner regelmäßigen Arbeitszeit für das Mietobjekt dort selbst verrichtet. Maßgeblich sind in erster Linie quantitative Kriterien, da – anders als bei Arbeitnehmern – eine Zuordnung durch einen Arbeitgeber nicht in Betracht kommt.
Da die Ferienwohnungen der GbR im Wesentlichen durch Dritte verwaltet wurden, während die Gesellschafter die Reparaturarbeiten selbst durchführten, ist die quantitative Grenze von einem Drittel im Streitfall deutlich überschritten. Für jede einzelne Reise hat das Gericht eine Aufteilung der Fahrtkosten vorgenommen und die privaten Veranlassungsanteile nicht als Werbungskosten anerkannt.
Unterkunftskosten für eine dritte (nicht fremdvermietete) Wohnung hat der Senat anteilig im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung anerkannt und insoweit ebenfalls die Privatanteile abgezogen.
Die von der Klägerin geltend gemachten Verpflegungsmehraufwendungen hat der Senat nicht anerkannt, da die Dreimonatsfrist im Streitjahr abgelaufen war. Nach § 9 Abs. 4a Satz 1 EStG, der über § 9 Abs. 3 EStG ebenfalls auf die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung entsprechend anwendbar ist, sind Mehraufwendungen für die Verpflegung nur nach folgender Maßgabe abzuziehen. Nach § 9 Abs. 4a Satz 2 EStG ist, wenn der Arbeitnehmer außerhalb seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte beruflich tätig wird zur Abgeltung der ihm tatsächlich entstandenen, beruflich veranlassten Mehraufwendungen eine Verpflegungspauschale anzusetzen. Gemäß § 9 Abs. 4a Satz 6 EStG ist der Abzug der Verpflegungspauschalen allerdings auf die ersten drei Monate einer längerfristigen beruflichen Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte beschränkt.
Die Revision wurde zugelassen, das BFH-Az. wurde noch nicht veröffentlicht.
Quelle: und FG Münster, Newsletter Juli 2025 (lb)
Fundstelle(n):
HAAAJ-95275