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Die erbschaftsteuerliche Privilegierung der Übertragung von Wohnungsunternehmen
Zugleich Anmerkung zum
Das ErbStG sieht für die Übertragung von Betriebsvermögen umfassende steuerliche Privilegierungen vor. Dies gilt jedoch nicht für sog. Verwaltungsvermögen. Dazu gehören gem. § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 1 ErbStG grundsätzlich auch Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke, Grundstücksteile und grundstücksgleiche Rechte. Etwas anderes gilt nach § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. d) ErbStG für die Übertragung sog. Wohnungsunternehmen, bei denen der Hauptzweck des Betriebs in der Vermietung von Wohnungen i. S. des § 181 Abs. 9 BewG besteht, dessen Erfüllung einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb i. S. von § 14 AO erfordert. Der BFH hat den Begriff des Wohnungsunternehmens in einem Urteil aus dem Jahr 2017 allerdings extrem restriktiv interpretiert. Die Finanzverwaltung hat auf dieses Urteil mit einem Nichtanwendungserlass reagiert. Das FG Münster hat sich nunmehr in einem jüngst ergangenen Urteil der Position des BFH angeschlossen.
Die die Einstufung eines Wohnungsunternehmens als Verwaltungsvermögen beseitigende Rückausnahme des § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. d) ErbStG greift nach dem FG Münster nur ein, wenn die Vermietung der Wohnung einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erfordert.
Es kommt dabei darauf an, dass die Wohnungsvermietung ausnahmsweise einen gewerblichen Charakter hat. Dies ist der Fall, wenn bei der Vermietung eine Tätigkeit entfaltet wird, die über das normale Maß der Vermietertätigkeit hinausgeht.
Mit dem Urteil des FG Münster besteht die Gefahr, dass der BFH seine restriktive Rechtsprechung bestätigt und auch der einschlägige Nichtanwendungserlass aufgehoben wird.
I. Problemstellung
Das ErbStG sieht für die Übertragung von Betriebsvermögen umfassende steuerliche Privilegierungen vor. Dabei sind in den §§ 13a, 13b ErbStG insbesondere Steuerbefreiungen für operatives Betriebsvermögen vorgesehen. Werden Grundstücke im Privatvermögen gehalten, greift eine vollständige Steuerbefreiung nur ein, sofern die Voraussetzungen des selbstgenutzten Familienheims erfüllt werden, oder es gilt eine Steuerbefreiung von 10 % bei Erfüllung der Voraussetzungen für zu Wohnzwecken vermieteten Grundstücken. Werden Grundstücke im Betriebsvermögen gehalten, kann eine Steuerbefreiung nur erreicht werden, wenn sog. begünstigungsfähiges Betriebsvermögen bzw. begünstigtes Betriebsvermögen vorliegt. Zum begünstigungsfähigen Betriebsvermögen gehören nach § 13b Abs. 1 ErbStG im Inland gelegenes land- und forstwirtschaftliches Vermögen, inländisches Betriebsvermögen sowie Anteile an einer Kapitalgesellschaft, sofern diese im Inland belegen ist und der Schenker oder Erblasser zu mindestens 25 % beteiligt ist.
Wenn das übertragene Unternehmensvermögen dem Grunde nach begünstigungsfähig ist, stellt sich in einem nächsten Schritt die Frage, ob auch „begünstigtes Betriebsvermögen“ vorliegt. Dies ist nach § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG der Fall, wenn der Wert des Verwaltungsvermögens weniger als 90 % des gesamten Betriebsvermögens ausmacht. Welche Wirtschaftsgüter als Verwaltungsvermögen gelten, wird abschließend in § 13b Abs. 4 ErbStG bestimmt. So gehören gem. § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 1 ErbStG grundsätzlich auch Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke, Grundstücksteile und grundstücksgleiche Rechte zum Verwaltungsvermögen. Die gesetzliche Regelung führte von Anfang an zu einem Ungleichgewicht zwischen steuerlich begünstigten gewerblichen Unternehmen und nicht begünstigten vermögensverwaltenden Wohnungsunternehmen. Zum Ausgleich wurde 2009 der heutige § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 ErbStG geschaffen.
Eine Nutzungsüberlassung an Dritte mit der Folge der Einstufung als Verwaltungsvermögen ist gem. § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. d) ErbStG nicht anzunehmen, wenn die überlassenen Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleichen Rechte und Bauten zum Betriebsvermögen, zum gesamthänderischen gebundenen Betriebsvermögen einer Personengesellschaft oder zum Vermögen einer Kapitalgesellschaft gehören und der Hauptzweck des Betriebs in der Vermietung von Wohnungen i. S. des § 181 Abs. 9 BewG besteht, dessen Erfüllung einen wirtschaftlichen GeschäftsS. 180betrieb i. S. von § 14 AO erfordert. Zur Begründung wurde in der Gesetzesbegründung angeführt, dass auch diese Unternehmen in nicht unerheblichem Umfang Arbeitsplätze zur Verfügung stellten. In der Praxis problematisch ist bei einem Wohnungsunternehmen regelmäßig das Vorliegen des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs.
Die Finanzverwaltung will das Vorliegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs im Wesentlichen quantitativ bestimmen. So soll ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vorliegen, wenn zum Betrieb mindestens 300 Wohnungen gehören, was allerdings keine zwingende Voraussetzung für ein Wohnungsunternehmen sein soll. Der BFH hat allerdings in einem vielbeachteten Urteil aus dem Jahr 2017 festgestellt, dass das Gegebensein eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs nach qualitativen Kriterien zu bestimmen ist. Im Regelfall sei die Vermietung von Wohnungen private Vermögensverwaltung. Eine gewerbliche Vermietungstätigkeit soll nach dem BFH nur vorliegen, wenn der Vermieter bestimmte ins Gewicht fallende, bei der Vermietung von Räumen nicht übliche Sonderleistungen erbringt oder wegen eines besonders schnellen sich aus der Natur der Vermietung ergebenden Wechsels der Mieter eine Unternehmensorganisation erforderlich sei.
Die Rückausnahme des § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. d) ErbStG eröffnete bis zum umfangreiche Gestaltungsmöglichkeiten, etwa durch die Beimischung von sonstigem Verwaltungsvermögen in der Form von Wertpapieren, Geldmitteln und Forderungen. Nach der Änderung des Verwaltungsvermögenstests durch das ErbStAnpG 2016 und der grundsätzlichen Versteuerung des Verwaltungsvermögens wurden diese Möglichkeiten allerdings erheblich eingeschränkt. Das schränkte die theoretisch durch § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. d) ErbStG eröffneten erbschaftsteuerlichen Privilegierungen für Wohnungsunternehmen noch erheblich weiter ein und ließ bei strenger Anwendung der vom BFH entwickelten Grundsätze für die Norm kaum noch einen Anwendungsbereich. Die Finanzverwaltung reagierte auf das Urteil des BFH allerdings mit einem Nichtanwendungserlass. Das FG Münster hat sich nunmehr erneut mit dieser Problematik beschäftigt.