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Betriebsstätten vor und nach dem AOA
Herausforderungen durch die vierte industrielle Revolution
Gesetzgebung ist eine Kunst für sich. Eine gute Gesetzgebung zeichnet sich durch folgende drei Aspekte aus: Das Gesetz ist verständlich, zeitgerecht und wirksam. Doch gerade Gesetze zeitgerecht umzusetzen, ist eine immer größere Herausforderung. Mit der sog. vierten industriellen Revolution kommen neue Herausforderungen zum Vorschein. Maschinen, Anlagen und Produkte kommunizieren miteinander, lernen eigenständig dazu und steuern Prozesse weitgehend autonom. Dadurch entstehen effizientere Produktionsabläufe, neue Geschäftsmodelle und eine Verschmelzung von digitaler und realer Welt. Immaterielle Güter gewinnen an Bedeutung gegenüber klassischen physischen Produkten. Auch Geschäftseinrichtungen agieren zunehmend autonom. Softwarezentren, Rechenzentren oder Cloudserver übernehmen heute zentrale Aufgaben – und das oft vollständig personalunabhängig. Durch den fortschreitenden Einsatz von künstlicher Intelligenz werden zudem immer mehr bisher notwendige Personalfunktionen ersetzt. Als die OECD im Jahr 2008 den Authorized OECD Approach (AOA) für die Betriebsstättenbesteuerung veröffentlichte, hatte sie offenbar bereits eine virtualisierte oder entstofflichte Wirtschaft vor Augen. Gleichwohl bleibt die Frage offen, ob den damals Verantwortlichen wirklich bewusst war, in welchem Ausmaß sich diese Dematerialisierung der Wirtschaft vollziehen würde. Dieser Aufsatz geht den daraus entstehenden Herausforderungen für die Betriebsstättenbesteuerung nach und skizziert mögliche Lösungsansätze.
Entwicklungen wie künstliche Intelligenz und cloudbasierte Infrastruktur stellen die traditionelle Betriebsstättenbesteuerung vor große Herausforderungen, da das klassische Konzept physischer Präsenz zunehmend durch automatisierte, personalunabhängige Systeme verdrängt wird.
Der AOA sieht zwar grds. auch Betriebsstätten ohne Personal vor, bietet jedoch kaum klare Leitlinien zur Gewinnzurechnung in solchen Fällen.
Deutschland hat den AOA in nationales Recht übernommen. Daher bleibt die konkrete Gewinnzurechnung bei Betriebsstätten ohne Personal auch in Deutschland weitgehend ungelöst. Da die Regelungen auch international nicht einheitlich ausgelegt werden, kann es zu Doppelbesteuerungen und doppelter Nichtbesteuerung kommen.S. 361