Eingruppierung eines LKW-Fahrers - Begriff des Berufskraftfahrers
Instanzenzug: ArbG Augsburg Az: 10 Ca 189/22 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht München Az: 5 Sa 456/22 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers.
2Der Kläger war vom bis zum bei der Beklagten im Amt für Grünordnung, Naturschutz und Friedhofswesen in Teilzeit beschäftigt. Nach dem Arbeitsvertrag vom richtete sich das Arbeitsverhältnis „nach den jeweiligen Vorschriften des Bundesmanteltarifvertrages für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II) vom und den zusätzlich abgeschlossenen Tarifverträgen in ihrer jeweils geltenden Fassung“ sowie den „an ihre Stelle tretenden“ Tarifverträgen. Daneben „finden die für den Bereich des Arbeitgebers jeweils in Kraft befindlichen sonstigen Tarifverträge und Vereinbarungen Anwendung“.
3Der Kläger, der am die Fahrerlaubnis zum Führen von LKW erworben hat und in dessen Führerschein die Kennziffer 95 eingetragen war, wurde als Fahrer eines LKW mit integriertem Ladekran und einem Gesamtgewicht von 18 t beschäftigt. Mit diesem transportierte er bei der Grünflächenpflege im Gemeindegebiet anfallendes Material, insbesondere Äste und Blätter, ab. Zum Aufsammeln und Abladen des Materials war die Benutzung des Ladekrans erforderlich. Der Kläger verfügt über einen „Fahrausweis für Kräne“. Die Beklagte vergütete ihn zuletzt nach Entgeltgruppe 5 Stufe 6 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD/VKA).
4Der Kläger hat mit seiner Klage eine Vergütung nach Entgeltgruppe 6 Stufe 6 TVöD/VKA begehrt und geltend gemacht, die von ihm auszuübenden Tätigkeiten hätten das Tätigkeitsmerkmal Fahren eines Sonderfahrzeugs, „dessen Bedienung besondere Fachkenntnisse erfordert“ iSd. Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 2 (Tätigkeitsbereich Fahrer) der Anlage 1a - Entgeltgruppenverzeichnis handwerkliche Tätigkeiten Bayern des am zwischen dem Kommunalen Arbeitgeberverband Bayern e.V. und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft - ver.di geschlossenen 13. Landesbezirklichen Tarifvertrags handwerklicher Bereich Bayern - 13. LBzTV (Anlage 1a zum 13. LBzTV) erfüllt. Der Kranführerschein werde zur Bedienung des Krans seitens der Berufsgenossenschaft gefordert. Diese erfordere auch besondere Fachkenntnisse, weil sie sehr komplex sei. Zudem habe seine Tätigkeit das Tätigkeitsmerkmal „Berufskraftfahrer für Kraftfahrzeuge, deren zulässiges Gesamtgewicht mehr als 7,5 t beträgt“ (Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 4 - Tätigkeitsbereich Fahrer - der Anlage 1a zum 13. LBzTV), erfüllt.
5Der Kläger hat zuletzt beantragt,
6Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, der Kläger habe weder ein Sonderfahrzeug gefahren noch seien zur Ausübung der Tätigkeit besondere Fachkenntnisse erforderlich gewesen. Er sei nicht als Berufskraftfahrer tätig geworden, da seine Tätigkeit nicht vom Anwendungsbereich des Gesetzes über die Grundqualifikation und die Weiterbildung der Fahrer bestimmter Kraftfahrzeuge für den Güter- oder Personenkraftverkehr (Berufskraftfahrerqualifikationsgesetz - BKrFQG) vom (BGBl. I S. 2575) erfasst worden sei. Zudem sei für eine Eingruppierung als Berufskraftfahrer eine abgeschlossene Berufsausbildung erforderlich, über die der Kläger - unstreitig - nicht verfügt.
7Das Arbeitsgericht hat der Klage, soweit noch streitgegenständlich, stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das Urteil insoweit abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Gründe
8Die zulässige Revision ist begründet. Mit der gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht die Klage nicht abweisen. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
9I. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Kläger könne kein Entgelt nach der Entgeltgruppe 6 TVöD/VKA beanspruchen, ist nicht frei von Rechtsfehlern.
101. Das Arbeitsverhältnis bestimmte sich aufgrund der vertraglichen Bezugnahmeregelung zunächst nach dem BMT-G II und aufgrund der Tarifsukzession im öffentlichen Dienst (vgl. dazu - Rn. 20) nach dem TVöD/VKA sowie dem 13. LBzTV und dem - ebenfalls am in Kraft getretenen - 14. Landesbezirklichen Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten im handwerklichen Bereich in die EGO Bayern Handwerk vom (14. LBzTV). Bei diesen handelt es sich um für den Bereich des Arbeitgebers in Kraft befindliche sonstige Tarifverträge iSd. arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel. Das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde auch vom Geltungsbereich des 13. und 14. LBzTV erfasst. Es fiel mangels speziellerer Regelungen in den Anwendungsbereich des § 1 TVöD-BT-V. Der Kläger übte auch handwerkliche Tätigkeiten (dh. solche, die vor dem der Rentenversicherung der Arbeiter unterlegen hätten, § 38 Abs. 5 Satz 2 TVöD/VKA) iSd. Teils A Abschnitt I Nr. 2 der Anlage 1 - Entgeltordnung (VKA) zum TVöD/VKA aus.
112. Die Eingruppierung des Klägers bestimmte sich seit dem nach den Regelungen des 13. und 14. LBzTV iVm. §§ 12, 13 TVöD/VKA. Nach § 2 Abs. 1 des 14. LBzTV erfolgt zwar die Überleitung unter Beibehaltung der bisherigen Entgeltgruppe für die Dauer der unverändert auszuübenden Tätigkeit. Ergibt sich aber nach den Tätigkeitsmerkmalen der Anlage 1a zum 13. LBzTV eine höhere Entgeltgruppe, sind die Beschäftigten - ohne Antrag - ab dem in diese eingruppiert (§ 3 Nr. 2 des 14. LBzTV).
123. Die maßgebenden Bestimmungen der Anlage 1a zum 13. LBzTV lauten:
134. Bei den dem Kläger übertragenen Aufgaben handelte es sich um einen einheitlichen Arbeitsvorgang iSv. § 12 TVöD/VKA.
14a) Nach § 2 des 13. LBzTV iVm. § 12 Abs. 2 Satz 1 TVöD/VKA ist der Beschäftigte in der Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Das ist dann der Fall, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen (§ 12 Abs. 2 Satz 2 TVöD/VKA).
15b) Maßgebend für die Bestimmung von Arbeitsvorgängen ist das Arbeitsergebnis. Für die Beurteilung, ob eine oder mehrere Einzeltätigkeiten zu einem Arbeitsergebnis führen, sind eine natürliche Betrachtungsweise und die durch die Arbeitgeberin vorgenommene Arbeitsorganisation ausschlaggebend. Dabei kann die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit einen einzigen Arbeitsvorgang ausmachen. Einzeltätigkeiten können dann nicht zusammengefasst werden, wenn die verschiedenen Arbeitsschritte von vornherein auseinandergehalten und organisatorisch voneinander getrennt sind. Hierfür reicht jedoch die theoretische Möglichkeit nicht aus, einzelne Arbeitsschritte oder Einzelaufgaben verwaltungstechnisch isoliert auf andere Beschäftigte zu übertragen. Bei der Zuordnung zu einem Arbeitsvorgang können wiederkehrende und gleichartige Tätigkeiten zusammengefasst werden. Dem Arbeitsvorgang hinzuzurechnen sind dabei nach Satz 1 der Protokollerklärung zu § 12 Abs. 2 TVöD/VKA auch Zusammenhangsarbeiten. Das sind solche, die aufgrund ihres engen Zusammenhangs mit bestimmten Aufgaben eines Beschäftigten bei der tariflichen Bewertung zwecks Vermeidung tarifwidriger „Atomisierung“ der Arbeitseinheiten nicht abgetrennt werden dürfen, sondern diesen zuzurechnen sind. Die tarifliche Wertigkeit der verschiedenen Einzeltätigkeiten oder Arbeitsschritte bleibt dabei zunächst außer Betracht. Erst nachdem die Bestimmung des Arbeitsvorgangs erfolgt ist, ist dieser anhand des in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmals zu bewerten ( - Rn. 23; ausf. - 4 AZR 195/20 - Rn. 27 ff., BAGE 172, 130 zu § 12 TV-L).
16c) Der Begriff des „Arbeitsvorgangs“ ist ein feststehender, abstrakter, von den Tarifvertragsparteien vorgegebener Rechtsbegriff. Seine Anwendung durch die Tatsachengerichte ist revisionsgerichtlich in vollem Umfang nachprüfbar (st. Rspr., vgl. zB - Rn. 18).
17d) Die vom Kläger auszuübenden Tätigkeiten dienten einheitlich dem Arbeitsergebnis der Beseitigung des Grünguts aus dem öffentlichen Raum. Hierzu waren die Aufnahme des Grünguts, die Bedienung des Ladekrans und das Fahren des LKW erforderlich. Die einzelnen Tätigkeiten waren organisatorisch nicht getrennt.
185. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Tätigkeit des Klägers nicht die tariflichen Voraussetzungen für eine Eingruppierung in Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 2 (Tätigkeitsbereich Fahrer) der Anlage 1a zum 13. LBzTV erfüllte.
19a) Bei dem vom Kläger zu führenden LKW handelte es sich bereits nicht um ein „Sonderfahrzeug“ iSd. Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 2 (Tätigkeitsbereich Fahrer) der Anlage 1a zum 13. LBzTV.
20aa) Sonderfahrzeuge sind „Straßenfahrzeuge für besondere Zwecke außer zur Beförderung von Personen oder Gütern“. Die Anlage 1a zum 13. LBzTV enthält zwar keine Definition für „Sonderfahrzeuge“. Nach dem von Eurostat, der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UNECE) und dem International Transport Forum (ITF) veröffentlichten Glossar für die Verkehrsstatistik (5. Aufl., abrufbar unter https://ec.europa.eu/eurostat/documents/3859598/ 10013449/KS-GQ-19-004-DE-N.pdf, zuletzt abgerufen am ) sind Sonderfahrzeuge jedoch im oben genannten Sinne definiert (vgl. auch -). Dieser Definition entsprechen die im Klammerzusatz zu Entgeltgruppe 5 Fallgruppe 2 (Tätigkeitsbereich Fahrer) der Anlage 1a zum 13. LBzTV als Beispiele für Großwerkzeuge oder Sonderfahrzeuge aufgeführten Bagger, Kunsteisbearbeitungsmaschinen, Schneepistenwalzen und Planierraupen. Systematisch erklärt sich durch den besonderen Zweck die Abgrenzung zu „Fahrzeugen“ sowie zur Tätigkeit im Güterkraft- und Personenverkehr.
21bb) Danach handelte es sich bei dem LKW nicht um ein Sonderfahrzeug. Dieser wurde vorrangig zum Transport des Grünguts und damit von Gütern verwendet. Dem steht nicht entgegen, dass er über einen fest montierten Ladekran verfügte. Dieser diente lediglich der Aufnahme der zu transportierenden Güter und damit keinem besonderen Zweck außerhalb der Beförderung von Personen oder Gütern.
22b) Der Kläger hat zudem nicht hinreichend dargelegt, dass die Bedienung dieses Fahrzeugs besondere Fachkenntnisse erfordere.
23aa) Das Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 2 (Tätigkeitsbereich Fahrer) der Anlage 1a zum 13. LBzTV baut auf Entgeltgruppe 5 Fallgruppe 2 (Tätigkeitsbereich Fahrer) dieser Anlage auf. Bei Aufbaufallgruppen ist zunächst zu prüfen, ob die Anforderungen der Ausgangsfallgruppe erfüllt werden und anschließend, ob die Merkmale der darauf aufbauenden höheren Fallgruppen vorliegen. Es ist dabei durch einen wertenden Vergleich festzustellen, ob auch die Tätigkeitsmerkmale mit hierauf aufbauenden Heraushebungs- und Qualifikationsmerkmalen erfüllt sind ( - Rn. 30; ausf. zum wertenden Vergleich - Rn. 29 ff.).
24bb) Der Kläger hat keine Tatsachen vorgetragen, die einen wertenden Vergleich ermöglichen würden. Er hat sich lediglich darauf berufen, die Bedienung des Krans sei „sehr komplex“. Dieser Vortrag lässt nicht erkennen, welche konkreten Fachkenntnisse erforderlich sein sollen. Der von ihm erworbene „Kranführerschein“ war nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zur Ausübung der Tätigkeit nicht erforderlich. Hiergegen hat sich der Kläger mit seiner Revision auch nicht mehr gewendet.
256. Das Landesarbeitsgericht hat allerdings zu Unrecht angenommen, die Tätigkeit des Klägers erfülle nicht die tariflichen Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals „Berufskraftfahrer für Kraftfahrzeuge, deren zulässiges Gesamtgewicht mehr als 7,5 t beträgt“ iSd. Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 4 (Tätigkeitsbereich Fahrer) der Anlage 1a zum 13. LBzTV. Entgegen seiner Auffassung ist nicht erforderlich, dass die Tätigkeit des Beschäftigten dem Geltungsbereich des BKrFQG unterfällt. Die Tarifvertragsparteien haben sich zur Unterscheidung zwischen Fahrern/Kraftfahrern und Berufskraftfahrern nicht an den Regelungen des BKrFQG orientiert.
26a) Berufskraftfahrer iSd. Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 4 (Tätigkeitsbereich Fahrer) der Anlage 1a zum 13. LBzTV sind Beschäftigte, die die Ausbildung zum Berufskraftfahrer nach der Verordnung über die Berufsausbildung zum Berufskraftfahrer/zur Berufskraftfahrerin (Berufskraftfahrer-Ausbildungsverordnung - BKV) vom (BGBl. I S. 642) idF vom (BGBl. I S. 3564) erfolgreich abgeschlossen haben und als Fahrer im Güterkraft- und Personenverkehr auf öffentlichen Straßen beschäftigt werden. Das ergibt die Auslegung der tariflichen Vorschriften (zu den Auslegungsgrundsätzen vgl. - Rn. 35 mwN, BAGE 164, 326).
27aa) Der Begriff des Berufskraftfahrers wird in der Anlage 1a zum 13. LBzTV nicht definiert. Dem Wortlaut der Regelungen für Fahrer lässt sich lediglich entnehmen, dass die Tarifvertragsparteien zwischen Fahrern/Kraftfahrern und Berufskraftfahrern differenziert haben.
28bb) Aus der Systematik der tariflichen Regelungen ergibt sich, dass Berufskraftfahrer nur ist, wer die Ausbildung nach der BKV erfolgreich abgeschlossen hat.
29(1) Entgegen der Auffassung der Beklagten waren die Tarifvertragsparteien allerdings nicht bereits aufgrund der ihnen nach Abs. 3 Satz 1 des Anhangs Regelungskompetenzen zur Anlage 1 - Entgeltordnung (VKA) zum TVöD/VKA eingeräumten Möglichkeit, spezielle Tätigkeitsmerkmale auf Landesebene zu vereinbaren, die der Wertigkeit der allgemeinen Merkmale entsprechen, verpflichtet, eine Eingruppierung in Entgeltgruppe 6 der Anlage 1a zum 13. LBzTV von dem erfolgreichen Abschluss einer Ausbildung nach der BKV abhängig zu machen. Ein Tätigkeitsmerkmal, welches keine abgeschlossene Ausbildung erfordert, kann die gleiche Wertigkeit haben wie ein solches mit einer entsprechenden Anforderung. Die Wertigkeit eines Tätigkeitsmerkmals ergibt sich nicht allein aus der dort vorausgesetzten Ausbildung, sondern (auch) aus den Anforderungen an die Tätigkeit.
30(2) Dem Begriff des Berufskraftfahrers in Entgeltgruppe 5 Fallgruppe 3 (Tätigkeitsbereich Fahrer) und Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 4 (Tätigkeitsbereich Fahrer) der Anlage 1a zum 13. LBzTV liegt dasselbe Verständnis zugrunde. Es fehlt an ausreichenden Anhaltspunkten dafür, die Tarifvertragsparteien hätten demselben Begriff unterschiedliche Bedeutung beigemessen. In Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 4 (Tätigkeitsbereich Fahrer) der Anlage 1a zum 13. LBzTV wird zwar die Anforderung „mit einschlägiger Ausbildung“ nicht wiederholt. Dies lässt aber nicht den Schluss zu, an den Berufskraftfahrer der höheren Entgeltgruppe würden geringere Anforderungen gestellt als an denjenigen der niedrigeren Entgeltgruppe.
31(3) Die Abgrenzung zwischen einem Fahrer und einem Berufskraftfahrer iSd. Tätigkeitsmerkmale des Tätigkeitsbereichs Fahrer der Anlage 1a zum 13. LBzTV kann nur nach subjektiven Anforderungen, nicht aber tätigkeitsbezogen erfolgen. Nach den inhaltsgleichen Protokollerklärungen zu den Fallgruppen 1 und 3 der Entgeltgruppe 5 (Tätigkeitsbereich Fahrer) der Anlage 1a zum 13. LBzTV ist für beide Personengruppen eine „Tätigkeit als Fahrerin / Fahrer im Güterkraft- und Personenverkehr auf öffentlichen Straßen“ und damit dieselbe Tätigkeit erforderlich.
32(4) Die Eingruppierung als Berufskraftfahrer setzt eine abgeschlossene Berufsausbildung nach der BKV und nicht lediglich den Erwerb der Grundqualifikation nach dem BKrFQG voraus.
33(a) Das BKrFQG findet nach dessen § 1 Abs. 1 Satz 1 Anwendung auf Fahrer, die Beförderungen im Güter- und Personenkraftverkehr auf öffentlichen Straßen mit Kraftfahrzeugen durchführen, für die eine Fahrerlaubnis der Klassen C1, C1E, C, CE, D1, D1E, D oder DE erforderlich ist. Das Gesetz regelt deren Pflicht, eine über die Fahrerlaubnis hinausgehende Grundqualifikation zu erwerben und sich einer regelmäßigen Weiterbildung zu unterziehen, um Fahrten im Güterkraft- oder Personenverkehr durchführen zu dürfen (BT-Drs. 16/1365 S. 9).
34(b) Die Tarifvertragsparteien haben weder auf den Anwendungsbereich des BKrFQG Bezug genommen noch sich an den Begrifflichkeiten „Grundqualifikation“ und „Weiterbildung“ orientiert oder auf die Fahrerlaubnisklassen abgestellt, um zwischen Fahrern und Berufskraftfahrern zu unterscheiden. Sie haben vielmehr in den Protokollerklärungen zu Entgeltgruppe 5 Fallgruppen 1 und 3 (Tätigkeitsbereich Fahrer) der Anlage 1a zum 13. LBzTV Anforderungen an die Tätigkeit vereinbart, die nur zum Teil mit dem Anwendungsbereich des BKrFQG übereinstimmen. Zudem ist ein Beschäftigter der Entgeltgruppe 5 Fallgruppe 1 (Tätigkeitsbereich Fahrer) der Anlage 1a zum 13. LBzTV, der ein Fahrzeug ab 3,5 t im Güterkraft- und Personenverkehr auf öffentlichen Straßen führt, kein Berufskraftfahrer iSd. tariflichen Regelungen, obwohl er eine Fahrerlaubnis der Klasse C1 (§ 6 Abs. 1 FeV) und damit grundsätzlich ebenfalls eine Grundqualifikation nach dem BKrFQG benötigt.
35(c) Abgesehen von der Grundqualifikation nach dem BKrFQG kommt als personenbezogenes Abgrenzungskriterium allein die abgeschlossene Berufsausbildung nach der BKV in Betracht. Die Tarifvertragsparteien durften entgegen der Auffassung des Klägers die Eingruppierung in Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 4 (Tätigkeitsbereich Fahrer) der Anlage 1a zum 13. LBzTV von dem Abschluss dieser Ausbildung abhängig machen, mit der Folge, dass Arbeitnehmer, die diese Ausbildung nicht erfolgreich absolviert haben, bei gleicher Tätigkeit eine niedrigere Vergütung erhalten. Ihnen steht es frei, den Vergütungsanspruch nicht nur von der Ausübung einer bestimmten Tätigkeit, sondern zudem von weiteren persönlichen Voraussetzungen, wie dem Nachweis bestimmter Kenntnisse oder einer speziellen Ausbildung, abhängig zu machen ( - Rn. 25 ff.; - 4 AZR 316/12 - Rn. 24; - 4 AZR 147/10 - Rn. 39, BAGE 140, 291). Die Berufsausbildung nach der BKV geht auch über die Grundqualifikation nach dem BKrFQG hinaus. Mit beiden erhalten Fahrer zwar die Erlaubnis, mit LKW und Bussen Fahrten im gewerblichen Güterkraft- und Personenverkehr durchzuführen, die Berufsausbildung bietet jedoch eine bessere Grundlage zur Ausübung des Berufs und ist daher förderungswürdig (so auch der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Einführung einer Grundqualifikation und Weiterbildung der Fahrer im Güterkraft- oder Personenverkehr BT-Drs. 16/1365 S. 9).
36b) Dieses Ergebnis führt entgegen der Auffassung des Klägers nicht zu einer unzulässigen Diskriminierung wegen des Alters. Es gibt keine Beschäftigtengruppe, die die Anforderung der abgeschlossenen Ausbildung aufgrund ihres Alters nicht erfüllen könnte. Eine Ausbildung zum Berufskraftfahrer war nach der Verordnung über die Berufsausbildung zum Berufskraftfahrer (Berufskraftfahrer-Ausbildungsordnung) vom (BGBl. I S. 1518) bereits ab dem möglich. Dabei handelte es sich zwar nur um eine zweijährige Berufsausbildung, wegen der Verlängerung der Ausbildungszeit durch die BKV ist dies aber für die Eingruppierung der Beschäftigten unschädlich (vgl. Vorbemerkung Nr. 5 zur Anlage 1a zum 13. LBzTV).
37II. Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung der Berufungsentscheidung (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
381. Die Klage ist hinsichtlich des Zahlungsantrags zulässig. Es spricht allerdings vieles dafür, dass es für den als allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage formulierten Feststellungsantrag am nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresse fehlt.
39a) Soll - wie vorliegend - die Verpflichtung einer Arbeitgeberin zur Zahlung der Vergütung nach der begehrten Entgeltgruppe festgestellt werden und wird für denselben Zeitraum mit einem Leistungsantrag die entsprechende Entgeltdifferenz geltend gemacht, fehlt es für den Feststellungsantrag regelmäßig an dem nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen besonderen Feststellungsinteresse, wenn nicht dargelegt wird, welches über eine entsprechende Entgeltzahlung hinausgehende Interesse an der begehrten Feststellung besteht. Aus diesem Grund kommt auch eine Zulässigkeit als Zwischenfeststellungsklage nicht in Betracht (§ 256 Abs. 2 ZPO). Diese setzt ebenfalls voraus, dass weitere Rechtsfolgen aus einer entsprechenden Feststellung möglich erscheinen, die über das mit der Leistungsklage Erreichte hinausgehen ( - Rn. 59; - 4 AZR 173/19 - Rn. 46, BAGE 170, 214).
40b) Vorliegend hat der Kläger nicht vorgetragen, welches über die mit der Leistungsklage verfolgte Zahlung hinausgehende Interesse an der begehrten Feststellung für den streitgegenständlichen Zeitraum besteht. Allein der Verweis auf mögliche Sonderzahlungen und Zulagen ist hierfür entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht ausreichend. Auf die sich daraus möglicherweise ergebende Unzulässigkeit ist er allerdings bislang nicht hingewiesen worden. Ihm ist daher zur Wahrung des verfassungsrechtlichen Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs im erneuten Berufungsverfahren Gelegenheit zu geben, seinen Vortrag zu ergänzen (vgl. - Rn. 30 mwN).
412. Ob die Klage, soweit sie zulässig ist, begründet ist, steht noch nicht fest. Der Senat kann auf Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen nicht beurteilen, ob die Tätigkeit des Klägers die tariflichen Anforderungen der Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 4 (Tätigkeitsbereich Fahrer) der Anlage 1a zum 13. LBzTV erfüllte.
42a) Die Tätigkeit des Klägers entsprach derjenigen eines Berufskraftfahrers.
43aa) Voraussetzung für eine Eingruppierung in Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 4 (Tätigkeitsbereich Fahrer) der Anlage 1a zum 13. LBzTV ist die Ausübung einer „entsprechenden Tätigkeit“, mithin einer solchen als Fahrer im Güterkraft- und Personenverkehr auf öffentlichen Straßen, für Kraftfahrzeuge, deren zulässiges Gesamtgewicht mehr als 7,5 t beträgt.
44(1) Die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes sehen entgegen der Auffassung des Klägers keine strikte Trennung personen- und tätigkeitsbezogener Merkmale vor. In der Regel wird die jeweilige Tätigkeit des Beschäftigten bewertet (vgl. § 12 Abs. 2 Satz 1 TVöD/VKA). Tarifliche Anforderungen sind grundsätzlich so zu verstehen, dass sie sich auf die Tätigkeit beziehen. Wird eine bestimmte Ausbildung vorausgesetzt, bedeutet dies regelmäßig, dass die bei einer solchen Ausbildung erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich sein müssen, um die übertragenen Tätigkeiten ausüben zu können (vgl. zu Tarifverträgen der Privatwirtschaft - Rn. 17; - 4 AZR 127/15 - Rn. 17, 32). Für eine abweichende Regelung im 13. LBzTV fehlt es an ausreichenden Anhaltspunkten. Die „entsprechende Tätigkeit“ wird zwar in Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 4 (Tätigkeitsbereich Fahrer) der Anlage 1a zum 13. LBzTV anders als in Entgeltgruppe 5 Fallgruppe 3 (Tätigkeitsbereich Fahrer) der Anlage 1a zum 13. LBzTV nicht ausdrücklich erwähnt. Es kann aber nicht angenommen werden, dass die Anforderungen der Entgeltgruppe 6 hinter denjenigen der Entgeltgruppe 5 zurückbleiben sollen (Rn. 30).
45(2) Die Tarifvertragsparteien haben mit der Protokollerklärung zu Entgeltgruppe 5 Fallgruppe 3 (Tätigkeitsbereich Fahrer) der Anlage 1a zum 13. LBzTV als „entsprechende Tätigkeit“ eines Berufskraftfahrers eine solche als Fahrer im Güterkraft- und Personenverkehr auf öffentlichen Straßen festgelegt. Dies gilt, da der Begriff des Berufskraftfahrers einheitlich verwendet wird (Rn. 30), auch für die Tätigkeit eines Berufskraftfahrers der Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 4 (Tätigkeitsbereich Fahrer) der Anlage 1a zum 13. LBzTV, allerdings mit der zusätzlichen Anforderung des Führens eines Kraftfahrzeugs mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t.
46(3) Eine Tätigkeit im Güterkraftverkehr erfordert - entsprechend § 1 Abs. 1 des Güterkraftverkehrsgesetzes (GüKG) vom (BGBl. I S. 1485), zuletzt in der Fassung vom (BGBl. 2024 I Nr. 236) - die geschäftsmäßige oder entgeltliche Beförderung von Gütern. Die Tarifvertragsparteien haben sich, wie sich aus dem Wortlaut ergibt, an der Definition des GüKG orientiert, auch wenn dieses nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 GüKG keine Anwendung auf die Beförderung von Gütern durch Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts im Rahmen ihrer öffentlichen Aufgaben findet.
47bb) Nach diesen Grundsätzen hatte der Kläger die Tätigkeit eines Berufskraftfahrers auszuüben. Ihm oblag die Beförderung von Gütern mit einem LKW, dessen Gesamtgewicht mehr als 7,5 t beträgt. Soweit er daneben den auf dem LKW befindlichen Kran zu bedienen hatte, handelte es sich dabei um eine untergeordnete, den Arbeitsvorgang nicht prägende Teiltätigkeit (vgl. hierzu - Rn. 48, BAGE 168, 306). Der LKW war kein Sonderfahrzeug iSd. Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 2 (Tätigkeitsbereich Fahrer) der Anlage 1a zum 13. LBzTV (Rn. 21).
48b) Es steht aber nicht fest, ob der Kläger auch die personenbezogene Anforderung der abgeschlossenen Berufsausbildung als Berufskraftfahrer erfüllt. Der Kläger hat zwar die Ausbildung nach der BKV nicht absolviert. Es könnte aber die diese ersetzende betriebseigene Prüfung nach § 6 Abs. 1 des 13. LBzTV nach § 6 Abs. 5 des 13. LBzTV als abgelegt gelten.
49aa) Nach § 6 Abs. 1 des 13. LBzTV können handwerklich Beschäftigte, die in die Entgeltgruppen 1 bis 4 eingruppiert sind und die nicht die Anforderungen in der Person für eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 5 erfüllen, eine verwaltungs- oder betriebseigene Prüfung ablegen, deren Bestehen Voraussetzung für die Eingruppierung in die Entgeltgruppen 5, 6 und 7 ist, wenn sie seit mindestens drei Jahren bei ihrem Arbeitgeber auf einem oder mehreren Teilgebieten des anerkannten Ausbildungsberufs, für den sie die Prüfung ablegen wollen, in nicht unerheblichem Umfang tätig waren. Die Prüfung gilt nach § 6 Abs. 5 des 13. LBzTV als abgelegt, wenn Beschäftigte bei demselben Arbeitgeber 20 Jahre handwerkliche Tätigkeiten der Entgeltgruppe 5 in nicht unerheblichem Umfang ausgeübt haben.
50bb) Danach kommt für den Kläger, der keine betriebseigene Prüfung abgelegt hat, aber seit 1990 bei der Beklagten tätig war, eine Eingruppierung in Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 4 (Tätigkeitsbereich Fahrer) der Anlage 1a zum 13. LBzTV nach § 6 Abs. 5 des 13. LBzTV in Betracht.
51(1) Entgegen der Auffassung der Beklagten ermöglicht die betriebseigene Prüfung nicht nur eine Eingruppierung in Entgeltgruppe 5 der Anlage 1a zum 13. LBzTV, sondern auch eine solche in Entgeltgruppe 6. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 des 13. LBzTV kann das Bestehen der Prüfung Voraussetzung für eine Eingruppierung in Entgeltgruppe 5, 6 und 7 sein. Dem entspricht die Regelung zu „Tätigkeitsmerkmale Betriebseigene Prüfung (BeP)“ der Anlage 1a zum 13. LBzTV. Danach sind Beschäftigte mit einer betriebseigenen Prüfung denjenigen mit einer mindestens dreijährigen Berufsausbildung der Entgeltgruppe 5 sowie den nachfolgenden Tätigkeitsmerkmalen in den weiteren Entgeltgruppen hinsichtlich der Anforderung in der Person gleichgestellt.
52(2) Nach dem durch die Beklagte bestrittenen Vorbringen des Klägers hat dieser mehr als 20 Jahre handwerkliche Tätigkeiten der Entgeltgruppe 5 der Anlage 1a zum 13. LBzTV ausgeübt. Mit diesem Vortrag ist er entgegen der Auffassung der Beklagten nicht präkludiert. Eine Zurückweisung durch das Landesarbeitsgericht ist nicht erfolgt (vgl. hierzu - Rn. 26 mwN). Das Landesarbeitsgericht hat allerdings - aus seiner Sicht konsequent - keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Vortrag des Klägers zutrifft.
53III. Das Landesarbeitsgericht wird daher, nachdem es den Parteien die Möglichkeit zu ergänzendem Vortrag gegeben hat, die Zulässigkeit und Begründetheit der Klage erneut zu beurteilen haben. Hierbei wird Folgendes zu beachten sein:
541. Sollte dem Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum grundsätzlich ein Vergütungsanspruch nach Entgeltgruppe 6 TVöD/VKA zustehen, wäre gegebenenfalls zu prüfen, ob der Kläger die Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TVöD/VKA eingehalten hat.
552. Soweit dies der Fall ist, wäre die Beklagte - vorbehaltlich weiteren Vortrags - auch zur Zahlung der durch den Kläger begehrten Zinsen nach § 286 Abs. 2 Nr. 1, § 288 BGB verpflichtet. Für einen etwaigen verschuldensausschließenden Rechtsirrtum hat die nach § 286 Abs. 4 BGB darlegungs- und beweisbelastete Beklagte bislang keinen ausreichenden Vortrag erbracht. Allein der Verweis auf fehlende Rechtsprechung ist hierfür nicht ausreichend. Die frühere, von der Beklagten zitierte, abweichende Rechtsprechung hat der Senat ausdrücklich aufgegeben ( - Rn. 46 ff.; vgl. auch - Rn. 29). Durch die Geltendmachung des Entgeltanspruchs wäre die tarifliche Ausschlussfrist auch für Ansprüche auf Zahlung von Verzugszinsen gewahrt (vgl. - Rn. 38).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2025:290125.U.4AZR69.24.0
Fundstelle(n):
KAAAJ-91483