Außensteuergesetz | § 1 Abs. 5 Satz 1 AStG als Einkünftekorrekturvorschrift (BFH)
Bereits aus dem Wortlaut des
§ 1 Abs. 5
Satz 1 AStG, wonach die Absätze 1, 3 und 4 über die
"Berichtigung von Einkünften" entsprechend anzuwenden sind, folgt, dass es sich
bei
§ 1 Abs. 5
AStG um eine Einkünftekorrekturnorm und gerade nicht um
eine eigenständige Regelung zur Betriebsstättengewinnermittlung handelt
(; veröffentlicht am
).
Hintergrund: Gemäß § 1 Abs. 5 Satz 1 AStG sind die Absätze 1, 3 und 4 der Norm über die Berichtigung von Einkünften entsprechend anzuwenden, wenn für eine Geschäftsbeziehung im Sinne des § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AStG die Bedingungen, insbesondere die Verrechnungspreise, die der Aufteilung der Einkünfte zwischen einem inländischen Unternehmen und seiner ausländischen Betriebsstätte oder der Ermittlung der Einkünfte der inländischen Betriebsstätte eines ausländischen Unternehmens steuerlich zugrunde gelegt werden, nicht dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen und dadurch (zum Beispiel) die inländischen Einkünfte eines beschränkt Steuerpflichtigen gemindert werden.
Sachverhalt: Die Klägerin war eine ungarische Gesellschaft, die in Deutschland eine Betriebsstätte unterhielt. Von dieser wurden im Inland Werkvertragsleistungen im Bereich der Montage erbracht. Die Klägerin erklärte in ihrer Körperschaftsteuererklärung einen Gewinn, der sich nach den nationalen Vorschriften ermittelte. Das FA folgte den Erklärungen der Klägerin nicht. Es verwarf die Gewinnermittlung ohne weitergehende Prüfung auf der Grundlage des § 1 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AStG und § 32 der sogenannten Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung (BsGaV) und bestimmte den für die inländische Besteuerung anzusetzenden Gewinn auf Basis der in § 32 Abs. 1 Satz 2 BsGaV geregelten kostenorientierten Verrechnungspreismethode.
Der hiergegen erhobenen Klage wurde stattgegeben (; s. hierzu Schlücke, IWB 18/2023 Seite 731).
Die Richter des BFH wiesen die Revision des FA als unbegründet zurück:
Das FG hat zutreffend erkannt, dass das FA die inländischen Einkünfte der in Deutschland belegenen Betriebsstätte der Klägerin zu Unrecht unter Hinweis auf § 1 Abs. 5 AStG neu ermittelt und der Besteuerung zugrunde gelegt hat.
Bereits aus dem Wortlaut des § 1 Abs. 5 Satz 1 AStG, wonach die Absätze 1, 3 und 4 über die "Berichtigung von Einkünften" entsprechend anzuwenden sind, folgt, dass es sich bei § 1 Abs. 5 AStG um eine Einkünftekorrekturnorm und gerade nicht um eine eigenständige Regelung zur Betriebsstättengewinnermittlung handelt (vgl. , BFHE 275, 136, BStBl II 2022, 431).
Daher rechtfertigt § 1 Abs. 5 Satz 1 AStG i.V.m. § 32 Abs. 1 Satz 2 BsGaV nicht, eine veranlassungsbezogene Gewinnermittlung einer unselbständigen Betriebsstätte im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht einer ausländischen Kapitalgesellschaft ohne weitere Ermittlungen zu verwerfen und an ihre Stelle eine Gewinnermittlung auf Basis einer kostenorientierten Verrechnungspreismethode (sogenannte Kostenaufschlagmethode) zu setzen.
Darüber hinaus verlangt § 1 Abs. 5 Satz 1 AStG, dass bezogen auf eine Geschäftsbeziehung im Sinne des § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AStG die Bedingungen, insbesondere die Verrechnungspreise, die der Aufteilung der Einkünfte zwischen einem inländischen Unternehmen und seiner ausländischen Betriebsstätte oder der Ermittlung der Einkünfte der inländischen Betriebsstätte eines ausländischen Unternehmens steuerlich zugrunde gelegt werden, nicht dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen und "dadurch" (zum Beispiel) die inländischen Einkünfte eines beschränkt Steuerpflichtigen gemindert werden.
Die in § 1 Abs. 5 Satz 1 AStG vorausgesetzte Einkünfteminderung muss daher - als kausale Bedingung - "durch" die Vereinbarung nicht fremdvergleichsgerechter Bedingungen (Verrechnungspreise) entstehen und sie wird weder durch § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AStG noch durch § 32 BsGaV fingiert.
Die tatsachenersetzende Fiktion ("anzunehmende schuldrechtliche Beziehung"), die auf die von den in Deutschland eingesetzten Arbeitnehmern zur Erfüllung der werkvertraglichen Verpflichtung der Klägerin erbrachten Leistungen (konkret: die Montagearbeiten) als "wirtschaftlicher Vorgang" abzielt, reicht nicht aus, den durch die Leistungserbringung in der Betriebsstätte verursachten Aufwand ("Personalkosten" im weiteren Sinne) als fremdvergleichsungerechten Verrechnungspreis im Verhältnis zum Stammhaus zu fingieren (keine Fiktion der bestehenden Einkünfteminderung). Nur eine solche "komplettierte Fiktionskette" könnte eine Korrektur nach Maßgabe des § 1 Abs. 5 AStG rechtfertigen.
Diese Rechtsgrundsätze waren auch tragend für die Entscheidung des BFH in dem am selben Tag entschiedenen Parallelfall .
Quelle: BFH, Pressemitteilung v. 8.5.2025 und ; NWB Datenbank (lb)
Fundstelle(n):
NAAAJ-90860