Einkommensteuer | Berufliche Nutzung eines privaten Fahrzeugs neben einem Dienstwagen (FG)
Wird einem Arbeitnehmer im Rahmen
seines Anstellungsverhältnisses ein Fahrzeug überlassen, streitet grundsätzlich
der erste Anschein dafür, dass dieses auch für beruflich veranlasste Fahrten
eingesetzt wird. Es obliegt in einem solchen Fall dem Steuerpflichtigen, den
Nachweis für die tatsächliche berufliche Nutzung eines daneben vorhandenen
privaten Pkw zu führen (; Revision anhängig, BFH-Az. VI R
30/24).
Sachverhalt: Die Beteiligten streiten über die steuerliche Anerkennung der durch die Nutzung eines privaten Pkw entstandenen Aufwendungen als Werbungskosten. Der Kläger hatte von seinem Arbeitgeber einen Multivan zur Verfügung gestellt bekommen, den er auch privat nutzen durfte.
Privat nutzte der Kläger einen Audi TT RS, den er im Oktober 2017 angeschafft hatte. In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2021 machte der Kläger die Fahrtkosten für drei mit dem Privatfahrzeug unternommene Dienstreisen (u.a. Abteilungstreffen) als Werbungskosten geltend. Das FA ließ einen Abzug nicht zu, da nicht nachgewiesen sei, in welchem Umfang beruflich bedingte Aufwendungen tatsächlich angefallen seien. Bei der Fahrt zu dem Abteilungstreffen handele es sich zudem nicht um eine beruflich veranlasste Fahrt, da das Treffen der privaten Lebensführung zuzurechnen sei.
Die Richter des Niedersächsischen FG dagegen ließen einen Werbungskostenabzug zu:
Wird einem Arbeitnehmer im Rahmen seines Anstellungsverhältnisses ein Fahrzeug überlassen, streitet grundsätzlich der erste Anschein dafür, dass dieses auch für beruflich veranlasste Fahrten eingesetzt wird. Es obliegt in einem solchen Fall dem feststellungsbelasteten Steuerpflichtigen, den Nachweis für die tatsächliche berufliche Nutzung eines daneben vorhandenen privaten Pkw zu führen.
Ist der Nachweis der tatsächlichen beruflichen Nutzung des privaten Fahrzeugs erbracht, steht dem Werbungskostenabzug nicht entgegen, dass dem Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber ein Geschäftsfahrzeug überlassen wurde.
Vorliegend steht aufgrund des Vortrags des Klägers zur Überzeugung des Senats fest, dass dieser die streitbefangenen beruflich veranlassten Fahrten tatsächlich mit seinem Privatfahrzeug durchgeführt hat: Der Kläger hat neben dem streitbefangenen Audi TT über keine weiteren Privatfahrzeuge verfügt. Ein Transport der drei minderjährigen Kinder war in dem Audi TT nach den glaubhaften Angaben des Klägers nicht möglich, so dass eine Nutzung des überlassenen Geschäftsfahrzeugs für die Dienstreisen die Klägerin und die gemeinsamen Kinder am ländlichen Wohnort der Kläger ohne Familienfahrzeug zurückgelassen hätte. Auch hat der Kläger jedenfalls für die Dienstreise nach B durch die Vorlage entsprechender Tankquittungen über den Erwerb von Benzin im Dienstreisezeitraum nachgewiesen, dass er nicht das überlassene Geschäftsfahrzeug für die Fahrt eingesetzt hat. Denn anders als das Privatfahrzeug des Klägers, das mit einem Ottomotor ausgestattet ist, handelt es sich bei dem Geschäftswagen um ein Dieselfahrzeug.
Das in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 i.V.m. § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG geregelte Abzugsverbot ist vor dem Hintergrund seines eindeutigen Wortlauts („soweit“) dahingehend zu verstehen, dass es nur den unangemessenen Anteil der Aufwendungen erfasst. Eine Angemessenheitsprüfung dem Grunde nach (hier: berufliche Nutzung eines privaten Fahrzeugs durch einen Arbeitnehmer, dem von seinem Arbeitgeber ein Geschäftsfahrzeug überlassen wurde) findet nicht statt.
Die Richter haben die Revision zum BFH zugelassen. Sowohl die Frage, inwieweit der Werbungskostenabzug für die berufliche Nutzung eines Privatfahrzeugs trotz Überlassung eines betrieblichen Fahrzeugs zulässig ist, als auch die Frage der Quantifizierung des Sachlohns nach der 1 %-Regelung auch im Fall der weit überwiegenden privaten Nutzung des überlassenen betrieblichen Fahrzeugs, sind durch die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht abschließend geklärt. Die Revision wurde eingelegt und ist beim BFH unter dem Az. VI R 30/24 anhängig.
Der Volltext der Entscheidung ist in der Rechtsprechungsdatenbank des Landes Niedersachsen veröffentlicht.
Quelle: (il)
Fundstelle(n):
EAAAJ-89762