Gründe
1I. Die Beteiligten streiten in der Hauptsache über eine Rente wegen Erwerbsminderung.
2Den Antrag der 1966 geborenen Klägerin auf die begehrte Rente vom Dezember 2019 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom ab. Das SG hat ua ein orthopädisches, ein neurologisch-psychiatrisches und ein internistisch-kardiologisches Sachverständigengutachten eingeholt. Mit Urteil vom hat es die Klage abgewiesen. Im Berufungsverfahren hat die Berichterstatterin mit Schreiben vom , bei der Prozessbevollmächtigten der Klägerin eingegangen am selben Tag, darauf hingewiesen, dass der Senat auf Grund des derzeitigen Sach- und Streitstandes beabsichtige, den Rechtsstreit im Beschlussverfahren ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden. Zugleich hat sie Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben und mitgeteilt, dass der Senat nicht vor dem entscheiden werde. Mit Schreiben vom hat das LSG die Prozessbevollmächtigte der Klägerin an die Erledigung des gerichtlichen Schreibens vom erinnert und mitgeteilt: "Hierfür erhalten Sie eine Frist von 2 Wochen." Mit Beschluss vom hat das LSG die Berufung zurückgewiesen. Die Entscheidung wurde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin am selben Tag zugestellt.
3Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des LSG hat die Klägerin Beschwerde eingelegt. Sie rügt einen Verfahrensmangel. Das LSG habe § 103 SGG, § 62 SGG und § 153 Abs 4 Satz 2 SGG verletzt. Das LSG habe vor der mit Schreiben vom gesetzten Äußerungsfrist entschieden. Sie habe daher keine Gelegenheit mehr gehabt, fristgerecht Stellung zu nehmen und insbesondere einen Antrag nach § 109 SGG zu stellen.
4II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist zulässig und begründet. Sie hat einen Verstoß gegen das Recht auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) und damit einen Verfahrensmangel hinreichend bezeichnet (§ 160a Abs 2 Satz 3 iVm § 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Der gerügte Mangel liegt auch vor. Auf der Grundlage von § 160a Abs 5 SGG macht der Senat daher von der Möglichkeit Gebrauch, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
5Wenn ein Gericht den Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung binnen einer bestimmten Frist setzt, verlangt das Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs grundsätzlich, dass das Gericht den Ablauf der Äußerungsfrist abwartet, bevor es entscheidet ( - BVerfGE 42, 243 - juris RdNr 10; - juris RdNr 5 mwN). Dies gilt auch dann, wenn dem Gericht die Sache entscheidungsreif erscheint ( - BVerfGE 12, 110 - juris RdNr 8).
6Diesen Anforderungen genügt der angefochtene Beschluss des LSG nicht. Das Berufungsgericht hat mit Schreiben vom die Beteiligten auf das beabsichtigte Vorgehen nach § 153 Abs 4 SGG hingewiesen und Gelegenheit gegeben, zur Sache und zum beabsichtigten Verfahren Stellung zu nehmen. Zudem hat es mitgeteilt, nicht vor dem zu entscheiden. Mit Schreiben vom hat das Gericht unter Bezugnahme auf das Schreiben vom die Frist zur Stellungnahme um zwei Wochen verlängert. Die Klägerin durfte darauf vertrauen, dass vor Ablauf der um zwei Wochen verlängerten Frist eine Entscheidung des LSG nicht ergehen werde.
7Dadurch, dass das LSG vor Ablauf der von ihm gesetzten Stellungnahme- bzw Anhörungsfrist entschieden hat, hat es § 153 Abs 4 Satz 2 SGG verletzt. Diese Situation ist vergleichbar mit einer unterbliebenen Anhörung ( - juris RdNr 9; - juris RdNr 8; - juris RdNr 6). Der darin liegende Anhörungsmangel ist ein absoluter Revisionsgrund (§ 202 Satz 1 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO), bei dem das Beruhen der Entscheidung auf dem Verfahrensfehler vermutet wird. Der in einer unterbliebenen Anhörung liegende Verfahrensfehler führt nicht nur zu einer Verletzung des Anspruchs der Klägerin auf rechtliches Gehör, sondern auch zu einer unvorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts (nur mit Berufsrichtern) und damit zu einer Verletzung des Rechts der Klägerin auf den gesetzlichen Richter nach Art 101 Abs 1 Satz 2 GG (vgl - juris RdNr 8; - juris RdNr 9; - juris RdNr 6 mwN).
8Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt der Entscheidung des LSG vorbehalten.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2025:270325BB5R925B0
Fundstelle(n):
KAAAJ-89465