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Online-Nachricht - Mittwoch, 19.03.2025

Erbschaftsteuer | Keine Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c Satz 1 ErbStG für vom Erblasser niemals zu eigenen Wohnzecken genutzte Wohnung (FG)

Eine Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c Satz 1 ErbStG kommt bei der gebotenen teleologisch einschränkenden Auslegung der Vorschrift nicht in Betracht, wenn der Erblasser die betreffende Wohnung zu keinem Zeitpunkt zwischen deren Anschaffung und seinem Versterben zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat; Anschluss an FG-Rechtsprechung (, Revision zugelassen).

Hintergrund: Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 1 ErbStG bleibt u.a. der Erwerb von Todes wegen des Eigentums oder Miteigentums an einem inländischen bebauten Grundstück mit einer Wohnfläche von höchstens 200 m² durch Kinder im Sinne der Steuerklasse I Nr. 2 steuerfrei, soweit der Erblasser darin bis zum Erbfall eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat oder bei der er aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert war und soweit diese beim Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt ist (Familienheim).

Sachverhalt: Der Kläger erbte als Alleinerbe eine Eigentumswohnung (im Folgenden „Wohnung Nr. 1“) und einen Miteigentumsanteil in Höhe von 50% an einer anderen Eigentumswohnung (im Folgenden „Wohnung Nr. 2). Wohnung Nr. 1 wurde von der Erblasserin bis zu ihrem Tod bewohnt. Beide Wohnungen befanden sich im selben Haus auf der gleichen Etage, waren über einen gemeinsamen Balkon verbunden und wurden als gemeinsamer Familienwohnsitz betrachtet. Der Kläger reichte seine Erbschaftsteuererklärung ein und machte für den Miteigentumsanteil an der Wohnung Nr. 2 eine Steuerbefreiung gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG geltend. Die Erblasserin plante Zeit ihres Lebens in die Wohnung Nr. 2 einzuziehen. Zum damaligen Zeitpunkt war die Erblasserin aber bereits sehr krank, weshalb der Umzug in diese Wohnung nicht mehr möglich war. Das Finanzamt gewährte in dem Erbschaftsteuerbescheid die Steuerbefreiung gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG nicht.

Die hiergegen gerichtete Klage wurde als unbegründet abgewiesen:

  • Das Finanzamt hat zu Recht davon abgesehen, den von Todes wegen auf den Kläger übergegangenen Miteigentumsanteil an der Wohnung Nr. 2 gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG von der Besteuerung freizustellen. Die Voraussetzungen für eine Behandlung der Wohnung Nr. 2 als Familienheim liegen im Streitfall nicht vor, weil die Wohnung zu keinem Zeitpunkt vor dem Erbfall den Mittelpunkt des familiären Lebens der Erblasserin gebildet hat.

  • Eine Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c Satz 1 ErbStG kommt bei der gebotenen teleologisch einschränkenden Auslegung der Vorschrift nicht in Betracht, wenn der Erblasser die betreffende Wohnung zu keinem Zeitpunkt zwischen deren Anschaffung und seinem Versterben zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat.

  • Diese Sichtweise entspricht auch den Ausführungen in den Gesetzesmaterialien (vgl. BT-Drucks. 16/11107, S. 9). Zweck der Befreiungsvorschrift ist danach zum einen dem Schutz des gemeinsamen familiären Lebensraumes und zum anderen die Lenkung in immobiles Vermögen, um das Familiengebrauchsvermögen krisenfest zu erhalten. Eine Immobilie, die bis zum Eintritt des Erbfalles überhaupt nie durch den Erblasser zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden ist, ist vom Schutzzweck der Norm nicht erfasst.

  • Der Senat folgt mit dieser restriktiven Auslegung einer in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung und in der Literatur verbreiteten Auffassung (vgl. u.a. ; s. hierzu Keßeler/Tiemann-Plebuch, NWB-EV 7/2024 S. 214 und ; s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 2.5.2016).

  • Im Streitfall kann auch nicht etwa deshalb etwas anderes gelten, weil die beiden Wohnungen innerhalb der Familie des Klägers immer als „eine Einheit” betrachtet worden seien, die auch jeweils zu Wohnzwecken für alle Familienmitglieder gedient hätten. Eine solche „Einheitsbetrachtung” würde für erbschaftsteuerliche Zwecke bereits daran scheitern, dass es sich bei den Wohnhäusern um baulich voneinander getrennte Immobilien gehandelt hat.

  • Bei baulich voneinander getrennten Immobilien handelt es sich um steuer- und bewertungsrechtlich separate Vermögenswerte, die nicht aufgrund subjektiver Vorstellungen der Beteiligten als „Einheit” im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c ErbStG behandelt werden können.

  • Nach der Rechtsprechung des BFH, dem der Senat folgt, ist ein zu eigenen Wohnzwecken genutztes Gebäude, in dem sich nicht der Mittelpunkt des familiären Lebens der Eheleute befindet, kein steuerbegünstigtes Familienheim i.S. des § 13 Abs. 1 Nr. 4a Satz 1 ErbStG, weshalb etwa Zweitwohnungen nicht unter die Begünstigung fallen (vgl. , BStBl. II 2013, 1051). Nach Auffassung des Senats kann für den Begriff des Familienheims im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG nichts anderes gelten.

Hinweis:

Die Revision wurde zugelassen, da die hier entscheidungserhebliche Rechtsfrage zur Auslegung der mit „oder” eingeleiteten alternativen Voraussetzung zur Steuerfreiheit eines Familienheims in § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 1 ErbStG, soweit ersichtlich, noch nicht höchstrichterlich entschieden ist. Ein Aktenzeichen des BFH ist noch nicht veröffentlicht worden.

Quelle: (lb)

Fundstelle(n):
EAAAJ-87701