Besitzen Sie diesen Inhalt bereits,
melden Sie sich an.
oder schalten Sie Ihr Produkt zur digitalen Nutzung frei.
§ 15a EStG: Einlagen bei Mehrentnahmen in den Vorjahren
BFH legt das Gesetz nach dem Wortlaut aus
§ 15a EStG gehört in der Praxis zu den gefürchteten Vorschriften. Der Gesetzestext ist aus sich heraus nur schwer verständlich und erklärt sich oft nur dann, wenn berücksichtigt wird, was der Gesetzgeber regeln wollte. Veranlagt dann noch die Finanzverwaltung auf der Basis von Rechtsfolgen, die nicht aus dem Gesetz hervorgehen, wie die hier zu besprechenden Einlagen bei in Vorjahren vorhandenen Mehrentnahmen, verwundert es nicht, dass ein BFH-Urteil, das sich damit beschäftigen muss, nur noch von einem eingeweihten Kreis spontan verstanden wird. Der Beitrag ist inhaltlich auf das reduziert, was künftig von Relevanz ist.
Keine Berücksichtigung von Mehrentnahmen aus Vorjahren bei Ermittlung des verrechenbaren Verlusts.
BFH widerspricht Handhabung der Finanzämter und legt § 15a EStG nach dem Gesetzeswortlaut aus.
.
I. Sachverhalt des Urteils IV R 10/22
[i]Kapitalkontenentwicklung im UrteilsfallDer Kläger und seine Ehefrau waren als Kommanditisten an einer UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG [Anm. der Redaktion: In der Printfassung des Beitrags wurde an dieser Stelle statt „UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG“ fälschlicherweise die Form „UG“ genannt.] beteiligt. In den Jahren 2014 und 2015 entwickelte sich deren Kapital in der Steuerbilanz wie folgt:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
[i]Kläger: Entnahmen > Einlagen + Ergebnisanteil | Kläger | Ehefrau |
./. 40.728,56 € | ./. 26.496,89 € | |
Einlagen | 11.119,46 € | - € |
Entnahmen | ./. 38.795,52 € | - € |
Ergebnisanteil | 21.815,18 € | 20.959,68 € |
./. 46.589,44 € | ./. 5.537,21 € S. 86 | |
Einlagen | 25.175,86 € | 2.200,00 € |
Entnahmen | ./. 74.416,26 € | ./. 6.361,50 € |
Ergebnisanteil | 13.202,74 € | 12.684,99 € |
./. 82.627,10 € | 2.986,28 € |
Es ist ersichtlich, dass beim Kläger die Entnahmen nicht nur die Einlagen überstiegen haben, sondern auch die Summe aus den Einlagen und dem Gewinnanteil.
Im Streitjahr 2016 entwickelte sich das Kapital wie folgt weiter:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
[i]Kapitalkontenentwicklung im Urteilsfall | ./. 82.627,10 € | 2.986,28 € |
Einlagen | 139.354,00 € | 6.600,00 € |
Entnahmen | ./. 57.700,22 € | ./. 8.267,30 € |
Ergebnisanteil | ./. 84.000,21 € | ./. 80.706,07 € |
./. 84.973,53 € | ./. 79.387,09 € |
II. Steuerliche Grundlagen in § 15a EStG
1. § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG
Die grundlegende Regelung des § 15a EStG lautet in Abs. 1 Satz 1 wie folgt:
„ 1Der [i]Kein Verlustausgleich und -abzug bei Entstehen oder Erhöhung des negativen Kapitalkontoseinem Kommanditisten zuzurechnende Anteil am Verlust der Kommanditgesellschaft darf weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden, soweit ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht; er darf insoweit auch nicht nach § 10d abgezogen werden.“
Der [i]Vorschrift ist bei Gewinnen nicht relevant Kläger wies zwar in den Jahren 2014 und 2015 ein negatives Kapitalkonto aus, er erzielte aber keine Verluste. Somit kam § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG nicht zur Anwendung.
Wenn – in anderen Fällen, wie hier auch 2016 – die Anwendung von § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG zu bejahen ist, sind die davon betroffenen Verlustanteile nicht vollständig ausgleichs- und abzugsfähig, sondern nur verrechenbar mit den Gewinnen, die dem Kommanditisten in späteren Wirtschaftsjahren aus seiner Beteiligung an der Kommanditgesellschaft zuzurechnen sind (§ 15a Abs. 2 Satz 1 EStG). Deshalb werden die nicht ausgleichs- und abzugsfähigen Verluste als verrechenbare Verluste bezeichnet.
2. § 15a Abs. 3 EStG
Zunächst ist festzuhalten, dass sich das negative Kapitalkonto des Klägers im Jahr 2016 erhöht hat. Folglich greift die im Abschnitt zuvor dargestellte Vorschrift des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG ein. Diese Rechtsfolge war grundsätzlich auch nicht strittig.
Daneben ist zu prüfen, ob eine sogenannte Einlagerückgewähr vorliegt. § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG definiert diese folgendermaßen:
„ 1Soweit [i]Zurechnung einer Einlagerückgewähr als Gewinn, falls keine Haftung S. 87ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten durch Entnahmen entsteht oder sich erhöht (Einlageminderung) und soweit nicht auf Grund der Entnahmen eine nach Absatz 1 Satz 2 zu berücksichtigende Haftung besteht oder entsteht, ist dem Kommanditisten der Betrag der Einlageminderung als Gewinn zuzurechnen.“
Unabhängig vom Ergebnis zur Anwendung dieser Norm, greift diese immer nur soweit ein, als es in der Vergangenheit ausgleichs- oder abzugsfähige Verluste gab (§ 15a Abs. 3 Satz 2 EStG):
„ 2Der nach [i]Voraussetzung: Ausgleichs- und abzugsfähige Verluste in der VergangenheitSatz 1 zuzurechnende Betrag darf den Betrag der Anteile am Verlust der Kommanditgesellschaft nicht übersteigen, der im Wirtschaftsjahr der Einlageminderung und in den zehn vorangegangenen Wirtschaftsjahren ausgleichs- oder abzugsfähig gewesen ist.“
Liegen im Wirtschaftsjahr der Einlageminderung und in den zehn vorangegangenen Wirtschaftsjahren keine ausgleichs- oder abzugsfähigen Verluste vor, ist zwar die Einlageminderung gegeben, zu einer Versteuerung kommt diese aber nicht.