Online-Nachricht - Donnerstag, 19.12.2024

Umsatzsteuer | Lieferung von städtischen Wasserversorgungsanlagen als nicht umsatzsteuerbare Geschäftsveräußerung (BFH)

Erwirbt eine Stadt im Rahmen des Wechsels des Wasserversorgers die Wasserversorgungsanlagen vom alten Versorger zurück und liefert sie die Wasserversorgungsanlagen unmittelbar an den neuen Versorger mit der Verpflichtung weiter, sie bei Beendigung des neuen Vertrags von ihm erneut zurückzuerwerben, handelt sie nachhaltig (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Im Rahmen der unionsrechtskonformen Auslegung des § 2 Abs. 3 UStG a. F. ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts wie die Stadt S Unternehmerin, wenn sie eine wirtschaftliche und damit eine nachhaltige Tätigkeit zur Erbringung entgeltlicher Leistungen (wirtschaftliche Tätigkeit) ausübt. Handelt sie dabei auf privatrechtlicher Grundlage durch Vertrag, kommt es auf weitere Voraussetzungen nicht an. Erfolgt ihre Tätigkeit dagegen auf öffentlich-rechtlicher Grundlage, ist sie nur Unternehmerin, wenn eine Behandlung als Nichtunternehmerin zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde.

Sachverhalt: Im Streitfall ging es um die Frage, ob die Übertragung des Wasserversorgungsnetzes der Stadt S eine Geschäftsveräußerung i. S. des § 1 Abs. 1a UStG ist und das FA als Beklagte/Revisionsbeklagte deshalb einer Rechnungsberichtigung zustimmen muss.

Die Klägerin/Revisionsklägerin, eine städtische GmbH, ist Organträgerin der G GmbH, die an Stelle der Stadt X in den Wasserlieferungsvertrag eingetreten ist. Nach einer im Jahr 2001 erfolgten Kündigung des Vertrags mit der G GmbH schloss die Stadt S am einen Vertrag mit dem … (O Verband oder O), der ab dem eine Belieferung der Stadt S mit Wasser durch den O Verband vorsah. Laut … des Vertrags sollte der O Verband die dazu notwendigen Wasserversorgungsanlagen unmittelbar von der G GmbH erwerben und an die G GmbH die anfallende Erstattung zahlen.

Die G GmbH übersandte der Stadt am ein Schreiben über die Lieferung von Wasserversorgungsanlagen. Das Schreiben wies Umsatzsteuer in Höhe von 1.656.466,62 € offen aus.

Nach einer Außenprüfung im Jahr 2007 vertrat das FA im Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für das Jahr 2003 vom die Auffassung, dass die Lieferung der Wasserversorgungsanlagen an die Stadt S steuerpflichtig und das Schreiben v. eine Rechnung i. S. des § 14 UStG sei.

Im Laufe der Einspruchsverfahren erteilte die G GmbH mit Schreiben v. der Stadt S eine neue Rechnung, in der sie unter anderem die ausgewiesene Umsatzsteuer auf den von O gezahlten Betrag (1.275.094,20 €) reduzierte und legte nach einem Hinweis des FA auf § 14c Abs. 1 UStG (statt § 14c Abs. 2 UStG) sodann eine Rechnung der G GmbH an O vom vor, die als Berichtigung der Rechnung vom bezeichnet ist. Darin wies die G GmbH keine Umsatzsteuer mehr offen aus.

Die Vorinstanz hatte sowohl im ersten als auch im zweiten Rechtsgang die Klage mit Urteil v. - 11 K 88/18 abgewiesen. Eine Umschreibung der Rechnung von S auf O hat das FG abgelehnt, weil die Stadt S Leistungsempfängerin der Lieferung der Wasserversorgungsanlagen sei (Durchgangserwerb der S). Eine Umschreibung der Rechnung auf eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung an S hat es abgelehnt, weil die Stadt S keine Unternehmerin sei. Die von vorneherein beabsichtigte einmalige Übertragung von Wasserversorgungsanlagen sei keine nachhaltige Tätigkeit. Die Stadt S habe mit der Übertragung an den O Verband ihrem Auftrag der Daseinsvorsorge nachkommen wollen und sei nicht unternehmerisch aufgetreten.

Die Richter des BFH gaben der Revision teilweise statt:

  • Sie hoben das Urteil der Vorinstanz auf und verpflichteten das FA der Änderung der Rechnung an die Stadt S v. in Gestalt der Änderungsrechnungen v. und v. dahingehend zuzustimmen, dass unter Berichtigung des Steuerbetrags auf 0 € eine Rechnung an die Stadt S über eine nicht steuerbare Lieferung ausgestellt wird (Hilfsantrag, Ziffer 2 des Revisionsantrags).

  • Der (Haupt-)Antrag auf vollständige Stornierung der Rechnungen an S bleibt ohne Erfolg, weil die Annahme des FG, dass S Abnehmerin der Lieferung der Wasserversorgungsanlagen (und damit Leistungsempfängerin) war, zutrifft.

  • Den Hilfsantrag hatte das FG zu Unrecht mit der Begründung abgewiesen, die Stadt S könne keine Unternehmerin sein.

  • Wasserversorgungsanlagen, die als Bauten auf fremdem Grund und Boden errichtet wurden, können an den Eigentümer oder einen Dritten geliefert werden.

  • Erwirbt eine Stadt im Rahmen des Wechsels des Wasserversorgers die Wasserversorgungsanlagen vom alten Versorger zurück und liefert sie die Wasserversorgungsanlagen unmittelbar an den neuen Versorger mit der Verpflichtung weiter, sie bei Beendigung des neuen Vertrags von ihm erneut zurückzuerwerben, handelt sie nachhaltig.

  • Soweit die Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen erfolgen muss, reicht es in Fällen des zulässigen Durchgangserwerbs aus, dass diese Voraussetzungen beim Letzterwerber (Begünstigten) vorliegen (Anschluss an das , BFHE 251 S. 526, BStBl 2020 II S. 793).

Quelle: ; NWB Datenbank (sti)

Fundstelle(n):
QAAAJ-81949